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Staatsan^eiger für Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- Erscheinung-tage-. Bezugspreis: Monatlich 3 Marl. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212S5 — Schriftleitung Nr 14574 Postscheckkonto Dre-den Nr. 2486. — Etadtgirokonto Dresden Nr. 140. den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufsliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstreviere», verantwortlich für die Redaktion: I. B.: Oberregierunzsrat Hans Block in Dresden. 1925 Dresden, Montag, 28. Dezember Nr. 299 Kein Krieg um Mossul? Paris, 27. Dezember. Der Korrespondent der „Chicago Tribune" in Angora meldet, datz die türkische Regierung endgültig beschlossen habe, es nicht wegen der Mossulangelegenheit zu einem Krieg kommen zu lassen Weihnachtsbotschaften deutscher Staats männer an das amerikanische Volk. New Mork, 27. Dezember. Vermittels in Deutschland hergestellter beson- derer Schallplatte» verbreitete die Westinghouse- Gesellschaft durch ihre Rundfunksender Pittsburg, Chicago, New Jork, Springfield (Massachusetts), Hastings (Nebraska) deutsche Wcihnachts- botschaften des Außenministers vr. Stresemann, des früheren Staatssekre tärs vr. Bredow, des Reichstagspräsi denten Löbe und vr. Eckeners an das amerikanische Volk. Die Botschaften wurden eng lisch wiederholt, vr. Stresemann erklärte in seiner Botschaft, die starke, gesunde amerikanische Nation sei wie kaum eine andere berufen, ein festes Fundament für die künftige weltpolitische Entwicklung zu schaffen. Die amerikanischen Bürger möchten es als ihre Aufgabe ansehen, starke und weise Förderer huma nitärer Ideale zu bleiben. Staatssekretär vr. Bredow betonte, daß die größte Bedeutung des Funkwesens in der Möglichkeit liege, die Nationen der Welt einander näherzubringen. Die Rund- funksender verbreiteten auch musikalische Darbie tungen von Mitgliedern der Berliner Staatsoper, sowie anderer Künstler. Es war das erste Mal, daß eine derartige Wiedergabe von Reden usw. in Amerika erfolgte. Es wurde versucht, das Programm nach Deutschland zurückzuscnden. Alle New Bocker Blätter haben die Weihnachtsbot- schäften abgedruckt. Die Schallplatte» sind im Radiolaboralorium der Vox-Gesellschaft in Berlin hergestellt worden. Einbeziehung der hoher bezahlten An gestellten in die Erwerbslosenfürsorge. Berlin, 27. Dezember. Entsprechend der Erklärung, die der Arbeits minister am 1. d. M. im Haushaltsausschuß bei der Beratung der auf Erwerbslosenfürsorge ge- stellten Anträge abgab, und dem in der Vollver- sammlung des Reichstages am 2. d. M. einstimmig gefaßten Beschluß des Reichstages ist im Reichs- arbeitSministerium ein Entwurf ausgear- beitet worden, der die Einbeziehung der höher bezahlten Angestellten in die Erwerbslosenfürsorge bezweckt. Das Reichs- kabinett hat in seiner letzten Sitzung der Neu regelung zugestimmt. Der Gesetzentwurf liegt bereits dem Reichsrate vor und wird dem Reichstage aisbald zur Beschlußfassung zu- geleitet werden. Nach einem ebenfalls dem Reichs rat unterbreiteten B er ordnungsentwurfsollen die Beiträge zur Erwerbslosenfürsorge grundsätzlich einheitlich für dasReichs- gebiet bemessen werden und zum Teil in eine neu zu errichtende Reichsausgleichskasse fließen. Damit wird der in Krisenzeiten besonders nötige Ausgleich zwischen den unter- und überlasteten Gebieten des Reiches herbeigeführt und das Bei- tragsaufkommen so vollständig >rie möglich zur Deckung des Fürsorgeaufwandes herangezogen. Die Befreiungen von der Beitragspflicht sollen nach Möglichkeit eingeschränkt werden. Der preußische Staatshaushaltplan für 1!)26. Berlin, 24. Dezember. Da- StaatSministerium hat den Staats haushaltplan für das Rechnungsjahr 1926 genehmigt und dem Staatsrat« zur verfassungs- mäßgen gutachtlichen Äußerung zugehen lassen. Der Amtliche preußische Pressedienst gibt die wich tigsten Einzelheiten bekannt. Für daS Rechnungsjahr 1926 sind veranschlagt die laufenden Einnahmen auf 3144270697 Reichsmark, die einmaligen Einnahmen auf 178061000, zusammen 3322331697 Reichsmark, die dauernden Ausgaben auf 3032468778 Reichsmark, die einmaligen Ausgaben auf 289802 919 Reichsmark, zusammen 3322331697 Reichsmark. DaS Gesamtaufkommen an Ein- kommen- und Körperschaftssteuer ist im Reiche für da- Rechnungsjahr 1926 auf insgesamt 2350 Millionen Reichsmark angesetzt. Ein etwaige- Zu rückbleiben de- Gesamtaufkommens hinter der Schätzung de- Reiche- würde für de» Haushalt der Länder nicht ohne Bedeutung sein, weil die m dem Gesetz über Änderungen de- FinanzauS- Das türkische Kabinett und der türkische General- stab hätten gestern in Anwesenheit Mustapha Kemal Paschas gemeinsame Beratungen abgehalten. Hier bei hätten die Minister chren Standpunkt, von kriegerischen Maßnahmen abzusehen, gegen die An sicht der anwesenden Militärs durchgesetzt. Nach Drahtmeldungen aus Angora finden überall Protestversammlungen gegen d ie Entscheidung des Völkerbundsrates in der Mossulfrage statt. DieKontantinopelerStudenten sandten aus einer von ihnen in der Universität abgehaltenen Versammlung ein Telegramm an die Regierung, in dem sie sich zu allen Opfern bereit erklärten, zu denen die Jugend des Landes verpflichtet sei. * Verschärfung der Lage. Kriegörat unter Mustapha Kemal. London, 28. Dezember. Der Sondervertreter der „Westminster Gazette" in Angora telegraphiert unter dem 27. d. M.: Die Lage sei ernst. Am Montag werd« der KriegSrak unter dem Vorsitz Mustapha KemalS zusammentreten, wobei alle Armee- fiihrer anwesend sein würden. Die Regierung werde vielleicht zum Kriege gezwungen werden, um ihr Presti e wieder ,« gewinnen «nd eine Revolution im Innern zu verhindern. Line Anleihe und wirtschaftliche Zugeständnisse würden nicht genügen. England sollte bereit williges Entgegenkommen zeigen, um der Regie- rung zu ermöglichen, ihr Ansehen zu wahren. Der türkische Außenminister erklärte dem Belgrader Korrespondenten der „Westminster Gazette", die Türkei könne aus die Souveränität über Mossul nicht verzichten und erwarte neue englische Vorschläge. * Eine Neise Kemals «ach Moskau? Paris, 27. Dezember. Den Blättern wird aus Konstantinopel be richtet, daß Mustapha Kemal Pascha sich im April nach Moskau begeben wolle, um mit Tschitscherin über die durch den kürzlich in Paris abgeschlossenen russisch-türkischen Vertrag geschaffene Lage zu verhandeln. * Indien für die Türkei. London, 27. Dezember. Rach einer Meldung aus Lawnpore nahm die Konferenz der indischen Mohamme daner eine Entschließung an, welche die Entscheidung des Völkerbundsrates i» der Mossulfrage als im Widerspruch mit dem vertrage von Loearuo stehend bezeichnet. Wenn die Türke» zum Kriege ge- triebe« würden, so würden die indischen Moham medaner ihnen beistchen. Die Entschließung sor- gleiches festgesetzte Garantiesumme einem geringeren Aufkommen entspricht. Denn es ist den Ländern und Gemeinden ein Anteil von 2100 Mill. RM. an der Einkommen-, Körperschafts- und Umsatzsteuer für 1926 garantiert. Selbst wenn aber die Schätzung des ReicheS noch erreicht wird, muß die Gesamtsumme der preußischen Anteile an der Reichseinkommen- und Körperschaftssteuer im nächsten Rechnungsjahre deshalb geringer bleiben, weil die am 1. Oktober 1925 eingetretene Zurücksetzung des Anteil- der Länder und Gemeinden an der Einkommen- und Körperschaftssteuer von 90 auf 75 Proz. des Auf kommens sich für 1926 auf das ganze Rechnung-« iahr erstreckt. Das Einkommen an Umsatzsteuer schätzt daS Reich entsprechend dem voraussichtlichen Rückgang dieser Steuer auf 1350 Mill. RM. Die prozentuale Beteiligung der Länder und Gemeinden an der Umsatzsteuer wird für da- Rechnungsjahr 1926 etwa- höher sein al» im Bor jahre. Der reine Lande-anteil an der Umsatzsteuer wird sich auch deshalb gegenüber dem Vorjahre dert dazu auf, der Regierung im Falle eines solchen Krieges weder Geld noch Mannschaften zur Verfügung zu stellen. Wie halbamtlich mitgeteilt wird, werden sich die Verhandlungen mit dem Irak sehr einfach ge stalten. Dcr neue Vertrag würde kaum etwas anderes bedeuten, als die Verlängerung des gegenwärtigen Zu st andes auf höchstens 2 5 Jahre. Ein besonderer Militär vertrag ent halte die militärischen Verpflichtungen Englands gegenüber dem Irak. Sollte das politische Mandat verlängert werden, so braucht durchaus nicht eine Verlängerung der militärischen Verpflichtungen erfolgen, da in Zukunft jede Ver- letzung der vom Völkerbund festgesetzten Grenzen eine Angelegenheit sei, die den ganzen Völkerbund angehe. England sei bereit, die englisch-türkischcn Verhandlungen in Angora durch seinen Botschafter fortsetzen zu lassen. Während in den englischen Blättern die Kritik über den russisch - türkischen Freundschaftsvertrag abgelassen zu sein scheint, werden mit großem Interesse die Pariser Presse stimmen verfolgt. So erregt besonders die Mitteilung de- „TempS" großes Aufsehen, daß der Vertrag als ein Versuch angesehen werden müsse, einen neuen asiatischen Völker bund zu bilden, der sich gegen den Genfer Bund wendet und um dessen Fahne sich nach und nach sämtliche Völker des Orients scharen würden. * Drohender Konflikt zwischen der Türkei uns Italien. London, 27. Dezember. Der Abschluß des türkisch-russischen Neutralitätsvertrages steht hier weiter im Mittelpunkte der Erörterungen. Nach neueren Meldungen zeigt nunmehr auch Italien an dem türkisch-englischen Konflikt um Mossul ein starkes Interesse. Der „Daily Telegraph" spricht von einem bevorstehenden Konflikt zwischen der Türkei und Italien. Starke Einheiten der italienischen Flotte sind in der Nähe der türkischen Häfen angesammelt worden. Man glaubt, daß im Falle des offenen Ausbruches des Konfliktes zwischen der Türkei und England Italien Smyrna und Adalia besetzen könnte, während Griechenland sich des Gebietes von Ost- Thracien bemächtigen würde. Nuschdi Bey in Belgrad. Belgrad, 27. Dezember. Der türkische Minister des Äußere», Ruschdi Bey, traf am Donnerstag hier ein. Er hatte eine Besprechung mit dem Minister des Äußeren Nintschitsch. Gegenstand der Besprechungen sind die schwebenden Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrages und eines Konsularabkommens sowie die Frage des Bevölkerungsaustausches. erhöhen, weil der Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer seit dem 1. Oktober 1925 von 60 auf 55 Proz. des Landesanteiles vermindert ist. Gleichwohl reichen die sich ergebenden Mehrbeträge nicht aus, um die Mindereinnahmen auszugleichen, die sich für den reinen Staatsanteil an der Ein kommen- und Körperschaftssteuer gegenüber dem Vorjahre ergeben werden. Die Kraftfahrzeug- und Rennwettsteuer ist entsprechend (den Ansätzen des Reiches 'abzüg lich der dem Reiche zustehenden Verwaltungskosten eingesetzt. Hierbei bleibt zu berücksichtigen, daß die Kraftfahrzeugsteuer zu Zwecken der öffentlich- rechtlichen Wegeunterhaltung den Provinzen in voller Höhe zu überweisen ist. Obwohl alle Ein nahmen mit ihren voraussichtlich höchstmöglichen Erträgen eingesetzt sind, wird da- Gleichgewicht des Staatshaushaltes nur dadurch erreicht, daß bei der Bemessung de- Anwachsens der Hau-zin-steuer (Ge- bäudeentfchuldung-steuer), von der im vorgelegten Gesetzentwurf betreffend die GebäudeentschuldungS- steuer vorgesehenen Regelung ausgegangen ist. Bei Bemessung des Ausgabebedarfs ist die durch die Gesamtlage gebotene äußerste Zurück haltung geübt worden. Von den angesetzten Gesamt einnahmen von 3322,3 Millionen RM. verbleiben nach Abzug der größeren durchlaufenden Posten von 1437,2 noch 1885,1 Millionen RM. Diese setzen sich zusammen aus den Überweisungen an Reichs steuern 668, den Erträgen der preußischen Steuern 572,5, den Einnahmen der Betriebe 240,1, den bei den verschiedenen Staatshoheitsverwaltungen aufkommendcn Verwaltungseinnahmen 404,5 zu sammen 1895,1 Mill. RM. An dauernden Aus gaben sind angesetzt 3032,4 Millionen, davon ent fallen auf die größeren durchlaufenden Posten 1272,6 Mill. RM., so daß an reinen dauernden Ausgaben verbleiben 17.59,8 Mill. RM. Von den nach Abzug der durchlaufenden Posten verbleiben den dauernden Ausgaben entfallen auf die per sönlichen Ausgaben 74,3 Proz., die sachlichen Ver waltungsausgaben 12,9 Proz., die allgemeinen Ausgaben und Ausgaben für Sachzwccke 12,8 Proz. Von den angesetzten einmaligen Ausgaben in Höhe von 289,8 Mill. RM. verbleiben nach Abzug der durchlaufenden Posten von 164,6 noch 125,2 Mill. RM. Der Zuschußbedarf der Staatshoheitsver- waltung beläuft sich für 1926 auf 1299,4 Mill. RM. Er wird gedeckt durch Belriebsüberschüsse mit 81,7 Mill. RM., Steuer und Abgaben mit 1217,7 Mill. RM. Die Arbeitslosigkeit in Bayern. München, 27. Dezember. Die Zahl der Erwerbslosen in Bayern ist von 102 000 am 15. Dezember bis zum 24. Dezember auf rund 120000 gestiegen. Das ist das Vierfache von Anfang November. Der monatliche Ausgabenetat für diese 120 000 Erwerbslosen beträgt etwa 6 Mill. M., von denen nur 2 Mill. M. durch den gegenwärtigen Beitrags satz zur Erwerbslosenfürsorge von N/2 Proz. gedeckt sind. Die durch das entsetzliche Steigen der Erwerbslosenziffer entstandenen Schwierigkeiten konnten deshab bewältigt werden, weil durch die Steigerung der Beiträge von 1 auf 1^ Pcoz. ab 1. August d. I. bis Ende November eine Rücklage von 5 Mill. M. gebildet werden konnte. Infolge dcr weiteren außerordentlichen Zunahme der Erwerbs- losenzisser beschloß der Verwaltungsausschuß des Bayerischen Landesamls für Arbeitsvermittlung inzwischen, mit Wirkung vom 4. Januar 1926 ab den Beitragssatz neuerdings zu erhöhen, und zw-r auf das gesetzliche Höchstmaß von 3 Proz. Dieser Satz reicht gegenwärtig aus zur Deckung von zwei Drittel der Unkosten für die Erwerbs losenfürsorge, so daß noch etwa 2 Mill. M. aus Reichs- und Staatsbeihilfen gedeckt werden müssen. Das Lelbstverwaltungsrecht der ?tadt Reichenbach. Breslau, 27. Dezember. Die Nachricht des „Reichenbacher Tageblattes" vom 24. Dezember über eine Beschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Stadt Reichenbach durch den Regierungspräsidenten von Breslau ist vollständ ig unzutreffe nd. Der Regierungspräsident hat auf eine ihm unter breitete Beschwerde der Industrie betont, in erster Linie sei zur Kontrolle der Stadtsinanzen die Stadtverordnetenversammlnng berufen. Er hat nur darauf hingewiesen, daß die Genehmigung des Bezirksausschusses für die Aufnahme der Bauanleihe noch nicht erteilt worden sei, und ferner darauf aufmerksam gemacht, daß es ihm bedenklich erscheine, einen Bau zu beginnen, bevor die Mittel sichergestellt seien. Aus der Luft ge griffen ist die Behauptung, es würden sämtliche Staatszuschüffe im Falle des Weiterbaus gesperrt werden. Eigene Wahllisten des Stahlhelms. Braunschweig, 27. Dezember. Der „Stahlhelm", der sich bisher als eine unpolitische Organisation ausgab, hat jetzt bewußt einen Frontwechsel vorgenommen. In der Zeitung des Lande-verbandeS Braunschweig „Der Stahl helm" wird verkündet, daß die Stahlhelm organisation in Zukunft bei Wahlen zu allen Parlamenten eigene Wahllisten aufstellen will. Der erste Vorsitzende deS Stahl helms, Fabrikant Seldte au« Magdeburg, hat diesen Frontwechsel in einer Versammlung in