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SächsischeStaalszeilung Staatsan^eiger für den Zreiftaat Sachfen Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf GeschästSanzcigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. ' Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- Erscheinung-tage-. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadlgirokonto Dresden Nr. 140. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufsliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstreoieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: Oberregierungsrat Han» Block in Dresden. Dresden, Sonnabend, 5. Dezember 1925 Tie Demission des Reichs kabinetts. Berlin, 5. Dezember. Da- RücktrittSgesuch de- Reichskabinetts, das heute beschlossen werden soll, wird laut „Täg licher Rundschau" dem Reichspräsidenten im Laufe Les Nachmittags überreicht werden. Voraussicht lich werde der Reichspräsident erst in der nächsten Woche die Berufung zur Neubildung des Kabinetts ergehen lassen, und zwar werde er sich, wie vom Blatte jetzt bestimmt angenommen wird, an den bisherigen Reichskanzler vr. Luther wenden. Als einzig mögliche und deshalb auch wahrscheinliche Lösung be- zeichnet das Blatt die Koalition der bürger lichen Parteien mit Ausnahme der Deutschnationalen, die sich durch ihre Nicht anerkennung der Verträge von Locarno von der Teilnahme an der Regierung selbst ausge schlossen hätten. * Eine Richtigstellung. Berlin, 4. Dezember. Wie wir aus parlamentarischen Kreisen er fahren, ist die Nachricht einer Korrespondenz, wo nach der Reichswehrminister vr. Geßler dem Reichspräsidenten mitgeteilt haben soll, daß er bei der Neubildung des Kabinetts nicht mehr mit einem Amte betraut werden wolle, nicht richtig. Der Reichswehrminister ist in den letzten Tagen nicht beim Reichspräsidenten ge wesen. * Gegenüber verschiedenen Pressemeldungen wird vonzuständiger Seite nochmals festgestellt, daß die Mitteilung des „Malin", wonach vr. Stresemann in den nächsten Tagen nach Pari- fahren werde, unzutreffend ist. Um die Beamtenbesoldunsi. Berlin, 4. Dezember. Die Meldung, daß das Reichsfinanzministerium beabsichtige, dem Reichstag vorzuschlagen, am lb. Dezember den Beamten aller Gehaltsklassen SO Proz. ihres Monatsgehalt- als ein- maliae Winterhilfe auszuzahlen, entsprichtnicht den Tatsachen. Die Reichsregierung wird entsprechend der Er- lärungvom 2b. November dem Reichshaltsausschuß des Reickstages bis zum 9. Dezember Material über die wirtschaftliche und finanzielle Lage unterbreiten. Bei dieser Gelegenheit werden die gesamten Fragen, d. h. die Steuer-, Besoldungs- und Kreditfragen erörtert werden. Sozialdemokratische Anfrage an das Reichsmehrmiuisterinm. Berlin, 4. Dezember. Die sozialdemokratische Fraktion hat im Reichstag folgende Anfrage des Abgeord neten Künstler eingebracht: „Das Reichswehrministerium hat unter Nr. 1567/4. 25 In. I. III» einen Erlaß betreffend Leröffentlichungen durch Heeresfach schullehrer bekanntgegeben. In diesem Erlaß wird u. a. den Heeresfachschullehrern folgendes mgeschrieben: Dagegen unterliegen alle Veröffentlichungen, auch solche pädagogischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Inhalts der Genehmigung-Pflicht, in denen militärische Fragen, insbesondere Fragen der Gestaltung de- Heeresunter- richt» und der Heeresfachschulen irgend wie erörtert oder berührt werden. Durch diesen Erlaß wird der freie wissen- schaftliche Gedankenaustausch unterbunden, wenn nicht unmöglich gemacht. Das beweist auch der zweite Absatz de- Erlasse-, in dem e- heißt: „AIS Veröffentlichungen im Sinne diese- Er lasse» gilt auch da- Halten von öffentlichen Vorträgen, die Aufnahme von Vermerken und Abhandlungen in Fachzeitschriften oder in Um drucken von Fachverbänden." Dieser Erlaß hat in weitesten Kreisen der Viffenschaft und der Pädagogen lebhafte- Be fremden hervorgerufen, weil er die Wissenschaft- liche Lehr- und Meinungsfreiheit unterbindet. In der Praxi» läuft dieser Erlaß darauf hinaus, daß a die Heere-fachschullehrer unter die Vormund schaft von Offizieren stellt. Diese mögen zwar Kammerdebatte über die deutsch-französischen Handelsbeziehnngen. Paris, 4. Dezember. Die Kammer hat die Generaldiskussion über das Budget des Ministers des Innern, deren Be ginn gemeldet wurde, da der Minister nicht an wesend war, alsbald unterbrochen, um zur General diskussion über das Budget des Handelsministers überzugehen. Im Verlaufe der Debatte erklärte der radikale Abg. Jean, der neue deutsche Zolltarif behindere die Einfuhr land wirtschaftlicher Produkte Frankreichs nach Deutschland. Ein mockus vivvncki mit Deutschland sei deshalb anzu streben. Die Regierung müsse die Verhandlungen mit Deutschland unverzüglich wieder auf nehmen. Handelsminister Daniel Vincent erklärte, über die Frage des französisch-deutschen Handelsabkommens solle, sobald der zuständige Kammerausschuß sich hierüber ausgesprochen habe, debattiert werden. Er wolle alsdann auf alle An regungen hinsichtlich der deutsch - französischen Handelsbeziehungen im einzelnen antworten. Gegen die bemängelte Erhöhung der deutschen Zölle auf landwirtschaftliche Produkte Frankreichs habe die französische Regierung protestiert. Die deutsche Regierung habe geantwortet, daß es nicht möglich sei, Frankreich in diesem besonderen Falle entgegenzukommen, solange nicht ein allgemeines Abkommen ab geschlossen sei, das im übrigen vom Parlament ratifiziert werden müßte. Der Handelsminister schloß, es geschehe nichts, um den Ab schluß eines Handelsabkommens mit Deutschland zu beschleunigen. Die Re gierung werde sich um das Zustandekommen eine» Sondcrabkommens vor Abschluß eines all gemeinen Handelsvertrages über die Einfuhr von französischen Gemüsen und Früchten nach Deutsch- land bemühen. Hierauf wurde die Debatte ge schlossen. * Besprechungen Louchenrs mit Ver tretern der Finanz- und Bankwelt. Paris, 4. Dezember. Der „Soir" berichtet: Finanzminister Loucheur hat heute die in Aussicht genommenen Besprechungen mit Vertretern der Finanz- und Bankwelt über seinen in großen Zügen festgelegten Finanzierungs plan ausgenommen. Er hat die Absicht, den Gesetzentwurf am kommenden Dienstag dem Ministerrat zu unterbreiten und ihn einige Tage später der Kammer vorzulcgen. * Tas Finanzgesctz vor dem Senat. Paris, 4. Dezember. Der Senat hat heute nachmittag die General diskussion des von der Kammer angenommenen Ffinanzgesetzes begonnen, das die Erhöhung gute Soldaten und militärische Fachmänner sein, als Beurteiler von lehrwissenschaftlichen und päda gogischen Fragen sind sie abzulehnen, wenn nicht der eigentliche Sinn der Heeresfachschulen ins Gegenteil verkehrt werden soll. Ich frage daher an: Ist da- Reichswehr ministerium bereit: 1. dafür Sorge zu tragen, daß den Heeresfachschullehrern ihre durch die Ver fassung begründeten Rechte auf freie Meinungs äußerung nicht geschmälert werden. 2. die Be- stimmungen au- dem Erlaß herauSzunehmen, die den Erörterungen von Heeressachschulfragen Fesseln an legen." Tie Krise im Ruhrgebiet. Essen, 4. Dezember. Die Verschlechterung auf demArbetts- markt im rheinisch-westfälischen Industriegebiet macht in der letzten Zeit geradezu sprunghafte Fortschritte. In einigen westfälischen Kreisen ist z. B. von einer Woche zur anderen die Zahl der unterstützten Erwerbslosen um 35 bt< 55 Proz. gestiegen. Dabei ist die Zahl der Erwerbslosen noch viel höher, al- sie in der Ma- tistik zum Au-druck kommt, da durch Einführung d e S-N otenumlaufes um 7 l/2 Milliarden Franken vorsieht. Der Senat hat das Finanzgrsetz Louchenrs als Ganzes mit 2V5 gegen 2V Stimmen an genommen. In der Generaldiskussion über die Finanz gesetze ersuchte Briand, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen. Wenn cr heute eine neue Inflation und schwere Steuern fordere, so geschehe das, weil ein anderes Verfahren nicht möglich sei. Er sei der geschworenste Feind der Konsolidierung und der Inflation. Diese sei aber im Augenblick unvermeidlich. Was man jetzt nötig habe, sei der Geist nativ- naler Solidarität. Was verlange das Land vom Parlament? Ter Mittelstand verlange, daß nicht vergebliche Opfer an Summen gefordert würden, die vergeudet würden. Er verlange nur einen gesunden Finanzierungsplan, sowie daß die Steuern nicht eine Waffe gegen den Bürger wür den. — Nach Briand ergriff der ehemalige Präsi- dent der Republik, Senator Millerand, das Wort. Er glaubt, daß die Inflation der Regierung gebilligt werden könne unter der Bedingung, daß die Abstimmung klar zu erkennen gebe, daß es sich nm ein Ende eines Systems und km den Beginn einer neuen Methode handelt. Ein Ende des System-, als Ende der Parteiherrschaft. Wenn man ein anderes System suche, müsse man zurüükehren zur Politik republikanischer Einfachheit und nationaler Eintracht. Ohne die Mit- arbeit der gesamten öffentlichen Meinung würden die Finanzsanierungspläne unfruchtbar bleiben. Auf das Vertrauen des Landes könne man nicht verzichten. Allerdings könne unter den gegen wärtigen Umständen der Burgfriede nicht wirksam werden. * Radikaler Antrag auf Kontrolle des Deviseuhandels. Paris, 4. Dezember. Der radikale Abgeordnete Leon Meyer hat einen Gesetzentwurf über eine Kontrolle des Devisenhandels eingebracht. Danach sollen sämtliche Devisengeschäfte unter der Kontrolle des Finanzministeriums durch die Bank von Frankreich erledigt werden, wobei jeder Importeur, wenn er bei der Bank Devisen anfordert, seinen Bedarf nachweisen und die zu kaufenden Devisen bar bezahlen muß. Jeder Exporteur, der Devisen vereinnahmt, ist verpflichtet, diese binnen drei Monaten in fran zösische Währung umzuwandeln. Jede Operation, die den Kauf ausländischer Devisen nötig macht, sowie überhaupt jede Operation in ausländischen Wertpapieren soll danach verboten werden. der Kurzarbeit und Werkbeurlaubungen die tatsäch- liche Arbeitslosigkeit stark verschleiert wird. Auch in den Bezirken mit bisher günstigen Arbeitsmarkt. Verhältnissen wird eine starke Verschlechterung ge- meldet, so z. B. aus der Stadt Duisburg, die bis vor kurzem den sichersten Arbeitsmarkt im ganzen Ruhrgebiet hatte, jetzt aber 6000 Ar beitslose zählt. Bezeichnend ist auch, daß in Dortmundsich dieZahl der Arbeitsuchen den auf 12900 beläuft, die Zahl der offenen Stellen beträgt dagegen nur 255. Die Kosten für die Erwerbslosenfürsorge steigen immer stärker. In der Rheinprovinz sind die Mittel der Provinzialausgleichskasse bereits er schöpft. In manchen besonders ungünstig liegen- den Gemeinden können die Gelder für die Rot- stand-arbeiten kaum noch aufgebracht werden. Mit einer Besserung auf dem Arbeitsmarkt ist vorläufig noch nicht zu rechnen. ES ist sogar anzunehmen, daß die nächste Zeit eine weitere erhebliche Ver schlechterung bringt, da die Konjunkturentwickelung deutlich nach unten gerichtet ist. Essen, 4. Dezember. Die Firma Krnpp A.-G. kündigt weitere Bt-rieb-einschränkungen und im Zu ¬ sammenhang damit Arbeiter- und Ange stelltenentlassungen an. Man rechnet mit der Entlassung von 1200 Arbeitern und 300 Angestellten. * Hamborn, 4. Dezember. Nach Mitteilung der August Thyssen- Hütte sind infolge der durch Auftragsmangel be dingten Verschlechterung der Betriebslage in der nächsten Woche weitere Betriebseinschrän kungen unumgänglich. Voraussichtlich wird künftig jede Woche 1Z^ Feierschichten ein gelegt. Demokratischer Parteitag. Breslau, 4. Dezember. Der Demokratische Parteitag begann am Freitag seine eigentlichen Verhand lungen mit einer Eröffnungsansprache des Vorsitzenden, Reichsminister Koch, der der Toten gedachte, darunter vor allem des kürzlich ver storbenen Schöpfers der Reichsverfassung, Hugo Preuß. Es folgte daun ein Referat von Professor H e l l p a ch - Karlsruhe, der jetzt aus dem badischen Ministerium ausgeschieden ist und als Universitätsprofessor soeben an die UniversiPt Heidelberg berufen wurde. Hellpach führte an-, daß die Demokratie einer spezifisch ger manischen Tradition entspreche, wobei er auf die Zeiten der germanischen Stam mes Verfassung zurückgeht. Auch dasChristen« tum und die philosophische humane Geistcsfrciheit nimmt Hellpach als Ideen in Anspruch, die zur Demokratie hinführen. Dabei suchte er allerdings historisch nachzuweisan, daß nur die evangelische Richtung des Christentums, soweit sie sich mit der Forderung der geistigen Selbstbestimmung in Einklang gesetzt hat, demokratisch gerichtet sei. Im Katholizis mus wird seiner Meinung nach die demokratische Bewegung immer einen tragischen Ausgang nehmen, und Katholiken könnten daher in der freiheitlichen Bewegung nur wertvolle Mitglieder aber nicht die eigentlichen Führer stellen. Diese Ausführungen fanden allerdings bereits in den Dankesworten des Vorsitzenden Koch eine gewisse Abschwächung, der auf den sozialen Charakter des Ka- tholizismus hinwies, den der Referent etwas vernachlässigt habe. Sehr scharf wider sprach dann als erster Diskussionsredner der Reichs tagsabgeordnete Hauß der einseitigen Inanspruch nahme der evangelischen Kirche für die Ideen der politischen Freiheit. Er wies darauf hin, daß die lutherische Staatskirche, zu deren Überlieferung er sich bekenne, in wesentlichen Zügen doch einen ganz anderen Charakter schon sehr frühzeitig angenommen habe, während anderseits der demokratische Aufbau der katholi schen Kirche, in der der einfache Bauernjunge zum Papst aufsteigen könne, die im Katholizismus viel tiefer liegenden demokratischen Kräfte immer lebendig erhalten habe. Diese Verwahrung gegen die offenbar unter dem Eindruck neuerer Konflikte mit dem Zentrum etwas einseitig ausgefallenen Ausführungen des früheren Staatspräsidenten fand starken Beifall eines erheblichen Teiles des Parteitages. Erst am Sonnabend werden die politischen und wirtschaftspolitischen Tagesfragen zur Debatte kommen. Republikanische Mehrheit bei den preußischen PravinziallandtaK-- wahlen. Berlin, 4. Dezembers DaS endgültige Ergebnis der preußi schen Provinziallandtagswahlen ergibt eine Regier ung-m ehrheitder drei republi kanischen Parteien, selbst unter Weglassung der überwiegend republikanischen Bevölkerung der Stadt Berlin, die sich bekanntlich an der Wahl nicht zu beteiligen hatte. E» wurden in-gesamt 10 515 000 Stimmen abgegeben. Die Sozial demokratie erhie»t 8 747 000, da- Zentrum 2131000, die Demokratische Partei 364000 Stimmen, zu sammen erhielt also oer „Regierungsblock" der re publikanischen Parteien de- Preußenparlaments 5242000, d. h. die Hälfte aller abgegebenen Stimmen. Die zweite Gruppe, die „nationale Opposition", erhielt, wenn man die Wirtschafts- Partei lLlOOOO) und die Völkischen (138000) dazu-