Volltext Seite (XML)
Sächsisch eSlaalszettung den Zreistaat Sachsen Staatsan^eiger für Erscheint Werktags nachmittags mit dem Datum de» ErscheinungStageS. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574 Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breit« Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein- gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Verkaufslffte von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktion: I. V.: Oberregierungsrat HanS Block in Dresden. Nr. 264 Dresden, Freitag, 13. November 1925 Ttt Reichspräsident in Karlsruhe und Darmstadt. Karlsruhe, 12. November. Der Reichspräsident traf heute morgen, von Stuttgart kommend, zum Besuch der badischen Negierung ein. Am Bahnhof waren Staats- Präsident vr. Hellpach, Innenminister Rem- ncle, sowie der Landtagspräsident und der Ober- büigermeister erschienen. Bei dem von der Staats- ktgicruiig gegebenen Frühstück begrüßte Or. Hell- pach den Reichspräsidenten als den Mann, der in der Spitze des Volkes in Waffen den Heimatboden beschirmt habe. Ein Jahrzehnt danach sei er wieder an die Spitze des Mes getreten, das sich nach uraltem, «ie derer st an de ne m germanischen Brauch und Recht ihn durch eigene Wahl zum Oberhaupt erkoren habe. Das badische M stehe nach wie vor auf den Boden un bedingter Hingabe an das Reich. Die Rede des Staatspräsidenten klang aus in ein hoch auf das vom Volke erwähnte Oberhaupt des Teutichen Reiches. Der Reichspräsident führte in seiner Er widerung aus: Zum Grenzgebiet geworden, von alten Wirt- schajiswegen und wirtschaftlichen Beziehungen ab- ge Quitten, in wichtigen Punkten lange Zeit von sremden Truppen besetzt, hat Ihre früher so blühende Heimat hart gelitten und Jahre bit terer Not durchlebt. Aber ich kann auch mit Genugtuung feststellen, daß das Land diese Notzeit in unverzagter Arbeit und sicherem Ver- trauen auf die Zukunft im wesentlichen über- wunden hat und sich in einer wie ich hoffe auf steigenden Entwicklung befindet. Mögen die näch- sten Jahre dem Lande eine Zeit der Gesun dung und weiteren Gedeihens bringen, in der, wie bisher, in der Not alle Bewohner des Landes sich freudig bekennen als treue Söhne und Hüter des Reiches, unseres gemeinsamen geliebten Laterlandes. Mit diesem Wunsche rufe ich: Das Badener Land Hurra! Nach 6 Uhr erfolgte die Weiterreise nach Darmstadt, wo der Reichspräsident abends b Uhr 16 Minuten eintraf. Auf dem Bahnhofe wurde er vom Staatspräsidenten Ulrich, den Mitgliedern der hesischen Regierung und Ver tretern der Behörden empfangen. An der Spalier- bildung, die mit Fackeln gesäumt war, hat auch das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold teilgenommen. Im Hotel Traube fand um 8 Uhr 30 Min. ein Abendessen im engsten Kreise statt, bei dem zwi schen dem Reichspräsidenten und dem Staatspräsidenten Ulrich kurze Trink sprüche gewechselt wurden. Karlsruhe, 13. Skovember. Die Polizeidirektion hatte angeordnet, daß bei Besuch des Reichspräsidenten die spalier bil denden Vereine und Schulen nur Fah len in den Reichs- und Landesfarben tragen dürfen. Tie Rechtspresse ist über diesen Erlaß sehr ungehalten, während die Linkspresse ihn als selbstverständlich bezeichnet. Änderung der Militärgerichte. Berlin, 13. November. Im Rechtsausschuß des Reichstags wurde bei der Beratung deS Gesetzentwurfs über Mi litärgerichte und militärgerichtliches Bersahren die freie Richterwahl der Soldaten, wie sie durch eine Verordnung der Bolksbeauftragten vom 5. Dezember 1918 ver- fügt worden war, beseitigt. Jene Verordnung bestimmte, daß die Militärgerichte anstatt der Lfsiziersrichter mit Militärpersonen zu besetzen sind, die von den Vertrauensleuten der Soldaten gewählt werden und der Dienst- stellung des Angeklagten entsprechen. Im »uen Gesetz soll die Zusammensetzung der Gerichte so geregelt werden, daß sich unter den Bei- fttzern stets ein Offizier befindet, während die übrigen Beisitzer grundsätzlich der gleichen Rangklasse wie der Angeklagte an- g^hören sollen. Abg. Rosenfeld lEoz.) wandte sich gegen die Beseit gung deS durch die Revolu tion errungenen Wahlrechts der Soldaten. Bezeichnend sei, daß die Soldaten niemals Offi- l«e zu Richtern wählen. Ab«. LandSber« Vor -er Entschei-ung über Locarno. Zusammentritt des Reichstages am 20. November. Berlin, 12. November. Ter Ältestenrat des Reichstags einigte sich heute auf die Einberufung des Reichstags für den 2«. November mittags 1 Uhr. Mit Rücksicht auf die Anfang der kommenden Woche beginnenden Parteitage verschiedener bürgerlicher Organisationen war das der früheste Termin. Die Kommunisten verlangten trotzdem die Einberufung zum 16. November, ob wohl auch ihnen bekannt war, daß an diesem Tage die Zentrumspartei ihre Beratungen in Cassel noch nicht abgeschlossen hat. Die Völkischen forderten die Einberufung zum 19. November. Auch dieser Termin wurde mit Rücksicht auf die Veranstaltungen einzelner Parteien nicht gebilligt. Der 20. November fällt auf einen Freitag, an dem mit der Beratung des russisch deutschen und des italienisch-deutschen Handelsvertrages begonnen werden soll. Man will die Debatte bis Sonnabend abend zu Ende führen und anschließend die Ratifikation der Verträge vornehmen lassen. Am Montag sollen dann die Beratungen über den Vertrag von Locarno mit einer Erklärung der Reichs regierung beginnen. Für die folgendrn Tage ist die Besprechung dieser Erklärung vorgesehen. Lie soll am 27. November ihren Abschluß finden. In welcher Form das geschieht, ist vorläufig noch nicht ganz sicher. Vorläufig geht der Plan dahin, dem Reichstag mit dem Vertrag von Lo- carno und einer Übersicht über die Rückwirkungen ein Mantelgesetz vorzulegen, in dem der 8 1 von der Billigung durch den Reichs tag spricht, der 8 2 die Regierung beauftragt, den Eintritt in den Völkerbund anzumelden und der 8 3 den Termin für die Rechtskraft des Vertrages von Locarno be stimmt. Ein entsprechender Entwurf ist von den zu ständigen Stellen der Regierung bereits aus gearbeitet. Das Kabinett wird sich erst in den nächsten Tagen nach einer Rücksprache mit den maßgebenden Parteiführern mit diesen! Entwurf beschäftigen. Die Reichsregierung hat auf den anfänglich von ihr vorgeschlagenen Termin für die Ein berufung des Reichstags — den 23. November — verzichtet, nachdem ihr von alliierter Seite offiziell mitgeteilt worden ist, daß eine Übersicht über die Rückwirkungen bis spätestens Mitte der nächsten Woche in Form einer Note gegeben werden soll. Die Verhandlungen über die Änderungen der Ordonnanzen im Rheinland, überhaupt über die Umgestaltung des bisherigen Regimes sind abgeschlossen. Jnofsiziell ist das Kabinett insofern von dem Ausgang dieser Verhandlungen unter richtet, als seine Vertreter in Paris, London und Brüssel an den Beratungen beteiligt waren. Von dem Ergebnis ist man zufriedengestellt, sodaß die endgültige Stellungnahme der Re gierung zu dein Vertrag von Locarno nur noch ein Akt der Formalität ist. Dem Reichs tag wird die Annahme des Vertrags empfohlen werden mit dem Ersuchen, die Ratifikation mit einer möglichst großen Mehrheit vorzunehmen. Der Reichskanzler beabsichtigt, bevor er mit seinem Ministerium vor den Reichstag tritt, die freien Ministersitze durch je einen An- gehörigen der Zentrumsfraktion, der Deutschen Volkspartei und der Demokraten zu besetzen. Er hat für das Innenministerium einen Volksparteiler, für das Wirtschaftsministcrium einen Zentrums mann und für die Reichsfinanzen einen Demo kraten in Aussicht genommen. Luther geht also darauf aus, seinem bisherigen „überparteilichen Beamtenkabinett" mehr und mehr den Charakter einer parlamentarischen Minderheits regierung zu geben. * Keine Stockung in den Verhandlungen mit den Wefimächten. Berlin, 13. November. Zur Äußerung des diplomatischen Bericht erstatters der Londoner „Westminster-Gazette" über eine Stockung in den Brrhandlnngen über das RheinlandSregimc bemerkt die „Tägliche Rundschau", eS könne keine Rede da von sein, daß in den Verhandlungen zwischen den Wcstmächten und Deutsch land eine Stockung eingetretensei, weil die deutsche Auffassung der der Gegenseite Widerstreite. Tie Verhandlungen seien vielmehr abgeschlossen worden, und zwar so, daß die Rückwirkungen schon vor der Unterzeichnung des Vertrages von Lorarno verbindlich sichergestellt wür den. Man könne sicher sein, daß spätestens am Dienstag die Rückwirkungen bekanntgegeben würden. Völlige Einigung in Paris. Paris, 12. November. Der deutsche Botschafter in Paris hat heute mittag eine neue Unterredung mit Briand gehabt, die im Zusammenhang mit der am Mittwoch überreichten deutschen Note stand. Von alliierter Seite wird nunmehr erklärt, daß die deutsche Antwort der Mehr- zahl der von der Botschafterkonferenz erhobenen Forderungen gerecht werde und wenn auch in der Frage der Kompetenzen des Generals v. Seeckt noch gewisse Meinungsverschiedenheiten bestünden, die deutsche Regierung diesmal keinen Zweifel an der Loyalität ihrer Verständigungsbereitf- schäft gelassen habe. Unter diesen Umständen sei zu erwarten, daß die Bots chaf t erkonf er enzs, die voraussichtlich am Montag zusammentreten wird, nunmehr den endgültigen Termin für die Räumung von Köln (1. Dezember) festsetzcn werde. Gleichzeitig, also ebenfalls zu Beginn der kommenden Woche, würden auch die für das Okkupationsregime im Rhein land beschlossenen Erleichterungen in Kraft gesetzt werden. Der deutsche Botschafter hat heute morgen den auf der Durchreise nach Berlin befindlichen ehemaligen deutschen Botschafter in Madrid, Langwerth v. Simmern, der zum deutschen Komm iss ar bei der Rhein land ko mmission ernannt worden ist, Briand vorgestellt. wie- darauf hiu, daß sich aus der jetzigen Ord nung keine Mißstände ergeben hätten. Den noch wurde mit 14 gegen 8 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten die Zusammensetzung der Kriegsgerichte und Ober kriegsgerichte im Sinne des Gesetzentwurfes an genommen. Für das militärgerichtliche Verfahren ist im Gesetzentwurf die Ausschließung der Berufung gegen Urteil der Kriegsgerichte bei Übertretungen sowie die Möglichkeit der Ver werfung einer offensichtlich unbegründeten Revision entsprechend der Emminger-Verordnung durch Be- schluk de« Reichsgerichts vorgesehen. Abg. Rosenfeld bezeichnete diese Ausdehnung der Emminger-Verordnung als bedenklich und be antragte die Streichung dieser Bestim mungen. Unter Ablehnung des sozialdemokra tischen Antrags wurde jedoch auch hier mit 14 gegen 8 Stimmen die Vorlage an genommen. Reichsratsbeschlnffe. Berlin, 12. November. Der Reichsrat erklärte sich mit einer Ver ordnung einverstanden, wonach die Ab findungen, die verheiratete ausgeschiedene B «- amte erhalten, steuerfrei bleiben. Ebenso sollen die Abfindungen für entlassene Arbeitnehmer durchweg steuerfrei bleiben, auch soweit sie im Wege freier Vereinbarung gezahlt werden. Der Reichsrat stimmte dann den Maß nahmen zu, die von der Reichsregierung zur Abwehr der spanischen handelspoli tischen Kampfmaßnahmen vorgesehen sind. Diese Abwehrmaßnahmen bestehen in einer sehr starken Erhöhung der Zölle auf die wichtig sten spanischen Ausfuhrerzeugnisse. Ter Reichsrat hat jedoch dem Wunsch Ausdruck gegeben, daß alles versucht wird, um den gegenwärtigen, für beide Teile unerfreulichen Zustand so schnell als möglich zu beenden. Tie Geheimbündler-Verhaftungen in Ostpreußen. Königsberg, 12. November. Über die Verhaftung militärischer Geheim bündler im Regierungsbezirk Allenstein erfährt der Korrespondent des „Berl. Tageblatts": Die Ver hafteten setzen sich aus Mitgliedern folgender Organisationen und Bünde zusammen: Hitler- Stoßtrupp, Deutschnationale Volkspartei Deutscher Osfiziersbund, Schlageter-Bund, Sturmfahne Roß bach, Rollkommando Roßbach, Freikorps Raven, Deutschvölkische Freiheitspartei, Oberland-Bund. Die Hauptftthrer sind meist vorbestraft und zwar wegen Hehlerei, Betruges, Dieb stahls, einer von ihnen mit 18 Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung. Auch banke rotte Kaufleute befinden sich unter ihnen, die unter Hinterlassung von erheblichen Schulden flüchtig geworden sind. Es sind Leute, die nichts mehr zu verlieren haben, und deren Verwandte froh sind, sie losgeworden zu sein, Leute, die für jeden Putsch zu haben sind, von rechts oder links, wenn sie nur Geld dafür bekommen. Interessant ist, daß diejenigen unter ihnen, die sich Leutnant nennen, gar keine Heeresofsiziere sind, sondern von Roßbach zu Leutnants befördert worden sind. Briefe Ludendorffs wurden vorgefunden, über die nähere Mitteilungen zunächst noch nicht ge macht worden seien. Es scheint auch, daß einige Verhaftete in einer gewissen Verbindung mit Reichswehrstellen gestanden haben. Zweck ihrer Unterbringung auf den Gütern war, die linkseingestellte Landarbeiterschaft zu ver drängen. Zunächst allerdings haben sie sich land wirtschaftlich bisher nicht betätigt, sondern nur militärisch. Nn Dienstreglement regelte ihren Dienst ganz nach militärischer Art. Es gab zu bestimmten Tagesstunden Gewehrreinigen, Unter richt, Exerzieren. Ein Unteroffizier vom Dienst war bestellt. Ermäßigung der Lohnsteuer. Berlin, 12. November. Der „Vorwärts" meldet, daß in den nächsten Tagen dem Reichsrate ein Gesetzentwurf zugehen werde, der eine Erhöhung der steuerfreien Einkomm ensgrenze auf 100 M. monatlich oder 24 M. wöchent lich vom 1. Januar 1926 ab vorsieht. Erhöhung der Beterauenbeihilsen. Berlin, 12. November. Kriegsteilnehmer aus den Kriegen von 1864, 1866 und 1871, die Beteranenbeihilfe ab 1. April 1925 in Höhe von 12,50 M. erhielten, bekommen, mit Wirkung vom 1. Oktober 1925, eine Teuerungszulage von 45 M. Die Zulage wird, wie der Reichsbund der Kriegs beschädigten erfährt, in sechs Monatsraten von je 7,50 M. gezahlt. Irrtümlich sind die Meldungen, daß diese Teuerungszulagen auch den Kriegsbeschädigten aus dem Weltkriege 1914/18, die Renten nach dem Reichsversorgungsgesetz be ziehen, zu gute kämen. Die Anklage gegen KntiSker »nd Genosie« erhoben. Berlin, 12. November. In der Betrugssache gegen Max KutiSker und Genossen ist nunmehr die Anklage erhoben worden. Max Kutitker und der Spediteur Stern werden wegen Urkundenfälschung