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Sächsische Staatszeitung : 02.11.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192511020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19251102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19251102
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-11
- Tag 1925-11-02
-
Monat
1925-11
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 02.11.1925
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Seite 2 zu Nr. 255 «LchMche TtaKtLzrUsLNg — Montag, 2. November 1925 im Meineidsprozeß Loeb. war, daß dieses Gespräch stattgefunden hat. Die Hauptverhandlung hat weiter ergeben, daß wir annehmen müssen, daß der Angeklagte die Wahrheit gesagt hat, als er bekundete, daß er das Gespräch mitMeißner geführt habe. ES kann sich nicht darum handeln, daß über den Inhalt des Gespräches falsche Aussagen gemacht worden sind. Wir haben cs lediglich mit der Frage zu tun: Ist die Auskunft, die von Meißner dem Angeklagten erteilt worden sein soll, erteilt worden oder nicht? Wäre eine Auskunft auf die Frage erteilt worden, daß die Süddeutsche Transportversicherungsgesellschaft genehmigungs pflichtig sei oder nicht, so hätte die Auskunft un möglich erteilt werden können, welche die Aussage wiedergibt. Aber so ist ja die Frage nach der Aussage nicht gestellt worden. Wir haben es nur mit der eidlichen Aussage, die Loeb gegeben hat, zu tun. Danach ist die Frage gestellt worden: Ist eine Aufruhrversicherung in der Form der Süddeutschen, also nach dem Typ der Süddeut schen genehmigungspflichtig? Und wenn 'diese Frage im Zusammenhang mit einer im Gespräch auch erwähnten Frage, was diese Gesellschaft schon genehmigt erhalten hatte, gestellt worden ist, dann wäre cs allerdings möglich, daß der befragte Be amte sagen konnte: In der Frage des Typs wird der Senat entscheiden, nämlich dann, wenn ein entsprechender Zulassungsantrag gestellt ist. Damit ist der Fall entschieden. Wenn man dem An- geklagten nicht nachweisen kann, daß eine solche Auskunft nicht erteilt worden ist und nicht hat er teilt worden sein können, dann fehlt die Möglich, keit, ihm uachznweisen, daß er eine falsche Aus sage gemacht hatte und selbstverständlich auch die Beschuldigung des vorsätzlichen oder fahrlässigen Meineides. * * * Diesem Urteil war vormittag eine sensationelle Verhandlung vorausgegangen. Vor Beginn der Plädoyers hatte der Oberstaatsanwalt Frieders, der auf Anweisung der thüringischen Re gierung die Anklage zu vertreten und dem Prozeß beizuwohnen hatte, der Presse mitteilen lassen, daß er der Verhandlung nicht mehr bei wohnen werde, weil er es mit feinem Gewissen als objek tiver Staatsanwalt nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme nicht mehr verein einbaren könne, einen andern Antrag zu vertrrte« al, den auf «inpellung des «ersah,r,s. Staatsanwalt Floel dagegen blieb in seinem Plädoyer dabei, daß Loeb sich eines Meineid- schuldig gemacht habe. Er beantragte, über das Mindestmaß hinauszugehen und wegen vorsätz lichen Meineids ein Jahr sechs Monate Zuchthaus, drei Jahre Ehrverlnst und so- fortige Verhaftung zu verhängen. Rechtsanwalt vr. Alsberg wandte sich gegen die Staatsanwaltschaft in Frankfurt, die anstatt über den in Frankfurt geleisteten Eid in Frank- surt zu verhandeln, die Angelegenheit nach Weimar schob. Alsberg wie vr. Levi er klärte, daß alle Beweismittel die volle Schuldlosigkeit von Loeb erwiesen hätten. Auch nicht der Schatten eines Beweises liege gegen Loeb vor, der auch nicht mit dem Makel eines Verdachtes behaftet bleiben dürfe, vr. Levi führte dann noch au-, die Staats- anwaltschaft dürfe keine Verurteilung beantragen, wenn sie aus dem Inhalt der Verhandlung den Eindruck gewonnen hat, daß ein Unschuldiger vor ihr steht. Die Stel- lung des Oberstaatsanwalts zu Beginn des Prozesses und die Tatsache, daß der Ober- staat-anwalt bei dem Plädoyer der Staatsanwalt- schäft nicht mehr zugegen ist, müsse als Indiz für die Unschuld des Angeklagten gelten. Tie Staatsanwaltschaft vertrete den Standpunkt, daß sie eine Ehesbehörde sei und die Verantwortung für die Anklage beim Chef, dem Oberstaatsanwalt, liege. Der Oberstaatsanwalt.aber befinde sich auf der Flucht vor feiner eigenen An- klage. Der Staatsanwalt versicherte daß seine Stellung außerordentlich schwierig sei. Er könne keine Auskunft darüber geben, weshalb der Oberstaatsanwalt nicht an der ganzen Verhandlung teilgenommen habe. Aus seinem Recht, als Chef die Anleitung für die An klage zu geben, habe er keinen Gebrauch gemacht, sondern dem Staatsanwalt die Vertretung dcr Anklage nach bestem Wissen und Gewissen über- lassen. Ob der Oberstaatsanwalt von dcr Un schuld des Angeklagten überzeugt sei, wisse er, dec Staatsanwalt, nicht. Es sei ein ungeheuer licher Vorfall, der im Gerichtssaal sichtbar geworden sei, und Rechtsanwalt Levi habe tat sächlich den Finger in eine offene Wunde der Staatsanwaltschaft gelegt. Tas Regime im Rheinland. Köln, 30. Oktober. Das französische Kriegsgericht in Bonn verurteilte gestern einen Kapellmeister eine- Rheindampfers in Abwesenheit zu drei Jahren Gefängnis und 2006 M. Geldstrafe wegen Spielens des Deutschlandlieds beim Ver lassen der Stadt Koblenz. Koblenz, 1. November. Die Rheinlandkvmmission hat die Beschag- nähme aller Exemplare dcsLahrerHinkenden Boten, des Neuen Historischen Kalenders für das Jahr 1926 und der Schrift des Prof. H. Pfeifer „Während Europa aus den Weltfrieden wartet", Mitteldeutscher Verlag in Halle, im be setzten Gebiet verboten. * Di'. Stresemann spricht im Nnndsnnk über den Vertrag. Berlin, 2. November. Reichsminister vr. Stresemann wird, wie V. D. Z. erfährt, am Dienstag, den 3. November, abends 8 Uhr im Berliner Rundfunk über die Bedeutung des Vertrages von Locarno sprechen. Dieser Funkspruch wird auch auf eine größere Anzahl anderer deutscher Sender übertragen werden. * Deutschland und Österreich. Wien, 1. November. Ter österreichische Gesandte in Berlin, vr Frank äußert sich heute in den „Wiener Neuesten Nachrichten" über Deutschland und Österreich, wobei er zunächst die Rückwirkung des Vertrages von Locarno aufÖsterreich einer Betrachtung unier- zieht. Wenn Österreich, sv führt vr.Frank aus, auch nicht unmittelbar an diesen geschichtlichen Vorgängen be teiligt ist, so ist sein mittelbares Interesse an dem Zustandekommen des Vertragswertes umso stärker. Tas Schwergewicht von Locarno liegt wohl in der Tatsache, daß Deutschland dort zum ersten Mal seit dem Kriege als gleichberechtigter Verhandlungspart ner anerkannt und tatsächlich behandelt wurde, mit an deren Worten: Deutschland ist wieder aktiv in die euro päische Politik eingetreten. Es ist natürlich auch für Österreich von größter Bedeutung, wenn der Staat, zu dem wir vermöge der geschicht- lichen Vergangenheit und nationalen Zusammengehörigkeit und dcr Kultur- gemeinschaft in den allernächsten Bezie- Hungen stehen, bei dem wir naturgemäß die nächste politische und wirtschaftliche An lehnung suchen, wieder als politischer Macht saktor auf der europäischen Bühne erscheint. Von nicht geringerer Wichtigkeit ist für uns dcr mit Annahme des Vertrages von Locarno ver bundene Eintritt des Deutschen Reiches in den Völkerbund, da der Vorteil für uns aus dcrHand liegt, wenn eine uns so eng befreundete Macht wie das Deutsche Reich auch im Völker bund zur Geltung gelangt. Im Deutschen Reich sowohl wie in Österreich, sagt vr. Frank weiter, ist man von der Notwendig keit enger und aufrichtiger Beziehungen zu ein ander überzeugt und wünscht sie innig, weil auch alle Momente des Gefühls dafür sprechen. Man versteht cS im Deutschen Reich auch sehr wohl, daß wir unter dem Zwange der Verhält nisse genötigt waren, im Kampfe uni unsere Geld- rrhaltung eigene Wege zu gehen. Niemand er blickt darin eine feindselige Haltung oder ein Sich- abwcndenwollen vom Deutschen Reich. Dies hatte sich auch bei den Handelsvertragsvcrhandlungen mit Deutschland gezeigt und wird sich, wie zu er- Freispruch Weimar, 31. Oktober. Heule nachmittag wurde doS Urteil ver- kündet: Der Angeklagte wird freigesprochen, die Kosten des Verfahrens hat die Staatskasse zu tragen. In der Begründung heißt es: Es ist durchaus richtig, was von der Verteidigung gesagt worden ist über die Gründe, die zur Eröffnung de- Haupt verfahre ns geführt haben. Sie beruhten auf dem Gedanken, daß nur die Haupt Verhandlung diejenige Klarheit bringen konnte, die über die Schuld des Ange klagten, woran die Allgemeinheit ein Interesse hatte, oder seine Unschuld, woran er einen erheb lichen Teil Interesse hatte, notwendig war. Wir haben uns bei unserer Entscheidung eben sowenig von der Anklageschrift, die mehrfach zum Gegenstand der Kritik gemacht worden ist, als von den Unstimmigkeiten des Frankfurter Urteils beeinflussen lasten, die immerhin von dem Standpunkt aus beurteilt werden müssen, daß die Dinge damals nicht eine solche Rolle spielten wie heute und damals in der Fülle des Materials verschwanden. Wir haben uns auf die Ergebnisse der Haupt Verhandlung gestützt. Da müssen wir feststellen, daß sich auch nicht ein Anklage- punkt ergeben hat, aus dem eine Schuld deS An geklagten resultiert. Die Aussage, ob er bei seiner Aussage etwas verschwiegen habe, konnte sich nur auf eine Tatsache beziehen, daß er früher einmal eine Vermittlung für Frenkel gegenüber dem Soldatenrat unternommen habe. In bezug auf die anderen Punkte hat sich nicht ergeben, daß ein Verschwei- gen vorlag, besonders was die erwähnte Denk- schrift anbclangt. Was die Bermittlungslätigkeit gegenüber dem Arbeiter- und Soldatenrat anbe- langt, so war sie eine gelegentliche aus seinem Freundschaftsverhältnis zu Frenkel und wenn er auf die Frage nach seinen früheren und jetzigen Verhältnissen zu Frenkel aussagt, er habe in freund schaftlichen Beziehungen gestanden, hat er alles gesagt, wozu er verpflichtet war. Im einzelnen brauchte er nicht zu erwähnen, was er im einzelnen vorübergehend für Frenkel getan hatte. Ten Kernpunkt des ganzen Prozesses bildete die Frage, ob der andere Teil seiner Aussage der Wahrheit entsprach, nämlich das Gespräch, das er im Rcichsaufsichtsamt für Privatversiche- rung in Berlin gehalten haben will. Zunächst ist festgestellt, waS bisher nicht ganz unzweifelhaft warten ist, auch bei der Fortsetzung und dem Abschluß dieser Verhandlungen auswirken. Noch sind die geschichtlichen Ereignisse, so schließt vr. Frank, im Flusse, noch ist die Weiterentwick lung der europäischen politischen Lage erst in Um risten sichtbar. Das eine ist aber sicher: Wollen wir in Österreich unsere kulturelle und Wirtschaft- liche Bedeutung für die Tauer erringen und fest halten, dann ist es die vornehmste Aufgabe unserer Politik, unser Verhältnis zum Deutschen Reiche so eng und innig zu gestalten, als es die jeweiligen Verhältnisse erlauben. * Mißtrauen in Frankreich. Paris, 3l. Oktober. Die „Information" spricht von der Absicht der Herren Westarp, Hergt und Genossen, den Parteien der Linken die politische Ver ¬ antwortung für die Verträge von Locarno zu zuschieben, um dann selbst durch einen Feldzug gegen diesen „dritten Vertrag von Versailles" nicht nur ihr Prestige bei ihren eigenen Wählern wiederherzustellen, sondern vor allem auch die Deutsche Volkspartei einzuschttchtern und diese zu zwingen, den Deutschnationalen erneut einen Platz in der Regierung einzuräumen. Um so befremdender, meint das Blatt, sei die Haltung des Reichskanzlers vr. Luther, der sich mehr und mehr dem Verdacht aussctze, mit den Deutsch- nationalen unter einer Decke zu stecken, sei es aus innerpolitischen Gründen oder in der Absicht, die deutschnationale Opposition als einen Trumpf gegen die Alliierten auszuspielen, um diese zu neuen Zugeständ nissen zu zwingen. Aus jeden Fall habe man im Ausland und ganz besonders in Frankreich keine andere Erklärung für die Schonung, mit der Herr Luther die Deutschnationalen behandle, denen gegenüber schon die Drohung mit der Aus lösung des Reichstages genügen würde, um sie gefügig zu machen. Denn davor habe die Rechte in Deutschland begründete Angst. Auch die lärmendste Agitation der Deutschvölk'schen könne heute nicht mehr darüber hinwegtäuschen, daß die übergroße Mehrheit des deut schen Volkes wirklich den Frieden wün sche und genau wisse, daß das Bertragswcrk von Locarno lediglich als Auftakt einer neuen Aera vertrauensvoller internationaler Zusammenarbeit gedacht sei, beider auch das deutsche Volk seine Rechnung finden werde. Unter diesen Umständen stehe es außer Zweifel, daß ein mit der Parole für oder gegen Locarno geführter Wahl kam Pf sicherlich nicht zugunsten der Nationalistenausfallen werde. Kunst und Wissenschaft. Groteskeuabend im Alberttheater. In Bernard Shaws historischer Groteske „Die große Katharina" erreicht die vom Autor mit so schätzenswerter Bosheit betriebene Vermenschlichung deS Heros und der Heroine ihren Gipfel. Die große russische Zarin ist hier ein recht kleines Frauenzimmer aus Anhalt-Zerbst, daS sich in seiner kaiserlichen Komödienrolle gräßlich langweilt und ganz einfach als Weib genommen sein will: aber möglichst von frischgewaschenen Kavalieren aus dem Westen; der furchtbar ver- soffene Fürst Potemkin, der sich das ganze Stück über wie ein Schwein auf dem Boden wälzt, geht ihr offensichtlich auf die Geruchsnerven. Um so schmerzlicher ist ihre Enttäuschung über den englischen Rittmeister Edstaston, der das ihm zu geworfene kaiserliche Schnupftuch der Gnade nicht aufheben will und sich in Petersburg lediglich für seine Braut interessiert. Katharina verfügt über ein sehr einfaches Mittel, den spröden Briten MoreS zu lehren. Sie läßt ihn mit Stricken zu einem unförmlichen Bündel zusammenschnüren und auf ihr Zimmer bringen. „Tragt das mal hier her!" kommandiert sie, und bearbeitet das Bündel so lange mit der Fußspitze, bis der von Lach krämpfen Gepeinigte sich zur vorschriftsmäßigen Galanterie bekehrt. Der großen Katharina nützt die Erpressung zwar nichts, aber dem Zuschauer macht das alles viel Spaß, zu mal di« Komödie, von Hermine Körner inszeniert, mit hinreißendem Übermut gespielt wird. Frau Körner selbst gibt die Katharina mit einem zwanglosen, wirklich menschlichen Humor, von überlegenstem EarkaSmuS bis zu karikaturistischer Derbheit vielfältig nuancierend. Man entdeckt hier ganz neue Seiten ihrer darstellerischen Wesenheit. Ein wüster Kerl, strotzend im Saft bodenständigster Realistik, widerwärtig noch in seiner Säufer- gutmütigkeit, ist Karl WüeuhagenS Potemkm. Eine klinische Studie. Die Schcusäligkcit dieses Favoriten macht Katharinas Veränderungsdrang sehr begreiflich. Siegfried Nürnberger mimt mitleiderweckend den in die Barbarenzone verirrten britischen Offizier, das unglückselige Objekt der kaiserlichen Launen. Die Fürstin Lieven wäre mit einer gewissen trockenen Bissigkeit zu zeichnen, aber nicht, wie es hier geschah, als dürftige Näh mamsell. Den Beschluß machte Anton Tschechows oft gespielte Groteske „Der Heiratsantrag". Den konfusen Heiratswerber Lömow, der am Ende nicht weiß, ob er als Prozeßgegner oder als Ehewerber ins Haus der Angebeteten ge- kommen ist, bis er, mit einer Ohrfeige als Angeld, in die Ehe springt, spielt Otto Stoeckel sehr ergötzlich. Als Regisseur des Stückchens erwürbe er sich ein Verdienst durch Straffung einiger über flüssiger Dialoglängen. Anneliese Goetz als Natälia und Max Reitz als Papa Tschubukow sekundierten ihm entsprechend. M. A. Eduard Poldiui» „Hochzeit i« Fafchiag" wird sich sicherlich in verkürzter Gestalt neue Freunde erwerben, den Eindruck nahm ich nach der zweiten Wiederholung mit. Hermann Kutzschbach hat:e da, ganz im Schuchschen Geiste, den Rotstift kräftig walten lassen an Stellen, an denen Komponist und Librettist zu breit wurden, und so wirkte sich das heitere Spiel ungleich unterhaltsamer aus als zuvor, und auch im Schlußakt hatte man geschickte Umstellungen vorgenommen. Kurz also, daS gut besetzte Haus nahm die hübsche Oper freundlich auf. Die Be- setzung mit den Kräften der Erstaufführung hatte man mit Recht beibehalten. Bor allem also stand Eva Plaschke-v. der Osten wieder im Vorder grund und Mittelpunkt als Gutsherrin. Wie die Künstlerin die Gestalt in dramatischer Verleben digung überzeugend und lebensfrisch auf die Bühne stellt, ohne jede Theaterei und ohne jede über- treibende Komik, das ist und bleibt ein Meister stück. Sie gehört zu jenen Seltenen, auf die der Boden der Bühne gleichsam leben- und phantasie erweckend wirkt, und sie könnte später noch recht wohl im Charakterfach anregend und kunstsördernd an unserer Bühne wirken. Was müßte sie z. B. einst für eine famose Lady in „Fra Diavolo" sein! Und ihr stand wieder in Ludwig Ermold als Gutsherr ein ebenbürtiger Gegenspieler zur Seite. Mehr als eine komische Charge, macht er aus seiner Rolle eine Charakterfigur. Das sind unter Berufenen Auserwählte. Ger» sei aber festgestcllt, daß auch alle die übrigen Mitwirkenden ihr Bestes boten, und daß die Vorstellung unter Moras flotter Spielleitung einen wohlbcfriedigenden Ver- lauf nahm. O. S Konzert der „Einigkeit". Wenn der Rovem- ber kommt, beginnen die Veranstaltungen der Männergesangvereinc, die sich in dieser Woche be- sonders stark häufen. Die „Einigkeit" brachte am Freitag im Gewerbehause als ersten Chor eine Neuheit ihre- Liedermeisters Georg Strieg ler: „Musik". Dem Werke liegt eine Dichtung von Eugen Stangen zugrunde, der damit die Eindrücke der „holden Kunst" auf Ohr und Herz schildern will. Im sprachlichen Ausdruck ruht viel von Wohllaut und Klangstimmung, und es läßt sich darüber streiten, ob derartige Reflexionen nicht besser unvertont bleiben, weil sie der Ton- kunst im allgemeinen gelten und nicht für eine bestimmte Form gedacht sind. Immerhin hat Striegler dem Gedicht eine fesselnde Gestaltung gegeben. Der Chorsatz klar und fließend sbiS auf die entbehrliche erste Wiederholung), auch geben ihm Harfe und Klavier als Orchester satz vielfach farbigen Reiz. Gesungen wurde daS Werk mit großer Hingabe. Der sehr lebhafte Beifall galt in erster Linie dem verdienten Kom- ponisten, dann aber auch der Sängerschaft sowie dem tüchtigen aufmerksamen Pianisten Wolfgang Scheder und der Dresdner HarsenvirtuosinH aydSe Grünwald. Der Verein bot ferner „Auf hoher See" von Rudolf Heyne, einen bis auf di« schwäch liche Mitte wirksam schildernden und gut rhythmi sierten Chor, Hegars Tongemälde „In den Alpen", dessen bedeutende Schwierigkeiten, trotz einer Schwankung kurz vor dem sieghaften Schlüsse, tapfer überwunden wurden und einige der schönsten Silcherschcn Volkslieder. Bei den gemütvoll- heiteren Schätzen unserer deutschen Gesangsliteratur, in ihrem eigensten Bereiche fühlten sich die Sänger anr wohlsten. Georg Striegler hatte die Lieder prächtig ausgefeilt und wurde stürmisch bedankt. Seine Tochter Senta, die man bei der Petrenz- Oper <6osi kau tutte, Weiße Dame) als ein ge winnendes Soubrettentalent schätzen lernte, sang hier fünf Brahms-Lieder mit lockerer Tongebung und herzhaftem Vortrag. Also auch hier ein Er folg, der zu weiterem Streben nach höchster Ver vollkommnung Veranlassung gibt. HaydLe Grünwald spielte eine harfengemäße „Mazurka" von Edmund Schuecker, dem ehemaligen Mitgtiede des Leipziger Gewandhausorchesters, und eine gleichfalls dankbare Zugabe. Mit ihrem Gatten, dem ausgezeichneten Kammermusiker Franz Schmidt, vermittelte sie zwei Cellostücke in her vorragend schöner Ausführung, so den vornehmlich durch Anna Pawlowa auch bei uns bekannt gewordenen „Sterbenden Schwan" von Saint- CaenS und die schon etwas verblaßte „Melodie" von Rubinstein-Popper. H. Pl Vortragsabend. Im Hauptsaale der Aus- stellungSräume des Sächsischen Kunstvcreins sprach am vergangenen Sonnabend, dem Reformations tage, Prof. vr. Georg Biermann über LoviS Corinth. Prof. Biermann ist der Ver fasser einer Monographie über diesen großen Meister der Farbe, und er ist ihm besonders nahegetreten durch diese Monographie, als er die Studien zu ihr machte und Corinth in Berlin aufsuchte. In seiner höchst anschaulichen Schil derung streifte Biermann das äußere Leben Corinths nur, um alles Gewicht auf die Charak terisierung seiner malerischen Psyche zu legen, und hier wieder betont« «r di« letzte Period« im Leben des Meisters, die er di« spiritualistische nannte, jene Zeit nach dem im Jahr« 1911 er-
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