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Seite » ,u Nr. L39 — SLchstfch« StaatsL<i1u»« - Dienstag, 1S. Oktober 1S2S anderen Schulen und gegen hie Enteignung deutschen Boden». Der Fkgge»vr<zetz im Saergekiet. Saarbrücken, 13. Oktober. Die von der Generalstaatsanwaltschaft gegen da» freisprechende Urteil im Flaggenprozeß Röchling eingelegte Revision beim Obersten Gerichtshof in Saarlouis ist zurückgezogen worden. Der von der 2. Strafkammer des hie- sigen Landgerichts gefällte Freispruch wird also in der gesetzlichen Frist rechtskräftig werden. Die auS Anlaß der Jahrtausendfeier im Saargebict wegen Flaggens in den alten Reichsfarben er lassenen etwa 15 000 Strafbefehle sind hier mit hinfällig. Bereits bezahlte Strafen müssen zurackerstattet werden. Verhandlungen zwischen Danzig nnd Polen. Danzig, 12. Oktober. Lom 7. bis 10. d. M. hat zwischen Ver tretern der Danziger und der polnischen Regierung ein Meinungsaustausch über die Durchführung der Einfuhrverbote stattgefunden. Bei diesen Besprechungen, die beiderseits mit dem Willen zur Verständigung geführt wurden, ist eine Einigung über die Einfuhrkontingente für das nichtdeutsche Ausland sowie über die Einfuhrkontingcnte der am 17. Juni 1925 in Kraft gesetzten Verbotsliste erzielt worden. Faschifienangrifs auf die römische Freimaurerzeutrale. Rom, 12. Oktober. Gestern drang eine Schar römischer Faschisten in die Zentrale der italienischen Großloge ein, nachdem sie die Wache überwältigt hatten. Herbeigceilte Verstärkungen verhafteten neun Mann. Doch hatten die Faschisten bereits Feuer gelegt. Der Brand konnte alsbald gelöscht werden. Die faschistische Parteileitung hat den Sekretär des römischen Fascio abgesetzt. Kantonalwahlen i« Frankreich. Paris, 12. Oktober. Gestern haben in einer Reihe von Arrondisse ments Kantonalwahlen stattgefunden, die mit Ausnahme von Boulogne sur Mer, wo der Kan didat der nationalrepublikanischen Liga, Millerand, gewählt wurde, zugunsten der Linksparteien und der Kommunisten ausfielen. Generalratswahlen in Algier. Paris, 12. Oktober. Gestern wurden in den drei Departements von Algerien die Wahlen zu den Generalräten vorgenommen. Im Departement Algier trug die Linke den Sieg davon, in den Departements Oran und Constantine ebenfalls, sodaß eine Ver schiebung der politischen Konstellation nicht zu verzeichnen ist. Verurteilung kommunistischer Führer in Frankreich. Paris, 12. Oktober. Heute nachmittag hat vor der zweiten Straf- kam mer die Verhandlung gegen verschiedene M - t - glieder des kommunistischen Aktions ausschusses wegen Aufreizung zum mili- tärischen Ungehorsam in Marokko in einem in der „Humanitä" veröffentlichten Artikel Eine monarchistische Kundgebung. Berlin, 12. Oktober. Am Sonntag fand auf dem Garnisonfriedhof Tenrpelhofer Feld im Beisein de» Reichspräsidenten v. Hindenburg, der Traditionskompanie des Augustanerregiments (9. Preuß. Jnf.-Reg. Nr. 8), des Prinzen Oskar von Preußen, sämtlicher Sriegervereine von Berlin und Umgebung, der Abordnungen vaterländischer Verbände und mehrerer Tausend alter Regimentsangehörigcr und Festteil- nehmcr die Einweihung des Denkmals für die im Weltkriege gefallenen Angehörigen des ehemaligen Königin Augusta-Garde-GrenadierregimentS Nr. 4 und seiner Kriegsfvrmationen, der Reserve-Jn- fanterieregimenter Nr. 55 und 202, statt. Der Reichspräsident erschien in Begleitung seines Sohnes und Adjutanten Major v. Hindenburg in Marschall uniform und schritt die Front der Ehrenkompanie ab. Nach kurzer Ansprache des Generals Sixt v. Arnim siel dann unter den Klängen des Liedes vom guten Kameraden die Hülle des Denk mals. Dann legte General Sixt v. Arnim als Vertreter des Ex-Kaisers einen Kranz am Denkmal nieder; ihm folgte Reichspräsident v. Hindenburg mit den Worten: „Euer Blut soll und wird niemals vergebens ge flossen sein." * Der Enthüllungsfcicr ging ein Feldgottes dienst voran, bei dem der Reichspräsident nicht zugegen war. Er fand im Hofe der ehemaligen Augusta-Kaserne statt, und in seinem Verlaufe hat sich ein Zwischenfall abgespielt, über den die „Berliner Montagspost" meldet: General Sixt v. Arnim hat in einer Rede folgendes ausgeführt: „Ich habe die hohe Ehre, daß Se. Majestät der Kaiser und König mich beauftragt haben, das Denkmal des Regiments Angnsta nnd seiner Reservr- regimenter 55 und 202 einzu weihen. Wir gedenken seiner in ehrfurchtsvoller Dankbar keit und unwandelbarer Treue und sind so, wie er bei uns, im Geiste bei ihm. Ich begrüße den Prinzen Oskar do» Preuße«, den eNauchten Sproß des Kaiserhauses, die Vertreter der Reichs- «ehr, von der wir bewußt sind, daß sie bum selben Geiste wie das alt« Heer beseelt ist, ferner die Vertreter der Behörden, vor allem den Ober bürgermeister von Koblenz, dem alten Garnisonort der Augustaner. Ich begrüße weiter die Offiziere und Kameraden des Regiment» Augusta und seiner Reserveregimenter 55 und 202 sowie ihre Angehörigen. Wir bewahren den gefallenen Kameraden ein treue» Gedenken, aber wir wollen auch einen Tag des Wiedersehens mit den leben- den Kameraden feiern. Wenn wir den alten Kameraden die Hand drücken, so steht der Zauber der Traditiuu vor unseren Augen. Di« Tradition soll uns aber nicht nur erheben, sondern sie muß uns kräftigen für die Gegen- wart und für die Zukunft, für den Kampf um die Gesundung unseres Volkes und den Wiederaufbau unseres Vaterlandes. Tas oberste Gesetz für uns alle ist das der Pflichterfüllung, getreu den KricgSarMeln und dem Fahneneid, deu wir Er. Majestät geschworen haben. Dieser Tag hat nur Zweck, wenn er uns kräftigt und zu sammenfaßt, zum Wohle für das Vaterland zu arbeiten und zu kämpfen." * Das Reichswehrministerium hat, wie das „B. T." hierzu schreibt, erst aus der Presse von diesem Vorgänge erfahren. General Sixt v. Arnim habe zwar eine Ansprache gehalten, jedoch die angeführten Äußerungen in einer anderen, neutraleren Form getan. Der Reichswehrgeneral v. Haack, der dem Feldgottesdienst beigewohnt hat, hat einen Bericht erstattet, in dem er bemerkt, daß er zu einem Eingreifen keinen Anlaß gehabt habe. Im besonderen ist die Erwähnung des früheren Kaisers nur gleichzeitig mit der des Königs von Schweden und des Groß- Herzogs von Baden geschehen. Der Reichs wehrminister hat zu dieser Angelegenheit noch keine Stellung genommen. stattgcfunden. Von den Angeklagten war keiner erschienen. Sie ließen sich sämtlich durch ihre Anwälte vertreten. Das Gericht erkannte gegen die kommunistischen Abgeordneten Cachin und Doriot sowie gegen die beiden bekannten Gewerk- schaftssührer Midol und Monmousseau auf je 13 Monate Gefängnis und 300 Franken Geldstrafe, gegen den Geschäftsführer der „Hu- manitö" auf acht Mouate Gefängnis und 2000 Franken Geldstrafe. Außerdem wurden eine Reihe weiterer Angeklagten mit Gefängnis- strafen von 6 bis 10 Monaten und Geldstrafen von 2000 Franken belegt. Zum Ende des britischen SeemannSstreikeß. London, 12. Oktober. Ter Streik der Seeleute ist am Sonnabend zu Ende gegangen. Es ist durch die Vermittlung des Arbeitsamtes eine Abstimmung über den Vorschlag erfolgt, daß sie ihre Arbeit wieder auf nehmen, daß sie aber nach wie vor gegen die Lohnkürzung protestieren und gleich zeitig die Bezahlung der Streiktage und die Unterdrückung der schwebenden Verfahren ver langen. Die Mehrzahl der Seeleute hat sich daraufhin für die Wiederaufnahme der Arbeit entschieden. London, 12. Oktober. Wie Reuter-Bureau mitteilt, wurde in allen englischen Häfen, mit Ausnahme Londons, der Beschluß gefaßt, noch bestehende Tcilstreiks sofort abzubrechen. Weitere Verhaftungen in Kairo. Kairo, 12. Oktober. . Im Zusammenhang mit der Untersuchung der Staatsanwaltschaft über die Ermordung eng lischer Beamter in Ägypten sind drei weitere Verhaftungen vorgenommen worden. Rücktritt des amerikanischen Kriegs sekretärs. Washington, 12. Oktober. Der Rücktritt des Kriegssekretärs John Weeks, der seit drei Monaten krank ist, dürfte, wie man hier erwartet, morgen offiziell bekannt- gegeben werden. «»»scher Pr.teft i» pe«,,. Peking, 18. Oktober. Der Geschäftsträger der Sowjetunion hat dem chinesischen Außenministerium eine Note zugehen lassen, worin gegen die Festhaltung eines Wassen und Munition an Bord führenden Dampfers in Swata« protestiert und die sofortige Freigabe des Schiffe» sowie eine strenge Bestrafung der für die Festhaltung Verantwortlichen verlangt wird. In der Rote wird bemerkt, daß die Sowjet- regierung sich das Recht, Schadenersatz zu ver- langen, vorbehält. Der Streik in Frankreich. Der Ausstand nicht allgemein. Paris, 12. Oktober. Rach den bei der Polizeipräfektur vorliegcn- den Nachrichten ist die Streiklage wie folgt: Die öffentlichen Betriebe — Post, Tele- Phon- und Telegraphenverwaltung, Bahnhofsdienst, Elektrizitäts-, Gas- unv Wasserwerke — arbeite« normal. Im Verkehrswesen ist der Be- trieb auf den Untergrundbahnen normal; bei den Autobussen und den Straßenbahnen bestehe« ebenso wie gestern Einschränkungen. Tie Banken und die Versicherungsgesellschaften arbeiten mit voller Besetzung. In der Metall- und der Autoindustrie ist der Streik Mr bedeutend, aber nicht allgemein. Nach den von Havas angeführten Zahlen verzeichnet man in einer Jutefabrik von 16000 Arbeitern 2400 Streikende, in einer anderen, die 2M Arbeiter beschäftigt, 1630 Streikende. Unter den 25000 in der Nahrungsmittelindustrie Beschäftigten werden 800 Fehlende verzeichnet. Im Verkehr der -lutodroschken ist ein teil- weifer Streik .festzustellen. Havas zufolge sind von den den großen Gesellschaften gehören den 5000 Autodroschken heute nur 12V» ausgefahren. Im Baugewerbe maän sich der Ausstand namentlich bei den Erd- ar bei lern bemerkbar. Man bercchnet hier die Zahl der Streikenden auf 80 Proz. Auch in der Schuhindustrie wird teilweise gestreikt. Die bis zum späten Nachmittag auS der Pro- vinz vorliegenden Nachrichten lasten erkennen, daß namentlich in Elsaß-L o thring cn dem Streikbefehl Folge gegeben wurde. In fast allen größeren Provinzstädten wird die relativ größte Anzahl der Streikenden aus den Kreisen der Bau- und der Metallarbeiter gemeldet. In einigen Städten wurde Militär zusammen- gezogen. Es werden auch bereit» einige Zwischenfälle gemeldet. In Surcsncs bei Paris wurde ein Streikender unter bisher noch nicht geklärten Umständen getötet. Tie Polizei hat in Paris verschiedene Personen fest- genommen, die entweder Streikaufrufe ver teilten oder Arbeitswillige zu hindern suchten. In St. Denis bei Paris versuchten Streikende i« eine Metallwarenfabrik einzudringen, um Arbeits- willige herauszuholen. Ein Polizeikommissar wurde hier von einem Manifestanten tätlich ange griffen. Nachdem der Angreifer festgenommcn worden war, nahm die Menge für ihn Stellung. Im Verlaufe eines Wortwechsels zwischen dem kommunistischen Bürgermeister von St. TeniS und dem Polizeikommissar gelang es dein Festgenom menen, zu flüchten. * Rückgang der Ttreikzlffer. Paris, 12. Oktober. Die Zahl der Ausständigen ist gegen Sonn abend zurückgegangen. Bei den Verkehrs- Kunst und Wissenschaft. Conrad Ferdinand Meyer. Manche Literarhistoriker glauben, daß Con rad Ferdinand Meyer, dessen 100. Geburtstag auf den 11. Oktober fiel, seine Dichtungen gewisser maßen als Gegengewicht gegen die Schwäche seiner eigenen Natur geschaffen habe. Dieser Meister der historischen Novelle schwankte bis zum Kriege von 1870, ob er sich bei seiner Schrift stellerei der französischen oder der deutschen Sprache bedienen sollte. Die deutsche» Siege ent schieden ihn für das Deutsche. Sein internationales Empfinden wurzelte in den Kreisen der Stadt- Ferdinand Meyer sogar wagen, in seiner „Hochzeit des Mönchs" Dante selbst als Erzähler einzufüh ren. Als Tante seine Erzählung beendet hat, er hebt er sich: „Er wandte sich und schritt durch die Pforte, welche ihm der Edelknabe geöffnet hatte. Aller Augen folgten ihm, der die Stufen einer fackclhellen Treppe langsam emporstieg." Dieser hoheitsvolle Abgang prägt sich mit unver geßlicher Bildkraft ein. Ähnliche Eindrücke er- halten wir auch von seinen übrigen Novellen wie „Der Heilige", „Jürg Jenatsch", „Die Versuchung des Pescara", „Gustav Adolfs Page" und beson ders „Die Leiden eines Knaben" mit düsterer Wucht gestaltet. Zum Lyriker fehlte Conrad Ferdinand Meyer die unmittelbare Wärme und Leidenschaft der Patrizier der Schweiz, die ja ein mehr- Empfindung. Dafür aber ist er entsprechend seiner sprachiges Land ist. Wie dieser Dichter erst Meisterschaft in der historischen Novelle auch der spät seine Sprache gefunden hat, so ist er auch Meister der Ballade. Wie in den Novellen macht erst spät zu schriftstellerischer Bedeutung gekom- er in den Balladen die Vergangenheit dadurch men. Noch in späteren Jahren hat er sich selbst lebendig, daß er Begebenheiten und Personen ein feineres Ohr für das Französische als für das' nach Art gewaltiger FreSkogemälde vor uns hin- Deutsche zugetraut. Es ist in seiner gcknzen Natur stellt. Niemals ist ihm dabei ein Ereignis, z. B. begründet, daß er in dem Konflikt zwischen Bis- au» dem Leben des großen Alexander l„Der trunkene marck und Wilhelm II. unbedingt die Partei des Gott") oder Friedrich- II. („Da- kaiserliche Kaisers ergriff. Die romantischen Züge des Schreiben") oder Michelangelos („In der Sistina") Kaiser», sein Drang zur angeblichen Selbst- lediglich eine interessante Anekdote, sondern behauptung, sein Sinn für Pathos und Pomp alles wird ihm zum künstlerischen Erlebnis, kamen Meyers Natur sehr nahe. Er war Aristo- sei es etwa die Not der Hugenotten („Die Füße krat durch und durch, und alle-, was auch nur im Feuer") oder die milde Weihnachtsstimmung im entferntesten an di« Menge erinnert, ist ihm Otto I. („Der gleitende Purpur") u. a. Überall fremd und wesen-ungleich. De-Halb hat sich auch fällt auch der ungeübten Empfindung auf, daß nie ein wärmere- Verhältnis zwischen ihm und seinem grobschlächtigen, ganz im Volk-tum wur- zelnden Landsmann Gottfried Keller herbeiführen lasten. Seit 1876 erschienen Meyer- historisch« No vellen, die ihn sofort al» Meister dieser Literatm gattung offenbarten. Sie haben die große Form, sie rauschen oft in „dunkelglühender Majestät vor über, in einem knappen, mächtigen, wohl auch kühlen Historienstil, der zu Keller» wahrem Legendenstil den Gegensatz bildet". So kann e»Tonrad Meyer stet» den kürzesten Ausdruck findet für da-, waS er sagen will. So weiß er z. B. in „Schiller» Bestattung" die Größe de» Geschehen» durch Hervorhebung eine» einzigen Augenblick» lebendig zu machen, oder im „Ende des Feste»" durch die Darstellung eine» einzigen Moment» den ganzen G«ist ejne» Kulturzeitalters herauszuarbeiten. Hier wird da» Wirklichkct, wa» Lessing im „Laokoon" dem bildenden KMstler vorschreibt, immer einen einzigen Augenblick, und zwar de» fruchtbarsten, z« erfassen. So bekommen die Ge dichte Meyers etwas Plastisches, wie er ja auch selbst gern ein Kunstwerk der Plastik im Gedicht nachgestaltete. „Die gegeißelte Psyche" enthält ebenso flutendes Leben wie der Marmor, aus dem sie gemacht ist, und der „Römische Brunnen" ver- eint in wundervollster Harmonie Ruhe und Be- weguilg. Schon in der im Kriegswinter 1871 entstandenen Sammlung zusammenhängender Bal laden, die den Titel „Huttens letzte Tage" führt und das traurige Ende des Freiheitskämpfers der ReformationSzeit wie in einer Reihe von kraft- vollen Holzschnitten malt, überwindet die Kraft und verinnerlichende Gestaltung der Personen und Begebnisse die eigene dichterische Erfindung. Diese tiefe Kraft der epischen Gestaltung ist eS allein, die Meyer zu einem der größten Epiker der deutschen Dichtung macht. vr. Mittler. * Der Literarische Verein veranstaltete am Mittwoch nachmittag eine Conr ad-Ferdinand- Mey er-Feier, in der vr. F. Zimmermann einen gehaltvollen Vortrag über den Dichter hielt, während Earl Zimmermann aus seinen Werken mit warmer Empfindung rezitierte. Nrfldexztheater. Zur Entlastung Johanna Schubert- gastierte an den beiden letzten Abenden in der Operette „Anneliese von Dessau" Frau Margarete Roeßner vom Leipziger Stadttheater. Die Künstlerin ist im Musentempel der ZirkuSstraße keine Fremde mehr. Sie hat dort schon wiederholt Partien ihre- Fache» al» Gast übernommen. Ihre Laura, Rosalinde, Sassi «sw. waren Leistungen einer Operetten-Prima- donna. Die klangvolle, ergiebige Stimme zeigte allenthalben operngemäße Schulung, da» Spiel gleicherweise Niveau. Dabei läßt Frau Roeßner die kleinen Pointen keineSweg» außer acht, und ein leicht^chalkhafter Zug gibt der Darstellung große Lebendigkeit. Ein besonderer Vorzug, daß sie da» Triefend-Sentimental« d«» »weile» Akte» nach Möglichkeit milderte und auch hier mehr das gesunde Naturkind des Herschschen Volksstücks blieb, das sie in den übrigen Szenen mit herzhafter Frische betonte. Das sehr gut besuchte Haus Hallie wider von lautem Beifall, der neben dem aus gezeichneten Leipziger Gast auch den übrigen Hauptträgern des Erfolges galt. Unter ihnen machte Hoff die seinerzeit von Langer gespielte Rolle des Hofmarschall zu einer recht lustigen Figur. H. PI. Mozart» Requiem in der Dreikbnigstirche er öffnete den Reigen der großen Chorwerke, die uns unsere Singakademien und Chorvereine in dieser Sonzertzeit vorzusühren gedenken. Daß unter diesen — in der Zeit der Händel-Renaissance — kein einziges Werk diese» Meisters sich findet, erscheint mir nun dabei offengestanden das Be merkenswerteste. Also die Dresdner Sing akademie, die meiner Meinung nach jetzt recht wohl wieder al» vrrmalige Robert Schu- mannsche Singakademie sich bezeichnen könnte — Tradition ist auch eine ganz schöne Sache -, bescherte uns das Mozartsche Requiem. Was wir ihr sehr danken; denn da» Werk bleibt eine der edelsten und schönsten Kirchenmusiken, die c» gibt, und den nm einigermaßen gefühlsmäßig orientierten musikalischen Hörer wird die Frage nach der Echtheit der einzelnen Teile des Werkes kaum noch vom ungetrübten Genießen abhalten, da er da» beste Kriterium in sich selbst besitzt, nämlich da» innerliche Sichberührt-Fühlen von dem Genius de» großen Meister-, seiner tief innerlicken, im reinsten und höchsten Sinne religiösen Ein stellung. — Man konnte sich nun um so mehr dem Genüsse hingeben, den eine gute Aufführung dieses Werkes bietet, al» die in Red« stehende eben auch wirklich eine gute war. Ich lernte Generalmusikdirektor Mörike zum erste» Male al» Letter eine» derartigen großen Chorwerkes kennen und muß bekennen, schätzen. Mag man über die eine oder die andere Temponahme geteilter Ansicht sein können, seine Leitung bezeugte ein« seelisch« Einfühlung in da» W«rk, und da» dünkt mich