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Sächsische Staatszeitung : 07.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192509073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19250907
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19250907
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-09
- Tag 1925-09-07
-
Monat
1925-09
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 07.09.1925
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Montag, 7. Septemder 192S Ira«,«, wobei er an das Wort des schweize rischen Vun»l»präsibe»1,n »olta gelegentlich der erste» VAlkerb»»d-»ersa«»l«»ß erinnerte, daß »Smltch dl, -»ßgefützle eine« Fl«ch f»r die Welt darfirllen. .Die «tßtra«rsch,n," so sgtzrte Pai«lcb- «nS, »etrachte« ihre Kurzsich tigkeit «l» anßerordenttiche Wettsichl «nd vtrhindrr» dadurch die Übersicht iiber den brreits d«lchtanfe»kn Weg und über den Weg, der noch ziiriichniegtn ist." Aum Lohnknmpf bei der Eise«bahn Dresden, 7. September. Der Einheitsverband der Eisen» bahner Deutschlands, Bezirk Sachsen, schreibt unS: „Nachdem die SchlichtungSverhand- jungen im Reich:arbeitsministerium zur Beilegung des Lohnkonflrktes im Eisenbahnbetriebe gescheitert sind, hat die Verwaltung von sich aus eine Er höhung der Schichilöhne von b Pf. pro Tag an geordnet. Tazu soll in den Großstädten und einigen weiteren Zeiitralpunkten eine Erhöhung der Orislohnzulagen treten. Auf Grund diese- Beriahrens und d S lächerlichen Betrages der ongeoidneten Lohnaufbesserung hat sich der Lohn empfänger bei der Neilibahn eine außerordent liche Erregung bemächtigt. Die Betriebsräte last atl:r Dienststellen haben in diesen Tagen auf Drängen der Personale zur Lage Stellung ge- nommen. Täglich Utff-n Vertretungen der Dienststellen beim Bezirksbetriebsrate der Reichs- bahndirektion Dreisen ein und fordern Verhand lungen mit der Verwaltung, um sie über die Notlage und die erregte Stimmung des Personals unterrichten zu können. Der Bezirlsb-triebsrat faste hierzu heute folgende Entschließung: Dcr BcurksbctricbSrat bei der RelchN>ahadirkltion Dretden, dcr am «. September rsrs in einer aubcrordciittichcn Boll- litzung zu der wirtschafltichen Lage des von ihm vertretenen Personals der Reichsbahn Stellung genommen hat. drückt sein Befremden darüber au», dah die Reichsbahnverwaltung von sich au« eine Lohnfestsetzung vorgenommen hat, die, abgesehen von deren völligen Unzulänglichkeit, in rechtlicher Hinsicht einer Provolattou des Personals und dessen Vertretung gleich- kommt. Die ReichsbahnverwaliAng hat nach dem Brlriebs- rätegesetz i 70, 7, sobald eine tarifvertragliche Regelung über die Lohnverhältnisfe nicht mehr besteht, die Personal Vertretungen bei der Lohnfestsetzung Mitwirken zu lassen. Hiernach ist von der Verwaltung nicht verfahren, ja nicht einmal der Versuch zur pcmeinsamrn Arbeit ist gemacht worden Der Bezirksbetriebsrat stellt diese Mesetzeeverletzung durch die Reich bahnverwaltung ausdrücklich fest. Er fühlt sich um so mehr verpflichtet, al» der RrbeitSfNedcn durch das Verwaltung-dittat wesentlich gefährdet erscheint und da» Pflichlbewuhtsein des Bezirksbetriebsrate« es nicht zuläßt, an der natürlichen Erregung des Personals unbeachtet vorüber- zugehen. Der Standpunkt der Reichsbahnhauptverwaltung, worach nach i 22 des R. B G der Generaldirektor berechtigt ist, von sich ans Löhne sestzusetzen ist sormcll richtig. Praktisch sagt aber das betr. R -Ges auch, dost die Personalvertretungen bei dcr Lohnsestsetzung mitzuwirken haben Erst w> nn es bei dieser Mitwirkung zu keiner-Einigung gekommen wäre, bestände nun- mehr sür den Bcneraldirektor das Recht in Tätigkeit zu treten. Die erfolgte Lohnsestsetzung ist sür da» Personal in keiner Weile tragbar. Die elende wirtschaftliche Lage de» Personals, besonders soweit es den untersten Lohngruvpen angehöit. ist nolorisch und allerseits, auch von der Bcrwaliung anerkannt, itann die Verwaltung aus Mangel an Mitteln — wa» der Bez-Belr.-Rat bestreitet — keine nennenswerte Lohnerhöhungen zugestehcn, so hat die Hauviverwaltung die Pslicht, an die Reichsrcgierung heranzutreten und um Kredite und um Hi se nach'nluchen Keinesfalls darf auf Kosten der Ber. elendung des Personals ein Unternehme» wie die Reichsbahn lebensfähig crhalt n werden. Sollt' diese Absicht trotzdem versteckt oder offen verfolgt werden, wäre dies ein Schandfleck in der Elefchichte der Deutschen Reichsbahn. Bezirktbetriebsrat der Reich-bahndtrektlon Dresden, gez Birn. Gegen die Außenpolitik Beneschs. Prag, 6. September. Das agrarische opposi ionelle Tageblatt _Na- pravo" nendet sich unter dem Tilel „Krise der Politik Benesch" gegen die einseitige französische Orientierung der Lschecbo» slowakei. Die Situation Frankreichs habe sich geändert. Die kostspielige Rheinlandbesetzung habe aufgehört ein Zwangsmittel zu sein, und Frank- Der Marokko Feldzug. Paris, 6. September. Hava« berichtet aus Fez: Bei dem An- griff auf Jssual, einen der vorgeschobenen Posten der fron ösischen Wezranfront, haben die Truppen Abd el KrimS Maschinengewehle nnv Artillerie benutz«, wurden aber von den Franzosen zurückgeworfen. Auch der Angriff auf die Stellungen bet Dschebel-en-Mrher ist vom 19. KorpS unter schweren Verlusten sür den Feind abgewiesen worden. Die französischen Truppen bauten am Uerghafluß rhre Stellungen zwischen Mjara und Fez^l-Bali aus und sicherten den Verkehr zwischen diesen beiden Punkten. Leb hafte Tätigkeit des Feindes ist, wie an der fran- zösischen Front, so auch in der spanischen Zone zu bemerken. Abd el Krim ließ in der^Dörfern verbreiten, er beabsichtige, die Spanier mit Artillerie und Maschinengkwehren anzugreifen. Bei Tahtoff, 12 Ian nörvlich deS SulkoS, planen die Feinde Trur penansammlungen. Die mobile französische Abteilung, die aus der Hoch ebene von Jssual vorgeht, hat sich, nachdem sie die Au-läufer des Berges gesäubert hat, aus der Höhe eingenistet. Dre Besatzung des Postens Ain Maatuf ist ohne Zwischenfall abgelöst und der Posten wieder mit Nahrungsmitteln versehen worden. * Der französische Zustizminister zur Marokkofrage. Paris, 6. September. Justizminister Steeg hat heute auf einem Bankett des Wkin-und Ackerbauvereins in Libourne, dem mehrere Parlamentarier der dortigen Gegenv beiwohnten, eine Rede gehalten, in der er sich mit Maiokko beschäftigte. Er wie- darauf hin, daß Frankreich bedeutende Verstärkungen an Truppen und Material nach Marokko g-sandi habe. Maiokko nach so vielen Opfern und Blut und Geld aufzugeben, hieße nicht nur das ruhm reich Vollendete verleugnen, sondem auch die französische Herrschaft in Nordafrika in Frage stellen. Es hieße Frankreich einen schweren, wenn nicht gar tödlichen Stoß versetzen und würde vor allem darauf hinauslaufen, die politische und militärische Sicherheit Frankreichs zu schwächen. Hätten doch diese Gebiete während des Welt- krieges disziplinierte Soldaten gestellt, die die französische Erde heldenmütig verteidigt hätten. reich beginne darauf Wert zu legen, die Besetzung nach Möglichkeit ab-,»kürzen. In England und Amerika flehe man auf dem Standpunkt, daß Abmachungen mit dem Deutschland Hindenburgs fester und zuverlässiger seien, als mit einem so genannten demok «tischen Deutschland. Dies habe auch Briand begriffen. ES sei nötig, Frankreich zu ermöglichen, daß es die Rheinlandzone noch vor Ablauf des Termin- im Gefühl- der eigenen Sicherheit aufheben könne. Deutschland müsse für Frankreich drn Weg hierzu ebnen. Allerdings werde ein derartig entlastetes Frankreich ein wesenilich geringeres Interesse an den Verträgen mrt Polen und der Tschechoslowakei haben. Wenn aber Frankreich selbst seine Politik gegen- über Deutschland auf Gleichberechtigung zu gründen beginne, müßte sich auch die Politik der übrigen Nachbarn Deutschlands in diesem Sinne orien tieren. Diese Orientierung hätte schon früher eintreten sollen. Jetzt aber müsse man in direkte Beziehungen eintreten, dis recht gut möglich seien. Marokko werd- zur wirtschaftlichen Sicherheit F ankrrichS beitragen wie zur Festigung der Sti er heit überhaupt. Frankreich schütze in Marokko nicht nur sein Prestige, seine wirtschaftliche und siranzeille Sicherheit, sondern es sei dort der Soldat Europas, sichere die Rechte der Zivilisation und bekräftige diese Rechte durch seine Wohltaten. Durch die französische Verwaltung sei Marokko den Kultur- fortschritten der Menschheit näher g°bracht worden. Kein Protest fanatischer Beduinen noch sonst irgend etwas würde Frankreich dazu bringen, auf das in Afrika geschaffene Werk zu verzichten. * Bor ei»er französische» Offensive. London, 5. Äptember. D«e „Time-" melden: An der Protektorats grenze steht eine französische Offensive bevor. Es ist jedoch noch nicht bekannt, in welcher Gegend der Haupischlag geführt wird. Südöstlich bis südlich von Tetuan haben Truppenansamm lungen der Dscheballas stattgefunden. Man nimmt an, daß sie auf Tetuan vorrücken wollen. Bei den Kämpfen zwischen aufständischen Kabylen und Spaniern in der Nähe von Fondak an der Straße Tanger—Tetuan erlitten beide Teile große Verluste. * Bor großen Ereignissen. London, 7. Septeniber. „Westminster-Gazette" schreibt: Es scheint wenig Zweifel zu bestehen, daß die Ereignisse in Marokko einer Krisis zustreben. Fran- zösische und spanische Truppen wurden zusammen gezogen. Ein einheitlicher Befehl rst erzielt worden. Die französischen und die spanischen Kriegsschiffe sind bereit, zusammenzuwirken. Tie diplomatischen Hin ergründe des Feldzuges sind in Dunkel gehüllt, sodaß uiemand sagen kann, wieweit Abd el Krim bestrebt war, Frieden zu schließen. Dies ist sicherlich zu bedau-rn. Aber es ist unmöglich, Sympathien mit jenen zu haben, die beschlossen zu haben scheinen, daß die Rif- bewohner nicht das Recht auf eine so maßvolle Unabhängigkeit haben, wie sie gewährt werden könnte. Das Mißtrauen gegenüber den Berichten von Beschießungen spanischer Ambulanzen verbirgt nur die Besorgnis, die die meisten Leute bezüglich des Feldzuges Main heg.'ir. Mit den Paßvisen und den Handelsbeziehungen könne man beginnen. Saarländische Kommunisten dürfen nicht über die französische Grenze. Paris, 6. September. HavaS meldet aus Forbuch: Die Komm»- nisten hatten für heute in Mollemach eine große Kundgebung gegen den Marokko- krieg geplant und mit einer Beteiligung von tommunistischen Vereinigungen aus dem Saar- ebiet gerechnet. Die Unterpräfektur von For- bach hatte die Beteiligung untersagt. Ein Versuch der saarländischen Kommunisten, die französische Grenze zu überschreiten, wurde durch die Gendarmerie verhindert. Irgendwelche bedeutsame Zwischenfälle werden nicht gemeldet. Die englische Regierung uud die Arbeitslosigkeit. London, 6. September. Arbeit-Minister Steel Maitland erklärte in einer Rede, die herrschende Arbeittlostgkeit könne nur durch Frieden lm Innern und nach außen beseitigt werden. Dies sei die Politik der Regierung. Em wirklicher Friede auf den Kon i- nent sei die erste Bedingung für den Ausbau des Handels. Heute sehe man auf dem Kontinent Frank, eich in Besorgnis vor Drusch land und Deutschland in Besorgnis vor Frankreich. Dieser Zustand habe eine Beilegung der Schwierig keiten bisher verhindert. Dies sei der Ursprung des sogenannten SicherheiiSpakteS. Wenn man durch diesen Pakt die Befürchtungen beider Teile besritigen könne, so werde man damit den ersten großen Schritt getan haben, um in Europa und in der ganzen Weit wieder wirklichen Frieden und Ordnung zu schaffen. Ein neues Bündnis der englischen Gewerkschafte». Scarborough, 6. September. Nach Beendigung einer au- allen Zechen- bezirken beschickten Delegiertenkonferenz teilt- der Sekretär de- Bergarbeiterverbandes Cook mit. daß die Konferenz den Entwurf zu einem neuen Bündnis der Bergleute, Eisenbahner, Transport arbeiter und Mechaniker einstimmig angenommen habe. Bei den anderen beteiligten Gewerkschaften wird über da- geplante Bündnis noch beraten. Polizeiaufgebot gege» eine Prozession. Paris, 7. September. Nach einer Meldung des „Petit Pansi-n' aus Autun ist es dort zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, cüs eine Prozession mit den Relquien des Heiligen Nazarus trotz des Ver botes der Stadtbehörden durch die Straßen ziehen wollte und dabei auf die Polizei zu Fuß und zu Pferd stieß. Es wurden mehrere Personen ver letzt, darunter ein Teilnehmer an der Prozession durch einen Säbelhieb. Ein gefährlicher Kranz. Paris, 7. Septeniber. Wie „Matin" berichtet, hat gestern nach mittag eine deutsche Abordnung, ohne daß es jemand bemerkte, einen Kranz auf dem Grabe des unbekannten Soldaten niedergel.gt. Ter Kranz war mit zwei Bändern in den Farben schwarz-rot-gold geschmückt. TaS eine trug in fianzösisch-.r Sprache. die Auischrrft „Dem unbekannten Soldaten die Friedens- joldatenAuf dem anderen stand in deutscher Sprache: „Deutsche Liga für Menschen rechte". Auf Befehl des Polizeipräfelten hat am Abend der zuständige Polizeilommissar^ um Kundgebungen zu verhüten, die Bänder ab nehmen lassen. Dazu wird noch berichtet: Am Nachmittag begab sich eine Abordnung der ehemaligen Frontkämpfer zu dem zuständigen Pelizeckommrsiar und erhob energischen Protestgegen das Vorhandensein eines deutschen Kranze-. Auf der Polizei wurde der Abo dnung versichert, daß die Kranznieder, legung ohne Kenntnis der Polizei gestehen sei. Es sei Bericht erstattet und vom Pottzeipräfckten entschieden wo den, daß der Kranz verschwinden werde. Bei Beginn der Nacht entfernte dar» die Polizei die Bänder und heute vormitag wird «üch der Kranz verschwunden fein. Kunst und Wissenschaft. Neues vom allen Goethe. Das Jahr 1925 bringt uns eine Doppelfeier d.r Erinnerung in deren Mittelpunkt Goethe und Weimar steht 150 Jahre waren am 3. Septem ber verflossen, seit Karl August die Regierung aus den Händen seiner Mutter übernahm, und die gleiche Zeit wird verstrichen sein, wenn am Morgen des 7. November die denkwürdige Stunde Wiederkehr«, die den Einzug de» Lichters deS „Götz" und „Werther" sah. Dieie beiden Daten bezeichnen den Beginn unserer NaisisLen Litera tur und Kultur. Daher steht ver neueste Band des Jahrbuchs der Goethe- Gesellschaft, der soeben im Verlag der Goethe-Gesellschafi zu W.imar von Max Hecker herausgegeben wi d, unter diesen, Zeichen und biingt außer den vieles Neue bietenden Ver- ösfrn lichungen über Grethe auch mehrere Bei- träge, die sich mit Karl Auguss markiger Per sönlichkeit und mit der Leb ntfreundschast zwischen dem Fürsten und dem Dichter beschäftigen. So dann wird auch die Goethe-Feier vom Jahre 1825, an welcher der greise Olympier auf ein halbes Jahlhunderi des Schaffens und Wirkens in Weimar zurückbiicken konnte, nach neuen Zeug nissen geschildert. In diese Zeit führen zwei bis her unbekannte Eizählvngen von Zeitgenossen, die un- d-n alten Goe he anschauUch vrrfuhien. Die erste dieser Schilderungen enlstammt dem unver» öffenilichten Tagtbuch eine- Demschböhmen, de- Professor« An ton Dittrich, der Goeihr 1813 in Terlitz kennen lernie und im August 1818 wieder mit ihm in Karlsbav zu«ammeniraf. In seinem Tagebuch schieibt er über ein Gespräch an Soeihes Gebnrt-tag, dem 28. August: „Un- willtüilich gerieten wir auf d«e Beiiachiunq dichterischer Kunstwerke. Wie glücklich war ich, in meiner Seele zu finden, wa- er über sein Genre «m-sprach, vor fünf Jahren halte tch einige Worte mit ihm darüber gewechselt, und alles kam wieder wie damals. Beinahe geriet ich in die Veilegeuheit, zu denken und zu wiederholen, was ich damals, ,hn und Schiller parallelisierend, aus- spracl'. Ich suchte", sprach er, „immer einem Gedichte die zugehörige Quantität Ballast zu geben, damit sich das Reale mit dem Ideellen in Har monie und Gleichgewicht setze." Goethe forderte Dittrich auf, Jena und Weimar zu besuchen, und im September unternahm der Professor diese Reise, bei der natürlich der Besuch bei Goethe den Höhe punkt bildete: „Herr Geheimrat und Staatsminifler Goethe empfing mich mit traulicher Herzlichkeit. Unser Gespräch betras einen Lehrgegenstanv. Be griff und Erklärung der Stilistik und Poetik gefi'l ihm, aber er machte mich aufmerksam, daß ich bei d?r Klassifikation der Form, die allerdings ntcht unwesentlich wäre, nur die drei Hauptjormen Lyrik, Epik urd das Drama gelten lassen solle. In Beziehung auf andere Produkte sprach er: „Die Welt ist groß, jeder darf sich auf seine Weise vergnügen." Beim zweiten Trunk Rheinwein trank er auf die Dauer unserer Freundschaft, stellte mich als seinen Freund aus Böhmen den Seinigen vor, zeigte mir h rrliche Gemälde und den über raschens herrlichen Blick ins Grüne durch eine in den Garten, zunächst in eine Laube führende Tür." „Erinnerungen eines weim arischen Gymnasiasten" um 1825 werden au- einem ganz verschollenen Büchlein, den „Erinnerungen" von H. Eisenschmidt mitgeteilt. Der Verfasser erzählt au- seiner Jugend: „Noch lebte der alte Goethe, und wir hatten vielfach« Gelegenheit, ihn zu sehen. Von der Wohnung eines meiner Freunde aus konnte man seinen Hausgarten übersehen, und hier habe ich ihn oft im langen Hauervck von Nankng gesehen, die Hände über den Rücken, spazierengeh-n. Auch sahen wir ihn oft in seinem Gaiten »n der I m, indrm wir eine Lücke in der lebendigen kecke, dir dens-lben als Zaun umtchloß, aujfuchien. Auch l ab: ich ihn bei verschiedenen feierlichen Gelkgevherten gesehen. Am lebhaftesten steht mir seine Ersche xung noch -or Augen bei einer besonderen Gelegenheit. Eine weimarische Prinzessin, die Goethe besonders liebte, war einem preußischen Prinzen verheiratet. Als sie nun Weimar verließ, wurde sie von der weima,Ischen Bargeschäft zu Pferde begleitet. Um diesen festlichen Aufzug recht bequem zu sehen, waren wir voraus- gelaufen und hatten uns im Webicht, einem park- artigen Walde vor Weimar, durch welchen die Straße führt, aufgestellt. Plötzlich hielt der Reise wagen der Prinzessin still, und nur einige Büsche von uns aus dem dichten Gebüsch an der Straße trat — Goethe, an den Wagen der Prinzessin, um ihr Lebewohl zu sagen. Wir hielten unS natürlich in ehrerbietiger Entfernung; aber Goethe- ganze Erscheinung wird mir unvergeßlich bleiben." Bon einem alten Souffleur des Wei marer Theaters hörte Eisenschmidt, wie Goethe als junger Rat in Ettersburg und auf der Kirchweih zu Brembach extemporierte Stück« ausgeführt habe, zu denen er, „auf einer alten Gießkanne trommelnd, einlud mit den Worten: Standespersonrn zahlen nach B-lieben, Kivder und Narrens gehen frei auS". Eine aridere Ge schichte handelt von einem Nachbar Goethes, einem Leineweber, dessen Webstahle grade an drr Mauer von Goethes Saal standen und großen Lärm machten. AIS Goethe eine wich tige Gesellschaft gab, ließ er d:n Nachbar zu sich kommen und bat ihn, dir Arbeit an diesem Tage früher einzustellcn. Er bot ihm eine Entschä digung an, die aber der Weber nicht annehmen wollte. Da sagte Goethe: „Nun, dann ver teilen Sie wenigsten» dies unter Jbre Leute, da mit sie ein Gla» Bier trinken können." Auch von einer heftigen Schneeballschlacht im Hofe des Fromannschen Hause», au» der Goethe al» Sieger heroorging, wird nach der Erzählung ron Eisen schmidt» Mutier, die damals Köchin bet FromannS war, berichtet. N»side«t>he«t«r. Am Sonnabend eriang die Singspiel Operette „Anneliese von Dessau" (der junge Dessauer) von Robert Wtnterber« einen starken Erfolg. Herschs gemütvoll - h-iteres Bolksflück „Die Anneliese" hat einst unkere Groß- eitern und Eltern entzückt. 1890 brachte Kapell meister Otto Findeisen eine Operette „Der alte Dessauer" in Magdeburg zur Uraufführung. Das feinsinnige, an die Spieloper gemahnende Werk ist über viele Bühnen gegangen und zu Unrecht in Vergessenheit geraten. 1891 setzt- der Dessauer Schriftsteller Karl Niemann das Stück von Hersch mit einem echten Lustspiel fort: „Wie die Alten sungen". Anna Schramms Dar- stellungskunst fand in der Marktfrau und ehemaligen Ma.ketenderin „Appelhanne" eine glänzende Rolle. In neuerer Zeit schuf Ernst L'ssauer ein Schau spiel „Gewalt", das den Anneliesen-Stoff ver- wertet, sich aber nicht durchzusetzen vermochte. Richard Keßler« Operettenbuch zeigte die ganze Handfestigkeit des unbekümmerten Routinier». Ein Stille misch, da» bald Lust spiel, balo Tragödie, bald Posse genannt ! werden kann. Dazu ein Schuß „Altheidelberz- Rrmantik", und die Publikumiw«rkung ist da. Das war ein Libretto für Robert Winter berg, an dessen „Dame in Rot" man sich leb hafter erinnert al» an seinen „Günstlmg dec Zarin". Der Komponist verfügt nicht über sonder liche originale Ern fälle, schreibt aber gut melodisch und weiß mit den Holzbläsern (Fagott) charakte ristisch zu untermalen und in nachlaufenden Stimmen oder Motivteilen den Orchesterllang aus- zuputzeu. Gilbert spukt in den neuzeitlichen Rhythmen („Hochzeitsreise^). WmterbergS stärkste Seite ist der opernmäßige Einschlag. Daß er an ihm festhält, verdient Anerkennung. Tie Operette kam von der Oper. Will man au» der kaum noch zu übe.bielenden Verflachung heraus» so kann das Heil nur au- der ernsten Musil lrmmen. Also wleder zurück zur Oper! Der ho l begabte Eduard Künnecke arbeitet noch intensiver wie Winlerbe-g im gleicktn Sinne. „Die Zeit wird kommen..." „Aneltese von Dessau" hat im Dresdner Residenz Heater eine glanzvolle Wiedergabe e,fahren« Schon die «u-stättung von O»kar
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