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SächsischeSlaalszeitung den Freistaat Sachsen Staatsan?eiger für Lisch,int Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Ersch«inung»tage». Bezugspreis: Monatlich 3 Marl. Einzelne Nummern 15 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574 Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Ps., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teil« 60 Pf., unter Ein- gesandt 90 Pf Ermäßigung aus Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkausSliste von Holzpslanzen auf den Staatsforstreviere» verantwortlich für die Redaktion: I. B..- OberregierungSrat Han» Block in Dresden Dresden, Freitag, 14. August 1925 Nr. 188 Nach der Londoner Konferenz. Deutschland gleichberechtigter Teil nehmer bei den kommenden Beratungen. London, 13. August. Die „Times" veröffentlichen einen zweifel los inspirierten Artikel, in dem es heiß!: Briands Besuch in London war ein voll kommener Erfolg. Sowohl Briand wie Chamberlain muß mau zum Ergebnis beglück wünschen. Es ist etwas Neues in den Be sprechungen zwischen dem britischen und dem f:an- zSstschen Außenminister, daß das Hauptziel Cham- bnlams und Briands diesmal darin bestand, nicht neue Schranken anfzur'chten, sondern Methoden zu finden, um die Möglichkeit offenzuhallen, daß sich Deutschland als gleichberech tigter Teilnehmer an den Erörterungen beteiligen lärm. Die Note wurde in einer solchen Form adgesaßt, die Deutschland ermutigen kann, mit vollem Vertrauen auf dem Wege weite rzu gehen, de» es im Februar tingeschlagen hat. Tie von der dentjchen Regierung geäußerirn Ate» sürchtungen werden als gänzlich unbegründet vejeichnel. Rich Ansicht der britischen end französischen Regierung muß der Palt in allen Beziehungen gegenseitig sci». Er kann nnr instand« kommen in direkter Beratung mit Deutschland. Deutschland wird nunmehr eingeladen, an den Erfolg versprechenden Verhandlungen teilzunehmen. Nie waren Au-sicht »nd G:legenheit offensichtlich günstiger. Deutschland steht am Scheidewege. Die westlichen Böller sind von versöhnlichem Geiste beseelt. Ihre Regierungen unternahmen jetzt alle möglichen Schrille, um den Pakt zum Mittel punkt, zur beherrschenden Tatsache in der europäischen Politik zu machen. Deulstland wird Gelegenheit haben, absolut gleich berechtigt an d eser Vereinbarung icilzunshmen, die es selbst voigeschlagen hat. Endlich ist der Pakt zum Gegenstand schneller verantwortlicher Tat geworden. Er ist dem Abschluß sehr nahe. * Noch keine doüstäudige Uebereiu- stimmung hinsichtlich der Garantien und der Sanktionen. London, 13. August. Ter diplomatische Berichterstatter des „Daily Telegraph" schreibt: Der der französischen Antwortnote zugrunde liegende Zweck besteht darin, zwischen d.n beteiligten alliierten Mächten einerseits und Deutschland anderseits un mittel- bare Verhandlungen zustande zu bringen. Allerdings wird dieses Ziel nur mittelbar angestiebt und von einer direkten Einladung ab gesehen. Dem Gedanken der Bol Ikon- serenz setzt Briand dagegen Widerstand entgegen, da seiner Ansicht nach die Staats männer so lange von ösfen lichen Verhandlungen Abstand nehmen sollten, bis alles, abgesehen von Einzelheiten untergeordneter Bedeutung, vertraulich geiegelt ist. B iand vertritt oie Ansicht, daß zunächst ein mündlicher Meinungsaus tausch «uf dem üblichen diplomatischen Liege erfolgen soll und daß dann zwilchen den juristischen Sachverständigen aller beteilter Par teien Besprechungen flattfinlen sollten. Sowohl von britischer wie französischer Seile wurde eine Reihe von Tatbeständen aufgestellt, bei deren Vor liezen die in Vorschlag gebrachten Garantien wirlsam werden bzw. unwirksam bleib.-n. Frank reich erhob gegen veischiedene Punkte ber britischen Vorschläge Einwände, ebenso wie England gegen einige Punkte der französischen Vorschläge Be denken erheb. Immerhin it insbesondere hin sichtlich der die Westgrenzen betreffenden Frage eine nicht unerhebliche Über- einstimmung erzielt worden. In dieser Frage haben sich die britischen und die französi schen Sachverständigen auf eine klare Bestimmung des Begriff.» offenkundiger Angriffe einigen können, bi deren Vorliegen Frankreich bzw. Deutschland berechtigt sind, militärisch vorzugehen, ohne die Genehmigung de» Völkerbund,» »der da» Inkraft treten der britischen Garantie abzu- warten. Chamberlain besteht gemäß den Anweisungen des brit'schen Kabinetts darauf, daß dem Ein rücken Frankreichs in die enrmilitarisierte Zone eine Äußerung des Völkerbundes vorhergehen muß. Man kann also noch nicht tagen, daß über diese Frage bereits eine vollständige llbtleinstim- mung erzielt worden ist. Dies gilt auch für den von brit'scher Seite vertretenen Standpunkt, daß alle Sanktionen, die auf Grund des Versailler Vertrages verhängt werden sollen, zunächst einem Schiedsgerichts- verfahren zu unterwerfen sind, das sich mit den Tatsachen, die zur Forderung von Sank- tionen führten, zu befassen hat. Sowohl Cham- berlain wie Briand betonten nachdrücklich, daß durchaus nicht die Absicht besteht, Deutschland etwas wie einen diktier ten Frieden aufzuerlegen. Ter britische Außenminister hob wiederholt die außerordentlich großen moralischen und materiellen Schwierig- keilen hervor, denen die deutsche Negierung an gesichts der öffentlichen Meinung in Deutschland gegenüber steht. * Rorbesprcchuugen der Sach verständigen. London, 13. August. Wie Reuterbureau erfährt, herrscht in eng lischen diplomatischen Kreisen über das Ergebnis der Besprechungen zwischen Briand und Chamberlain volle Befriedigung. Die vereinbarte Note wird der belgischen und der italienisch en Regierung un verzüglich mitge teilt und dann nach Berlin abgesandt werden, worauf d'e Ver öffentlichung des Wortlautes erfolgen wird. Es verlautet, daß die Nole ausgesprochen ent- gegen komm end gehal en ist und anrezt, Annahme gegen LachsenS Einspruch. Berlin, 13. August. Der Neichsr at erklärte sich in sein r öffent lichen Vollsitzung vom Tonuerstag mit sämt- lichen Beschlüssen des Reichstages zu den noch vor der Vertagung verabschiedeten Ge setzen einverstanden, ohne Einspruch zu erheben. Bei der Zolloorlage erklärte der Gesandte vr. Gradnauer namens der Negierung SachsenS: „Die sächsische Regierung hat brreits früher ihre Bedenken gegen den Entwurf zum Ausdruck gebracht. Diese Bedenken sind «nr in Einzel- heilen durch die Änderungen des Reichstages ab- geschwächt worden. Rcu ausgenommen ist eine Bestimmung, die die ReichSregierung ermächtigt, im Falle eines dringcndln wirtschftltchk» ve- dürsnijses mit Zustimmung des Reichsrate» und eines Reichtztagsansschnsses die Eingangs»»»« »u ändern oder aufjuheben oder zollfreie Waren mit Eingangsjöllon zu bclcgen. Wie der Reichs - rat wiederholt durch Entschließungen »um AnS- druck gebracht hat, sind diese Ermächtigungen nur mit einer versassungSändernden Zweidrittelmehr heit zu erteilen, die im Reichstage nicht vor- Hande« war. Darum muß bezweifelt werde», daß da» Gesetz die Verfassung» näßige Mehrheit im Reichstage gefunden hat. Hiernach ist Sachsen nicht in der Lage, der Vorlage »«»«- stimmen." Dieser Erklärung schlossen sich die Vertreter von Lübeck, Hessen, der preußischen Pro vinz Sachsen und der Stadt Berlin an. Ctaat-srkkktär Zweige,t erttärle hiergegen im Namen der Reich-regierung, daß diese be- rett» in den Ausschüssen des ReiaStageS und der ReichScale» den Standpunkt eingenommen habe, an der Verfassungsmäßigkeit de« Ge- zwischen den Vertretern Deutschlands und der alliierten Regierungen eme Zusammenkunft salisinden zu lassen. Wahr- scheinlich werden vor der Zusammenkunft der leitenden Staatsmänner Vorbesprechungen zwischen deutsche ir und alliierten Sachverständigen stalisinden müssen, da viele Einzelsragen zu erledigen sind. Chamberlain wird heute nachmittag dem Kabinettsrat eine Abschrift der französischen Note vor legen. Ter englische Kabinettsrat billigt die Veefiändignng zwischen Briand nnd Chamberlain. London, 13. August. Wie Reuter erfühlt, hielt das Kabinett heute nachmittag eine Sitzung ab, in der die Verhandlungen, die bi-her hinsichKich des Sicher- heit-pak>es gepflogen worden sind, eingehend be sprochen wurden. Chamberlain erstattete Bericht über seine Aussprache mit dem franzö sischen Außenminister Briand. Der «abinettsrat billigt« in voll«m Umfange die Verständigung, di« Eham berlain und Briand erzielt haben. Kabinttlsrat j» Paris. Paris, 14. August. Gestern abend 9 ll r ist das Kabinett zu einer Sitzung zusammengelreten, um den Bericht Briands über den Verlaus der Londoner Be sprechungen entgegen,unehmen. Nach Beendigung der Beratungen kurz vor 1 Uhr vormiitazs ist folgendes Kommun quv ausgegeben worden: Außenminister Briand hat K nntnis von dem Tixt der Antwortnote gegeben, die an Deutschland über Len Abschluß eine» Sicher- heitspaktes gerichtet werden soll «nd über die ei ii vollständige» Einverständnis setzes könne nicht gezweifelt werden. Die Reichsregierung habe in ständiger Praxis den Standpunkt eingenommen, daß eine Ermächti gung, auch wenn es sich >m wirtschaftlich be- deutende Fra en handle, im Wege derge- wohnlichen Gesetzgebung angenommen werden könne, vorausgesetzt, daß die Ermächti gung sich beschränke auf einzelne, näher ab- gegrenzte Gebiete. TaS war die Rechtslage schon nach der alten Verfassung, und ei: e Ande- rung läßt sich aus der neuen Verfassung nicht entnehmen. Auch in dieser Vorlage ist die Er- mächiigung auf bestimmt spezialisierte Angelegen heiten beschränkt. Ter Antrag Sachsens auf Einlegung von Einspruch gegen die Vorlage wurde nur von Hessen, Lübeck und den Vertretern der Provinz Sachsen und der Stadt Beilin unterstützt. Die Mehrheit des Reichsrates nahm darauf die Zollvorlage zur Kenntnis, ohne Ein spruch zu erheben. Zur Aufrechterhaltung der Beschlüsse über Fürsorge für Sozialrentner und Klein rentner durch den Reichstag gegenüber dem Einsprüche des ReichsiateS erkläite der preußische Staatssekretär Weißmann, die preußische Regierung halte die Durchführung derReichStagS- beschlösse für vollkommen unmöglich, wenn das Reich nicht die ganzen Mittel in Bereitschaft stelle. Der Erklärung haben sich seinerzeit sämtliche ReichsratSmitglieder angeschlossen. Die preußische Regierung wird morgen an die Reichsregierung ein aui- führlicheS Schreiben richten, worin sie die Reichsregierung bittet, daß dar Gesetz solange nicht verkündet wird, al» nicht die Reichs- regierung die dazu notwendigen Mittel zur Ver fügung stell». Die preußische R gierung wird an sämtliche Länderregierungen eine Abschrift diese; Schreiben- richten mit dem Ersuchen, auch ihrer seits dem Reiche dieses Schreiben zu übersenden. zwischen dem britischen Minister des Au Herrn und der französischen Re gierung cr»i«lt worden ist. Der «abinttts- rat hat dem Minister des Außer«» «instimmig s«in«n Dank siir Las «rzitl»« Ergebnis ans- grsprochrn. Der Trxt d«r an Deutschland zn richtenden Antwortnote wird, nachdem «r den alliierten Reg erungen zur Kenntnis gebrach« ist, Deutschland übermittelt werden. Nach kem „Petit Parisien" erklärle Briand nach dem Kabmellsral: „Ich bin entzückt von meiner Reise nach London. Ich habe mich tat sächlich mit Chamberlain über alle diskntierlen Punkte gecinig», und mit Freude vernehme ich, daß der britiscke Minist nat gestern nachmittag den Text der Nole an Denlschland gebilligt Hal, den Chamberlain und ich entworfen haben. Es scheint, daß die britische Presse auh der Zusammen kunft «nie große Bedeutung beileg», die ich mit dem Botschafter der Vereinig'en Staaken in Lon don gehabt habe. * Briand «ber die Londoner Grgebniffe. London, 13. August. Briand erklärte, er sei von den Ergeb nissen der Aussprache mit Chamber lain äußerst befriedigt. Die Besprechungen seien in einer Almojphäre größter Herzlichkeit erfolg». Abends legte Briand dem Kabinett die Antwortnote au D e u I schla nd bezüglich der SicheiheilSsrage zur Billigung vor. Morgen soll die Note den verbünoeten Regie rungen zur letzten Beg utachlung unter breitet weiden. O Eine Genfer Borkouserenz (shgmber- lains, Briands nnd Banderveldes. Paris, 13. August. Nach einer vom „Journal des TebaiS" wieder- gegebenen Nachricht aus Brüssel ist Vander- velde von seinem Sommkrurlaub zurückgekehlt und gestern nachmitlag in Brüssel angekommeu. Gl-ichzeilig sei dir Antwort Chamberlains cingegangen, in der Vanderveloe mitgeleilt wird, daß der engl-sche Außenminister am 1. Seplember in Genf sein werde und mit Vandervelde und Briand vor dem Zusammentiiit des Völker bundes eine Besprechuiig haben möchte. Der Korre ponoent des „Temps" in Brüssel erklärt, daß Vandervelve cm 2. Seplember in Genf sein werde, jedoch rorher nicht nach London gehen werde, weil Chamberlain seinen llilaub anlrele. Nach gewissen englischen Zeitungen werden die Genfer Besprechungen einen vertraulichen Me>nungsaus!ausch daistellen. Vorher werde Vandeivelde mit General Castain die Organi- sation der nalionalen Verteidigung und die darauf bezüglichen Teile des Sick)«rhei>;- Paktes besprechen. Udlizcns wird Vanderoelde, wie cer „Temps" berichiet, nicht au dem Sozia- listschen Kcnzreß in Marsci'le teilnehmen, um nicht bei der Besprechung inlernalionaler Frag n mit seiner Pflicht als Außenminister in Konflikt zu kommen. * Tie Ueberreichung der Note. Pari», 14. «ug»f>. Der Text der an Lie Reichsregierung zu richtend,« Not« in d«r Sichkrheitsfraze wird hcuttvormittagBrüfsrl, Rom imd Prag üb«rmitt«lt werd««. Dem i« Part» anwesen den polnischen Außenminister SkrzynSki wir» Briand die Rot« im Lause der Unterredung übergeben, die er Henie vormittag mit ihm Haden wird. Man nimmt hier ailg«m«tn an, daß dl« Note am kommend«« Mittwoch oder Donners tag dnrch den frnnzösischen Botschafter in Berit« dem Außenminister vr Strefeman» überreicht N»«rd«n wird. Die Zollvorlage im Reichsrat.