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Sächsische Staatszeitung : 20.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192508209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19250820
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19250820
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-20
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 20.08.1925
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Oonner-tag, LV^August 1»zß Versammlung am 20. d. M. in Bsrlin entscheiden. Die «rdei gcberoerbäude sollen entschlossen sei», dem TeUau«stand durch eine Aussperrung zu begegnen. Einiß«nz im Mühlexarbeiterfireik. Berlin, 19. August. Heute vormittag ist eS gelungen, die Aus« sperrung in den Mühlei betrieben in Berlin rückgängig zu machen. Die Tariflöhne werden für die Dauer von zehn Wochen um 4 M. je Woche für männlich: und um 2,50 M. für weib- lit e Arbeiter erhöht werden. Einschränkung derDe»onstrations- erlaubnis. Berlin, 19. August. Wie das „B. T." wissen will, beabsichtigt dar Berliner Pclizeipräsidium nach den Erfahrungen der letzten Krawalle In Berlin, die Demon- strationSzüge in den Straßen erster und zweiter Ordnung grundsätzlich zu untersagen. Auslösxxg der Optaxtexvermittlungs- sttNe. Schneidemühl, 19. August. Bei der OptantenvermitilnngSstelle in Schneidemühl laufen noch täglich in großer An zahl Anträge auf Zuweisung von Hausangestellten und landwirtschaftlichen Arbeitskräften ein. Der artige Arbeitskräfte sind aus den Kreisen der Optanten nrcht meh'r verfügbar. Die OptantenvermitilnngSstelle hat ihre Aufgaben im wesentlichen erledigt und wird demnächst auf- gelöst werden. * Polnische Landarbeiter in Schlesien. Breslau, 19. August. Dem „Vorwärts" wird von hier aus ge meldet, daß das Landesarbeitsamt in Breslau und die Berliner Behörden einem Ansuchen der schlesischen Landivirischaft auf Zulassung von pol- nischen Saisonarbeitern stattgegeben haben. Es sollen 1000 polnische Landarbeiter in Schlesien zugelassen werden. Die Tschechisitrnng Marienbads. Prag, 19. August. Nach einer der „Boss. Ztg." von hier zuge« gangenen Meldung nimmt Vie Tschechisierung des deutschen Marienbad ihren Fortgang. Das staat- liche Bodenamt hat drei Meierhöfe, die dem deutschen Teplstift gehören, enteignet und der bisherigen Kurparkgesrltschast, deren Borstand größtenteils Tschechen sind, nnd zwei ebenfalls tschechischen Bewerbern zugewiesrn. Die Stadt- gemeinde Marienbad, die in erster Linie anspruchsberechtigt gewesen wäre, wurde zurück- gewiesen. Das Stift erhält pro Hektar 2000 Tschechenkronen, während der wirkliche Wert 130 000 Kronen beträgt. Tic neue Regierung des Krei- staates Danzig. Danzig, 19. August. Ter Volketag des Freistaates Danzig nahm am Mittwoch die Neuwahl des parlamen- tarischen Senates vor. Die Parteien der neuen Koalition (Sozialdemokraten, Zentrum, Liberale) verfügen in dem 120 Abgeordnete zählen den Parlament über 56 Stimmen. DazWerhielten sie die Unterstützung der VolkSpatei; auch 3 pol nische Abgeordnete beteiligten sich an der Ab- stimmung, sodaß trotz der Stimmenthaltung der Dlvtschnatronalrn, Büllifchen nnd Komm, nisten eine beschlußfähige Mehrheit vorhanden war. Zum parlamentarischen Lizepräsidenten des Senats wurde der Sazialdemokat Gehl mit 63 Stimmen gewählt. Dec neue parlamentarische Senat wird am Toancr-tag vereidigt. Er bildet dann mit den lacht Beamtensenatoren die neue Regierung des Freistaates Danzig. Am Freitag soll da« Re- gierungSprogramm verkündet werben. Billigung der franzöfischen Aste zur SicherheitSsrage in Brüssel und Ns«. Paris, 1». August. Die belgische Negierung hat dem Quai d'Orsay «itgeteilt, baß sie die fra»Mjche Antwort«,»« bezüglich des Sicherheit-Paktes an Deutschland billige. Auch «ussolini hat de« fra»,»fischen Vvtschaftrr in Nom davon benachrichtigt, daß der Text der Antwort die Billigung der italienischen Negierung finde. Diese beiden Mitteilungen sind heute vormittag dem französischen Botschafter in Berlin de Mar- gerie zur Kenntnis gebracht worden nnd dieser hat gleichzeitig Anweisungen erhalten bezüglich der Kberwittlnng der Antwortnote an die deutsche Negierung. Der Botschafter de Margerie wird vor Ende der Woche eine Audienz beim Reichtz- kanzler und beim Reichs« nßenmini st er nachfuchen und sich mit den Mitgliedern des diplomatischen Korps in Brrbiudung setzen, damit das Dokument in Gegenwart der Vertreter der alliierten Mächte überreicht werden kann. Die Rote wird am Lage der Überreichung, also am Freitag »der Sonnabend, veröffentlicht werden. Dtr sraxzöfische Bankbcamtensireik. Paris, 19. August. In der heute vormittag abgehaltenen Streik versammlung der Bankbeamten wurde ein Ant- wortschreiben des Erzbischofs von Paris ver lesen, in dem dieser es als gerechnet bezeichnet, daß die Angestellten ebenso wie die Arbeiter ein genügendes Gehalt empfangen, um den Not wendigkeiten des täglichen Lebens entsprechen zu könne», und es unmöglich nennt, raß mit Ruhe und Würde vorgetragene Forderungen kein Gehör finden sollten. In einer alsdann angenommenen Entschließung wurd.'ii unter Hinweis darauf, daß der gegenwärtige Streik für das Wirt- schaftsleben Frankreichs sehr nachteilig sei, die Behörden aufgefordert, unverzüglich einen unter staatlicher Leitung und staatlicher Kontrolle stehenden Dienst zur Entgegennahme von Zeich nungen für die Anleihe einzurichten. * Sympathitfireik für die Bankbeamten. Marseille, 20. August. Dern heute stattfindende» 24 stündigen Streik, den die gewerkschaftlich organisierten Dockarbeiter, Seeleute und Straßenbahner zugunsten der aus- ständigen Bankbeamten veransiatten, schließen sich auch di; Chauffeure der Autodroschken an. Kommunistentnmnlte in Paris. Paris» 19. August. Der Präsident und der Vizepräsident der bulgarischen Kammer wurden gestern abend bei Verlassen der Kunstausstellung von etwa vierzig Kommunisten tätlich ange- grifie«. »s handelt sich hierbei um eine De monstration gegen die Hmrtchtung -atzlretcher »omnnmistrn durch dte bwlgorifch, Negierung, die mit den letzten Unruhe» und «ttentateu in Bulgarien zusammruhäoge». Die beiden bul garischen Paria matt« rier wurde» von der «e^e «it de« Nnfn». .Nieder mit den Mördern!" empfange». Polizei griff ein nnd nahm diele Berhastungen vor. Lin Polizei- beamter, der die überfallenen zuvor schützen wollt,, wurde von den Kommunisten nieder- geschlagen. * Die Anstifter der Attentate verhaftet. Sofia, 19. August. Die Polizei hat im Zusammenhänge mit dein Attentat ans den Präsidenten und den Bizepräsi- deuten der bulgarischen Sobranje 15 Verhaf tungen vorgenommen. Unter den Fe'genom- menen besivdet sich ein gewisser Kostif, der der Anstifter und Organisator des Attentats gewesen zu sein scheint. Spanischer Marokkokericht. Paris, 19. August. Die Agentur Haoas meldet aus Madrid, daß dort folgender offiziöser Bericht ausgegeben worden ist: Heute vormittag ist von französischen und spanischen Truppen eine gemeinsame Operation unternommen worden, um eine Verbindung zwischen dem spanischen und fran- zösischen Frontabschnitt herzust-llen. Zu diesem Zwecke wurde in Dar-el Abbas eine fran zösische Stellung angelegt und in Ain-Bayel am Lakosflusse ein spanisches Blockhaus errichtet. Tar-el Abbas wurde ferner mit Iona durch ein tn Berri-Berri errichtetes Blockhaus verbunden. Weltkonscrenz für praktisches Christentum. Bcgrnhungsrede des schwedischen Hönigs. Stockholm, 19 August. Nach einem Festgottesdieust in der Stcckhvlmer Kathedrale ist heute die Weltkonfeienz für prak- tisches Christentum im iöniglichen Schloß durch König Gustav offiziell eröffnet worden. Nach einführenden Worten deS Erzbischofs vr. Söder- blom richtete der König eine Ansprache an die Konferenz, in der er die Vertreter der alten und der neuen Welt, des orthodoxen und des evange lischen Christentums in der Haup stadt Schwedens mit großer Freude willkommen, hieß. Die Kon ferenz wolle angesichts der brennenken Fragen der Gegenwart Wege zu ihrer glücklichen Lösung suchen, die der gemcinsainen Bemühungen aller besten Kräfte bedürfe. Es sei dcr Plan der Welt- konferenz, das herauSzustellen, was das Christen tum tun könne und solle. Tie sozialen und internationalen Probleme beschäftigten ständig di-, denen die Gesetz ebung und die Regierung in den verschiedenen Ländern und Völkern anvertraut seien. Aber Verordnungen und Verfügungen seien mehr oder weniger wirkungslos, so lange sie sich nicht in den Hnzen der Menschen auf guten Willen und christliche Gesinnung gründeten und Liebe und Gerechtigkeit über Selbst ucht und Eigennutz die Herrschast ge- wannen. Möge es durch die Verhandlungen der Weltkonferenz den Völkern und Ländern be- schieden sein, in höherem Maße als bisher den Geist dcr Liebe und Gerechtigkeit in der gegen wärtigen unruhigen Zeit zur Herrschaft zu bringen. Eiste Ansprache VeS sächsische« La«V«»Pischss». Stockholm, 19. Aug»^ »ei der heutigen Eröffnung der Stockholm« Weltkonferenz war Deutschland durch zwei Rebner vertreten. Beim Empfange im RciH. faaie der königlichen Schlosses sprach tm Namen der europä schen Session der Präsident des Evan gelischen Oberkirchenratt zu Berlin vr. Kappler Bei der Eiöffnung der Versammlung in der Kathedrale sprach im Namen der deutschen Tele- galion der sächsische LandeSbischos v, Ihmels. Kongreß studentischer National- verbände. Kopenhagen, 19. August. Der Kongreß der Arbeitsgemeinschaft siud«. Uscher Naiionalverbändr bildete nach der Poll, sitzung am 16. August aus sich vier Ausschüsse, die die einzelnen Arbeitsgebiete behandeln. Ae ersten beiden Tage standen noch unter dem Ein- sluß der Sprachenfrage. Da die Anecke«, nung der deutschen Sprache wieder Schwieriz. Seiten gemacktt hatte, wurde nach teilweise sehr lebhafter Elörteiung die Frage durch Ausschuß, erörterung dahin entschiede», daß die deutsche Sprache als Verhandlungssprache an erkannt wurde. Der Ausschuß, der den Auk- tausch der Reisesrazen behandelt, stimmte dem deutschen Antrag zu, der die Aufhebung der Sichtvermerke an Grenzen, woran ein reger Reiseverkehr statisindet, durch Anträge do Siudentenschasten bei den zuständigen Regie- rungen fordern will. Der Sportausschuß befaßte sich mit dem Plane einer internationalen akademischen Olympiade, für deren sportlichen Ausbau durch rege Mitarbeit der deutschen Per- treter wichtige Vorschläge gemacht wurden. T« Ausschuß für Hochschulfragen nahm feiner den Bericht des Generalsekreta.iats entgegen und befaßte sich zunächst mit dcr Frage der gegen seitigen Anerkennung der akademischen Grade. Dn Antrag der deutschen Vertreter, der die Aas. forderung an alle Regierungen richtet, diese Fraze nur von wissenschaftlichen, nicht von politischen Gesichtspunkten zu betrachten, zu behandeln, wurde angenommen. Die starke Mitarbeit der deutschen Vertreter wird in allen Ausschüssen an erkannt. Gerade diese sachliche Mitarbeit dürste zur Regelung der Sprachenfrage im deutschen Sinne wesentlich beigetragen haben. Tie Ar- beiten der Ausschüsse werden fortgesetzt. Polens Vertretung beim Völkerbund. Warschau, 20. August, Der Außenminister Graf Skrzynski wird arr dec Septembertagung des Völkerbundes teil- nehmen. Vorher begibt er sich noch nach Reval, wo am 25. August die Konferenz dcr Außen minister der baltischen Staaten, Finnland, Estland, Lettland und Polen siattsinden wird. Tie Ab reise des Ministers erfolgt am Sonntag, den 23. August, abends. Nexe Bt-ingxxgen der Druse». London, 20. August. Die „Times" erfahren aus Jerusalem, daß die Drusen folgende weiter; Bedingungen gestellt haben: Zurückziehung aller europäischen Truppen aus Hauran, Beschränkung Kunst und Wissenschaft. Maupassant. Von vr. K. Benndorf. Es ist die Tat und der Ruhm Guy de Mau- passant's, schlichte Erscheinungen und besondere Vor gänge der Täglichkeit, unbeachtete Beziehungen von Mensch zu Mensch und Zustände der Einzel- freie, als Problem ausgestellt und in ihnen un geahnt Zusammengesetztes und Rätselvolles ent deckt zu haben. Zumal dem Zentralproblem des menichlichen Lebens, dem sexuellen, ist er mit höchstem Ernste nahegrtreten, und er hat den schwermütigen Gedanken, daß unsre klei»e Welt um Eros tanzt, immer von neuem, in satten und schillernden Farben ausgemalt. Sein Herrscher- gebiet ist die Psychologie der Liebe ztvischen Mann und Weib. Hier hat er in die künstlerische Sphäre gezogen, was vor ihn«, außer Stendhal, noch nie ein Großer wogte. Er kannte die Frauennatnr in ihren Höhen und Tiefen (— und war selbst Goethe darin überlegen). Nichts lag ihm ferner als Goethes aristokratisches Leisetreten (- das frei lich feine Art Ehrlichkeit war), und wo dieser den Vorhang falle» läßt, pflegt er erst zu beginne». Aber sicherlich würde der Olympier seine Helle Freude an der neue», durch das Fortfchreiten des Zeitgeistes ermöglichten Aufrichtigkeit haben, läse er z. B. eine Novelle wie „vne veuve", wo ohne jede Beschönigung, aber auch ohne jede Frivolität, der Fall angeborener Liebesgier und seiner Tragik geschildert ist, oder eine andere wie ,,L' Höritage" mit ihrer erstaunlichen Offenheit ,n Ehe-Angelegenhriien — neben der grausame n Objektivität im Enthüllen von Eigenschaften der böte trurrwinv wie Eigennutz, Kleinlichkeit, Selbst gefälligkeit. Feder vorurteilslose Leser fühlt, daß M cm passant auch den bedenklrcksten Stoffen durch aus naiv, deze»t, ke»fch gegenübersteht; daß er selbst über di« Erfahrung hinaus und darum im- stände ist, sie zu adeln und zu vecllären- Sein Zynismus, vor dem sich viele bekreuzen, ist vor- nehmster Art: umwittert von Geisterhauch und verschwiflert mit Heiligkeit. Plumpe Nattueu frei- lich bleiben an der nackten Handlung hängen, warten nur auf galante Abenteuer, auf das Unter- leibliche, und erheben wohl gar den Vorwurf, daß der Autor — ein solcher Philosoph — im Pikan ten seine Sensation suche. Cie spüren auch nicht die seelischen Schwingungen über den Motten der Erzählung, ja übrr und zwischen den Begeben heiten selbst. Sie begnügen sich, einer Unter haltungsmusik zuzuhören und sehen »richt von ferne den Künstler, Satiriker, Lrbenskenner und Weisen. Es bleibt ihnen verborgen, daß diese kurzweiligen Geschichten nicht bloß ihren Inhalt, sondern auch das ungeschriebene Urteil über den Iahalt bedeuten (— etwa in der Form jener un sagbaren Ironie, welche in „Maison Tellier" die Prostituierten in der Kirche sitzen, der Kommunion beiwohnen und vom Priester loben läßt wegen ihrer Frömmigkeit). Man hat den Eindruck, daß Maupassant immer aus dem großen und dauernden Antrieb heraus produziert hat und pflichihaste Schriststellerei (— wie sie auch bei Goethe verkommt) nicht kennt. Seine Lust am Fabulieren ist ersichtlich das Zinsenerträgnis eines seit Geneiationen auf- gehäusten Kapitals, und die Leichtigkeit seines Stils das Ergebnis einer lange geübten Selbst zucht und der harten Vorarbeit in Flauberts Schule. Der Reichtum seiner Hervorbringungen läßt an Mozart zurückdenken; desgleichen die An mut und Sicherheit seiner Formgebung. Seine Sprache ist von bezaubernder Klarheit und ver hältnismäßig sparsam in der Verausgabung des Wortschatzes. In der Abschildeiung des Lebens verrät er strengste Wahrhaftigkeit, «ls ob die Natur selbrr z» Wort« gekommen wäre. Und immer sieht er seine Personen leibhast um sich und scheint mit ihnen zu sprechen. Er schöpft seine Vorwürfe (darunter nie behandelte wie ,1m lttoartiwb«", Ht") psychologisch btt auf den Grund aus und gestaltet sic, indem er nicht beschreibt, begründet und aureinandersetzt, sondern anschaut und aufbaut und um dcr Lharakteristik willen Gegensätze hinstellt (z. B. im Roman „vue vie" die Kopflosigkeit des Barons gegen über der Indifferenz der Hebamme). Ein beson derer Kunstgriff ist die Einiahmung der Novellen, derart, daß die eigentliche Geschichte jemandem in den Mund gelegt wird oder innerhalb einer Szene vor sich geht (— wobei sie gelegentlich so- gar nur die Nebenrolle spielt) und überraschend sind ost ihre Abschlüsse, indem sich die erregte Spannung drastisch-humoivrll auflöst wie in einem Scherzo von Beethoven. Nicht zu übersehen endlich sind jene Worte der Weisheit und reifen Lebenserfahrung, die fast in jeder No- velle einstießen, anspruchslos gefaßt und gar nicht störend als Reflexion, sondern wirkend wie Pausen in einem Musikstück, Xvee jo« lowwes U kaut toujours paräouner — ou igoore--, heißt es bei läufig am Ende der prachtvollen Wüstnigeschichte „Xilvuwa": Verdient dergleichen nicht heraus- genommen und in Stozp gemeißelt zu werden? Die romanische, bester noch römisch-antike Seite seiner Natur zeigt Maupassant darin, wie er sich über die Dinge hinwegzusetzen weiß. Da- gegen erscheint als germanischer WesenSzug sein Hang zu Nachdenklichkeit und sein innige?, halb melancholisches Verhältnis zur Natur. Einzig schön und verehrungswürdig ist e?, wie er die Unnahbarkeit menschlicher Individualität in dem Buche „Sur j'eau" zum Ausdruck bringt, oder in der Novelle „Solituckv" (mit ihrem genialen Schluß, der den Logo- zum Mythos erhebt in jenem Hinweis auf den einsamen Obelisken der kloee <ie I» Ooneorckv). Und köstlich sind allent halben seine mit wenigen Strichen hingezeichneten Landschafts-Impressionen (z. B. in den Reise schriften „Xu soloU* und „1^ vio eneot»"), oder die Nalurstimmungen, die er mit Szenen de- Menjchenlebens verflößt oder zum Begleiter see lischer Stimmungen »d Verkündigrmgen macht. Hi-rbri tritt du Romantiker (der in jedem echten Lich ter mit dem Realisten untrennbar verbunden ist) aut seiner Zurückhaltung hervor. Mau vergleiche die Skttze „I.« nuit" mit den „Hymnen an die Nacht" von Novalis Hardenberg. Auch Maupassant's Stück ist eine „Hymne", eine tiefste Feier der Nacht; aber die Romantik seines Notturno ist die des modernen Naturalisten, der mit beiden Füßen aus der Erde steht: auf den Straßen von Paris, mitten im Getriebe der Boulevards. Was Maupassant zu einem Glückssall und Ec- eignis nicht bloß für die Litleratur, sondern für die Kultur macht, ist die Top.erkcit, mit der ec den Erscheinungen des Lebens ins Gesicht sieht, und die Ehrlichkeit, mit der er sie dacstevt. Ec erzählt von ihnen ohne jede Menschenverachtung, und wenn er die Tragödien und Tragikomödien gestalt«, die sich in engsten Kreisen täglich ab spielen, will ec nicht sagen: Seht, so grausam ist das Lebe», sondern nur: So ist das Leben! (Oder, wie es am Schluß von „vue viv" heißt: I^c viv n'est jamais si bon ni si mauvain eroit). Ihnt" gelten lediglich die Tatsache», ihr Muß und die Unerbittlichkeit, mit der sie aus einander folgen; heilig sind sie ihm in ihrer Un schuld. Er hat den furchtbaren, ehernen Blick da für, daß die Schönheiten und Häßlichkeiten, dis Wonnen und Gräßlichkeiten deS Daseins eine not wendige Einheit bilden, und wenn er in seiner freimütig und so königlich endenden Novelle „l-e Attt 6'XuckrS ' die alles Leben durchwaltendc Un gerechtigkeit an einem Beispiel erhellt, so läßt er nichts aM>res als di« Überlegenheit jenes Gottes ahnen, der sich den gütigen nennt und doch über all in seiner Schöpfung dem Bösen Raum gibt. Mit dem Gleichmut eines Herrschers schaut der Künstle« Maupasfimt auf diese- herrliche und zugleich schreck liche Leben hin, wie einer jener „Himmlischen? Hölderlin?, die „schicksalloS atmen", und, wie ZeuS selber, in Wolken, als den ihn daS Titel blatt von Klingers BrahmS-Phantasie darzeigt. Das Merl Maupassant'« ist eine Heiligsprechung de- Leb«»- wie das Werk »ießichtt. «tue «o- "esse Nie ..V» km" stammt au« demkelbrn Ethtt
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