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SächsischeStaalszeitung r Staatsaryeiger für den Freistaat Sachfen Ankündigungen: Die 32 mm breite Trundzeile oder deren Raum 30 Pf, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Pf. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Erscheint Werktag- nachmittags mit dem Datum des ErjcheinungStageS. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkausSlifte von Holzpflanzen ans den StaatSforftrevieren Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: OberregierungSrat Han- Block in Dresden. Dresden, Montag, 13. Juli Nr. 160 §1925 Der Desuch des Keichskanzlers. Dresden, 13 Juli. Reichskanzler vr. Luther ist am Sonn tag nachmittag mit dem fahrplanmäßigen Schnellzug 4 Uhr 25 Min. in Dresden- Neustadt eingetroffen. In seiner Beglei tung befand sich Oberregieiungsrat vr. Graevell nnd der Reichspressechef Mini sterialdirektor vr. Kiep. Der Reichskanzler wurde im Auftrag des Ministerpräsidenten am Bahnhof von Ministerialrat Wilisch vom Ministerium der auswärtigen Ange legenheiten empfangen. Er ist im Hotel Bellevne abgestiegen Am heutigen Montag, dem offiziellen Besuchstag, wurde der Reichskanzler vom sächsischen Gesandten in Berlin Vr. Grad ual« e r und Ministerialrat Wilisch in« Hotel abgeholt und nach dem Haupt Ministe rialgebäude geleitet Hier hatten sich im großen Sitzungssaale mit dem Minister- vräsidenten die zurzeit anwesenden Mini ster und Ministerialdirektoren ein gefunden. Ministerpräsident Heldt entbot dem Reichskanzler bei seinem erstell Besuch des Freistaates Sachsen ein herzliches Willkommen und stellte hierauf die an wesenden Herren vor Der Reichskanzler erwiderte hierauf mit kurzen freundlichen Worten. * Boni Hauptministerialgebäude begab sich der Reichskanzler im Kraftwagen in Begleitung des Ministerpräsidenten Heldt, des Justizministers vr. Bünger, des Finanz- Ministers vr. Reinhold und der Ministerial räte vr Waentig und Wilisch sowie des Gesandten vr. Gradnauer z»m Landtag, wo er im Präsidialzimmer vom Land- tagspräfidenten begrüßt wurde. Im Anschluß an den Empfang im Lanotag fand im Konferenzzimmer der ehe maligen Ersten Kammer eine Brglüßnng der Dresdner Presse und der hiesigen Vertreter auswärtiger Zeitungen s'att. Der Vorsitzende des Bezirtsvereins Dresden des Landesverbandes der Sächsischen Presse, Gräfe, begrüßt den Herrn Reichskanzler mit folgen den Worten: Herr Reichskanzlei! Der Bezirtsverein Dresden des Landesverbandes der Sächsischen Presse nnd die grfamte Dresdner Presse rechnet es sich zur hohen Ehre an, daß Lie nicht ver säumt haben, bei Ihr m Dresdner Besuch auch d:e Presje zu empfang,»-. Wir begrüßen das um so mehr, als Sie, Heir Reichskanzler, der erste Leiter des nenen Temschen Reiches sind, der aus eigenem Entschluß nach Dresden kommt. Mit unsrrem Dante und unserem Gruß verbinden wir die Bitte, daß Sie uns gewissermaßen auS erster Hand etwas von der großen Politik auS Berlin hier Mitteilen. Es muß Ihnen selbstverständlich überlassen bleiben, ob Sie auf die Zwischennote oder auf anderes eingehen wolle«, verbindlichsten Dank für Ihr Erscheinen. Ich heiße Sie nochmals willkommen in unserem Erei». Hierauf ergreift das Wort Landtag-Präsident Wintter: Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Es gereicht dem Sächsischen Landtag und insbe sondere dem Präsidium drSselbrn, in deren »eider Auftrag ich Sie Herpich in unseren Räumen willkommen heiße, zur allerhöchste» Ehre, daß Sie nu» besncht habe«. Leider ist ter Landtag — in diesem Zusammenhang müßte ich sagen erfreulicherweise — einmal in die Ferien gegangen, und Lie sind deswegen nicht in die Verlegenheit gesetzt, von den einzelnen Fraktionen des Landtages rin großes Paket Wünsche mit nach Berlin zu be kommen, wie es Ihnen vielleicht da oder dort passiert sein möchte. Fch begrüße Sie wie schon gejagt, herzlich, weil eS wohl in der Sächsischen Geschichte noch niemals da war, daß rin Reichskanzler des Deutschen Rriches der früheren Zeit den Landtag besucht hat. Wir sind der Meinung, daß, wie in einer Familie, wo es nur einträchtig zuzehrn kann, wenn die Geschwister sich vertragen, rs auch in einem Staat-Wesen wie dem Deutschen Reich heute nur einträchtig zugehen kann, wenn die Einzelstaa.ten, die Glieder dieser großen Reichsfamilie sich auch vertragen Ich wünsche — und ich möchte diesen Wunsch ins besondere von Herzen ausgesprochen haben -, daß, wenn fe Differenzen zwischen dem Vater Reich und dem kleinen Siaat Sachsen be standen haben sollten, diese mit diesem Be suche durch rin Symbol geendet haben und daß wir einträchtig in freier Freundschaft, der eine den anderen brauchend, drr andere den Kleine« stützend, auskommen möchten. In diesem Sinne hriße ich Sie, Herr Reichs kanzler, nochmals willkommen. Zur Erwiderung nimmt darauf das Wort Reichskanzler vr. Luther: Sehr geehrter Herr Landtagspräsivent! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin wirklich sehr gern nach Sachsen gekommen. Ich habe schon lange den Wunsch gehabt, diesen Besuch auszuführen, widrige Umstände haben eS aber bisher mir unmöglich gemacht. Ich srene mich besonders, daß ich bei dieser Gelegenheit anch eine Verbindung mit dem Herrn Landtagspräjidenten und dem Landtagspräjisium sowie mit der Presse habe aujnehmen können. Wenn man die Siche ganz eng staatsrechtlich ansieht, ist es ja eigentlich so, daß die Reichsregierung nur mit den Landesregierungen zu tun hat, und drr Herr MinisterprSjidlUt, drr hier nebrn mir strht, wird ja ein gewisses Grwicht auf die Erhaltung dieses Grundsatzes legen. Ich glaube aber, in den Verhältnissen, in denen wir im Deutschen Reiche miteinander leben, in dem verwickelten Staatsbau, der «ns nun ein mal durch die Geschichte gegeben worden ist, kommt es geradezu entscheidend darauf an, daß persönliche Btiiehungen u,d persönliche Bekanntschaften tnnlichst zwischen allen den jenigen bestehen, die im öffentlichen Leben Dienst tu», und das sind gewiß doch nicht rur die Regierungen, das sind in allererster Linie die Parlamente und wahrlich nicht an letzter Stelle die Vertreter der Presse. Die Parlamente allein können ja die Öffentlichkeit nicht darstrllen. Ich Witt nicht an jene be rühmte Geschichte erinuern, die Ihnen allen als Vertreter der Presse bekannt jein wird, wo einmal in verklungenen Zeiten ein Ver treter drr ReichSregiernng sich die Mißgunst der Presse zugezogen hatte; ich glanbe, es handelte sich um die Zntverfügnngstellung von Papiermrngen. Da hat sich die Prrs,e in freundlicher Weise revanchiert, indem sie über die nächste Rede des betreffenden Herrn „ans Papiermangrl" nicht berichtete. (Heiter, keit.) So zeigt sich deutlich, daß schließlich auch die Parlamente den Weg zur Öffentlich, keit nicht finde« können ohne die Presse. Und das gilt ja noch in viel stärkerem Maße für die Mitglieder drr Regierung. Auch Bersammluugen könne« da ja nicht abhelseu. Ich habe mir einmal er- laubt, an anderer Stelle zu sagen, eine Ver sammlung, über welche die Presse nicht be richtet, und wenn viele Tansende von Mensche« in der Versammlung Ware«, findet tatsächlich u»ter Ausschluß der Lffcutlichteit statt. Und dieser »acht ist sich dtePre.se auch durchaus bewußt. Und weil da» ans der anderen «eite die Par- lamente und die «ttglieder der Regier««» auch wissen, so ist dadurch ja eine ganz ge sunde Grundlage gegeben zur gegenseitigen Zusammenarbeit, weil wir eben auf einander angewiesen sind. Nun weiß ich ja, meine sehr geehrten Damrn und Herren, daß Sie besonderes Gewicht ans Tatsachen legen, und der Wunsch, der mir aus dem Munde Ihres sehr verehrten Herrn Vors tzenden, der die Güte hatte, mich zu begrüßen, lntgegengebracht worden ist, ich möchte Ihnen einiges über die Zwischennote erzählen, s ndet in meinem Herzen einen leb haften Widerhall. Soviel muß ich nnn wenigstens sagen, um sorifahre» zu können, daß s ch leider nach der öntwicklung der Tinge heute roch nichts darüber sagen läßt, denn das Rrichskabinett, das ja schließ lich zuständig ist sür die Fassung der Zwischen- note. hat einen Beschluß über die Zwischennote noch nicht gefaßt, sondern wird erst morgen nachmittag zur ersten Beratnng über die Zwischennote znsammentretkn. Das ist ja anch gar nicht verwunderlich, denn die Antwort ans die französische Note, wobei ich übrigens das Wort Zwischennote nicht als eine allzu scharfe Ausdrnckssorm zu betrachte» bitte, stammt nicht von der Regiernng, sondern hat sich so in der Lffrntlichkeit eingeschlichen, ich lege aber mehr Gewicht ans den Inhalt der Note als auf die Überschrift, muß sich ein gehend befassen mit all den juristischen Ge sichtspunkten, die durch die französische Note in diese Erörterung hineingeworfe» worden sind, und das ist ja der charakteristische Unter schied des Znstandes vor der französischen Note und seit der französischen Rote. Vor der fran zösischen Note war in der Erörterung der Öffent lichkeit ein großer politischer Gedanke, zu dem mau sich so oder jo stellen konnte, aber es war ein großer politischer Gedanke, drr alS solcher von allergrößter Bedeutung für die Fort.ntwickung der europäischen Probleme war. Und dieser Gedanke ist nun durch die fran zösische Note in eine ganz besondere juristische Form gebracht worden nnd obendrein dabei verbunden worden mit anderen Möglichkeiten nnd Gedanken, die in den bisherigen dentschen Ausführungen zu dnjcn Dingen nicht an- geklungrn haben nnd von drr jrtzt auf einmal ein Erörternngsboden gejchaffen wordrn war, wo man genötigt ist, eine ganze Reihe ron Einzrlproblemtii ans das sorgsamste zu studieren, ehe überhaupt eine Antwort in Frage kommen kann. So ist es denn auch nicht verwnnderttch, daß immerhin einige Wochen vergangen sind, bis diese Studien ab geschlossen sind und wir in der Lage sein werden, eine Note als Antwort auf lie fran zösische Note herauszubringen. Was im übrigen die große Politik an- betrifft, von der Sie gesprochen haben, so berichten Sie ja außerordentlich eingehend über die Auswertnngsverhandlungrn, und mehr alS Ihre Leser dnrch Ihre gütige Vermittlung wissen, weiß ich dabei auch nicht. Und bei allen übrigen Problemen kann ich Ihnen nur versichern, daß im Reichstage ein starker Wille vorhanden ist, die Dinge alle vor- wäitS zu treiben. Uno das mutz auch sein, denn die Steuersrage, die Frage, was sür eine Grundlage wir sür unsere Handelsverträge bekommen, sind Fragen von so großer Drag- weite, sür die Lebensgrundlagrn deS deut schen Volkes, daß der dafür verantwortliche Reichstag seine beste Arbeitskraft an diese Dinge mit allem Nachdruck setzen muß und auch jetzt, sodaß ich doch glaube, so vorsichtig ich mit derartige» Hoffnungen bin, di« Hoffnung aussprechen zu dürfe», daß wir i« der jetzt noch bevorstehenden Arbeitszeit ganz wesent liche Entscheidungen sür das deutsche Volk zu erwarten haben, die sich hoffentlich als trag- sähig sür unsere Zukunft erweisen. «eine Damen und Herre»! Ich weiß, daß alles, was ich gesagt habe, nicht sehr konkret war, daß sich da» alles n«r »» kurzen Notizen eig»et. Ich weiß, daß ich Sie rnttänscht habe. ich mutz Sic aber bitten, freundlichst die Dinge so zu nehmen, wie sie nun einmal sind. Schließlich darf ich dem Danke Ausdruck geben, daß ich Gelegenheit habe, mit Ihnen hier zu sprechen. Ich habe ja de» größten Teil meines amtlichen Lebens nicht l» Berlin verbracht und bi» infolgedessen viel leicht noch mehr als andere davon durch drungen, daß die Gesamtheit deS deutsche» öffentlichen Lebens erfordert, de« Blick über Berlin hinaus zu richten, und erfordert, daß man insbesondere mit anderen großen Kultur- und Zivittsationsmittelpunkten, die wir in Dentschland haben, nnd dazu gehört auch DreS, den an erster Stelle sucht, in Verbindung zu kommen und dabei anch die Gelegenheit sicht, mit der Press« dort in Verbindung zu komm«». Ich nthme an, daß Herren aus ganz Sachsen hier zugegen sind, und da darf ich ja wohl neben Dresden noch eine« anderen Namen, Leipzig nennen nnd die übrigen Ramen darf man sich dazu drnte«, ebenfalls in dem Bewußtsein, daß eS ganz unmöglich ist, von einem deutschen öffentliche» Lede» zu sprechen, ohne das ein engeS sich gegenseitiges Verstei,«« zwischen dem Lande Sachse« nnd seiner Presie einerseits und drr ReichSregiernng anderseits besteht, und ich freue mich, daß mir die Gelegenheit geboten worden ist, auf diesem Wege die Herren kennen zu leine«. (Beifall.) Redakteur Vr. Grumbt: Sehr verehrter Herr Reichskanzler! Ich habe die Ehre, im Ramen des Landesverban des der Sächsischen Presje, der die Presjeverlleter umfaßt, die Sic eben andeutungsweise charak terisierte», Ihne» für Ihre Ausführungen den wärmsten Dank auSzujprechen. Sehr verehrter Herr Reichskanzler! Es ist nicht so, wie Sie in Ihrer Rede andeuteten, daß eine Ent täuschung in uns herrscht, über das, was Sie gesagt haben. Es ist überhaupt nicht leicht, einen richtigen Journalist zu enttäuschen. (Reichskanzler Ur. Luther: Ader auch nicht leicht, ihn zu befriedigen) Auch das nicht, aber in diesem Falle möchte ich dasNichtenttäuschtsein besonders hervorhcben. Wir sind keineswegs enttäuscht,zumal wir schon vorher wußten, daß Sie mehr aus einem per- jönlichen Gefühl der Zusammengehörigkeit der Länder Ihren Besuch Dresden abstatten, den Sie anderwärts bereits avgestattet haben. Daß Lie bei dieser Gelegenheit auch die Vertreter der sächsischen Presse mit in den Ureis derer hm eingrzogen haben, mit denen Lie Fühlung ge nommen haben, das ist für uns eine Ehre und des Tankes würdig. Ich möchte im Ramen des Landesverbandes der Sächsischen Presse Ihnen diesen herzlichen Tank hiermit ausgesprochen haben. Der Herr Reichskan ler ließ sich darauf die Herren der Presse vorstellen und ver weilte noch längere Zeit in angeregtem Gespräch * Mittags 1 Uhr fand in« Hotel Bellevue in« kleinen Kreise ei« Frühstück statt, zll dem auß r den Ministern Ver treter des Landtages, der städtischen Körper schaften, der obersten geistlichen Behörden und der in Dresden ansässigen Neichs- behöcd.n erschienen waren. Mährend des Mahles wandte sich Ministerpräsident Heldt an den Reichskanzler mit folgenden Worten: Hochverehrter Herr Rtichskauzlrrl Namm» der Sächsischen Regieruug heiße ich Sie im Freistaat Sachse« herzlich will kommen! Sie erfüll,« mit Ihrem heutige» Besuche einen lang« grh«gt«n «uujch der Sächsischen R«gtern»g. Wir r«ch««u «» un» zur b«s»nd«ren Ehr« a«, daß Sir «S «rotz der Füll« der Arbeit»geschäfte rrmäglich«