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„Meine Zeit wird kommen." Gustav Mahler hat diesen Satz sehr oft in seinem Leben gedacht, gesagt, ja beschworen. Das zeugt von Selbst bewußtsein, von Überzeugung zu sich selbst und seinem Künstlertum, seinem kompositorischen Schaffen. Mahler gab der Welt etwas und er wartete freudige Aufnahme, doch oftmals waren Hohn und Zorn, auch Gelächter das ablehnende Er gebnis. Ein Schrei der Entrüstung war bereits 1 894 durch die musi kalische Presse gegangen als Echo auf die Aufführung der 1. Sinfonie. Bei der Uraufführung der 4. Sinfo nie gab es gar Handgreiflichkei ten. Mit Heftigkeit wurden viele Werke aufgenommen, was aber zeigt, daß sich Lager gebildet hat ten, Befürworter und Gegner. Blieb auch manch einem Werk offener Widerspruch erspart, konnte auch Mahler eine beglückende Urauf führung seiner 8. Sinfonie (Juli 1910) als gewissen Höhepunkt in seinem Leben ansehen, so kam die eigentliche Anerkennung für sein Schaffen wohl doch erst viel, viel später, eben weit nach dem Tode des Komponisten und dank des un ermüdlichen Einsatzes seiner „Statt halter", allen voran Bruno Walter. Erst in den 60er Jahren faßten Mahlers Sinfonien in Deutschland wirklich Fuß und wurden schließ lich sogar überschäumend beju belt. Heute steht die Bedeutung Mahlers als Komponist außer jeder Diskussion. Als Dirigent war er einer der Großen seiner Zeit. Geachtet wie gefürchtet war er zeitlebens wegen seines hohen Anspruchs an werk getreuem Nachschaffen und seines Auftretens gegen Sängereitelkei ten. Er kann gleichzeitig zu den großen Reformatoren der Opern bühne gezählt werden mit der ener gischen Durchsetzung seiner For derung, ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Schauspielkunst, Regie, Bühnenbild und Licht auf die Bühne zu stellen. Seine Inszenierungen in Wien sind zu historischen Ereignis sen der Operngeschichte gewor den. Als Komponist hatte er die Grenzen des bisher Gültigen auf gebrochen und ungeheuer erwei tert, einen neuen sinfonischen Ty pus geschaffen. Er war der erste Expressionist. Sein Schaffen ist oh ne Vergleich. Mahlers nicht gerade umfangrei ches kompositorisches CEuvre um faßt - abgesehen von den meist nicht erhaltenen Jugendwerken, Gustav Mahler (1860-1911); Foto (1881) Biographisches: • geb. 7.7.1860 in Kalist/ Böhmen • gest. 18.5.1911 in Wien • Studium an der Universität Wien (Geschichte, Philosophie, Musikgeschichte), am Wiener Konservatorium (bei R. Fuchs, R. Epstein, F. Krenn) und privat bei A. Bruckner • seit 1880 verschiedene Kapellmeisterposten (Bad Hall, Laibach, Olmütz, Wien, Kas sel, Prag, Leipzig) •1888 Operndirektor in Budapest •1891 Erster Kapell meister in Hamburg (Stadttheater) • 1897—1907 Kapellmeister und Hofoperndirektor in Wien • Dirigent an der Metropolitan Opera New York • 1909 Leiter der neugegründeten New Yorker Philhar monie Society •1911 Erkrankung und Rückkehr nach Wien