Volltext Seite (XML)
Dresden, Mittwoch, 20. Mai Nr. 116 Die kleine Zolltarifnovelle den Jas Wland zur Siek -es AiUMichers Vorbereitungen aber bereits ein. Graf Sanitz dar. die mehr Die ge- vor. Der Zoll beträgt demnach pro Doppel zentner bei Roggen 5 NeichS-nark, be Weizen und Spelz 5,50 Reichsmark, be Gerste 2,30 und bei Hafer 5 Neichsmar! Um die Verteuerung der Nahrungsmitte industriellem Gebiet beziehen sich auf 300 Taris nummcrn mit ungefähr 700 Zollsätzen. führte u. a. auS: Deutschland braucht heute denn je eine starke Landwirtschaft, wirtschaftliche Lage Deu schlands fordert Die Reichsregierung hat am Dienstag abend ihrs sogenannte kleine Zollvorlage der Offent- Uchlcit übergeben. Obgleich sie nur eine Über gangs,eit regeln soll, umfaßt sie nicht weniger als 175 Seiten. Der Entwurf schlägt zunächst die Wiedereinführung der früheren allgemeinen Getreidezölte nisse erfordern. Besonders zu erwähnen sind die Automobil, und Traktorenzötle. Hier verweist die Vorlage auf den ungeheuren Vorsprung, den das Ausland gegenüber der deutschen Industrie habe. Die Vorlage will der deutschen Industrie eine Frist gewähren, damit sie sich umstellen und den Vorsprung einholen kann. Bei Automobilen ist ein Zollsatz vorgesehen, der weit höher liegt als die sonstigen Zölle für Jndusttieprodukre. (150 bis 350 M.) Dieser Zoll soll in halbjährlichen Stufen auf einen normalen Betrag herabgesetzt werden. Bei Trak- bieterifch, daß die inländischen Produktionsmöglich- leiten nach bestem Können ausgenutzt werden, daß jede unnötige Einfuhr aus dem Aus- land: vermieden wird und daß unsere Aus- fuhr nach Möglichkeit gesteigert wird. Nach Auffassung der Sachverständigen wird es der deutschen Landwirtschaft möglich sein, ihre Produktion in kurzer Zeit ganz erheblich zu steigern. Diese Steigerung ist aber notwendig, um die Passivität unserer Handelsbilanz zu mildern oder ganz zu b.'seittgen. Der Einfuhr. Überschuß des vergangenen Jahres hat rund 2,7 Milliarden M. betragen. Diese Summe ent spricht ungefähr dem Werte der landwirtschaft lichen Erzeugnisse, die bei Steigerung drr heimi schen Produktion aus eigener Scholle hätten gewonnen werden können. Gelingt es, die landwirtschaftliche Produktion Deutsch land« in dem möglichen Umfange zu steigern, so wird «ich die dentsche Landwirtschaft wieder Über schüsse in das «u-land exPartieren, beobachtet werden. Die für die Aufstellung sind geleitet worden. ErnShrungsministcr Agiarzöllen, also Variable Sätze, Eine Herabsetzung ist also möglich, wenn das handelspolitischen Beziehungen und Verhält- toren ist, wahrscheinlich eine Cpezialkonzefsion für die Landwirtschaft, eine eigeniliche Zollerhöhung vermieden. Im übrigen sind die Zölle für T^rilltten in größerem Umfange erhöht worden. Die Voilage begründet das durch die Kapitalsarmut der deutschen Textil- invustrie und den schärferen Wettb:werb des Auslandes. Eine große Zahl der oorgeschlagenen Zoll- änderungcn entfällt aus die Chemie Hier ist unter Berufung auf die chemische Nachkriegsindustrie in anderen Länven ein Zoll- schütz vorgesehen, der im allgemeinen um 10 Proz. des Werles der Produkte liegt. Diese Zölle tragen durchweg Kempen- sationscharakter. Es ist anzunehmen, daß man mit ihnen Zollausgleiche in den Verhandlungen mit anderen Landein ermöglichen will. Tie Grunbzölle ter E.sin-ndustrie, insbesondere der Roheisen- und Siabeisenzoll, werden durch den Entwurf nicht berührt. Wo Ändeiungen vorgenommen Word:» sind, bezirhen sie sich auf SpeZialerzeugmsje und Verfeinerungen, wie Edelstahl Ferrolegierungen kaltge ozenes und kaltgewalztes Stab- und Bandeisen, sowie Droht, ferner Feinbleche von 0,5 ww und da unter, Kngellager und Blaltklingen für Rasierapparat. Weiter ist eine, wenn auch in Schranken ge haltene Zollerhöhung für die Klrineiscnindustrtc vorgesehen. In Einzelfällen hat man auch der Majchinenindustrie Zölle eingeräumt. Die Änd-rungen bestehen in der Hauptsache da rin, daß einige besondere Arten, wie Gesteins bohrmaschinen, Driirklusiwerkzeuge aus den Sammelnummern herausgeuommen worden sind. Ebenso hat die Entwicklung in der Elektro- technik ekne Auflösung dec Sammelnumm:r und eine Neugliederung notwendig gemacht. Die vorgenommenen Tarifänderungen auf Bei Veröffentlichung dcr Zolllarisnovelle führt der Reichskanzler vr. Luther vor den Vertretern der Presse aus: Die vor- liegende Zolllarifnooelle stelle keinen neuen Zoll- tarif dar, wie ihn die veränderten Verhältnisse notwendig gemacht haben. Es sei eine vor- läufige Regelung, die allerdings auf dem autonomen Tarif von 1902 aufgebaut sei. Dabei hätte zwischen dem Juduflriezoll und dem Agrar zoll unterschieden werden müssen. Für die Jndustriezölle habe sich die Notwendigkeit ergeben, die einzelnen Positionen dem ge- funke nen Goldwert anzupassen. Tas treffe vor allem auf die chemische und auch für die elektrotechnische Industrie zu. Bei den Agrrrzöllen habe man von einer Anpassung der Position an den veränderten Goldwert abgesehen. Allerdings sei der Gedanke des Mindestzollsatzes aufrecht erhallen worden. ES sei bei den Agrarzöllen für die neue Ernte auch eine Schonfrist bis zum 1. Juli 1926 vorgesehen. vr. Luther glaubt damit die Schärfe der einsetzenden Teuerung vermeiden zu können. Im übrigen begründet der Reichskanzler die Zollnovelle mit der Notwendiglleit, den Anbau in der Landwirtschaft bereits schon im Herbste zu steigern, und weiter mit der Pflicht, die schwebenden Handels Vertrags Verhandlun gen zu beschleunigen. Die Reichsregierung beabsichtigt, wie der Kanzler betonte, mit dieser Zolloorlage nicht eine einseitige Produzentenpolitik zu bu-eiben, sondern vielmehr eine Pro- duktionrpolitik, die zum größten Teile ge- rade dir Interessen der Konsumenten wahinimmt. Wenn zum Beispiel eine aus- reichend geschützte Landwirtschaft zu einem starken Verbraucher industriell:! Produkte wird, so gewinnt damit auch die Industrie durch gesteigerte Bstätigungsmöglichkeit, und dw allgemeine Steigerung der Produktion erhöht wiederum die Konsumkraft der ge samten Bevölkerung. Wirlfchastsmimstcr vr. NeuhauS erklärte am Schlüsse einer längeren Begründung der Jndustriezölle: Der Tarif bleibt ein ge- mäßigter Schutzzolltarif. In den neuen Handelsverträgen wär» auch die Beseitigung der Einfuhrverbote zu erstreben. Die wirt schaftliche Lage ist noch zu wenig überseh bar, um einen vollkommen neuen Zolltarif aufe zustellen oder gar Bindungen d.-r Zollsätz- auf viele Jahre einzugeheu. Für dir Fertig- stellung des endgültigen Zolltarifes muß die Entwicklung der Wirtschaflslage noch weiter vereinigt sind. Die Tatsache, daß der gellende Zolltarif, so führt der Entwurf aus, Gewichtszölle und nicht Wertzölle enthält, habe ferner zur Folge, daß die Zollsätze im Hinblick auf die Entwertung der Kauf kraft des Goldes usw. stark veraltet sind unddaßthre Wtrkungvielfach abgeschwächt wird. Dieser Tatsache soll in der Vorlage durch eine Anfwertung der Zölle Rechnung gelrazen werden. Die Erhöhung des Nominalbetrages der Zölle in vielen Fällen be- gründet di: Vorlage neben der Belastung der Wirtschaft durch Steuern und Repa rationslasten damit, daß Deutschland wegen der ungeheuren Kapitalarmut für das Leihkapital Zinsen zahlen muß, die viel höher sind, als die Zinsen der Vorkriegszeit und vor allein auch viel höher als die Zinsen, welche die Industrie der Konkurrenzläuder anfzuwenden hat. Im weiteren verweist die Vorlage auf das protektionistische Zollsystem, das die KonkurrenzländerDeutschlands eingeführt habrn. Im allgemeinen stellen die vorgeschlagenen Zollsätze keine unverrückbaren Mindestsätze wie bei Frankreich. Paris, 19. Mai. Iber die gestrige Rede des Reichsau ßen- Ministers vr. Stresemann schreibt der „Temps*: Sie habe ihm keinerlei Überraschung be- reitet. Der Minister habe sich für einen Sicherheitspakt ausgesprochen, weil Deutsch land gewisse Vorteile dabei finde, ein der- artiges Abkommen zu unterzeichnen, aber er be schäftige sich insbesondere damit, die deutschen Nationalisten zu beruhigen, die keinen endgültigen Verzicht auf das wollten, was Deutschland nach se.ner Niederlage 1918 habe aufgeben müssen. Daraus erkläre sich der Ton der Rede, die keines- wegs geeignet sei, einen sehr günstigen Eindruck hervorzurufen, und die Frankreich wachsam machen müsse gegen die leicht, sinnigen Illusionen, die man sich in ge wissen Kreisen hinsichtlich der Aussichten mache, mehr oder weniger rasch zu einem annehmbaren Ergebnis zu gelangen. Stresemann habe übrigens oas Ziel aufgedeckt, als er erklärte, daß, wenn das Garantieproblem ohne die Billi gung Deutschlands gelöst werde, eine R egelung gegen es selbst erfolge. Tas sei der Schlüssel der ganzen Affäre. Tie Vor- lchläge Beilins seien gemacht worden, um ein engltsch-französisch'belgisches Desenstvabkommen zu verhindern. Man möge sich trotzdem ja nicht ein bilden, daß, wenn die deutschen Vorschläge als eine Diskuffionsbasis für eine endgültige Regelung angenommen würden, Deutschland sie wie eine freiwillige Bestätigung der durch den Vertrag von Versailles geschaffenen Lage unterzeichnen werde. Habe doch Stresemann in bezug auf die vstzreuze Erklärungen abgegeben, die alle Gerüchte, nach denen die Reich-regierung geneigt sei, die deutsch- >ol Nische ebenso wie die deutsch ^anzr^iiche örenze zu garantieren, zunichte gemacht habe. Tas gestrige Expos« mache also den Alliierten die größte Vorsicht bei Verhand- luiigen zur Pflicht, die mit eine:» beklagenswerten Abenteuer enden könnten. Tas „Fo irnal des Tebats" findet, daß nach den b sher in Paris vorliegenden Nachrichten über die Sicherheit kein neues Ar gument vorgebracht worden sei. Man sei also verpflichtet, daran zu erinnern, daß D e utschland über ein sehr einfaches Mittel verfüge, um seinerseits die gewünschte Sicherheit zu be kommen. Es möge in den Völkerbund ein- treten, dann werde es nach Artikel 10 des Völkerbundsstatuts unter dem gleichen Schutze stehen wie alle andereir Mitglieder des Völker bundes. Aber das scheine Berlin nicht ge nehm zu sein. England. London, 19. Mai. Tie Rede des Reichsaußenministcrs hat in Eng- lana allgemein enttäuscht. Ein Reihe großer Blätter, wie „Daily Herald", „Daily Mail", „Daily Expreß" und „Daily Chronicle" nehmen von den Erklärungen des deutschen Außenministers überhaupt nicht Kenntnis. „Morning Post" stellt fest, selten habe eine Erklärung über Deutschlands Außenpolitik so wenig Interesse erregt, und „Daily Telegraph" betont in seinem Bericht, die Rede sei eine der schwächsten gewesen, die jemals von einem deutschen Außenminister gehalten worden sei. In den der Regierung nahestehenden Kreisen wird dem Vertreter des „Soziald. Pressedienstes" immer wieder nachdrücklichst versichert, daß zwar bisher das Verhalten Hindenburgs und der Reich-regierung seit der Wahl keinen Grund zu Besorgnissen geboten hätte, daß edoch erst die Handlungen, nicht Er klärungen, die fortdauernden starken Be- denken wirklich zerstreuen könnten. Die Haltung Deutschlands zur Entwaffnung-- note werde für die Reichslegierung der eigent lich« Prüfstein sein. ab:r nicht direkt eintreten zu lassen, sieht drr Entwurf für eine Übergangszeit bis zum Beginn des nächsten Gstreid.wirischa tsjah es, also bis zum 31. Juli 1926, ermäßigte Zölle vor, und zwar pro Doppelzentner 3 M. für Roggen, 3 M. für Weizen, 2 M. für Gerste und 3 M jür Hafer. Tiefe Zölle sind, wie berciis gemeldet wurde, Mindestzölle, ab.wsihen von der Änderung des Mmdestzollsatzes für Gerste. Danach dürfen die Zollsätze bei v:r ttazsmäßlgen Abmachungen bei Roggen nücht unter 5 M., bei Weizen nicht unter 5,5 0 M.. bei Gerste nicht unter 2,30 M. ui d bei Hafer nicht unter SM. pro Doppelzentner herab gesetzt werden. Der Eniwurf b.ingt ferner den Vorschlag eines Zolles für Herdstkariosfein. In der Vorkriegszeit erschien, wie der Reichreinähiungsmimster Graf Kanitz bei der Be sprechung der Vorlage betonte, ein Herbst.«.löffel- zoll nicht notwendig, weil Deutschland unter Berückst i tigung der Lage auf dem Frachtenmarkl eine den deutschen Kartoffelanbau gefährdende Konkurrenz vom Auslande nicht zu befürchten halte. Die Vorlage geht nun von dem Stand- punkt au?, daß sich die Verhältnisse grundlegend geändert haben und befürwortet einen Kartoffel- zoll in Höhe von 50 Pf. je Doppelzent ner, der angeblich den Unterschied der Produk tionskosten oes In- und Auslandes ausgleichen soll. Far di: Zeit bis zum 31. Juli 1926 wird ein ermäßigter Übergangszoll in Höhe von 25 Pf. pro Doppelzen ner voigeschlagen. Die drille große landwirischaftliche Zollfrage, deren Regelung im Entwurf unternommen wird, beflisst die Vieh- und Alcischzölle. Der Entwurf behauptet, daß die Entwicklung der deutschen Viehzucht gefährdet ist, weil sie ihie Erzeugnisse richt zu Preisen ab- setzen kann, die in einem angemessenen Ver- hällnis zu ihren Produktionskosten stehen, Aus diesem Grunde wird die Wiederher- siellung der allgemeinen Vorkriegszölle vorgeschlageu. Sie b.'tragen bei Fleisch pro Doppelzentner 35 M., bei Gefrierfleisch LOM., bei Schweinespeck 24 M., und bei Eä'inalz und schmalzartigen Felten 8 M. Bei Gefiiersleiscb, Speck und Büchsenflersch sieht der Entwurf mit Rückächt auf die drohende Ver teuerung für die Übergangszeit bis zum 31. Juli 1926 ermäßigte Zollsätze vor und ziwr für Gefrierfleisch und Büchsen fleisch in Höhe von 20 M. je Doppelzentner (statt 45 bez. 75 M ) und für Speck in Höhe von 24 M. (sinkt 36 M.) vor. Weiter regelt der Entwurf den ZoUschuü für Gemüse, Obst, Gartenbau- rrzeugniisr, Butter, Käse, Ole und Fette. Auch für Futtermittel ist eine Erhöhung des Zolles vorgesehen. Dir Regelung der gubustriezölle geht in der Vorlage davon aus, daß infolge Ent wicklung der Technik in den letzten 20 Jahren unler die Sammelnummer des geltenden Tari s jetzt Waren von dcr verschiedensten Art und den allerverschiedensten Werken fallen. Diese müßten zolltarifarlig eigentlich gesondert behandelt werden. Das triff, z. B. zu bei den Tarifnummern de- ch e mi lchen Abschnitte-, bet einigen Maschinen gruppen, bei der Elektrotechnik, bei der Ttsen- und Ltahlverfetnerung «nd beim Hohlgla», wo im gellenden Tarif die hochwertigsten Kristall gläser mit gewöhnlichem Preßglas in einer Position Sächsisch eSlaalszeilung den Zreiftaat Sachfen Staatsaryeiger für Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, «erkaus-liste von Holzpflanzen auf den Staat-sorftrevirr«. Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: OberregierungSrat Han- Block in Dresden. Ankündigungen: Die 32 wn» breite Gnrndzeil« oder deren Raum 30 Pf., die 66 ww breit« Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teil« 60 Pf., unter Lin- gesandt SO Pf. Ermäßigung auf GeschästSanztigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- Erscheinung-tage-. Bezug-prei-: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummem 15 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140.