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SächsischeSlaalsMmg den Freistaat Sachsen Staatsaryeiger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» Erscheinungstage». BezugSprei»: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 24S6. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 ww breite Grundzeil« oder deren Raum 30 Pf, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt SO Pf Ermäßigung auf GeschüstSanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen- grsuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, verkaufSliste von Holzpflanzen auf den StaatSforstrevier«. verantwortlich für die Redaktion: I. B.: vberregier«ng»rat Han» Block in Dre-den. Nr. 133 Dresden, Donnerstag, 11. Juni 1925 Der Schleier um die Genfer Abmachungen. Kanada liegen den Garantiepakt. Chamberlain lehnt eine Erklärung ab. Genf, 10. Juni. Ter englische Außenminister hat heule nachmi tag in bezug auf die Gerüchte und Kommen tare über die an Deutschland zu richtende Note zum Sicherheiispakt der Presse amtlich fol gende Erklärung abgeben lassen: Chamberlain muß es ablchnen, irgendeine Erklärung im Hinblick ans die Rote abz «geben, die bis jetzt der deutshen Regierung noch nicht überreicht woiden ist. Er ist der Ansicht, daß Kom mentare über ihren vermutlichen Inhalt vor tulhaster Weise anfgeschoben werden bis zur Vcröjfentlichung der Rote, die wahrscheinlich in einem oder zwei Tagen erfolgen wird. Es genüzt im Augenblick zu sagen, daß er beim Meinungsaustausch, der zwischen der fran zösischen und der englischen Regierung in Kens stattgefundc» hat, den Standpunkt ver trat, der in der Erklärung des englischen Ver treters beim völkerbunksrat im vergakgcnen Mär; und von Chamberlain in seiner Rede i»i Unterhause am 24. März d. I. weiter entwickelt worden ist. * Baldwin über den Patt. London, 1b. Juni. Premierminister Baldwin erkläite heute im Utcrhause, daß die englische rind die sran;ösische Regierung nach sorgfältiger Er wägung aller deutschen Vorschläge z« einem vollen Einverständnis über gewisse grundlegende Prinzipien gelangt sind, und daß erwartet wer den könne, daß Belgien und Itallen ihre Zustimmung geben. Wenn die deutsche Regierung dann die Ansichten teilen zu können glaubt, so werde fiir gegen seitige Verhandlungen über den Pakt zwischen den im Rheinland interessierien alliierten Mächten und Deutschland ein Weg geöffnet sein und zwar auf dem Fuße der Gleichberechtigung. Das ins Auge ge- faßte Abkomme« ha« streng zweiseitige« Charakter und nicht einseitigen. Der Pakt kann nicht von irgendeiner schuldigen Macht ins Feld geführt werden, um sich vor den Folgen eines absichtlichen Bruches ihrer verlragsoerpslichtungen zn schützen. Verwunderung des „TempS". Paris, 10. Juni Der „Temps" spricht Verwunderung dar über aus, daß gewisse englische Kreise Beunruhigung empfänden wegen der von Chamberlain geleiteten Polilik, wie sie durch de französischen Ver öffentlichungen aus Pa is und Genf charak terisiert werde. Er schreibt: Es ist möglich, daß die seit gestern von den Oppositionsparteien in England eingenommene Haltung in gewissem Giade den Widerstand der deutschen Nationalisten gegen den geplanten Sicherheitspakt stärken und dadurch die Aufgabe des Kabinetts Luther- Stresemann erschweren wird. Daß die eng lische Arbeiterpartei das Abkommen Briand-Chamberlain bekämpfen wird, war zu erwarten, weil sie sich immer grundsätzlich gegen jede militärische Garantie ausgesprochen hatte. Mccdonald glaubt blindlings an die Mög lichkeit, das Werk de? Weltfriedens allein durch Entwaffnung erzielen zu können. Daß die Lloyd George treugebliebene kleine Kundschaft sich anfregt und sich entrüstet, weil sie in dem Einverständnis zwiscken Paris und London das Ende der Politik der diplo matischen Feindseligkeiten erblickt, ist nicht ver wunderlich. Aber die konservative Partei ver fügt über eine starke Mehrheit im britischen Parlament,' sie veitritl die Regierung mit einem Gewicht, das niemand anzweifekt. Die Polt- tikder konservativen Regierung ver pflichtet also formell England für die Gegenwart und für die Zukunft. Tas ist die tatsächliche Lage. Hieran knüpft das Blatt folgende Bemerkung, deren Zweck ohne weiteres klar ist: Wenn die Deutschen sich durch eine be- btsondrrs durch inntre Kämpfe der Partei.» ir England beherrschte Bewegung irre führen lassen, so werden sie bittere Enttäuschungen erleben. Der Weg zum dauerhasten Frieden ist jedoch erkennbar; Deutschland muß sagen, ob es ihn beschreiten will. Befremden in Italien. Rom, 10. Juni. Der Umstand, da'; Italien bei dem Rhein- pakt ausgelassen wurde, erregt Befremden. Die offiziösen Blätter äußern sich aber noch nicht zu dieser Angelegenheit. Weiter schreiben die offiziösen Blätter zur Havasauslassung über die Genfer Einigung, wonach Italien zu sammen mit Frankieich und Österreich einen zweiten Garantiepakt abschließen solle, daß daun F-ankieich bei beiden Garantrepaklen seine Hand im Spiele Der Text befinde sich bereits seit Mitt woch im Besitz sämtlicher alliierten Kabinette. Die französische Note sei von An fang bis zu Ende von dem lebhaften Wunsch diktiert, die Verhandlungen über rinen gegen seitigen Sichrrheiisoeitiag zu einem günstigen Resultat zu sühr.n. Sie erinnere daian, daß es Deutschland gewesen sei, das Frankieich einen konkreten Vorschlag dieser A,t unterbreitet habe. Tie französische Note habe demgemäß lediglich zum Ziel, genaue ergänzende Infor mationen zu erlangen, da ,hr eine auf merksame Prüfung des deutschen Memorandums vom 5. Februar notwendig erscheine. Dieses deutsche Memorandum gehe über gewisse Punkte mit einem beunruhigenden Stillschweigen hinweg. Es erwähne zum Beispiel den Völker bund, dem Frankreich und seine Alliierten an- gehören, nicht mit einem Wort. Bevor Frankreich in den Verhandlungen über den Garantiepakt weilergrhen könne, müsse es wissen, ob Deutschland bereit sei, durch seinen Eintritt in de» Völkerbund und unter ten ihm von dessen Rat im März dieses Jahres mitgeteiltrn Bedingungen die gleichen internationalen Verpflichtungen auf sich ;n nehmen wie Frankreich und die ankere» Rationen. Weiterhin hält es Frankreich für notwendig, schon jetzt genau zu präzisieren, Laß der Abschluß eines Sicherheitsvertrages mit Deutschland keine Änderung der Rechte und Pflichten, wie sie in dem Vertrag von Versailles angegeben seien, im Gefolge haben könne daß vielmehr dessen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit respek tiert werken müßten. Das gelte nicht nur für Frankreich, sondern auch für Belgien, das dem Pakt, wenn er zustande- komme, selbstverständlich beitreten werde. Dieser könne fernerhin für beide Länder in keiner Weise geltende Verein barungen über die Okkupation des Rheinländer beeinträchtige u. Die deutsche Regierung habe weite,hin den Abschluß von Schiedsgerichtsverträgen mit den Mächten westlich des Rheins angeboten. Frankreich erkenne gern an, daß diese Verträge die natürlichste Ergänzung de? Rheinpakte» bilden, aber eS verlange ausdiücklich, I haben weid.-, während Italien dauernd von allen Rheinfragen ausgeschlossen bliebe. Nur „Giornale ^d'Jtalia", das behauptet, daß die französischen Kreise die Tragweite des Rheinpaktes stark übertrieben, führt aus, man müsse die Antwoit Deutschlands für die Nützlich keit weiteier Garanti-pakte abwarten. „Epoca" findet die Bo, behalte Teu,schlandS gegen über der Entwaffnungsnote voll berechtigt, und meint, daß man auch anderswo derselben Meinung sei wie Den schland. Tie HavasmrUeilung über den Gaianiiepakt ist, sagt das Blitt weiter, plump und dazu bestimmt, das französhche Volk zu täuschen. Wenn der neue Garantiepakt wirk- lich mit dieser Havasmüteilung konsoim wäre, dann würde das gegen den Veisailler Frieden verstoßen; denn die Rhein- lande müßten militärisch neutral bleiben für Frankreich wie für Deutsch land. „Tribuna" sagt, daß der Rheinpakt keineswegs den europäischen Frieden sichere; denn die für diesen Frieden gefähr lichen Punkie lägen an der Ostgrenze Teuttch- lands. England habe durch diesen Garantiepakt Europa in zwei Teile geteilt, nämlich in den daß diese Verträge auf alle Konflikte An Wendung finden, und daß sie die Möglich, keit einer bewaffneten Intervention nur für den Fall einer Verletzung des Fli-.den-verlrages folgen lassen. Nn, den Schiedsgerichtsvertrag vollen Wert zu geben, sei cs erforderlich, daß dieser von den an dem Rheinlandspakt teil- nehmenden Mächten gemeinsam und individuell garantiert werde. Für de» iveutuellen Fall endlich, daß einer der Kontra henten, ohne eine feindselige Handlung zu be gehen, den übernommenen Verpflichtung'» nicht nachkomme, solle der Völkeibundsrat die ihm zur Sicherstellung der Vertragserfüllung geeigneten Maßnahmen Vorschlägen. Die d msche Regierung habe in ihrem Memo randum fernerhin den Abschluß von Schied?» gerichtsoerträgen mit allen Staaien, bie dazu bereit seien, d. h. insbesondere mir Polen und der Tsche ch o-Sl o w akei, angeboten. Frankieich nehme von dieser Erklärung Kenntnis, müsse aber da u mit ausdrücklicher Zustimmung Englands bemerken, daß die Alliierten aus den bestehenden Be.trägen Rechte erworben hätten, auf die sie nicht verzichten könnten und Ver- pflichtungen übernommen hätten, deren sie sich nicht entledigen könnten. Tiefe düiften durch die in Aussicht genommene» SchiedsgeuchlsoeUräge in keiner Weise br-inträchttgt werden. Wenn zwischen Deutschland und seinen öst liche» Rachbarn Verträge dieser Art zustande kommen sollien, so müsse es alten Lignatar- mächten des/ Versailler Vertrags auf ihren Wunsch frei'trhen, dafür eine Garantie zu übernehmen. Tiefe? System einer allg-meinen Sicherhcits- gwantie habe jedoch nur dann Wert, wenn alle in Aussicht genommenen Abmachungea, d. h. so wohl der Rheinlandpakt wie die verschiedenen Schudsgerichtsverlräge, zu gleicher Zeit in Kiaft treten. Alle diese Abmackungen, die dem Geiste der Vöikerbundsakle konfoim sein müßten, sollen vom Völkerbund regi stiert und unter seine Auspizien gestellt werden. Sie ,ollen außerdem dem Beitritt aller Mächte offengehalten weiden, und Frankreich würde es mit ganz besonderer Genugtuung begrüßen, w:nn auch die Bereinigten Staaten von Amerika sick, eines Tages dazu erschließen könnten. Westen, dessen Friede besonders garantiert weid.-, und in den Osten, dessen Friede dem Völker bünde anheimgestellt werd.'. Das Blatt legt alsdann den Tschechen und Polen nahe, sich auf andere Weise ihre Grenzen garantieren zu lassen. — „Popolo d'Jtalia" schreibt, daß Italien, während man in Gens das Rheinproblein be handle, gut tue, bei dem Tonauproblem zu verhauen, und dies gehe in erster Linie Italien an -K Hannoa bleibt außerhalb des Paktes. England musi zwischen Frankreich und seinen Tominions wählen. Ottawa, 11. Ju ü. Auf cine Anfrage im kanadischen Unterhause über die Verhandlungen, die zwischen der kanadi schen Oberkomnrission in Paris und der französi schen Regierung über einen Sicherheitspakt im Gange seien, rrklärte der Premierminister, die Meldung sei begründet. Kanada werde von dem Fortschritt drr Verhandlungen unterrichtet. Tie kanadische Regierung habe nicht die Absicht, sich im gegenwärtige» Stadium i» solche Verhandlungen zn stürzen. London, 11. Juni „Daily Delegiaph" ist der Meinung, daß außer Kanada vielleicht noch ein anderes großes Dominion nicht am Sicherheitspakt teilnehmen werde. „Daily Expreß" schreibt im Leitartikel: Der Ernst der Erklärung des kanadische» Premier ministers, daß Kanada nicht Teilhaber des Paktes sein könne, könne kaum übertriebe« werden. Ter kanadische Premierminister habe dem britischen Volke und der britischen Regierung eine ernste und unwiderrufliche War nung erteilt des Inhalts, daß, wenn sie bet dem Pakt blieben, sie das ohne Kanada tun müßten. „Daily Expreß" erklärt, was Kanada heute sage, würden die übrigen Dominions morgen sagen. Die britische Regierung müsse daher wählen zwischen dem Pakt mit Frankreich und der Solidarität des Reiches. * Amerika zum Truppendurchmarsch. Washington, 11. Ji ni In Kvngrcßkrcisen wird das größte I n t eresse für d i e Frage des Ticher- heitspaktes bekundet. Eine Anzahl Senatoren betrachten jedoch die angebliche Bestimmung, die Frankreich gestatte« würde, Drnppcn durch Deutschland zu senden, als ein ernstes Hindernis dafür, daß Deutschland das Abkommen guthcißt. Ang-sichts der vorgeschlagenc« Aufnahme Deutsch lands in den Völkerbund betonen die hiesigen Freunde des Völkerbundes, daß emer der bis herigen Hanpteinwände gegen Amerikas Beitritt die Nichtzulassung Deutschlands war. Tie GntwaffnunnSnote im Aus wärtigen Ausschuß. Berlin, 1». Juni. Der Auswärtige A u ssch uß des R e ich s- tagrs trat zn einer vertraulichen Sitzung zusammen, um die politische Lage zu bc- prechen, die dnrch die Entwaffnungsnote )er Bolschafierkonserenz entstanden ist. Reichs- außen mini st er ve. Stresemann eröffnete dir Debatte mit längeren Darlegungen, in den,« er den vorläufigen Standpunkt des Kabinetts ennzeichnete. Soweit die Entwaffnungsnote die Keichs wehr bi rührt, erörterte der ReichS- wehr Minister vr Geßler. Die Beansta«. dringen, die sich in der Eniwaffnungsuote gegen die Organisation der deutschen Polizei Achten, besprach R eich in n en m in ist er Schiele,, während R eichsfin an» mtnist er v Schlie ben über die Wirkung drr Rotr auf dr« paushalt d,S Reiches und die Rrnta- Die französische Antwort ans das deutsche GarantitaiMbot. Paris, 10. Juni. Die Havas Agcntur veröffentlicht rin offizielles Kommmuqu» über den Inhalt der fran- zösijchrn Antwort auf das deutschc Garantieangebot, die, nachdem sie die volle Zustimmung der englischen Regierung gefunden habe, bereits am Freitag in Berlin überreicht werden soll.