Volltext Seite (XML)
SächsischeSlaalszeitung Staatsaiyeiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktags nachmittag» mit dem Datum deS ErscheinungStages. Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Lie 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., dt« 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein- gesandt SO Pf. Ermäßigung auf Gejchästsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen» gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkaufSliste von Holzpflanzen auf den StaatSsorstreviere». Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: OberregierungSrat Han» Block in Dresden. Nr.M Dresden, Montag, 18. Mai 1925 Um Schutzzölle für die Landwirtschaft. Sitzung des Reichstags vom 16. Mai. In allen drei Lesungen wird der von derTeut- stbcn Votl-partci eingebrachte Gesetzentwurf über die Hinausschiebung der Vermögcnsstener- voranszahlung dem 15. Mai 1925 um einen Monat angenommen, nachdem Abg. vr. Hertz namens der Sozialdemo kratischen Partei die Ablehnung und weiter erklärt, daß sich diese ihre Stellungnahme zur Vermögens- stcucrvorlage überhaupt > och Vorbehalten müsse. Sämtliche Parteien mit Ausnahme der Völ- kischen und der Kommunisten haben einen Gesetz- entwurs zur Abänderung des Gesetzes über Ruhegehalt des Reichspräsidenten eingebracht, worin der Witwe des Reichspräsidenten ein Witwengeld in Höhe der Hälfte des Ehren- seldcs des Reichs Präs identen undseinenKindern ein Waise»geld nach den Sätzen des Bcamten- hinterbliebcnengesetzeS ausgesetzt wird. Der Entwurf wird in zweiter Lesung angenommen. Die dritte Lesung kann anschließend nicht vorgcnommen werden, weil die Kommunisten dagegen Einspruch erheben. Tas Haus wendet sich" dann der Beratung von Petitionen über die Einhcitsstenographie zu. Staatssekretär Schulz glaubt, die Regierung hatte es für höchste Zeit, in der Frage der -Ein- heiiskurzschrift aus der Theorie in die Praxis übcrzugehen. Es sei unmöglich, vor Einführung der Einhcitskurzschrift nochmals eine Systemänderung verznnehmen, u. a. auch deshalb, weil sich auf den vorliegenden Entwurf alle Länder mühsam geeinigt hätten. In der Abstimmung wird ein Antrag Mumm-Bickes, der eine nochmalige llbcrprüsung der System-Urkunde der Einheitskurzschrist vor ihrer Einführung fordert, ab gelehnt. Das Haus wendet sich dann der Wciterberatung des Etats des Reichsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zu. Abg. Blum (Zentr.) erklärt, es sei jetzt, wo die Industrie noch Schutzzölle habe, selbstverständlich, daß auel> die Landwirtschuft durch Zölle aus reichend geschützt werde. Rcichsernährungsminister Graf Kanitz beantwortet dann die Interpellation der Tcutschuationalen, die sich gegen die Auf hebung des Einfuhrverbotes für Pferde wendet. Es ist von den Gegnern der Freigabe der Pferdeeinfuhr mancher Einwand gemacht worden, der anerkannt werden kann. Bei meinem Ministerium häuften sich aber die Gesuche um Pscrdeeinführ so, daß eine Einzelbearbeituug gar nicht mehr in Frage kommen konnte. Das Einfuhrverbot war auch schon sehr durch löchert; ein schwunghafter Handel mit Einfuhr- schcincu drohte. Zahlreiche Landwirte wollten eine Blutsausfrischung ü: ihrem Pferdcbestand haben. Tie hauptsächlichsten Gründe für die Auf hebung der Eliifuhrscheine sind aber außenpolitischer Natur. Die Tschccho-Slvwakei und Ungarn, Bel gien und Holland und andere Länder, die deutsche Zuchtpferde schon vor dem Kriege stark eingcführt haben, die aber ihrerseits auch Pferde nach Deutsch- land exportierten, brachten ihre Wünsche nach Aufhebung der Sperre immer dringender vor und wiesen darauf hin, daß sie sonst auch keine deutschen Pferde mehr importieren könnten. Tie Aushebung der Einfuhrsperre hat ziffern mäßig und materiell keine Schäden für den deutschen Pferdehandel erbracht. Es sind im echen Monat der Aufhebung insgesamt 600 Pferde eingesührt worden. Dadurch kann der deutsche Pferdemarkt in keiner Weise beeinflußt werden. Nach Aufhebung der Einfuhrsperre sind als vor. läufige Lösung die autonomen Friedenszöllc. bis zm Vorlage der neuen Zollvorlage, eingeführt. Diese Zölle liegen höher als die vorherige Kopfabgabc. Wenn die Aufhebung der Pfcrde- Eiufuhrjperre dem deutsche» Pferdehandel gefährlich werden sollte, wird sich die Reichsregierung für die Interesse» dieses Handels einsetzen. Der Minister beantwortet dann noch verschie dene Anfragen einiger Redner. Er weist gegen über den von sozialdemokratischer Seite herange zogenen „paradiesischen Zuständen" in Amerika daraus hin, daß in Deutschland ein Liter Milch 26—28 Pfennige, in Amerika aber 44 Pfen nige koste. (Zuruf v. d. Soz.: Dort zahlt man auch höhere Löhne!) Im übrigen spricht sich der Minister nochmals für gute Propaganda für die Erzeugnisse der deutschen Landwirtschaft aus. Abg. HanckenS (D.BP.) setzt sich für Schutz- zolle ein. Seinen Standpunkt für die Einführung landmirtscbaftlicher Schutzzölle begründet der Redner in eingehenden Darlegungen auch mit der deutschen Konkurrenzunfähigkeit dem Auslande, ins besondere Argentinien gegenüber. Argentinien könnte beispielsweise den ganzen deutschen Fleischbedarf decke» mid zwar zu Preisen, mit denen die deutsche Landwirtschaft aus keinen Fall mit könne. Man müsse zwar auch die Getreide zölle jetzt beschließen, aber noch dringender seien im Augenblick die Vieh- und Fleischzölle. (Beifall rechts). Abg. Schmidt-Berlin (Soz.) behält sich eine ausführliche Stellungnahme seiner Partei zur Schutzzollfrage vor. Abg. Hünse Thüringen (Dlschnat.) erklärt, die Landwirtschaft könne mit den Barlöhnen der Industrie nicht konkurrieren, wenn sie auch nur notdürftig ihre eigene Existenz fristen wolle. Wenn man aber den Naturallohn berücksichtigt, dann bleibe zweifelhaft, wo bessere Lohne gezahlt werden. (Zustimmung.) Der Landwirtschaft könne gegenüber der unter ganz anderen Bedingungen aller Art arbeitenden ausländischen Konkurrenz nur durch Schutzzölle aus ihrer Not geholfen werden. Gegenüber dem Antrag, einen Ausschuß zur Prüfung der Schutzzollfrage einzusetzeu, müsse man Mißtrauen haben, weil zu befürchten sei, daß die Landwirtschaft dem Ruin ausgeliefert wäre, ehe der Ausschuß seine Arbeit beendet hat. (Beisall u. Zustimmung rechts.) Abg. Behrens (Dtschn.) ist der Ansicht, daß die im Etat für die Prüfung der Förderungsmöglich- keiten der Landwirtschaft eingesetzte Summe von 2,5 Millionen Mark verdoppelt werden müßte. Abg. vr. Runltl (D. Vp.) begründet einen An trag seiner Partei, in dem die Regierung um Be reitstellung eines langfristigen Kredites inHöhe von 3 Millionen Mark zu mäßigen Zinssätzen für die Hochseeheringsfischerci um Wiederaufbau der Fischerei-Flotte ersucht wird. Abg. Obersohren (Dtschn.) spricht sich für einen ähnlichen Antrag seiner Partei aus. Zum gleichen Thema liegt auch ein sozial demokratischer Antrag vor, der den gleichen B'trag zum gleichen Zwecke an der entsprechenden Stelle im Etat einsetzen will. Reichsernährungsminister Graf Kanitz hebt das Interesse seines Ministeriums für das Fischereigewerbe hervor und sagt Bereitstellung von Krediten soweit zu, als cs die finanzielle Lage des Reiches eben gestatte. — Damit ist die zweite Lesung erledigt. Nächste Sitzung: Montag. Aus wärtiger Etat. Mlehnnng des AnswertnngSkom- promisscs dnrch die Auswertnngs- organisationen. Berlin, 16. Mai. Tie Arbeitsgemeinschaft der Auf- Wertungsorganisationen gibt bekannt: „Sämtliche AufivertangsorganisaHonen lehnen einmütig das Aufwertungskompromiß ab. Sie befinden sich dabei in voller Über einstimmung mit ihrer mehr als zehn Millionenbetragcnden Anhängerschaft. Sie fordern vielmehr nach Ablehnung des im Befischen Gesetzentwu'.s gezeigten Entgegen kommens der Jndividualauswertung jetzt die An wendung des in Be fassung und Gesetzgebung verankerten Rechts vollwertigen Lei st ung des Schuldners. Sie sind bereit, dem Schuldner bei Unfähigkeit der vollwer tigen Leistung diejenige Rücksichtnahme auf seine wirtschafiliche rind soial; Lage zu zeigen, aus welcher dieser durch Nachweis seiner seits billigen Anspruch hat. Von dieser Forderung sind sämtliche Fraktionen des Reichtages, fe ne. die Reichsregierung und der Reichspräsident ausdrücklich in Kenntnis gesetzt worden. Tie Aufwertungs- organisationen haben nach den bekannte» Erklä- rungen des Reichspräsidenten bei seinem Amtsantritt di; begründete Überzeugung, Grubenunglück ausZecheDarstfeld Erplosion eines Spreugstoffmagazins — 36 Todesopfer, 18 Verletzte. Dortmund, 16. Mai. Das preußische Oberbcrgamt teilt mit: Am Sonnabend nachmittag 5 Nhr ist auf der Zeche Dorstfeld Schacht 5 das Sprcngstoff- magazin auf der Wetterfoie explodier«. Die Erplosionsgase sind zum Teil in belegte Baue eingcdrnngcn und haben dort Opfer gefordert. Bisher find fünf Tote und 25 Verletzte geborgen. Etva 30 Mann auf der gefährdeten Abteilung werden noch vermißt. * Nach den Feststellungen hat die Explosion d es S pr e ng stoffm agaz«ns auf ein etwa 1000 Meter darunter liegendes Revier Übergriffen, in dem Fetikohlenflö e gebaut wurden. Hier ist Vie Explosion anscheinend in dem Kohlenstaub der Abbaubelriebe eines FlözeS noch einmal kurz aujgeslackert. Dies hat die meisten Opfer gefordert. Die ganze Grube war, wie mehrfach festgestellt worden ist, durch Gesteinstaubsperren nud gestreute Gesteingruben gesichert. Die Ge- steinstaubirennung läßt sich leider nicht überall in den Abbaubeirieben durchführen, wodurch es anscheinend ermöglicht worden ist, daß die Explosion überhaupt aus das betroffene Revier in diesem Umfange hat übeigreisen können. Tie Zeche Dorstfeld hat das Gesie in st aubverfahren in seinem vollen Umfange als eine der ersten Zechen deS hiesigen Nevieres dnrchgesührt. Tie Belegschaft ist mit elek trische« Lamp,« ausgerüstet. Die Staats- anwaltjchast von Dortmund ist sofort «ach Ve- kanatwerden des Unglück,s auf der Zkche er- schirnrn. Dortm«»d, 17. «ai. Das 0b,rbrrg«»t Dortmund tritt mit: Dir Explosion a«f d,r Z«h,«a«loge Dorst,« V am gestrige« So«««b,nd Hot 34 Dole gefordert: weitere drei Leute, die ebeufalls wahr scheinlich tot sind, werde» noch vermißt. 18 Mann sind teils leicht, teils schwer verletzt. Die Benmglücktcn sind bis auf die drei Vennißten geborgen. Sämtliche betroffenen Grubenbauten sind befahrbar; eine weitere Ge fahr besteht nicht mehr. * Wie die Zechcnverwaltnng Dorstfeld vor Mitternacht mitteiltc, sind von den ins Kranken haus eingelieserteu Opfern zwei ihren Ver letzungen erlegen. Heileidslnudflebungett. Berlin, 17. Mai. Anläßlich bes Grubenunglücks auf der Zeche Dorstfeld hat der Reihkpräsident an das Ober bergamt Dortmund folgendes Telegiamm ge- schickt: „Der schwere Unglücksfall, der di; Zeche Dorstfeld betroffen hat und so vielen braven Berg leuten das Lebe» »ahm, hat mich auf das schmerzlichste bewcgt. Ich bille de» Hinler- bliebenen der Verunglückte» und den Verletzten meine wärmste Anteilnahme zu übermitteln. v. Hiidenburg." Köln, 15. Mai. Reichskanzler vr. Luther hat an das preußische Oberbeigamt in Dortmund folgendes Telegramm gerichtet: „Mrt Erschütterung erfahre ich soeben von dem Nriglücksfall, der der in Ihrem Bezirk gelegenen Zeche Dorstfeld zugestoßen ist. Ich bitte Sie, der Zech.noerwalinng, der Belegschaft und insbesondere den Angehörigen der Verunglückten meine wärmste Anteilnahme auszusprechen. Möchte es den Anstrengungen der Rettungsmannschaft gelingen, die noch eingeschlosfenen Bergleute zu reiten." daß der Präsident seine Unterschrift unter ein Gesetz verweigern wird, welche- znm alte» deutschen Recht und seiner persönlichen An erkennung dieses Rechtes in Widerspruch sieht. Sollie das Kompromiß dennoch zum In halt eines Gesetzes werden, sowird der Kampf der Geschädigten mit ande ren, als ven bisher angewandten Mitteln energisch weiter geführt w erden." Bom Stenn ausschuß. Berlin, 16. Mai. Im Steuerausschuß des Reichstags unterhielt man sich am Sonnabend darüber, ob es technisch möglich sei, eine neue Veranlagung sür das Steuerjahr 1924 anzuordnen. Die große Mehrheit des Ausschusses war mit der Regierung darin einig, daß es besser sei, unter das Jahr 1924 einen Schlußstrich zu ziehen. Von der Regierung wurde dann ein Steuerüberlei- tungsgesetz vorgelegt, das die Zusümmmig des Ausschusses fand. Ebenfalls wurde ein Steuertarisantrag der Regierungs parteien angenommen, der gegenüber d.m Regierungsentwulf für die Einkommen von 8000 bis 22000 M. jährlich eine Er mäßigung bringt, die durchschnittlich etwa 0,5 Proz. beträgt. Für Einkommen über 20 000 M. bringt der angenommene An trag Steuersätze, die bis zu 5 Proz. über den Regierungsvorschlag hinausgehen. Der von der Reg'erurig vorgesehene höchste Steuersatz von 33 Proz. bei einem Einkommen von einer Million Mark jährlich wurde auf 39 Proz. erhöht. Tie Einzelberatung beginnt am Montag. Tie Bewegung der Reichsstuanzcu. Berlin, 16. Mai. Die Einzahlungen bei der Reich. - haupt lasse für die allgemeine Finanzverwaltung (Steuern, Zölle und Abgaben) im Monat April betrugen 651 918 190 Renlenmaik, sonstige Einzahlungen 16 437 228 Renlenmark, zu- sammen also 668 355 418 Rentenmark. Die Auszahlungen für di; allgemeine Rcichsverwaltung, die Kriegslasten und die Steuerüberweisungen an Länder und Gern ei irden betrugen zusammen 649 726 666 Rentenmark. Es ergibt sich aho ein Überschuß von 18 628 752 Renten mark. Tie Forderungen des Mieter- verbandes. Berlin, 16. Mar Der Mieterverband Deutschland-, die RHch: Organisation der deuische» Mieter und Wohnungslosen, hielt hier seinen ersten Reichs- verbaudstag ab. Die Versammlung nahm eine Entschließung an, in der u. a. gefordert werden , . , einheitliches Neiq swoh»nng ügesetz, Bestellnng eines Reichswohnu»gs- kommissars, Beseitigung der Haus- zins st euer, Ersatz durch eine sozialgestattete Wohnnngsbaustencr und derc« rest- loseVerwendung fiirde« Wohnungs bau, staatliche Kontrolle der Ba», stoffe, Erhaltung und Ausdehnung des Mieterschutz gesetzt?. Ansöa» des Wohnungsmangelgrsetzes Keine neue nationalliberale Partei Berlin, 16. Mai. Es wird berichtet, daß schon wochenlang dauernde Verhandlungen mit dem Ziele der Schaffung einer neuen großen national/ liberalen Partei fetzt vor dem Abschluß ständen. Demgegenüber erfährt der „ Montag" von bestuntentchlet er Seite, daß dieseMeldung