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Sächsisch eSlaalszeilung Staatsan^eiger für den Zreiftaat Sachfen Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» ErscheinungStage». BezugSprei»: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Ps. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., dt« 66 wm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt 90 Ps. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkaufSlistr von Holzpflanzen auf den StaatSforstreviere«. verantwortlich für die Redaktion: I. B.: 0berregierung»rat Han» Block in Dresden. Nr. 109 Dresden, Dienstag, 12. Mai 1925 Das Staats Bad Elster. Beginn einer neuen Aera. Kaum cin anderer Badeort Deutschlands hat c i.cn so raschcn Aufschwung genommen wie Bad Elster, das in den letzten Jahren in die Reihe der Weltkurorte eingetreten ist. Es verdankt diesen Aufschwung dem Reichtum seiner natür lichen Heilmittel, den Borzügen von Kl ima u n d L a ge, vor allem aber auch dem unermüdlichen Wirken und Schaffen der Staats- regierung und seiner Einwohner. Bon diesen Fortschritten, die Bad Elster in der allerletzten Zeit zu verzeichnen hat, konnten sich zahlreiche Pertreter der sächsischen und außersächsischen Presse überzeugen, die in den letzten Tagen einer Einla- düng der Staatsregierung folgend, unter Führung des Innenministers Müller und des Ober- regierungsrats Brunst eine Besichtigung der Kuranlagen und -einrichlungen dieses berühmten Kmoites vornahmen. In erster Linie sind es die Mineral-Moorbäder, die seinen Ruf begründet haben. Die kalte Glauberkalzquelle und die kohlensäurereichen Eisen- quellen werden zu Trink- und Badezwecken benutzt. Mit dem Zustrom von Badegästen, deren Zahl 1380, dem Jahre der Übernahme des Bades durch den sächsischen Staat 128 betrug, sich aber 1924 auf 15083 bezifferte, sind damit die stärkste Borkriegsziffer nahezu wieder erreichte, nahm natürlich auch die Zahl der verabreichten Bäder zu. Unter den Quellen waren die stark kohtcnsäurereichen nicht ergiebig genug, um die Kohlensäure-Stahlbüder in der verlangten Zahl herzustellen. Es mußten daher auch Quellen für die Bäder benutzt werden, die weniger reich an Kohlensäure waren» und die Ärzte waren ge- zwungen, solchen Patienten, die starke Kohlensäure, bäder nötig hatten, nicht selten einen Zusatz von künstlicher Kohlensäure zir den natürlichen kohlen- säurehaltigen Stahlbädern zu verordnen. Von jetzt ab ist dieser Zusatz nicht mehr nötig. Es ist gelungen, in Bad Elster eine sehr kohlen- sänrcreiche und sehr ergiebige neue Mineralquelle zu crbohren und zwar mit Hllfe der Wünschel rutenforschung, deren Wasser von nun an für die Bereitung von kohlensäurereichen Mineral- Kadern zur Verfügung steht, zu Bädern, die z. B. den Kissinger Sprudelbädern gleichwertig sind. Jedem Andrang von Badegästen kann auf Jahr- zehnte hinaus genügt werden, auch wenn die Zahl in demselben Maße wie bisher steigt Nach Urteil von Sachverständigen bedeutet diese starke kohlen- säurehaltige Quelle init ihrer großen Ergiebigkeit eine neue Aera für Bad Elster. Elster ist nicht mehr nur ein Kurort für bleich süchtige junge Mädchen und unterleibskranke Frauen, >ttr Nervöse und Nervenkranke, für Rheumatismus, und Jschiasleidende, jondein es wird auch immer mehr aus- gesucht von Patienten zur Anregung des Stoss Wechsels bei Überernährung oder sitzender Lebensweise, von Patienten mit Arterio sklerose und vonHerzkranken. Die Schaffung von Geländekurwegen, die die verschiedenen Wiesen läler durchziehen und sich an den waldigen Höhen cmporschlängeln, das gleichmäßige, windstille, mittel feuchte, anregende, nie schwüle Höhenklima haben ebenso da-u betgetragen wie die Quellen und Bäder. Der Ausban der Bäder ist nach modernsten Grundsätzen durchgeführt. Im Bau begriffen ist ein Stadion im Ausmaße der Bestimmungen des Reichsverbandes für Leibes- Übungen, das im Sommer 1926 eröffnet werden soll. Beabsichtigt ist weiter die Erbauung einer Skisprungschanze als Beweis des Fortschritts oon Bad Elster als Winterkurort. In der sozialen Bäderfiirforge tat der sächsische Staat außerordentlich viel getan. Im Jahre 1924 wurden 380 Personen vom Mini- sterium in ganzen und halben Freistellen unter- gebracht, 87 Persorien von der Reichsversicherungs, anstatt für Angestellte, 80 Personell von sächsischen Krankenkassen. 325 Kinder fanden im Bethlehemstift Aufnahme und 1514 Personen im Kaufmanns- crholungsheim. AlsKuryeime für die minder- bemittelte Bevölkerung seien erwähnt die Forstvilla für Schwestern aus den sächsischen Landesanstalten mit 24 Plätzen, da» Mittelstands- Heim Wahnfried mit 40 Plätzen, das Be- amtenheim für sächsische Staatsbeamte mit 35 Plätzen, ferner die Unterkunftshäuser Alpen- rose, Schillergarten, Sachsengrün und Braun für Gäste mit Freistellen vom Ministerium de» Innern, von den Krankenkassen, Verforgungs ämtern, der Landesoersicherungsanstalt usw. mit insgesamt 104 Betten, und das Offiziersheim mit 16 Betten. Bad Elster verfügt auch über groß artige und ideal angelegte Luft- und Schwimm bäder. In Bad Elster geht es also zweifellos vouvärts, trotzdem wird noch manches geschehen müssen, um den Besuch zu erreichen, den es nach seinen Heil quellen verdient. So wird eine Erweiterung de: Kurhauses und des Moorbades nur noch eine Frage von kurzer Zeit sein, denn selbstverständlich muß auch an die Heranziehung von zahlungsfähigem Publikum gedacht werden, schon deshalb, daß der Staat Zuschüsse für den allgemeinen Badebetrieb nicht mehr zu leisten brauä t, sondern seine Gelder vielmehr für die weitere Ausgestaltung der sozialen Bäderfürsorge verwenden kann. Bei dieser Gelegenheit muß auch einmal die benähe sträfliche Vernachlässigung von Bad Elster durch die Reichsbahneesell chaft in bezug auf die Schaffung guter Verkchlsbedingungen ganz ernstlich gerügt werden. Während die tschechi schen Bäder Karlsbad, Marienbad und Franzen?- bad, unter deren Konkurrenz infolge ihrer Nachbar- schäft Bad Elster ganz besonders zu leiden hat von ihrer Regelung geradezu protegiert werden, als diese gute Schnellzugsverbin- düngen geschaffen hat, geschieht von reichsaeutscher Seite und insbesondere seitens der Reichsbahn fast nichts, um Bad Elster in seiner schwierigen Lage gegenüber der böhmischen Konkurrenz beizustehcn Trotzdem fetzt die Saison in Bad Elster erfreulich ein. Ler Besuch ist gegenwärtig um etwa 20 Proz stärker als zur selben Zeit des Vorjahres. Bor dem BereidigunMkt im Reichstag. Berlin, 12. Mai. Obwohl die Vereidigung des Reichspräsiden ten erst mittags um 12 Nhr stattfindct, drängten schon in den frühen Morgenstunden die Massen in der Richtung des Reichstags- gcbäudes. An den Spcrrlinien der Schutzpolizei, die ungefähr der Ausdehnung der Bannmeile um das Reichstagsgebäude herum entsprechen, stauten sich die dichten Schare» der Neugierigen. Die Polizei halte ein außerordentlich großes Aufgebot von Mannschaften in Bewegung gesetzt. Ls waren mehrere tausend Mann auf die verschiedenen Plätze verteilt. Am ReichstagsgedSude selbst waren die großen schwarz-rot-goldenen Fahnen hoch- gezogen worden. Am Haupteingang, dem das Bismarckdentmal gegenüber liegt und wo der Reichspräsident v. Hindenburg nach der Ver eidigung die Parade abnehmen wirs, flatterten an großen Fahnenmasten die schwarz-rot-goldene Reichsflagge und die R e t ch s k r i e g S f l a g g e in den schwarz-weiß-roten Farben mit der schwarz-rot-goldenen Gösch und dem Eisernen Arenz. Das Portal selbst war mit grünem Schmuck ausgestattet. Die vom Reichskunstwart geleitete Ausschmückung des Reichstags beschränkt sich auf die wirksame Verwendung der sachlich gegebenen Motive, «nf einem von einer grünen Girlande umzogenen Goldgründe, der als Raster da» Rotiv des Reichsadler» zeigt, erhebt sich in der Rittc die Standarte de» Reich»präside«te«. Die Rampe de» «rvibententttch-s Ui mit grünem vr. Köhlers Sanatorium. Eine Besichtigung des vom Geh. Sanitätsrat l)r. Köhler vor etwa 20 Jahren aus kleinen An. sängen heraus bis zur heutigen Größe geschaffenen Sanatoriums, das auch heute noch in erwei tertem Umfange unler seiner bewährten ärztlichen Oberleitung steht, brachte allen Beteiligten die Überzeugung, daß dieses Sanatorium mit seiner prächtigen Lage inmitten ausgedehnter Parkanlagen und nahe dem Kurplatz ein Etablissement bildet, wie es unter den gleich günstigen klimatischen Be- dingungen in unserem Vaterlande selten anzutreffen ist. Insbesondere nach Wiedereinsetzen geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse wurden die Einrich tungen für Heilgymnastik, für die Anwendung der Elektrizität in allen Formen, für die Anwendung des Röntgenoersahrens sowie für Licht, und Luft- behandluug, für hydrotherapeutische Prozeduren, Inhalationen usw. durch Ergänzungen und Erwei terungen auf den modernsten Stand der heutigen Wissenschaft gebracht und in Verbindung mit der Ausgestaltung der Behaglichkeit in allen Gebäuden und Räumen des Sanatoriums mit Erschaffung ganz moderner Liegehallen allen Anforderungen entsprechen. Für Schwerkranke wurde ein besonderes Moorbad ein gerichtet, sodaß auch diese Patienten nicht mehr genötigt sind, entweder auf den Gebrauch der be rühmten Mineralmoorbäder Bad Elsters infolge ihrer Schwerbeweglichkeit zu verzichten oder sich ocr Gefahr einer Schädigung durch die Ungunst der Witterung auszusetzen. Zuletzt wurde auch der Sonnen-Licht-Heilstätte „Heimdall" ein Besuch obgestattet. Die Fülle des hier ge- scheuen Kinderelends und Kinderleidens hinterließ aus alle Teilnehmer unvergeßliche und erschütternde Lorbeer umzogen und mit hellblauen und lila leuchtenden Hortcnsien reich geschmückt. In der Ritte liegt quer über de» Tisch die schwarz- rot-goldene Reichsfahue und auf dieser in schwarzem Leder gebunden dieMappe, die ei» Perg am ent blatt mit der in der Verfassung festgesetzten Eidesformelin großer künstlerischer Frakturjchrift enthält. Diese Mappe hat der Reichstagspräsident Löbe aufertigen lasse», um sie in jedem Falle bei einer Vereidigung des Reichspräsidenten benutzen zu lasse«. * Ter Einzug in Berlin. Berlin, 11. Mai. Pünktlich zur festgesetzten Zeit fahr der fahr planmäßige » Zug aus Hannover mit dem Salon wagen des Reichspräsidenten ans dem Bahnhof Heerstraße eia. Reichspräsident von Hindenburg entstieg dem Wagen und wurde vom Reichskauzler vr. Luther begrüßt. Das zehn jährige Töchterchen des Reichskanzlers überreichte dem Reichspräsidenten mit einem Begrüßmigsvers enen Strauß Marschall-Riel-Rofen. Dann wurden dem Reichspräsidenten die zum Empfang erschienenen Herren vorgestellt. Aus dem Bahn Hof hatten sich etva «0 Herren elngesundeu, u. a. Reichswehrminister vr. Geßler und Reichs minister Schiele, die Staatssekretäre R e i ß n e r und «empner, der Lhef der Heeresleitung General v. Seeckt und der Ehef der Rariue- lritung Admiral Zenker, der Oberbürgerm^ster Berlin» voeß, der Kommandant von Berlin Severin und der stellvertretende Polizetpräsi dent Friedensburg sowie der Chef derf Berliner Schntzpalizei Oberst «aupisch ««d viele andere Vertreter der Behörde«. Rach der okki-I Eindrücke. Die Anstalt, oie in aufopfernder Weise ebenfalls vom Geh. Sanitätsrat vr. Köhler, dem ein geschultes Arzt- und Pflegerpersonal zur Sette steht, geleitet wird, hat im letzten Jahre eine Er weiterung erfahren. Den Bedürfnissen einer Spezialanstalt für Behandlung von Kindern mit chirurgischer Tuberkulose >st nun in bester Weise Rechnung getragen. Im Spätherbst 1924 wurde das bisherige Jugendheim „Baldur", das ursprüglich nur für jugendliche Pr valpatieuten bestimmt war, dem Wohlfahrts- unternehmen als orthopädische Station mit 30 Betten angegliedert. Dam-t stieg die Zahl der Betten auf 130. Die Be- Handlung geschieht nach folgenden Grundsätzen: möglichst konservativ, mit ausgiebigster Freilust, und Lichtbehandlung, passender, vorwiegend vege- larischec Ernährung^ Zuhilfenahme aller orihopä- dischen Maßnahmen. Bis jetzt gibt es in Deutschland nur wenige Spezialanüalten für Knochen- und Gelenkleiden. Um so mehr können wir stolz sein, daß wir in Sachsen in der Sonnen Lust-Heilstätle „Heimdall" über eine solche verfügen, die namentlich den minderbemittelten Schichten unserer Be völkerung zugute kommt, denn es ist leider Tatsache, daß derartige Knochen- und Gelenkleiden in den ärmeren Klassen besonders häufig Vorkommen. Sicher sind sie infolge der ungünstigen Ernährungs- Verhältnisse durch die Kriegs- und Nachkriegszeit und durch ungünstigere Wohnungsverhältnisse noch häufiger geworden. Wenn im Gegensatz zur Lungentuberkulose die Gefahr der Ansteckung weg. fällt, so besteht bei den Knochen, und Gelenkleiden d^e Gefahr des Krüppelelends. Diese Gefahr zn verhüten, dazu trägt eine Spezialanstalt wie „Heimdall" erfolgreich bei. zielte» Begrüßung überreichte Reichskauzler vr. Luther der Schwiegertochter des Rcichspräji denten einen Maiglöckcheustrauß. Als sich der V-Zug wiederinBewegung fctzte, wurden von denFahrgästen und von der auf den Böschungen des Bahnein schnitts versammelten Menge dem Reichspräsi denten stürmische Ovationen dargebracht Reichspräsident v. Hindenburg bestieg in vc glettuug deS Reichskanzlers ein ofsrnes Auto, dem der Kraftwagen der Begleitung folgte. Der Zug, dem berittene Schutzpolizei voranritt und folgte, wurde von Kraftfahrern flankiert. Bek der Ankunft des Reichspräsidenten umkreisten etwa ein Dutzend Flugzeuge den Platz an der Heerstraße. K Uhr 2v Minuten passierte Reichspräsident v. Hindenburg, eskortiert von einer Schwadron Schupo im Auto das Brandenburger Tor. Die längs der Charlottenburger Chaussee bereits seit de» frühen Morgenstunden wartende, nach Hunderttausenden zählende Menschenmenge rief dem Reichspräsidenten bei seinem Einzug in Berlin begeistert zu. Die Flieger gaben ihm während der Fahrt vom Bahnhof Heerstraße das Geleit und tummelten sich noch längere Zeit über dem Platz vor dem Reichstag und dem Bran denburger Tor. Unmittelbar nach der Ankunft des Reichspräsidenten im Reichskanzler- Palais stimmte die Znschanermenge in spon taner Begeisterung das Deutschlandlied an nnd knüpfte daran begeisterte Hochrufe aus Hinden burg. Während der Ankunft umslogen sehr tiefgehende Flieger des Aero-Lloyd das Palais und warfen Blumensträuße ab, die dem Reichs präsidenten von einem Polizeiosfizier überbracht wurden. V «eneralfeldmarschaU v. Hindenburg hat nach Eintreffen im ReichSkanzlerhause dem Reichs- kanzler vr. Luther seine lebhafte Vrfriedi gung über den überaus herzlichen E«p> fang ««»gedrückt, de« Pir Bevölkerung der Reichshauptfladt, alt und jung, ihm bereit«» hat Nr sei besonder» erfreut dariiber gewesen, daß sich unter den spilierbUteudr« Vereinen und Korpo- Die Eidesleistung des Reichspräsidenten. Berlin, 12. Mai In dem festlich geschmückten Pleuarsitzungssaale des Reichstags hat Reichspräsident v. Hindenburg k»r; nach 12 Uhr den von der Verfassung vorgeschriebenen Cid geleistet. Die feierliche Handlung vollzog sich programmäßig und ohne Zwischenfall. Beim Er scheinen des Reichspräsidenten brachen die im Saale fast vollzählig anwesenden kommunisti schen Abgeordneten in Hochrufe auf die Sowjet-Republik aus und verließen dann vor der Eidrsabnahme geschlossen den Saal.