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Sächsisch eSmalszeilmg Staatsan^eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum de» ErscheinungS.age». Bezugspreis: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf , unter Ein gesandt SO Ps Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Fettweis« Nebenblätter: Landtag-.Beilage, BerkausSliste von Holzpflanzen auf den Staatsforstreviere». Verantwortlich für die Redaktion: I. B.: OberregierungSrat HanS Block in Dresden. Nr. 1V5 Dresden, Donnerstag, 7. Mai 1925 Die Münchner Festtage. Eine Vorfeier. München, 6. Mm. Der offiziellen Eröffnung des Deutschen Museums ging am Mittwoch die Sitzung des Vorstand-rates und des Ausschusses des Museums voiauf, die zwar alljährlich stallfindet, aber dieses Jahr mit besonderer Feierlichkeit ab- gehalten wurde. Außer der Reichsregierung (stellvertretender Reichspräsident vr. Simons, Reichskanzler vr. Luther, Innenminister Schiele und Verkehrs,ninister Krohne) und sämtlichen Regierungen der deutschen Länder sah man unter den ausländischen Vertretern u. a. Sven Hedin, dann offizielle Vertreter der Re gierungen von Österreich, Ungarn und der Schweiz, ferner Gerhart Hauptmann, Richard Strauß, vr. Eckener, Kardinal Faul haber, den ehemaligen Kronprinzen Rupprecht. Außerdem waren naturgemäß eine Reihe der her- vorragendflen Führer der Wissenschaft, der Technik und der deutschen Industrie anwesend. Ans dem Verwaltungsbericht ist zu ersehen, daß zur jetzigen Teilvol-lendung des Museums insgesamt 2650 t Eisen, 663 Eisen babnwaggons Zement, 200 Waggons Kalk und Giv? u d 700 000 Stück Mauersteine sowie etwa 1000 cdm Holz verwendet wurden, die zum aller- größten Teil auf d-m Wege freiwilliger Stiftungen aufgebracht wurden. Am Bau des Museums waren im Durchschnitt der LSjährizen Bauzeit rund 3000 Ingenieure, Techniker und Arbeiter beschäftig« mit insgesamt 10 Mill. Arbeitsstunden. Für den zweiten Teil des Museums liegen die Pläne bereits fertig vor. Es handelt sich um ein großes Gebäude mit einer umfassenden technischen Bibliothek, für die heute bereits 95OVO Bände vorhanden sind, ferner einer Sammlung von Urkunden, Plänen, technischen und wissenschaftlichen Fil- men usw. Dadurch soll erreicht werden, daß die Besucher das Museum nicht mit dem offenen Munde des Bewunderns, sondern mit den offenen Augen d:s Verstehens verlassen. Oskar v. Miller «läuterte diese Pläne eingehend in der Ausschuß- schung. Im übrigen wurde diese Sitzung zu «wer einzigen großen Ehrung Oskar v. Millers. Nicht nur, daß er die Grüße und Glückwünsche der Jngenieur-Bereinigungen Nord amerikas, Hollands und Schwedens, der korrespondierenden Akademie Englands, der Polytechnischen Akademie in Stockholm und der Regierungeir Österreichs, Un garns und der Schweiz entgegennehmen durfte, sondein es wurden ihm auch überreicht die Gol- deneBürgermedaillederStadtMünchen, die Urkunde als Ehrendoktor der staats- wissenschaftlichen Fakultät der Uni versität München, ein kostbarer Ehrenring mit den: bayerischen Wappen von der bayeri- lchen Regierung, und schließlich machte der Reichrinnenminister Schiele im Ramen der Reichsregierung Mitteilung von einer Oskar von Miller-Stiftung mit einem Kapital von 100 VVV Mark, um unbemittelten Studenten, Hand werkern und Arbeitern den Besuch und das Studium des Deutschen Museums zu «möglichen. Denselben Zweck verfolgt ein von der preußischen Gewerbeverwaltung ge stifteter Stipendien-Fonds. In seiner Rede betonte Innenminister Schiele u. a. folgende-: Es handelt sich jetzt darum, daß dem deutschen Volke seine politische und staatliche Zukunft gesichert wird. Aber zu diesen: staats- politischen Gedanken muß vor allem der soziale Gedanke kommen und der Zukunft das Gepräge geben. Bei allem Fortschritt des Technisch . In dustriellen darf die Beseelung des arbeiten den Menschen nicht zu kurz kommen. Mit dem Verantwortungsgefühl in der Wirt schaft wird sich auch das Berantwortungs- -efühl dem Staate gegenüber wieder be festigen. LS gilt. die Hunderttaujende von Menschen, die dem heutigen Staatsgedanken entfremdet sind, wieder für die Staatsgesinnung zu gewinnen. Alle technische Arbnt ist nicht um ihrer selbst willen oder um des Erwerbs willen da, sondern um der Sache des Volkes willen. Wir müssen alle sein nichts anderes als Arbeiter an dem großen demschen Weike, am Dienste für da? deutsche Volk. Im Namen der deutschen Volksver tretung gab Reichstagspräsieeut Löbe der Freude Ausdruck über die jetzige Vollendung des Deut- schen Museums. „Die deutsche Volksvertretung", so erklärte er, „wnd auch der weiteren Vollendung des Wertes zustimmen und jederzeit Hilfe bringen, damit dieses hohe Lied der Arbeit und der Technik in die ganze Welt erklingen kann. Durch das Deutsche Museum tritt erst so recht deutlich in die Erscheinung, was wir Deutsche, die wir draußen in der Welt so vielfach falsch beurteilt werden, dieser Welt gegeben haben. Deshalb wird dieses Museum auch auf das gesellschaftliche Leben der Nationen der Welt seine Wirkung aus- üben Es wird wirken für die «ölkerversöhnung und für den Frieden." Der Schluß der Sitzung war ausgefüllt mit Satzungsänderungen und Neuwahlen in den Vorstände: at. Für die bayerische Volksvertretung schloß sich Landtagspräsident Königbauer den Glückwünschen des Vorredners an und gab dem Wunsche Ausdruck, daß das Deutsche Museum auch in späteren Jahrhunderten ein erhebendes Beispiel deutschen Fleißes und deut- scher Einheit sein möge. Im Auftrage der bayerischen Staats- regier ung führte der bayerische Kultusminister vr. Matt u. a. aus: Das Deutsche Museum ist geboren aus der genialen Anregung eines Einzelnen und von ihm mit nie versagender Energie zum Ziele geführt worden. Aber es ist in seiner Durchführung die gemeinsame Schöpfung des ganzen deutschen Volkes und seiner stolzesten Namen auf allen Gebieten. Im Namen der bayerischen Regierung sage ich wärmsten Dank allen, die dazu mitgeholfen haben. Der Minister wüidigte sodann die Ver dienste der Förderer des Deutschen Museum? aus dem Hause Wittelsbach, wobei er auch den anwesenden früheren Kronprinzen Rupprecht begrüßte. Er gedachte der Bau- uierster und Emanuel v. Seidls und sprach der R ei chsregierung den wärmsten Dank aus, die zusammen mit der bayerischen Staatsregierung den Neubau durch große Bewilligungen förderte, wobei sie im Reichstage wie im Reichsrate veiständnisvolle bereitwillige Zu- stimm» ng gesunden habe. Die bayerische Re gierung habe einen Ehrenring mit dem bayerischen Staatswappen gestiftet, der zur Erinnerung an die Eröffnung des Museums an dessen Förderer verliehen weiden solle. Reichsinnenminister vr. Schiele uannte das Teutsch- Museum die glückliche Ver- sinnbildlichung deutscher Kraft und Ein- heit. Er sprach zunächst Bayern und seiner Hauptstadt den Dank der Reichsregie rung und des gesamten deutschen Volkes für das aus, was mit der Errichtung d s Deutschen Museums für den deutschen Gedanken ge. leistet worden sei. „Indem das deutsche Volk dem Geiste, der Arbeit, Erfindung und Technik solcher gewaltiges Denkmal setzt, sagt es damit zugleich auch den anderen Völkern, wie es von ihnen angesehen sein will. Vor hundert Jahren war eine geistige Kultur eiblüht, die uns den Ehrentitel eines Volkes der Dichter und Denker eintiug. Um die Mitte des vorigen Jahihunderts wuid: das Antlitz des. deutschen Volkes von außen gesehen ein staatSpolitischeS. I Mit unerhört sicherem, genialem Griffe schuf sich das deutsche Volk die politische Einheit, ein macht volles Staatswejen. Eine bedeutsame Rolle fiel dabei gerade Bayern und seinem Könige bei diesem großen Einigungewerke zu. Das deutsche Geücht trug nun die eisernen Züge Bismarcks. Kaum hatten die Völker sich an dieses Gesicht, an diese neue Art Deutschi ums gewöhnt, als eine weiteie Wandlung eint at. Das Volk der Dichter und Denker, d^s staatsbewußte Volk Bismaicks gab sich zu erkennen als ein Holl der Ingenieure, Techniker und Erfinder. Neue Erfindungen werden die Arbeit noch fruchtbarer gestalten, jodaß noch mehr Menschen in unserem Lande werden leben können. Erreichbar aber ist dies nur, wenn die Seele der arbeitenden Menschen wieder voll zu ihrem Rechte kommt. Stur wenn alle die Millionen deutscher Arbeiter das große Werk der deutschen Arbeit, woran sie schaffen, als ihr eigenes Werk empfinden lernen, werden sie die sittliche Verantwortung dafür tragen. Das Gefühl eigener Verantwortung zu wecken und zu pflegen, ist unser höchstes soziales Ziel. Mit dem Verantwortungsgefühl in der Wirtschaft wird auch das Ver- an« wortungsgefühl dem Staate gegen- über sich neu festigen. Hier verbindet sich der soziale Gedanke mit der staatspolitischen Forderung zu einer neuen großen Aufgabe. * Eine Reichßkanzlerrkdt. München, 6. Mai. Im Anschluß an die Ausschußsitzung des Deutschen Museums hatten der Stellvertreter des Reichspräsidenten und die Reichslegierung zu einem Frühstück im alten Rathaussaale eingeladeu, zu dem Ehrengäste des Deutschen Museums in großer Zahl erschienen waren. Reichskanzler vr. LMHer begrüßte die Gäste. Dem Schöpfer des MufeumS, OSkar v. Miller, widmete der Kanzler Worte wärmster Anerkennung. Der Reichskanzler fuhr dann fort, wenn er für die Reichsregierunz vor dieser Festversamm- lung stehe, dann habe ec das Bedürf» s, von Technik und Reich zu reden. Ebenso wie die Technik des Flug zeugbaues habe auch die politische Kon struktion des Reiches Fortschritte ge macht. Das Flugzeug aus vergangenen Tagen habe auf mehreren Tragflächen eine Unzahl von Verspannungen gehabt. Heute sei man zum ver spannungslosen System gekommen. Es gebe nur noch die innere konstruktive Kraft, die die Trag- flächen nach bilden Seiten halte. Das komme ihm wie ein Stück Geschichtetes deutjche» Volkes und des deutjche» Staates vor, da in langen, langen Zeiten der innere Zu sammenhang des deutschen Volkes künstlich durch Drahtverspannungen gehalten werden mußte, das jetzt aber zum verspannungslosen System über gegangen sei, zu dem inneren konstruk tiven Zusammenhang. Auf diesem inneren Zusammenhang beruhe die Kraft des deutschen Volkes, sich als große Einheit zu fühlen, Einheit im Stück und doppelt in der Rot, als eine große Einheit für alle Zetten (Lebhafter Beifall.) Die Finanzlage des Reiches. Berlin, 6. Mai. Im Steuerausschuß de- Reichstage» leitete RetchSfinanzminister v. Schlieben die Beratung der Steuervorlagen mit einer großen Rede ein, die als Ergänzung seiner Rede im Reichstag vom 30. Apitl zu gellen hat. Au de» Ausführungen de- Ministers ergibt sich, daß in der Zeit vom 1. April 1924 bis zum 31. März 1925 ein Überschuß von «Sv Mill. M. aus den Mehrerträgen von Steuern und Zölle« erwirtschaftet wurde. Dazu kommen noch nicht abgelieferte verpfändete Einnahmen für Mär; 1986 Um die Reichspräsidenten Wahl. Ein Protest gegen die Wahl Hindenburgs. Berlin, «.Ma. Von derSozialdemokratischenPartei ist beim Wahlprüfungsgericht der An trag gestellt worden, die Wahl des Reichs Präsidenten für ungültig zu erklären: An zahlreichen Fällen seien Wahlunregelmäßig- keiten vorgekommen, die in ihrer Gejamtheir geeignet seien, dir vom Reichswahlausschuß für den Kandidaten deS Rrichsdlocks festgrstellte relative Mehrheit von S-4151 Stimmen zu er schüttern. Das «ahlprüsungsgericht tritt am Freitag, den 8. Mai, ^12 Uhr zusammen. Ls besteht aus den Abgeordneten Spahn, Dittmann und vr. Kahl, sowie zwei Reichsgerichtsräten. In dem Anträge werden zahlreiche Beispiele angeführt, nach denen die Vorschrift deS 8 75 derReichsstimmordnuug verletzt sei, die bestimmt, daß die Wahlumschläge undurchsichtig sein müssen, um eine Kontrolle der Abstimmung zn verhindern. Diese Kontrolle sei vielfach von den Wahlvorstände« geübt worden, so in den Kreisen Bremen, Magdebnrg, Braun schweig, Thüringen, Oberbayern, Dresden, überall, wo durchsichtige «ahl- umschlüge verwendet worden seien, müsse dte Wahl wiederholt werden. Für den zweiten Wahlgang waren amtlich rote Stimm sch eine vorgrschrieben. Trotzdem sind mancherorts Weiße Stimmscheine ausgesteltt wor ben Diese sind teils für gültig, teils für ungültig erklärt worden. Da» Wahl- prüsungsgericht soll generell anssprechen, ob weiße St mmscheiue, auf denen erkennbar war, daß sie i« zweiten Wahlgange ausgestellt war,«, gültig sind »der nicht. daß in sehr zahlreichen Fällen die Bestim mungen über die Wahlzellen nicht innegehalten worden seien. * Reichsbanner und Hindenburg. Berlin, «. Mas. Ter Bunde-Vorsitzende des Reichs banners Schwarz-Rot-Gold, Oberpräsi- dent Hörsing, veröffentlicht einen Artikel, in dem er sich mit der Frage der Beteiligung des Reichsbanners an den Huldigungen für den neuen Reichspräsidenten be schäftigt. Hörsing kommt zum Schlüsse, daß es sowohl innen- wie außenpolitisch nicht tragbar wäre, wenn das Reichs banuer sich in R,ih und Glied mit den schwarz - weiß - roten Organisationen stelle. Denn das Ausland erblicke in Hindenburg nicht nur einen Platzhalter der Monarchie, sonder« einen Revanchemann. Wenn das Reichsbanner jetzt neben den Rechtsorganisalionen erscheinen würde, so müßte im Anslande der Eindruck entstehen, daß dem Felsmarschall die Monarchisten und Republikaner zujubel». Das würde ungeheure außeupolitische Folgen haben, und dazu dürfe das Reichs banner nicht beitragen. Das Fernbleiben deS Reichsbanners beim Einzüge deS Reichspräsidenten sei keine Spitze gegen Hindenburg. Aber die Interessen der Veranstalter «nd Teilnehmer an den Empfangs- knndgebuugen seien derart, daß das Reichsbanner die vorgesehene Spalierbilduug nicht als eine Ehrung deS neugewählten Präsidenten der Re publik, sondern eine private monarchistische Kundgebung derRepubltkfeinde ansehen tdune. Deshalb lehne das Reichsbanner jede ab Wetter wird behaupttt 'Teilnatzme daran