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Staatsaryeiger für Erscheint Werttag« nachmittag« mit dem Datum de« ErscheinungStage«. BezugSpret»: Monatlich 3 Marl. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. den Freistaat Sachsen Ankündigungen: Die 32 mw breite Grundzeil, oder deren Raum 30 Pf., die 66 mm breite Brundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt SO Pf. Ermäßigung auf GeschäftSanzrigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Leitweis« Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkaufSlist, von Holzpfianzen auf den StaatSforstrevieren. verantwortlich für die Redaktton: I. 8.: OberregierungSrat Han« Block in Dresden. Nr. 83 Dresden, Mittwoch, 8. April 1S25 Hindenburg Kandidat des Reichsblocks. Berlin, 8. April, 2 Uhr 20 Min. nachmittags. Wie das Nachrichtenbnrean des Vereins Dentscher Zeitungsverleger erfahrt, hat der Reichsblock de» Generalfeldmarschall v. Hindenburg als Kandidaten für die ReichSPräfidenteuwahl ausgestellt, v. Hindenburg hat die Kandidatur angenommen. Der Stand um Mitternacht. Berlin, 8. April. Der LSbellauSschuß teilt «m Mitter nacht mit, dem ReichSblock sei von einem Tele gramm Hindenburgs, in dem dieser es ablehnt, zu kandidieren, und die Kandi datur JarreS empfiehlt, nichtsbekannt. Bis her sei dem ReichSblock noch keine offizielle Mitteilung einer Ablehnung durch Hinden burg zugegangen Der Reichsblock habe vielmthr eia Telegramm aus Hannover erhalten, daß sich Hindenburg seine Entscheidnng bis zum Mittwoch Vorbehalten habe, um im vollen Einverständnis mit dem ReichSblock eine Entscheidung über die Kandidatnr zu treffen. Andere Meldungen. Berlin, 7. April. fW.T.V.l Wie die Korrespondenz deS Vereins remsiher ZeitungSverleger a«S Paria men- torischen «reisen erfährt, hat Gen«ralseld- marschall von Hindenburg jetzt endgültig die Übernahme einer Kandidatur für die Sieichspräsidentenwahl abgelehnt. Wie dieselbe Korrespondenz erfährt, hätte auch die Deutsche Volkspartei sich dem Beschlusse des deins bnationalen PaiteioorstandeS, eine Kan- didaiur Hmdenburg zu fordern, nicht ange- schlossen. Die Sitzung des Parteivorstandes der Teutschnationalen Volkspartei mit dem Vorsitzenden der LandeSoerbänse am heutigen Nachmittag war nur von kurzer Dauer. Obgleich bekannt wurde, daß Hindenburg die Kandidatur zur Retchspräsidentenwahl ab- gelehnt und als Kandidat vr. Jarres empfohlen weiden soll, blieb die Partei doch bet ihrem Be schlusse, eine Kandidatur Hinden burg zu fordern. Inzwischen ist Gro^admi-al v. Tirpitz nach Hannover gereist, um noch einmal mit dem Generaleldmarschall Rücksprache zu nehmen. Collie Geneialfeldma.schall o. Hindenburg wie- derum ablehnen, so würde sich die Deutsch, nationale BolkSpartei, wie wir hären, für JarreS einsetzen. Die endgültige Entscheidung über die Kandidatur des Reichs- blockes wird eist am Mittwoch fallen. Die Verhandlungen des Reichs blocks. Der „Dresdner Anzeiger" gibt unteim 7. April eine chronologisch e Da stellung, in der es heißt: Der deutschnattonale erweiterte Par. teivorstand war im Landtage in den Mittags- stunden zu der einmütigen Auffassung gelangt, daß die Kandidatur Hindenburg aufgestellt werden müsse. Gleichzeitig hatte der Partei» orstand der Deutschen BolkSpartei im Reichstag- eine B-ratung abgehatten. Der Parteioorsitzende 0r. Stresemann war wegen wichtiger Geschäfte im klußenmnistettum verhindert, an dieser Sitzung teilzunehmen. Im Parteivorstand der Deutschen BolkSpartei handelte eS sich nicht um eine neue Beschlußfassung, sondern nur um eine Stellung, «ahme zu der durch die deutschnationalen. Be- stiebungen geschaffenen Lage. Die VolkSpar- teiler bestätigten ihren früheren Standpunkt dahingehend, daß die Kandidatur Hindenburg» an» den ver schiedene» früher schon dargel^ten Gründen al» nneriviinscht betrachtet »erben müsse und daß di« BolkSpartei an vr. girre» festhalte. Daraufhin begaben sich im Auftrage der Volkspartei der Fraktionsoorsitzende Scholz und Staatssekretär a. D. Kempkes in den Landtag, wo sie mit den Vertretern der Deutschnationalen, den Abgeordneten Winckler, v. Kries und Wallraf, eine Unterredung hatten. In dieser Besprechung vertraten die Volksparleiler den obenerwähnten Standpunkt, ließen jedoch erkennen, daß, wenn alle anderen Parteien sich auf eine Kandidatur Hindenburg einigen würde«, ein solcher Plan dann voraussichtlich nicht am alleinigen Widerstande der BolkSpartei scheitern würde. In diesem Stadium der Verhandlungen wurde ein Telegramm des Generalfeldmarschalls bekannt, das in der zweiten Stund: beim Reichsblock ein- gegangen war und in dem Hindenburg die Ablehnung der Kandidatur ausipricht. Dadurch wurde der weiteren Unterredung eigent- lich jede Grundlage entzogen. Die Volksparteiler hatten keine Veranlassung, ihre Beratungen fort, zusetzen, wohl aber tagte der deutschnationale erweiterte Parteivorstand auch am Nachmittag fort, um zu dieser neuen Lage Stellung zu nehmen. Dagegen hat der drntschnationale Parteivorstand mit dem Vorabenden der Landesverbände am Nachmittag noch eine kurze Besprechung ab- gehalten, wobei man erneut den Beschluß faßte, eine Kandidatur Hindenburg zu fordern, obwohl das Absazetelegramm des Feldmarschalls inzwischen vorlag. Der Großadmiral v. Tirpitz wurde im Laufe des Abends nach Hannover entsandt, um noch einmal mit dem General- leldmarschall Rücksprache zu nehmen. Auch Ober- bürgermeister vr. Jarre» war inzwischen erneut für Vie Kandidatur Hindenburg einzetreten, wo durch eine neue Lage geschaffen war. Der Be- schluß der Deutschnalionalen, bei der Kandidatur Htnd.nburg zu verharren, ist mit großer Mehrheit gegen nur zwei Stimmen gefaßt worden. ES heißt weiter, „daß der Reichsblock unter sich wenigstens über die Frage einig ge- worden ist, daß die in ihm zusammengefaßten Parteien unter allen Umständen gemein sam marschieren werden, ganz unabhängig davon, ob morgen die Kandidatur Jarres oder die Kansidatur Hindenburg ausgerufen wird . . . .. - Sollte Hindenburg aufgestellt und am 26. April gewählt werden, dann würde wahr scheinlich der volksparteiliche Fraktionssührer Scholz dem Feldmarschall in der Rolle tines politischen Beraters und eines „Staatssekretärs beim ReichSprä- sidenten" zur Seite gegeben werden. Außerdem gewinnt man den Eindruck, daß die Politik des Reichsblocks sich nicht nur auf die Wahl- zett beschränkt, sondern auch auf die Zeit nach dem 26. April einstellt, was angesichts der nicht mehr unbekannten Schwierigkeiten tm Ka binett auch im Falle einer Wahl Marx' zum Reichspräsidenten nicht unwichtig sein würde. * Tie Programm-Rede Marx'. Die „Leipziger Neuesten Nachrichten" leisten sich einen gehässigen Angriff auf die „Sächsische Staatszeitung", die zu ihrem Schmerze „trotz der Koalitionsregierung leider immer noch von Soz achemokraten redigiert wird". Das Leipziger Blatt wirft unS vor, daß wir in unserer Veröffentlichung der programmatischen Kundgebung des Präsidentschaft«- kandioaten Marx von dem Satze „Mein ganzes Leben hindurch habe ich mich um die Wahrung und Pflege der hohen Güter chrtst. lich er und deutscher Kultur bemüht", die beiden Worte „christlicher und" „unterschlagen" hätten. Wir stellen fest, daß wir die Rede so ver- öffentlicht haben, wie sie von einer uns bedienenden Korrespondenz miigeteilt worden ist. Die beiden Worte „christlicher und" standen nicht in dem uns zugesandten Bericht. Sie konnten also von uns nicht gestrichen und nicht „unter schlagen" werden. * Beschluß der Bayerischen Volks- Partei. München, 7. April. Der LandeSauSschuß der Bayerischen BolkSpartei hat folgende« Beschluß gefaßt: Der LandeSauSschuß empfiehlt den «»gehörigen der Bayerisch«« BolkSpartei. die Kandidat«- Hindenburg» »« unterstützen. Sollte aber diese «andidatnr nicht zustande kom- men, so wird den Wählern der vayerijchr« BolkSpartei bieAbstimmungfürdieReichS- Präsidentenwahl fretgegebe«. * Um die Versacknngspolitik. Käln, 7. April. Die Oberbürgermeister vr. Adenauer und vr. Jarre« sind in Gegenwart der Vorsitzenden der rheinische» Zentrum«pa,tet und der Srbe itßgemetns ckiakt des rheinischen Aufruf der Demokraten für Marx. Berlin, 7. April. Heute abend hat die Demokratische Partei ihren Aufruf für Marx der Öffentlich keit übrrgebeu. Am Donuer-tag oder Freilag wird die Sozialdemokratische Parte ebenfalls mit einem Aufruf vor die Öffentlichkeit treten und genau wie die anderen Parteien zur Wahl für Marx ausfordern. In dem demokratischen Aufruf heißt es u. a.: Wir waren und sind der Meinung, daß an der höchsten Stelle des Reiches ein Mann stehen muß, der die Erhaltung und Fortbildung der heutigen StaatSsorm und der Wei - marerReichSverfassung ernsthaft will. Der Reichspräsident darf kein Klassenvertreter sein. Er darf nicht der vorgeschobene Vertreter von Absichten sein, die auf eine Rückwärts- revidierung der demokratischen Repu- blik, auf eine Aushöhlung des Geiste- des neuen Staates hinarbriten. Der Reichspräsident muß ein Mann sein, der das deutsche Volk auf dem schwierigen und dornenvollen Wege der Wiedergewinnung der äußeren Frei heit und Gleichberechtigung ruhig und entschlossen weilerführt. Er muß auch in den noch kommenden außenpolitischen Schwie- rigkeiten eine klare Führung haben und darf nicht abhängig sein von zwrr gut natio nale«, aber politisch unreife« Ver bänden, die mehr Temperament als Ver stand habe». Es erwies sich als unmöglich, mit den rechts vom Zentrum stehenden Parteien einen solchen Kandidaten zu gewinnen. Immer wieder erwies sich b:i ihnen der Part eig eilt und die Klassengesinnung stärker als der Wille, ganz und ausschließlich der Nation und dem Staat zu dienen. So blieb nur die Weimarer Koalition als Grundlage eines Bolksblocks. Sie hat durch den unter schwierigsten Verhält« nissen geführten Wiederaufbau Deutschlands eine nun sechsjährige Gemeinschaftsarbeit geleistet, die der Wiedererstehung und Freimachung einer ge- ahteten deutschen Nation den Weg bahnt. Ohne den Verzicht auf viele eigene Wünsche und Hoffnungen im Interesse des Reiches und der Gesamtheit ist eine Einigung nicht möglich. Der gemeinsam« Kandidat, ReichSka«zl«r a.D. Wilhelm Marx, entspricht in vollem Umfang: den oben dargelegten Eigenschaften, die ein Reichspräsident in den kom menden sieben Jahren entwickeln muß. Marx hat al» Reichskanzler gezeigt, daß er den Weg zu einer neuen deutschen Zukunft klar erkennt. Er hat sich im Jnlanbe »ad im An»- lande das v«rtra»ea und die Auto rität erworben, die zum Wiederaufstieg de» Reiche» uud der Wirtschaft unentbehrlich sind Teile unserer Anhängerschaft stehe«, wie wir willen, der Wahl eine« ZenirnmSmanne«! i zum Reichspräsidenten nicht ohne ernste Be idenken gegenüber. Sie befürchten, sein Einfluß könne zugunsten einer antiliberalen Kul« turpolitil ausgenutzt werde«. Lach reiflichster Erwägung hielten unseie Parteiinstanzen diese Bedenken nicht für ansschlag, gebend. Mir kennen Marr aus jahrelanger gemeinsamer politisch-r Arbeit. Wir wissen: wie der verstorbene Friedrich Ebert als ReichSpräsioent kein soziali-li- scher Parieipolitiker gewesen ist,. so wird Marx als Präsident kein Zenlrumspolittker, sondern ein Führer des gesamten Volkes sein. Die Kulturfragen liegen mit ihrem Schwerpunkt nicht im Reiche, sondern in den Ländern. Tie Linke hat sich schon im August 1924 bereit eiklärt, Marx das Amt des preußischen Ministerpräsidenten zu geben, ein Amt, von dem aus ein viel stärkerer Einfluß auf die Kulturpolitik des größten deutschen Landes auSgeübt werden konnte, als von der Reichspräsidentschaft aus. In seiner ersten Kundgebung nah der Aufstellung hat Marx eine unumwunden: Ertlärung folgenden Wort- lauts gegeben: „Mein ganzes Leb?» hindurch habe ich mich nm die Wahrung und Pflege der hohen Güler christlicher und deutscher Kultur bemüht. Gerade in dieser Arbeit wuchs in mir die Er kenntnis, wie reich und vielgestaltig das kulturelle Leben unseres Volkes ist, wie au? den starken Kräften der Überlieferung gesundes, neues Leben treibt, wie sehr jedwrde echte Überzeugung Achtung verdient, und daß ein ruhiges Zu- samme «leben nur verbürgt werden kann, wenn der Siaat die Gewissensfreiheit seiner Bürger gewährleistet, und wenn das Volksleben von gegenseitiger Rück sichtnahme und Duldsamkeit erfüllt ist." Wir wisse», daß wir in kulturpolitischen Fragen andere Überzeugungen haben als Marx und seine Partei. Dieser Gegensatz wird auch weiter bestehen. Wir werden weiter in Kuliur- ragen einen freien und entschiedenen Liberalismus lerirrten. Aber wir wollen krinen Kulturkampf, keine Unterdrückung unserer katholischen Mitbürger, keine Herabsetzung der nationalen kberzeugungStreue derjenigen, die knliurpolitisch anders siehe«. Auch haben wir als liberale Kulturpolitiker kein Interesse daran, dal Zentrum in die Bundes- genoss-nschast der kulturellen Reaktionäre von echtS zu treiben. Nichts wäre für jed.-n liberalen Gedanken gefährlicher als ein solche» Bündnis. So fordern wir unsere Anhänger auf, ehrlich und offen für d«n Kandi daten des Volksblocks, Herrn Reichs kanzler a. D. Marx, zu arbeiten. Seine Wahl sichert den neuen Staat, sichert die allmähliche Wieder gewinnung der deutschen Freiheit nach ußen, sichert den Wiederaufbau einer eistungSfähigen Wirtschaft, oie da» Volk er- nähren und ihm den gerechten Anteil an den Lebenrgütern verschaffen kann, auf den e» nach einen Leistonaen mit Recht Ansprnch erhebt.