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Staatsan^eiger für Erscheint Werktag» Nachmittag» mit dem Datum de» Ersch«tnung»tage». Bezugspreis: Monatlich S Mart. Einzelne Nummern 1b Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212db — Schriftleitung Nr. 14 574. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dre»den Nr. 140. den Freistaat Sachsen Ankündigungen- Die 32 mm breite Grundzetl« oder deren Raum SO Pf-, die 66 mm breite Grundzeile oder deren Rau» im amtlichen Dell« 60 Pf., unter Ein. gesandt SO Pf Ermäßigung auf Geschäft-anzetgen, Familienuachrichten u. Stellen» gesuche. — Schluß der Annahme vormittag« 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, LerkausSliste von Holzpflanzen auf den StaatSforstreviere». verantwortlich für die Redaktion: I. B.; OberregierungSrat Han» Block in Dresden. Nr. 70 ! Dresden, Dienstag, 24. März " Z1925 .s " 7—äm « Fehrenbach über Ebert. Magdeburg, 23. März. W erster Zeuge in der Montagaeihandlung der Rot Hardt-Prozesses wurde der ehemalige Reichskanzler Kehre nbach vernommen, der zu beginn seiner Vernehmung erliärie, zu den eigentlichen Vorgängen im Ja nuar 1918 aus eigenem Erleben nichts sagen zu können. Er sei nur in der Lage, »m allgemeinen ein Bild von der Persönlichkeit des veriorbenen Reichspräsidenten zu geben: Ich habe mit Ebert während des Krieges lehr lange im Reichstag, in den Ausschuß- sihnngen mw. zusammengearbeittt und habe dabei in Ebert eine» durchaus zuverlässigen patriotischen Man« kenuin gelernt. Er hat mir nie Gelegenheit gegeben, daran zweifeln zu können. Ebert war kein Revolutionär. In jener Woche, als die Revolution ausbrach, halten wir eine interfraktionelle Sitzung, in der ein Mitglied — eswar nicht Ebert — der S. P. D. in interessanter Weise über die Stelmag der Sozialdemokratie zur Monar chie sich geäußert hat. Erjagte, wir sind Sozialdemokraten, wir sind Sozialisten, aber die Republik steht sicht in unserm Programm. Wir können unsere wesentlichen Ziele auch in der Monarchie «reichen. Wir sind Demokraten, und als solche «ragen wir der Tatsake Meinung, daß die Mehrheit des deutschen Volkes monarchisch ge- sinnt ist. von einem weitere«Regiment KaijerWilhelmS II. oder des »ronprinze« kann keine Rede sein, aber wir find bereit, den ältesten Soh» deS Sronprinzen »nter einer Vormundschaft »der Regentschaft als Kaiser anznerkennen. las war die Meinung der S. P. D.-Führer. Am Dienstag und Mittwoch d:r Woche ist dann Ebert zu mir gikommm und hat mich darüber unterrichtet, wie er im Osten und Nord in zwei großen Gewerkschaftsversammlungen die Arbeiter von den revolutionären Ge- danken abzubrtngen versuchte und wie ihm da« gelungen sei. Vorsitzender: Herr Zeuge, erinnern Sie sich, daß d.r damalige Abgeordnete Ebert im Hau» haltsauSschuß deS Reichstages e ne Rede gehalten hat, in der er das Vorgehen de» Suer- reichischen Proletariat», da» damals in einem MunttionSarb etterstreik stand, mit aller Sympathie begrüßte? Zeuge Reichskanzler a. D. Fehrenbach: Ran muß bet Beurteilung einer solchen Rede die damalige Srtuatio« in Betracht ziehen. Alle »reise de» Volke», die damals noch an einen guten «u»gang de» Kriege« glaubten, sahen in dem Ver hallen ve« General» Hoffmann, der in Brest- LUowrk Frieden schließen sollte, den Anfang de« Zusammenbruch«. Auch ich persönlich hatte da» Gefühl und brachte auch meine Meinung damal» zum Ausdruck, daß diese Geschichte 1F,iede»»schl«ß in Brest-Litowsk) »icht gut ««»geht, «nd da ist es das »echt jeder Partei, die eine« berniinftige» Friede«sschl«ß wollte, alle» z« nm, «« eine Katastrosthe zu vermeide«. Auf weitere Fragen de« Vorsitzenden erklärt der Zeuge: Ich glaube nicht, daß Ebert arsgefordert hat, den Gestellungsbefehlen keine Folge zu leisten. Nach seinrr ganze« Einstellung zur LandeS- berteidigung ist da» unmöglich. Wa» den Schlußsatz seiner Rede i» Hau?. haltungSauLschuß anbemfft ^Wirdrohennicht, aber wir warnen*, so ist dazu zu sagen, daß solche und ähnlich« Aussprüche von allen Parteien gebraucht wurde». Man darf auch sicht verlangen, daß eine Partei, obwohl sie ehr lich zur Landesverteidigung flan», nun a« den Maßnahmen der Regierung kein« Kltiik üben durfte. Ta» haben alle Perteten getan, auch »eme Pattei. Auf eine Frag« de, Staat»««waltschaft erklärt der Zeuge, daß sich w» öerhälott» »wische» Regier»«» „d Sozial, »mmkrattscher Mattet »ach de« Ja»»,»streik nicht geändert habe »nd bis z»r Beendig»», Ws Krieges das gleich« gebltebe« sei. Generalleut«ant Edlerv. Braun, im itriege Direktor de» Ersatz- und Arbeit», departements, äußert siy über die vom Zeugen Bauer erwähnte Rellamierung des ältesten Sohnes Ebert»: Sine« Tages er schien Reichslageabgeocvnetee Bauer bei mir und erzählte mir, Ebert hätte im Felde zwei Söhne verloien, ein dritter, der älteste, sei schon im Jahre 191ß schwer verwundet worden und sollte jetzt wieder in« Feld. Ebert wäre außerordent- lich erschüttert durch den Verlust, vor allem stünde auch Frau Ebert vor einem körperlichen und see lischen Zusammenbruch. Er fragte, ob eine Re- kiamierung nicht möglich sei. Ich erwiderte, da» Einfachste wäre, wenn der Abgeordnete Ebert ein Gesuch eim eichen würde. Darauf erklärte Herr Bauer, Ebert wisse nichts von seinem Schritt. Außerdem sei er überzeugt, daß Ebert sich «icht dazu herbei lasse« würde. Der General machte darauf ein Gesuch. Später hat er gehört, daß der älteste Sohn vor läufig beim Ersatztruppenteil war. Ob er später wieder in« Feld kam, weiß der Zeuge nicht. Der Zeuge gibt zu, daß es ein Fall war, der Um Hit Mn-M Alldeutsche ««griffe. Berlin, »4. März. Dec Gesamtvorstand des Alldeutschen Verbandes hat tn Dresden unter dem Vorsitz de» Justizrat« Elaaß getagt und eine Ent schließung gefaßt, in der er sich scharfe An griffe der Hauptleiiung oe» Alldeutschen Ver bandes gegen den Retch-auße»Minister 0r. Stresemann zu eigen macht. Diese An- gttffe stehen mit den außenpolitischen Anregungen in Berbinvung, die von deutscher Sette in bezug auf den Abschluß eine« SicherungbvertrageS gemacht worden sind. Die „Zeit* bemerkt dazu: „Wenn der Alldeutsche verband diese An regungen zum Anlaß nimmt, zu verlangen, daß derReichsaußenmintstervordenStaatS- gericht»hof gestellt weide, so kann man die» angesichts der Haltung der gesamten übrigen Öffentlichkeit auf sich beruhen lassen. Da» «eichskabinett hat sich bei dieser außenpolitische« Frage bollstü»bkg a«f Seite des Auße«mi«ifler» gestellt. Al« oerauSwärtigeAuSschußdeS Reich», tage» daiüber verhandelte, ist diese Politik vo« den bürgerlichen Parteien gebilligt worden. Auch die Deutschnatlonale» teilen nach der Aussprache, die am Sonntag mit dem Reichskanzler stattpefunden habe» keines wegs die Auffassung deS Alldeutsche» verbände». Dieser verband steht also mit seinen extravaganten Forderungen allein. * Lie Entschließung de» «lldeutscheu verbände», die oben erwähnt wurde, besagt unter anderem: Er verurteilt diesen wtoer die Ehre de» deutsche» Volke» verstoßenden, überdie» politisch hochgefähv- Uchen Versuch de» Minister», über den Kopf de» Reichstage« und der öffentlichen Meinung hinweg über unoerzichtbaie deutsche Ansprüche zu ver fügen, al« schwerste Sünde gegen die deutsche Zukunft und rutt alle Volksgenossen auf, ihn im Kampfe gegen da» Fortschretten auf dieser ver hängnttoollen Bahn zu unterstützen. Von den vaterländtschen verbänden in»besondere erwartet der Alldeutsche verband, daß a«ch sie diese Politik de« Minister« vr. Stresemann ver. werfe», ihre Forisetzung unmöglich machen, dar- über hinaus aber mit allem Nachdruck die Er hebung der Anklage gegen de« RetchS- auße«mtnister vor de« verfassungsmäßige» Staat«gericht«hof für da» De»tsch« Reich bei,eiben. selten vorgekommen ist» daß ein Vater nicht einwilligie in ein ReklamierungSgesuch um den Sohn. Mit Ebert selbst h«t er über die Rückstellung nicht gesprochen. Ebert hat auch nie von der Sache gesprochen. AIS der vierte Sohn eingezogen werden sollte, wurde von der Fabrik, in der er als qualifizierter optischer Arbeiter beschäftigt war, seine Zurückstellung be- antragt. Im regelrechten Gang der Dinge wurde dieser Sohn befristet zurückzestellt, aber nach Ab- lauf der ersten Zurückstellung auch dieser vierte Sohn zum Heeresdienst eingezozen. OberregierungSrat Kaufhold vom Burean oe» Reichstags gibt Auskunft über das Zustande- kommen der Protokolle des ReichShauS. Haltsausschusses uns legt das vo« EbertS Haub korrigierte Protokoll seiner Rede vom 22. Januar 1Ü18 vor. Zeuge Kloth hat dem Gericht einen langen Schriftsatz eingereicht, in dem er sich anschei nend nochmals beschwert, daß dec Gerichtshof ihn nicht genügend angehört hat. Neue Zeugeuladunge«. Während auf Antrag der Staatsanwaltschaft Rechtsanwalt Heine als Zeuge geladen wird, her MchsreMmg. Weiter heißt es, daß kein Fuß breit deut schen BollSboden S fremder Knechtschaft über lasten werden dürfe. Wa» deutsch sei, bleibe deutsch und werde und müsse zum Bater- lande zurück. Die vaterländischen verbände Dresden ¬ haben der Aufforderung de« Alldeutschen Ver bände» bereits entsprochen und eine Ent schließung angenommen, in der e- zum Schluß heißt: Ein Staat, der auf Volksgenossen freiwillig verzichtet, gibt damit Ehre und Ansehen auf. Die vaterländischen verbände erklären, nicht rasten und ruhen zu wollen, bi- dir un« freventlich ent rissenen Gebiete dem Reiche zurückgewonnen sind, sei eS durch Verträge, sei e» durch da» deut sche Schwert. * Die „Deutsche Zeitung" schreibt über da» Ergebnis der Verhand- l«ngen der Reichsregierung mit den deutschnationalen Führern: Soweit wir ««terttchtet sind, ist auch die R eichsregterung jetzt durch««» be reit, dem vaterlä«dische« Verla«,«» i» weitem Maße Rech«««, zu tr«gen, so daß gegeawättig folgenschwere Zwistigkeiten überha«pt nicht zu befürchte« si«d. Der Sozialdemokratische Parlament-» dienst teilt zum selben Thema mit, er habe von unter- rtchteter Seite erfahren: Die am Sonntag zwische» de« Reichs kanzler, dem ReichSaxßenmtnifter n«v maß gebende» Verirrter» der bentsch nationale« Araktto« geführte» Verha»dl»»gr» habe» kri»eswegs, wie es die „Zett* am Moa tag darznsteUr« versacht, z« ei»er Ver- stä«dig»»g über die künftige Außenpolitik der Regierung L»ther geführt. Di« «er ha»dl»»ge« habe» lediglich das Ergebnis gehabt, daß die Trntsch«atto,ale» vor läufig Herr» Strrseman» «icht mehr ««greife», während Slreseman« die a«ße»p»litisch« Akito« bi» a»f wettere» im positive» Sinne »icht fottsetze» wird Diese» Abkomme», d«» im Sr»»de grnomme» auf eine» W«sfe»stillsta»d i«»erh«lb der RegiernngSkoalitto» htnanslänfl, Hot Gelt»»g bi» z»« Abschl»ß der «eich»- prüsibe»«e»w«h»e». E» w»rde verei»- dort, d« ei»e Einig»»« «»s der Gr»ndl«ge der jetzlge» A»ß,»Politik be» Herr« Strese» ««»» »icht «»glich w«r. beantragt die Verteidigung die Ladung vo» Davidsohn, der bezeugen will, daß da» Erinnerungsvermögen Scheidemanns an die vor revolutionären Borgänze sich sehr getrübt hat, und von Ledebour, der bekunden soll, daß Ebert in der Streikleitung be^rebi gewesen sei, einen maßgebenden Einfluß im Sinne der Stretk- leituug auS.uüben. In der Nachmittags tzung teilt dec Vor sitzende mit, daß die bayerisch« Staatsregieru»g dt« Ge nehmigung z«r Vernehmung de» frühere» SiaatSmintsters Dandl versagt hat. Die Verteidigung verzichtet deshalb auf den Zeugen. Der frühere Polizeipräsident in Kiel, Poller, im Kriege Parteisekretär der S.P.D., sch Idert dt« Giünde für den Ausbrnch des Streik» iu Kiel und b«u Verlauf. Der Zeuge hat selbst dahin gewirkt, daß die Arbeit wreder ausgenommen wurde im Interesse der Landesverteidigung und Hai in einer Versammlung zur schnellsten Wiederauf nahme der Arbeit aufgefordert. Trotzdem bei des Abstimmung von 10000 Abstimmenden 6000 für Fortsetzung de» Streiks waren, wurde die ArbettS- aufn hme durchgesetzt. Ausdrücklich erklärt der Zeuge, daß vo« d«r Verli««, Part«ileit«ng tettt« Weis««gr« z»m Streik gekvmme« si«d. Vo« Zenge« u«d anderen versammlangSredner« ist gesagt worden, baß «estellnngSbefehlen Folge z« leisten sei. Der Zeuge Garbe, damals Vorsitzender de» Kieler Grw.-rlschastSkartell-, gibt ebenfalls ein» Schilderung vom Ausbruch deS Strriks in Friedrichs- ort bei Kiel und vom Streik auf der Ger- mania-Werft, der für den Zeugen über raschend kam. Ein versammlnugSverbot hatte zur Folg«, daß die Arbeit erst wieder am 1. Februar aufgenommen wurde. Auch dieser Zeuge be kam keine Weisung,» au» verll». Legie», der tn Kiel war, habe sich dahi» ««-gesprochen, daß der Streik bald wieder in Ordnung kommen und die Arbeit wieder a»fge«omme» werde« müsse. Zeuge Schulz, damals Vorstandsmitglied der S. P. D. in K el, bezeichnet den Streik in Kiel als Hungerstreik. Um e» zu keiner Kata strophe ko nmen zu lasten, sei die Pattei in die Streikleitung in Kiel eingelreten. von der Parteileitung in Berlin käme» keine Weisuuge». Ausdrücklich sei i« be« Ver sammlung»« a«f die Schädiguug brr Front- solbaten d«rch de« Streit Hingewi,se« worbe« Die Patteileilung in Berlin habe bi» zum Schlich den Krieg mit einem Siege beenden wollen. Der Schiffbauer Vertinck von der Kaiser lichen Werft spricht ebenfall« von einem Hung er streik. Er bestätigt» daß in den Versammlungen zur Aufnahme der Arbeit aufgefordert wurde. — Die Aussagen de» E,senbahnhilf»schaffner» Faerber flehen im Widerspruch zu den Bekundungen de» übrigen Zeugen. Er erklär», daß in einer Ver sammlung zur Bildung vo« Arbeiter» räten aufgefordert worden sei. Im übrige« sind sei«« Aursagen so verworren, daß sie kein klare» Bild bieten, sondern den Anschein erwecken, daß de» Zeuge die Januar-Ereigniffe mit denen de« No vembers verwechselt. Die Verhandlung wird auf Dienstag vertagt» Lvdevdsrff verzichtet «icht. München, 24. März^ Zu den Bestrebungen der «Rkische» in Nord- deutschlans, Ludendorff zu einem Verzicht auf seine Kandidatur für die ReichSpiäsidentschaft ,u bewegen, ist der ^völkische Kurier* tu der Lage, zu versichern, b«ß »euer«» Ludeudorff »icht b«r«u beukt, auf dt« ei»««l «»»gesproche»« K«»did«i»r,» verzichte». E« handelt sich bei »en betreffend«» Mel- dunge» u« «in retne« Wadlmanöver.