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SächsWSlaalszeilung den Freistaat Sachsen Staatsaryeiger für Ankündigungen: Die 32 MW breite Grundzelle oder deren Raum 30 Pf , die 66 wm breit« Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Delle 60 Pf., unter Ein- gesandt SO Pf. Ermäßigung auf GeschäftSanzeigen, Familtennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Erscheint Aerktag» nachmittag» mit dem Datum de» Lrsch«tnung»tage». Bezugspreis: Monatlich 3 Mari. Einzelne Nummern 1b Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212S5 — Schristleitnng Nr. 14K74. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, BerkaufSliste von Holzpflanzen auf den StaatSforstrevieren. verantwortlich für die Redaktton: I. v.: OberregierungSrat HanS Block in Dresden. Nr. 6V Dresden, Donnerstag, 12. März 1925 Die letzten Aussage« Friedrich Eberts. Zweiter Tag des Rothardt-Prozesses. Magdeburg, 11. März. Der zweite BerhandlungStag im Rothardt» Prozeß brachte »nächst die Berles mz einiger Reden, die Ebert m den Kriegsjahren 1915 bis 1916 im Haushalts auSschuß de» Reichs tags gehalten hat. Der erste Zeuge, der dann vernommen wird, ist der Ministerialrat im Bureau deS Reichs präsidenten Doehle. Er erklärt: Nach dem ersten Urteil in diesem 143. BeleidigungSprozeß, den der Reichspräsident auslragen mußte, hat er sofort Aufzeichnungen gemacht für seine Vernehmung zur Be- »ufungsoerhandlung. Fast jeden Taz kam der Reichspräsident auf das Urteil zu sprechen. Vor allem waren es vier Punkte deS Urteils, die der Reichspräsi dent veanstandete: 1. Die Schlußfolgerung des Urteils aus dem Beitritt zur Streikleitung, daß dadurch der Kriegs macht des Reiches Nachteil zugesügt wo den sei und daß er da» erkannt hätte. Lise Schlußfolgerung hat der Reichspräsident als ««logisch angesehen, und er war aufs tiefste bürrmdet awd empört. d»ß eine jaich« Schlußfolgern« i einem Urteil »»gründe gelegt wurde, das größte politisch« Bedeut«»« hatte. 2. Im Urteil wurde angenommen, daß Ebert an der Abfassung de» Flugblattes teil- genomnen hat. Der Reichspräsident hat wieder holt gesagt, daß das ganz ausgeschlossen sei. 3. Eine Klarstellung erwünschte der Reichs präsident gegenüber der Zerlegung seines Tuns in Absicht, Nebenabsicht und Zweck. Solche Schwankungen, wie das Gericht sie anrenommen habe, hat Ebert nie in seinem Willen pekan«t. 4. Der Reichspräsident bezeichnet es als gan» ausgcfchlosjen, daß er in seiner Lreptower Rcde zum Streik aufgefordert hat. Dec Zweck seines Eintritts in die Streikleitung sei gewewn, die Streikstimmung zu dämpfen und den streik zu beendigen. Eine end- gültige Fassung ver Bekundungen des Reichs präsidenten ist am 13. Februar fertig geworden. Das Original dw.er beabsichtigten Zengenaussagen des Reichspräsidenten, das sich nach seinem Tode im Schreibtisch vor- sand, überreicht Ministerialrat Doehle dem Gericht. Der Vorsitzende bringt diese letzte Bclundnug des verstorbenen Reichspräsidenten zur Verlesung: Gegenüber den Ausführungen d.'S erstinstanz lichen Urieils betone ich nochmals mit größter Bestimmtheit, daß ich nach meiner ganzen per sönlichen und politisch-« Einstellung während des ganzen Krieges auf dem Boden der Landesverteidigung gestanden und in di-sem Sinne gebandelt habe. Diese meine giund' tz iche Einstellung schließt ihren Zwe fel über mein Verhalten während des Januarstrecks aus. Ich lege noch einen Zeitungsbericht über eine Rede vor, die ich im Januar 1917 in B rliii im Lehrervereinshaus gehalten habe. Ich habe damals über die Einstellung der Sozial- dem kralle -ur r'anderverieidigung gesagt: „Wir eozialoemoklate« wrrde« auch künftig zu der Politik stehen, di« wir in «nserer Er klärung vom 4. A«z«st 1*14 betimdet habe». Wir strhen zur verteidig«»- unseres Landes, biS die Sicherung dessclden erreicht ist, und dir Gegner zn« Friesen bereit sind, darin lasse« wir uns nicht beirren, den« so furchtbar der Krieg ist, «och f«rchtbarer ist eine Nieder lage' Was den Januar streik 1918 anlangt, so er- llöie ich nochmals, daß ich mit meinem ganzen Wolle» gegen ihn war nnb mit fei»e« AnSbrnch nicht da» ge ringste z« tna hatte. Daß ich einzelne Forderungen der Ctreilenden für berechtigt hielt, beweist nicht, daz ich auch den Streit für sie billigte. Da« Gegenteil war der Fall und folgt, wie >ch nochmal« wiederhole, au« der Tat sache, daß ick grmrdsätzlicher Gegner von SirrikS der Rüstungsindustrie im Kriege war. Berechtigte Forderungen der Arbeiter sollten auf dem Wege der Verhandlungen und deS Schlichtungsverfahrens uns wenn nölig, durch An rufung oer «uständig.-n Regierungsstellen zwecks Intervention verfolgt werden. Erst die dringlichen Vorstellungen von ahl eichen unserer Parteimltglteder aus den verschiedensten Betrieben — gegen Mittag stand eine ganze Verlammlung solcher Delegierter vor uns, deren Wortführer erklärten, die Leitung de« Streiks dürfe gerade im Jnteresie der Lanoervertetdigung nicht den radi kalen Elementen überlassen werden —, brachten den Parteivorstand und mich zu der Erkenntnis, daß das Interesse der Landesverteidigung «o,tr,n Zutritt zum Streikausschuß zu dem Zwecke erforderte, dm Streit möglichst schnell auf dem Gerhandlungsweae beizulege« Ich bin übrrzeuzt, daß eine Beilegung des S'reiks, so wie wir sie da nalr anstrebten, in zwei oder drei Tagen möglich ge- wesen wä e,wenn die Negierung der Situation L L r Sän»uiL—«nl-,«a»»,bracht—hätta.—Das», spiickt de. Gang deS Streiks in anderen Städten. Meißens haben die Geneialkornmandos den Streikenden Gelegenhe-t zu Ve'sammlungen und zur Aussprahe gegeben. Vielfach ha^en die Be hörden mit ihien Beriretern verhandelt. Wenn in Berlin der Streik nicht gleich ruhig verlief, so lag das an dem formalistischen Verhallen der Regierung und drS Obe>befehlsmbrrs in den Marken. Den Vorstand der S. P. D. und mich insbesondere trifft dafür keine Beraniworiunz. Ich trat ans Beschluß des Parteivorstaudes Der Ausschuß hat sich vorläufig auf die Kan didatur Jarres feigelegt, ließ aber am Mittwoch den Vertretern de« Zentiums und der Demokialen, die den AuSschußsitzungen zum crien Male beiwohnten, erkiäien, vag er fchiießlich auch bereit ist, einer anoeren Kandidatur seine Zustimmung zu geben. Das Zentrum ieilie m>t, va; vr. Jarres untragbar sei. Tas gleiche geschah von den Demokraten. Im Ve»lauf der Besprechungen tauchte dann eine Kandidatur Geßler auf. Dieser Vor schlag wurde von „rechtsgerichteter Seite" gemacht. Die Demokraten erklärten sich bereit, für eine Kaudidalur Ge ter einzutreten, währen, das Zentrum, nachdem auf Anfrage das Au«, wärtlge Amt die Kandidatur beanstandete, auch g.-gen Geßler „starke Bedenken" ha». Da der Parteiausschuß deS Zentrum» am Mittwoch abend um 7 Uhr seine Beraiungen über die Prüsidentenfiage noch nicht abgeschlossen Halle, oeriagle sich der Ausschuß aus DonnrrSlag vor mittag. Vorher hatte da» Zentrum mitteilen lasten, daß eine „gemeinsame Kandidatur" ooiläufig noch nicht ganz au»geschlassen sei. Berlin, 12. März. Wie die Blätter «»nehme», dürfte i» der Frage der «»fstetl»ng eines bürgerliche» S»«»,l- kandidaie» für die «eichspräsidmlenwahl he»te die Entscheid»»« satter,. Die von einer Nachrichtenagentur berbreitti« «cldnrig, wonach der A«,fch«ß der Rechts parteien einstimmig mit Einschluß b«r Lentsch» nationale» sich für rtne Ka«dtbat»r Geßler ausgesprochen habe, wird vor, mehrere» Blätter» al» »»richtig bezetchiet. vorläufig habe »»r die WtrlschaftSpartet Geßler vor- geschlage». DerZe»tr»«»parleia»»sch»ß wird da her »ch erst bie ve»tt»tt»g der >» de» A»»- sch»ß der Rechtspartei,, gerichtete» -rage ad« warte», »t die D,»tsch»atto»ale» »»» dt« Deutsche der SireM,it»g bei, in der einzigen und be- stimmten Absicht, den Streik möglichst schnell und so briznltgen, daß einem neu,» Ausbruch vorgebenat würde. Daß ich dabei die Vorstellung gehabt hätte, der Kriegsmacht des Deutschen Reiche» schaden zuzujügen. ist eine Unterstellung, die mit allen Tatsachen in Widerspruch steht; ich weise sie mit Entrüstung zurück. Es ist mir unbegresilich, wie das Schöffengericht zu dieser Annahme gelangen konnte, in besondere wie eS sie au» der Tai suche glaubt folgern zu können, da- ich die Schädlichkeit derartiger Streik» einsah. Gerade diese Ein ächt in Ver bindung mit den Vorstellungen der Delegierten hat mich ja zu dem Entschluß gebracht, das in meinen Klüften Stehende zu tun, um durch schnelle Beilegung des Streiks de» Schabe» abz»we»de». A» diesem Entschluß habe ich a»ch k»»s,q»e»t festg,haltni und während der ganz,» Streik dauer, oh»e irgendwie in meiner Einstellung zu schwanke», stets aus d,m Beweggrund, i« der Absicht, in b,r Borst,lluug »ud zu be« —EwiW ,«»»»««, vcvMrew M v« vizitchint,« Art beizultge» und den Schade» vo» der Landtsberteidigung abznwenden. Ich muß da auf Hinweisen, daß für die gegen- tettigen Feststellungen des Schöffen, ericht», ich halte den Streit stützen unv stärken wollen und insbesondere mitzeholfen, das Flug- blatt am 30. Januar abzufassen, nicht der Schatten eines Beweises erbracht ist. Meine Rede im Treptower Park diente dem gleichen Bestreben. Las Oberkommando in d,n Marke« hatte vr. Simons kandidiert nicht. Berlin, 12. März. In der Presse war auch als etwaiger Kandi- dat der gegenwättige stellvertretende ReichSpräsi dent Dr. Simons genannt worden. Wie d,e „Zeit" dazu eifährt, beabsichtigt Simon» nicht» eine ihm etwa angebo ene Kandidatur an zu nehmen. Ec ist gewillt, auf seinem Posten als Reichsgerichtspräsident zu verbleiben. * Die Vereidigung vr. Simons'. Berlin, 12. März. Der stellvertretende Reichspräsident l)r. Si- monS, der heute vo mittag m Beilin eingetrof- fen ist, wurde auf dem Bahnhof auch vom Reichs kanzler vr. Luther empfangen. Berlin, 12. März A» der a«f heute mittag ei«b,ruf,»e» S tz»g be» Reichstage» richtete Retchstugsprästbent Loebe » be« stellvertretend,« Reichspräird,«tc« vr. Simon» etn, Ansprache, tu der er ihn aufforderte, be« d«rq die B,ri«jj«»g borg,- schriebe«»« Eid vor dem Reichstag abz«l,gc« ««d überreicht, lh« dl, Eid,»formel. Nachb,« sich die Mitglieder de» Reichstage» bo« de« Plätze» erhob,« hatt,«, l,gt, der stell- vertretende R,ich»präsibe«t vr. Simo«» den bargeschrtebene» Eid ab. Präsident Löb, daakte ih« »ab sprach im Namea brs Rttch»tag» seine» herzlich,» Glückw«»scha«- Der st,Uverlrrte»be Re ch präsidenl vr. Gt«»«4 erwidert, «tt Wort,« de» Dank,, für ba» i» ih« gesetzte vertrau,» u»d versprach, baß er bestrebt sei» werde, sei» hohe» »»b schwere» Amt »ach beste» Kräfte» wahrp«eh«ni.' jede geordnete v,rsamml««g»mög» lichkeit unterbunden. Der„B o rwSets" Verbote«, das Gewcrkscha ftSha «» geschlossen, selbst die bart« btfmdlich,« Gewerkschaftsb«rea«s mußt,« g, rä « mt werd,« DI, Strrik,«dt« st«d grratrzu aus die Straße gedrängt worden. Um so mehr glaubte ich dem Verlangen, m Tiep ow zu sprechen, mich nich' entziehen zu sollen. Ick habe mich in m irrer Rede mi, aller ^estimimheit und »larheit sür die Landes- verieidigung eingesetzt. Daß ich damii auf lebhaften W'deripruch stoßen würae, war m-r von vornveretn nicht zweifelhaft, denn ich war unterrichtet über die von radikaler Seite mit anonymen Flugblättern getrieb.nr Agitation gegen die Siellung der Sozialdemokratie zur Lanoesveneidigung. Es ist «ach mei«,r Erinn,r«ng vollst Sn» big ««möglich, daß ich i« meiner Rebe zn« Ansharre« im Streik ans««» fordert hätte. Eine solch, Auffo,der«ng lag gänzlich außerhalb meiner vorher «rkeunteichneten Absichten nnd meiner g»zn> GMAAttimq. Ich hätte mich mit ihr nickt nur tn Widespruch gesetzt zu meiner so oft betonten Überzeugung, sondern auch zu der einmütigen Stellung der Parteileitung «ad der Leitung der Gewerkschaften, aus deren Vertrauen meine politische Stellung und Tätigkeit in der Hauptsache beruhien. Selbst, verständlich kann ich m ch heute nach 7 Jahre» nickt mehr an alle Einzelheiten meiner imvrooi- sierien Rede erinnern. ES ist »ach meiner Er- inne ung ausgeschlossen, daß ich gesagt hü te, die Forderungen der Sireckenden seien gerecht. Denn ich war mit meinen Parteifreunden tat sächlich Gegncr mehrerer politischer Forderungen, die von der Delegiertenoersammlung der Streiken den vor unserer Einwirkung ausgestellt waren. Am Lchluß meiner etwa 10 Minuten dauern den Rede habe ich tm Hinblick auf die Treibeieien von raoitaler Seite die Streikenden zur Ruhe und Besonnenheit ermahnt, und zwar etwa mit den Worten: „Berhalt.t euch ruhig, bewahrt Besonnen heit, laßt euch nicht provoziere«' Wenn der Zeug« Lrhnhoff etwas andere« gehör: haben will, ,o muß er sich irren. Nach seinen eigenen Angaben Hai er etwa 30 m von mir gestanden. Eifahcungsgemäß ist es in Bec- sammlungen unter freiem Himmel kaum möglich, auf solche Entfernung dem Wortlaut einer Rede, genau zu folgen. Dies gilt für die erregte und unruhige Veisammlung in Treptow in erhöhie« Maße. Im übrige« darf ma«, we«n ma« mein« Rede objettiv würdige« will, nicht einzelne Worte, an die «in Z,«ge sich nach siebe« Fahre« ,«tgege« be» A»»,age« a«drer Z,«gt» zu «inner» gla»bt, au» dem Zusammen hänge reiße» ««d der ve«tt,tt««g zugrunde leg,«, sondtr« man muß die Rede tm Zu sammenhang ««d al» Ganze» wrrlnr. Das Enisckeidende ist doch, daß ich damal« verhindern mußte, daß die streitenden Arbeiter durch oen Verlauf de« Streiks in bewußten Gegen satz zur Landesverteidigung gebracht würben. Die Redr ist auch von überrahenden Poltieiorganen off nbar nicht arcknS aufgefaßt worden, fönst wäre vamatS gegen mich eingesckrttten Word?«. Was das am Mittwoch, den 30. Januar 1918, beschlossene und herausgegebene Fl« blatt anlangt, so habe tch bereits in der ersten Instanz au-gesagt, da, ich mich seiner nicht erinnere, tach AuSsagr de» Zeugen Richard Müller soll die Si tzu ng, in der «s beichloffen wuive, am 30. Januar 1918 abend« in einer Küche in Treptow abgehalten woiden sein. Rach soigfätitqer Prüfung meine« Gedächtnisse« erkläre ich heute, daß ich über,e»g» »t«, » dieser Sitz »»g üb«ha»p< nicht ittlg,»»»«e» ,« h«be». Die Reichspräsidenten-Kandidaturen. Bürgerlicher Sammetkandidat? eine «andi. " N-.ri» 11 s datur «eßle, zu unterstütze», bevor er heute zu ' »- blrser Frage endgültig Stellung nehmen wird. Wie die „Zeit" meldet» beabsich igien völ- kische Kreise für ven Fall ver Aufstellung Geßlers als vorläufigen Sammeliandiva«en mit einer Sondeikandtvaiur vorzugehrn.