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Sächsisch eSlaalszeilung Staatsaryeiger für den Zreiftaat Sachfen Erscheint Werktag« nachmittag« mit de» Datum »e« Lrschetnung«tage«. Bezugspreis: Monatlich 3 Mart Einzeln« Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäst«stelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 1457«. Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgtroloato Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Di« 62 mm breite Grundzeit, oder Vere» Raum SO Pf-, die 66 mm breite Grundjetle oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt SO Pf Ermäßigung auf GeschSstSanzetgen, yamiliennachrichteu ». Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtag».Beilage, vrrtauj»liste von Holzpflanzen auf den Staaisforstrevieren. verantwortlich für die Redaktion: Hauvtschriftlriter Bernhard Jolle» in Dre-den Nr^26 Dresden, Sonnabend, 31. Januar 1S2S Die Antwort des Reichskanzlers ans Herriots Anklage. Berlin, 30. Januar. In den Räumen der Presjeabieilung der Reichsreginung fand heule abend e«n Empfang der ausländischen Presse statt, deren Bei- liner Vertreter fat vollzählig erschienen waren. Au er dem Reichskanzler vr. Luther und oem Neerlage Präsidenten Lobe waren an vesend der Reichsminister des Äußern Vr. Stresemann, ReichSarbeitsminister Vr. Braun», ReichSjustiz- Minister ><r. Frenken, Reichefinanzmini ier Or. v. Schlieben, ReichSrrnährunzsmimster Gras Kanitz, der Boijchasie: in Washington Frhr. v. Maltzan, die Sraarssekieiäre v. Schubert, Trendelenburg, vr. Kemvnec und Hazedorn, die Berliner He sandten zahlreicher deutscher Länder, darunter der sächsische Geiandle vr. Gradnauer, sowie eine große Anzahl höherer ReiLSöramten. Rach einer Begrüßungsansprache der Leiters der Presse- abteilung der Reichsreglerung vr. Kiep ergriff der Reichskanzler das Wort zu folgender Rede: Wenn man die außenpolüis! en Geschehnisse und Probleme übe blickt, die das erst« Jahrfünft nach dem Abschluß des Weltkriege« erfüllt haben, so erscheinen sie als ein Wirrsal politischer und wirtschaftlicher Streitfragen, die die Völker Europas auch nach dem Friedenssckluß immer noch am Rande eine» Abgrundes festhielten. Alle Besuche dieser Jahre, das Wirr- sal ,u lösen, scherterten an der Foitdaver »er Gegensätze au» dem Krege, die dcn Friedens- schlug überlebt halten. Dir Entwrrrung hat begonnen, als aus dem ' Knäuel der P'vbleme eines der wichtigst'«, die Reparationsfrage, heiaurgenommen und auf diejenige Grundlage gestellt wutbe, auf der allein eine endgültige Regelung erziel! weiden konnte, auf die Grund lage der Verständigung. Die nüchterne Aibeit der Sadverstänoigen, die dir Reparation-- fiaze auf ihren wirtschaftlrlen Kern zurückführte, ermöglichte -ie Londoner Konferenz und b achte so die Parteien am Verhandlungstisch zusamnen. Die hier zum ersten Mal: nach dem Weltkrieg angewendete Methode der Ver- Handlung auf gleichem Fuße führte schnell zu einem bedeutsamen Ergebnis. rer Dawesplan wurde in Kraft gesetzt, und damit der «rundsteiu für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Eu ropas gelegt. Das war aber keineswegs das einzige Er- gebnis der Londoner Konferenz. Wir haben die Londoner Vereinbarungen niemals als em Er- etgms rein wirtschaftlicher und technischer Be deutung. angesehen. Wir hab:n vielmehr erwartet, daß mit der Konferenz eine neue Epoche eingeleriet sei, eme Epoche, in der die großen internationalen Probleme überha pt nicht mehr durch einseitige Entscheidungen, sondern auf dem Wege des friedlichen Ausgleiches der Interessen gelöst werden wüidrn; diese Erwartuna schien bestätigt zu weiden durch die zur Durchführung der Lon doner Vereinbarungen eingeleiteten Verhandlungen, die sich in olze deS Verständnisvollen Zusammen wirkens beider Teile durchaus erfolgreich ge- stalt.'ten. Man durfte hofsrn, daß diese Entwicklung eine gute Aussicht auch für diejenigen politischen Pro bleme eröffnete, die sonst noch der Lösung Hariten. In dieser H»ff«»ug ist Deutsch land mit dem Begin» de« neue» Jahre» schwer enttäuscht worden. Sie alle kennen den Verlauf und den Sta d des ernsten Konfliktes, der wegen der Räumung der nördlichen Rheinland. zone entstanden ist. Die bisherige Behandlung otese- Konflik es durch öffen lichen Notenwechsel, den die Alliierten ein,»leitet haben uns den d«e Reichs- regierung notgedrungen hat aufnehmen muffen, ruft in Deutschland naturgemäß wieder die Er innerung wach an die bedenkliche und frucht- lose Methode der ersten Nachkrie-k- sshre. Ich glaube, daß der «onslckt seiner Lösung schon viel näher gebracht worden wäre, wenn die alliierten Regieruagen da» Verfahren, da» auf der Lonrorer »»nserenz eine» so stchtbaren Erfolg grieitigt ha», das ver- fahre» einer vertrau,nsdollea Aussprache, auch jetzt angewandt hätten. Es läßt sich nicht verreisten, daß in der im letzten Somner angebahnten Entwicklung ein Rückschlag ring treten ist, der Huben und drüb n die begonnene Beruhigung der Geiler Wied r ge ährdet. Das ist nicht nur im Interesse Deutschlands, sondern im Jnteiesse der allgemeinen Welipoli ik tief z: bedauein. Die Alliierten beschuldigen Deutsch land des Vertragsbruchs und ziehen daraus Folgerungen von qrößterTrag- weite. Ich muß immer und immer wieder darauf Hinweisen, was es bedeu et, wenn man einrn Vertragsbruch behauptet, wenn man damit S a »kti o »Sma ß»ahme» begründet, we»» mau es aber nicht einmal für notwendig hält, dem be troffene» Lande durch Sudsta». titer»«g der Beschuldigung die Möglichkeit der Verteidigung wie auch die Möglichkeit der fachliche» AuSeinaudersetzuag zu gebe». Gegen über ei»em Laude, mit dem die Alliiertc» vor wenige» Monate» wichtige Problrme am Verhandlungstische gelöst habe», mit dem fi« auch jtzt gewisse andere Fragen aus dem allein richtigen Wege sachlicher Verhandlung erörtern, nehme» die Alliierten in einer Frage von so vitaler politischer Bedeutung, wie »S die Frage der Räumung der Kölner Zone ist, das Recht für sich in Anspruch, dieses selbe Land gleichsam vom Richlertijche aus wie eine» Angeklagte« z« behandel» und ihn sogar «ach gefälltem Urteilsspruch noch in Unkenntnis des einzelnen Anklage Brauns Wiederwahl zum preußischen Ministerpräsidenten. Berlin, 31. Januar. Auf der TazeSoidnung der Fieitazssitzung de; Preußischen Landtags, die, bei überaus stark be setztem Haus und überfüll en Tribünen, um 2,15 Uh- beginnt, steht als einziger Punkt: Wahl des Ministerpräsidenten. Vor Eintritt in die Tagesordnung nimmt der Zenirums-ührer Herold das Wot zu der Er klärung, daß er nur durch einen bedauerlichen Zu- sal ber einer der Abstimmungen der letzten Sitzung gefehlt habe. Er habe die Absicht ge habt, an allen vier Abstimmungen im Sinne der Mehrheit seiner Fraktion sich zu beteiligen. * Um 2,45 Uhr beginnt dann dis Wahl des Ministerpräsidente« mit dem Ramensausruf der Abgeordnete», die verdrckte Stimmzettel abzugebc» habe«. Der Wahlakt war um ^4 Uzr beeudrt. 12 Mi nuten später verlündete Präsident Barthels unter großer Spannung des Hauses folgende» Ergebnis: Es stad 441 Stimmzettel ab gegeben worden, davon sind « unbeschriebe». Die absolute Mehrheit der 43S güttige» Stim me« beträgt 218. Es haben erhalte»: Otto vran» (Soz.) 2k1 Stimme» (Stürmischer, langa»halttnder Beifall bei der Kleine» Koalition), v SrieS (Tnat.) 17s Stimme» Pieck (Komm.) 3» , Damit ist Osts Brau», der bisherige Mi- nistrrpräjide»t, wieder zum Minister- Präsidenten gewählt. Für ih» stimmte« Sozialdemokraten, Demokraten «ad Zentr»«, für de« Abg. ». KrieS Deutsche Volksp«r1ei, Dkutschnatiouale u») völkische, währc«d sich die «irtschastspartet enthielt. Rach der Verkündigung des Wahlergeb nisses erbittet der Präsident die Ermächtig«»-, Lag und Tagesordnung der «äch te« Sitzung, die A«sa«g kommender Woche stattfmde« soll, festzusetzr« * Verhandlungen mit Sraktions- sührern. Berlin, 31. Januar. Der preuß,sche Ministerpräsident Braun hatte gestern abend längere Besprechungen mit den Führern der LandtagSfraktionen de« Zentrum», d er Demokraten undSozial- demokraten. Wie wir aus parlamrntarischen »reise« er fahr«», bestand Einigkeit darüber, daß der Mintsterpiäti»e«1 zunächst de« Vcrsmh mache» möge, ein »ahine« der große« Koalltio» d«rch Verhautl««ge« mit der Drnlsche» Volks partet »»» »er Wirtschaftliche» Vrnwign«, wieder herznstette«, daß «der a»ch bet» Schetter» dieser L3s»»g »'ter alle« Kmstä»»,» der Ver such einer Sabi»rttsbild«»g durch d:» Miaister« Präsidenten Braun fortgesetzt werde» solle. Tie »Schste voUsitz««g des Pre»ßiichca Landtag,» wird borausjichUich am S. Febrnar, die Sitz»ng des Rtestenausschnsies am 3. Februar stattfiade». V Presseftimmen von rechts und links. Berlin, 31. Januar. Die gestrige Wiederwahl des sozialdemokra tischen Abgeordneten Braun zum preußischen Ministerpräsidenten wird von der Presse nicht als endgültige Lösung der politischen Schwierigkeiten in Preußen betrachtet. Tie „Deutsche Tageszeitung" pri- phe eit Braun große .Schwierigkeiten bei der parlamentarischen Entscheidung über die Bertrauensfraze. Tie „Zeit" kündigt Braun schärfste Opposition an für den ^all, daß er die Bildung des neuen preußschen Kabinetts übernehm?. Dir „Germania" untestreicht in »hren Bemerkungen, daß die gesamte Zen trumsfraktion, mit Au-nahme zweier schwerkranker Mitglieder, sich an der Abstim mung im Sinne des Fr:k ionsbeschlusseS be teiligt habe. Das „B. T." erhärt, daß Braun mir der Übernahme des neuen Mai dais zur Kabinet s- bildung die Verpflichtung auf sich genommen habe, drr Regierung eine nach Lage der Dinge möglichst breite parlamentarische Grundlage zu geb:?. Di« Entscheidung liege zwar zunächst bei der Sozialdemokratie; aber sie komme auch von neuem der Deut schen Bolkrpartei zu. Die „Boss. Ztg." verbucht die Wieverwahl Brauns al» einen Gewinn für den republikani- jchen und demok atijchen Gedanken. Der „Vorwärts" schreibt, B,au» werd« versuchen müssen, besser gesicherte Mehrheit«- verhäliniffe zu schaffen, die eine Wiederholung der Vorgänge vom 23. d. M. aurschließen. Gelinge ihm das nicht, so sei nnt der Möalichkett zu rech nen, daß er die Wahl nicht annehme. Der parlamentarisch« Sieg von h«ute müsse seine Fortsetzung, Bestätigung und Krönung finden bet dr« nächsten preußische« Landtagswahl«», btr vorau«sichtlich »ich« lange Mlf sich warten «assen wüiben u»o Bewetsmaterials z« halte«. Ich ka»» bas «icht sür eine Politik h'lte», die de« gemeinsamen Ziele« der Völker dient. Di? vorgestrige Reve des französischen Herr« Ministerpräsidenten, mit der er nach seinen eigenen Worten die öffentliche Diskussion der Abiüstungtf age eröffnen will, versucht allerdings, den gegen Teutsckland erhobenen Vorwürfen etwas mehr Subsianz zu geben, als dies di? vagen Kapilalübcrschrrfien in d r ersten alliierten Rote ta:en. Herr Heniot macht uns Vorwürfe, daß wir durch die «nsbildung von Zeitfreiwillige» Reserbetruppe» geschafft» hätte«. Wenn man i« D,«ifchla«d damals, als ««irre inier- politischt» Verhältnisse eine besonders ge,ähr- liche Span«u«q zeigte«, wirklich ei«tg« ta«se«d Studenten für einige Woche« z« Übnnge» herangezoge« hat, was bedeniet da- für das Ausland a»- gesichls »er Tatsache, daß es i« ganz Deutsch land die moderne« Kampfwittel, die für die Kriegfühnuig allein ausschlaz- grberd si«d, überhaupt «icht mehr gibt? Was bedrnte» es, wes« »ach ,t«er E»twasj»«uigs«tt »» »o» so riesenhafte« Ans« «aß hier und v« geri»ge Bestände a« alte« Krteg»mat«rial »der a» überzählige« « » S r Sst » « g S st « ck e » gef««be« worde» smb? Siebrauchen, um oas Verhältnis zwt- scheu unseren Leistungen und den et waigen Rückständen zu ekrnnen, nur die Zahl?» zu vergleichen, die Herr Herriot selbst in seiner Rede anfüh-te, wobei ich mich au Angaben und btsondeiS Zahlen, die ich noch nicht hob: nachprüfen können, nicht fesilegen möchte. Der französische Herr "kintstelpräsident sagt, ?aß mehr als 33 000 Kanonen, 23 000 Lafetten, 11 000 Minenwerfer, mehr als 4^ Millionen Mine nw e»s erge- schosse, mehr als 87 000 Maschinen gewehre, 4^ Millionen Gewehre, mehr als 400 Millionen Kartuschen und ungefähr 10 Millionen Handgranaten zerstört worden seien. D-mgegenüber fallen doch die von ihm erwähnten Funde von 100000 Stablstäben für Gewehr läufe. 17 000 Siahlstäb.'n für Majchmeng-wehr- läufe, 100«A) Pistolenläuse und 100 Werk««! glasten wirklich nicht inS Gewicht. Kem erusthafttr R litär wirr sich dazu verstehe», derartige«» Di»ge» irgendwelche mili tärische Bcde»i»»z »e'znmesse». Ich kann S:e aber versichern, daß die Reichsregierung fest entschloss«, ist, v«rstSß« in drr E»twaff»u»g, di« ihr vo» de» Alliierte» »achzrwiese» «erde» oder sa»st z» iirer K<««i»is gelange», z» bejettige». M«n gebe »,s z« diesr« Zweck endlich de» vericht, i» dem die S»»»r»ll- missio» das Ergrbais vo« «eh, als acht- zehnhaabert Besuche» »nsammengestellt hat, »,) wir werde« de« Nachweis erbringe», daß »iAich kei» «»laß »orlag »der »»rtiegt. diese» Ei»,elfrage» »e« Eharakter ei»es i«ter»ati»»«le» K»»flikt« »» geb,». Eine besondere Behandlung erfordert die Pottzeifrase, auf die der französische Herr Ministerpräsident große- Sewtchl zu legen scheint. Sie, meine Damen uns Herren, kennen die deutschen Ver- yälmiffe aus eigener Anstauung. Sie werden deshalb Verständnis daür haben dag wir nach unserer ganzen inneren Lage auf eine Polizei, die straffer als unsere Polizei vor dem Kriege organisiert ist, nicht oerzichien können. Ich b auche ur Bentin- düng nur auf die komm«»ist»sche Bewegung hin,»wessen, die a«ch anderen Ländern zu schaffen mach, ohne daß ich damit ein Schreckgespenst an die Wa»d malen will Solange d,e inner» «onsolidierunq re«»fchkandr fort-