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den Freistaat Sachsen Dresden, Donnerstag, 22. Januar 1925 Nr. 18 Fortsetzung der Aussprache im Reichstag vr. Luthers zweite Rede. gattwetf« Nebenblätter: Landtags-Beilage, verkausSlist« von Holzpflanzen aus den StaatSforflrevieren. verantwortlich für die Redaktion: Hauptschriftleiter Bernhard Jolle» in Dresden. Ankündigungen! Di« S2 mm breite Grundzeit« oder deren Raum SV Pf., di« 66 nun breite Grundzeit« oder deren Raum im amtlichen Dette 60 Pf., unter Ein gesandt SV Pf Ermäßigung aus GeschüftSanzeigen. Famtliennachrichten «. Stellen- gesuche. — Schluß der «»nahm« vormittags L0 Uhr. Sächsisch eStaalszeilung Staatsan^eiger für Erschein. Werktag. n°ch»"t.g. «" dem Data» de. ErfchetnungStageS. «,,ua»v"t». Monatlich 3 Marl Einzelne Nummern IS Pf. Kernsvrecher: Geschäftsstelle Nr. 212SV - Schrtftleitung Nr. l«S7< Postscheckkonto Dresden Nr 2486. - Stadtgtrokonto Dresden Nr. 140. Mißbilligen Siejede Agitation gegen dieRepublik und rückenSie ab vonLeuten, die Ihr Kabinett als Instrument gegen die Republik benutzen wollen? (Der Reichskanzlei nickt.) Wir werden die Antwort derRegierung aufme ne tragen abwarten. Auf keinenFall denken wir daran, ihr Neutralität zuzusagen. Wenn unS die Antwolt friedigt, werden wir ihr zunächst freie» Spiel lassen, ehe wir uns, auf Grund ihrer Taten, end- aültig entscheiden. Die historische Ausgabe dieser Regierung ist es, dem deutschen Volke zu beweisen, daß keine Partei in Deutschland in der Regierung eine andere Außenpolitik treiben kann als wir, und daß bei der Erfüllung von Wahl» er- sprechungen von den Deuischnationalen auch mit Wasser gelocht wird. Dann wird das deutsche Volk belehrt zurückkehren »u der Politik der Vernunft. Geduld, Beharrlichkeit und Demokratie. (Beifall links ) Abg. Jorissen (Wirtsch. Bgg.) protestiert als Rheinländer gegen die Nichträumung der Kölner Zone. Solange noch ein feindlicher Soldat auf 'deutschem Boden steht, so lange stehen wir dem Der Kamps um Preußen. Bor der Entscheidung im Landtag. 10. Sitzung vom 21. Januar. Die Aussprache über de Regierung-erklä- rung wird >ortgeietzt. . Mg. vr. Koch-Weser (Dem.) betont vaS ganze deutsche Volk sei einig in der Verurteilung der rechts- uno vertragswidrigen Weilerbejetzung der Kölner Zone. Wenn w rtlich Versehlungen von untergeordneten Organen vor. gekommen sind, so bieten sie doch iür die Nicht- räumung nickt einen Grund, londern nur einen Vorwand. «Lebhafte Zustimmung.) Wenn letzt eine Nechtsreiierung tommt, so »st das die ^olze der fünf Jahre Bedrückung und Mißachtung Deuttchlmds durch die Entente, die dazu geführt hat, daß schließlich auch das Zentrum mati ge- worden ist. ..... Jede Regierung wird die Außenpolitik fort setze« müsse«, d>e wir sü«f I hre lang gemacht Haden. Das beweist auch die Regie- rungSerklärung, deren außenpolitischem Dil wir im große« und ganze« zustimmen ,-nnen Auch die Deuisqnattvnale« können jetzt keine andere Politik machen, «as sie bisher in große« Reden da ege« vordrachte«, waren «allnuge« de» Herzen», die nicht bi» ,um Gehirn vor. gedrungen stad. im Kabinett »erde, »le Wq-Ww«« a»H nicht ändern, sie verschaffen «n» aber »as Miß- trauen de» Auslandes. Dieses Riß» trauen «st unberechtigt Im Ausland begeht man de« Irrtum, «nsere eeutschnationalrn für Wölfe in «hafspetze« ,« halte«. Daifächlich haue« sie «nr Wolfspelze umgehängt — wa» darunter steckt, brauche ich nicht z« sage», (veitei teil.) Wir wünschen von der neuen Regierung nicht Aggressivität und Aktivität, sondern Passivität und Zurückhaltung Wir werden der Regierung in der Außenpolitik nicht von vornherein Opposition machen. Wir werden nicht dem schlechten Beispiel der Deutschnationalen sollen. In der Erklärung de» Re.chstanzlerS kam das Wort „Republik" öfter vor, olS m früheren Regierungserklärungen. Der Führer der Deutschnationalen hat jetzt ein Amt aus der Hand des republikanischen Reichs. Präsidenten entgegengenommen, während früher die Deutschnationalen die Minister der Republik nicht als rechtmäß g anerkennen wollten. Die Ber- sprechungen und Erklärungen, die die Deutschnatw. nalen fünf Ja re hindurch abgegeben haben, ver- tragen sich nicht mit der Regierungserklärung. Entweder sie müssen ihre Wähler verraten oder oen Reichskanzler, oder abwechselnd alle beide. (Leb- hafte Zustimmung links.) Außerdem gründet sich unsere ablehnende Stellung ,u der neuen Regierung auf die Art, wie sie zustande gekommen ist, durch den unnötigen Sturz einer Regierung, der wir unser volles Ver trauen schenkt.'». In der Regierungserklärung wurde die Wahrung der StaatSautorität be. tont. Dazu gehört vor allem, daß dem StaatS. oberhaupt, dem ReichSpräsid.'nten, die schuldige Achtung und Ehrfurcht erwiesen wird. Wir ersuchen darum den Reichskanzler, er möge den Reichsinnenminister anweisen, darauf Bedacht zu nehmen, daß der Vizepräsident des Reichs- tag» dem Herrn Reich»präsidenien die ihm zu- kommende Ehre erweist. (Beifall links.) Weiter möge der Reich-innenminister verhindern, daß da- Magdeburger Urteil, daSwiraufS tiefste und schmerzlichste bedauern, ausgenutzt wird zu einer Hetze gegen den Reichspräsidenten. (Unruhe rechts) Wir verbitte« e» ««s auch, daß die Ziele solcher vaterländische« «er. bände gefSrder, werbe», bie, wie der Mag deburger .Stahlhelm- aus ihre« rag»», ge« die «epndlik beschimpfe«, »s muß weter verhindert werde«, daß »eist. Itche t« aroger Zaht di« e»a«geltsche Kirche z« ei,fettiger Politischer Prvpaganda g e ge«ote«ep»dlik mißbrauche«. (Rafe der Ab g. vr.Kahl (D. Bp.) und Mumm (Dna!.); „Da- sind bewei-lose Behauptungen!") Ich er nnere nur an die Predigt im Dom und daran daß der deuischnattonate Pfarrer Koch das Material gegen den Reich.Präsidenten für den Magdeburger Prozeß gesammelt lat. Gra, «estarp hat m dieser megierung den ersten schütt zu einer weteren Rechtsentwicklung ri l ckt. Wir fragen den Reichskanler: Berlin, 21. Januar. Die groß: Debatte wird heute durch den Ministerplüsid nten Braun eröffnet, der sich mit den Rednern der Ooposiiton vom Tage vorher gründlich auseinandersetzi. Nach langen Ausfüh rungen ertläit er schließlich, vaz der Zweck der ganzen Debatte and v« Annvngnwge« da« Gegner weiter nicht- fei, al- em? sozialisten- reine Regierung >n Preußen zu schaffe». Mit dieser seiner Aufiassung hat Minister- Präsident Braun offenbar recht, denn de, Abzeo dnete Stendel von der Deutschen Volk«. Partei bestäiizt ihm die» ausdrücklich. AI- der MiwstiiPräsident, im Verlauf der Au-spiache, abermals das Wort ergriff, um seine Meinung über die wahren Ursachen der Revolution und über die SriegSschulvfrage zu äußern, da entfesselte sein scharfes Urteil über den Schulo- anteil der nalionalisirfchen Kriegstreiber au deutscher Seite einen wahren Wutorkan, bei der Rechten. Die Deutschnattonalen schrien wie rasend durcheinander und »ur Ministerbank hinauf. Dann stürmten sie aus dem Sa<L Der Mln.flerprändent ließ sich nicht »remahen; er blieb bei seinem Wort, daß die KrieoStrnber in PaiiS, in Petersburg, aber auch in Deutschland ihr traurige; Geweihe auküblen und noch heule ausüben. Auf den Schlag des Ministerpräsidenten folgte ofort dec zweite durch den stnnenminister. Se vering stellte fick an die Sette Brauns und eiNäite zur Verblüffung der Reckten, daß selbst volksparterliche Politiker wie Herr v. Schnee, dir ehemalige Gouverneur von Deutsch - Ostafrika, von einer Schuld ver deutschen Politik vor dem Kriege sprechen. „Ich habe — erklärte der T«»t«mt»ister — nie eine« Zweifel darüber telasse«, baß ich, im Interesse de» innere« Kried««», et« Gegner aller dieser vrianisatione» »in, wie „Stahlhelm-, „Inngdenlscher Orden* auf der ei«««, .Reichsbanner- ans ber «»deren Seite. Den Neull»,«» ist da» viel leicht eine überrasch«»«, aber bie alte« Mit- glieder ber D. «. P. »«»te« doch wisse», baß ich jede Gele e»h,it benutzt hnbe, »« de» Ausdruck z» gebe». I« einer Broschüre, die ber be«t ch«a»i»»ale Abg. Kickhb ffel i« Wahlkampfe verbreite», wird mir »achgesagt, ich habe La»besver rat geübt, den» ich hätte in diesem Hanse am 1l. April 1S2S von de» bewaffnete» Ki»woh»erwehre» gesproche». Ich habe damit »ur sestgesteltt, wa» i» ganz Preuße» jeder w»ßte, «»» wa» die Alttterte» »och besser wußte» als ich. »eine erste A»f. gabt al» preaßischer MBster de» g««,r» be- starb dari», die im Weste», gelegentlich des «app.Pmsches, »»tstandene« Arbeiterwehren anfj« Issen. Di« A«M««z der Ginoohner. wehren ist »„ von der «etchsregier»», a». -mpfohle». «>d wir sind raz, entiprechen» angrwiesen worde». «der ich habe a»ch ans innerster üdeqengnng dieser A»»eis»ng ent- sproche» »nd ich bi» al» prrußtsher Minister, > der die Verfassung beschworen hat i »»d sie h»ten muß, in dieser B.ziehuug wach sam geblieben." Der Minister gibt dann eine Reihe von Bei- spielen über den Zusammenhang der Verschwörer- organlsationen wie Stahlhelm und anderer Ber- Bölkerbund skeptisch gegenüber. In der Innenpolitik erklären ww der Regierung: Von der pfleglichen Behandlung der M l t t el st a n d s- fragen machen wir es abhängig, ob unsere freundliche Beziehungen zu ihr von Dauer oder nui vorübergehend s- n werden. Abg. Leicht (Bayr. Vp.): ES ist sehr schwer, gegen die Regierungsertlärung in sachlicher Weise vorzugehen. Ter Redner erklärt, daß das Zentrum se ner ausschlaggebenden Stellung sich wohl be- mußt sei, oaher habe es auch eine Jülke von Be dingungen gestellr. Mit Befriedigung habe seine Partei verronimen, daß die Beziehungen zwischen Reich und Ländern besser gefördert werden ollen. Wir sind bereit, für die Erhaltung des sozialen Friedens Osser zu bringen. Wir stehen auf dem Boden der Duldung, wollen sie aber nicht so au'gefaßi sehen, als ob wir Katholiken in Leutschland dre Geduldeten wären. Abg. v. Graese (Nat.-Soz.): Als der Banlrotr der Eifüllungspol tik sich selbst im Reichstag immer mehr bemerkbar machte und die Regierung zur Entscheidung über die Dawesgesetze an das Volk appellierte, da gingen die nationalen Par- teien in den Wa lkampf mit der Parole: Gegen die Tawesge etzel Tas Volk das nach dieser Parole wählte, wurde diesem ousammenhanz einen Bericht et««» Ober leutnants m Mecklenburg an die Freiheits- oartei mit, wonach diese „Ritter Mecklenburgs" ihren Eltern das Silbergerät gestohlen hatten und auch sonst übel beleumundet waren. 60 von ihnen kamen aus dem Gefängnis, wo sie wegen Diebstahl-, Notzucht und ähnlicher Dinge fassen. Im vorigen Jahre noch, erklärte der Minister, haben mich die Herren von der Deutschen Volk». Partei gebeten, auf ge viffe Vorgänge, besonder» in Brandenburg, ein aufme ksames Auge zu haben, (Hört, hört!, Heute ist es anders. Heute will man meine« Kur» nicht mehr. Ich bin mir aber ganz klar darüber, daß eS mit der StaatSautorität vorbei ist, wenn mein politischer Kur» verlaffen wird. über Person« frage» erklärte »er Innen minister: Die -metuaatzme vo» A»ße»ietter» soll die verwalt«»- »»zuverliissig gemachth«br»; dabei habe« die Herre» ber Deutsche» Volks partei selbst Außenseiter empföhle». Bei der ««»wähl soll ich »ich« die »ätige Sorgfalt be obachtet habe». De» Vorwurf kau» ich der De»tsche» volkSpartei znrückgebe». Ich eri»»ere a» Siegfried Weber, der sich a» die De»tsche VolkSpartei heraapirschte, m» ei» La» brats am t z» bekomme». Al» da» Herr Siegfried Weber vo» mir »icht erhielt, hat er t« der „Kre«ueit«»g" »»d i» der „Dentsche» DagrS- zeitmeg" Artikel erscheiae» lasse». Der „Tag" schreibt, der Endkampf werde chließlich gegen die Lüge geführt. Das unter- ckreibe ich. Ihre (nah recht») Lügen gegen mich rricken nicht an meine Fußspitzen (Lärm rechiS). Völkische Zettungen haben mich der Beziehung mit Schiebern bezichtigt und eine Reih« von Namen angegeben, mit denen ich nie etwa» u tun gehabt habe. Aber schon Hermann Lingg >at ge agt, Gemeinheit verrrcki schließlich an sich elbst. Ich habe ein gute» Gewissen und schrecke vor den deutschnationalen Lügen nicht »rück. AuSgeiechnet jetzt soll der psychologische lug-nblick für eine Recht-regierung ge kommen sein. 1. E. ist eine stabile Regierung nur zu schiffen auf dem Boden der großen Koalition. -tüim. Beifall m der Mitte, Anhaltende Wider- pruck-kundgebunzen recht».) Nah einer groß angelegten Red: de» Demo kraten vr. Preuß, der widersp uchslo» festste!!,«, daß da» Gutachten del Justizministeriums im Land tag von keinem fühlenden unsten angefochten worden sei, stellten di« Koalitwnkparteien einen Ant>ag auf Schluß der Debatte, der zr- nächst, infolge einer Zufall-mehrheit aus der kechten und de« Kommunisten, fi.'l, dann aber doch angenommen wurde. Die entscheidende Abstimmung erfolgt am Freitag. durch die Deutschnationale« getäuscht, VW VW ' Ammyme der Daweogefrtze ermöglichten. Daun standen die Deutschnationalen als be- trogene Betrüger da und jetzt, nach der Wetterbejetzung der Kölner Zone, muß sogar vr. Stresemann die Pleite seiner Tawespol'tik ein- gestehen. Und nun geschieht das Merkwürdige: Die beide« ll«terhäudler bei dieser Plette- poltttt bleibe« an brr Spitze der Ne gier«»« «,d ergänze«, sich dnrch Männer, die diese Politik er« »glicht habe». Wir Wune« eine solche R,zi,n»«g «iemalS unterstütze». Wir verlangen von Ler Neuerung die Auf. Hebung der Dawesgesetze. Die Regierung ist ver. pflichtet, die Magdeburger Richter zu schützen. Bei der Unter uchung der Fälle Bar. mat usw. kommt es in der Hauptsache nicht aus die Kredit oergehen an, sondern darauf, ob Beamte bestochen sind, und ob von den Schiebern die deutsche Valuta künstlich vernichtet worden ist. (Ruse links: ItinneS!) Wir ver fügen über geradezu erschreckendes Material. (Laute Rufe bei den Soz.: Heraus damit!) Es ist wohlgeordnet und gesichtet, ich verzichte darauf, es heule vorzutragen. — Rach diesen Worten rufen die Sozialdemokraten minutenlang dem Redner laut zu: Kommen Sie doch heraus damrt! Abg v. Graese spricht von „barmati scheu Brüdern", worauf sich der Lärm noch steigert, v. Graese jagt schließlich: Das Material werden wir früher oorbr-ngen als Ihnen lieb ist. Gerade- zu ekelhaft ist der Byzantinismus, den die Temo- traten Ihrem Götzen Ebert gegenüber zeigen. (Beifall bei den Rat-Soz. und Deutschnat.) Wir verlangen, daß Abgeordneten die Übernahme oder Beibehaltung von Aufsichtsralsposten gesetzlich verboten wird. Reichskanzler 1)r. 8»ther wro, als er zu tprechen beginnt, von den Kom munisten mit Rusen: Amnestie! begrüßt. Der Kanzler führt aus: Ich stelle mit Befriedigung fest, daß dal außenpolitische Programm der Regierung hier eine breite Basis gefunden hat. Selbst der Redner der Sozialdemokratie hat sich mit dem Re- gierungsprogramm einverstanden erklärt. Zu feinen weiteren Bemerkungen über die Räumung des Ruhrgebiets und der Kölner Zone bemerke ich, daß wir nach ver Londoner Konferenz, an der auch ich tettgenommen habe, leine Anlaß halten, an der Innehaltung der vertragsmäßigen Räumung zu weiieln. Bei den Besprechungen de- früheren Reichskanzler- Marx und de- Außenminister- Vr. Ltrescmann mit Lem engl schen Kabneltsches Macdonald über die Frage der Räumung der ersten Rcinlandzone hat Macdonalo erklärt, daß diese von der Durchführung der Entwaffnung abhängig fei. Al« sich bei der mtemationalen Er örterung die erien Anzeichen bemerkbar machten, daß die Räumung aus alliierter Seite in Zweifel gestellt würden, hat die Regierung ke.nen Augen blick gezögert, die Initiative zu ergreife»; sie hat >ie beteiligten ausländischen Regierungen damals ofort m der dringendsten Form darauf aufmerksam gemacht, daß Deutschland die rechtzeitige Räumung