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Es ist von einem jungen Musiker die Rede, der sich in eine Frau ver liebt, in das Idealbild einer uner reichbaren Geliebten. Ihr Erschei nen, jeder Gedanke an sie, wird in fünf Sätzen (nicht in vier!), als sei es eine Grand Opera, durch ein zyklisches Thema, einen Leitgedan ken, vergegenwärtigt, gleichsam zu einer fixen Idee („idee fixe"), die er überall wiederfindet, überall hört, mal süß und schön, mal qual voll leidend und schließlich zur Groteske verkommen. Der französische Musikkritiker Jo seph d'Ortigue urteilte 1 833: „Wir glauben in der Sinfonie von Berlioz das Vorspiel einer Revolution in der Instrumentalmusik und eine neue dramatische Entwicklung zu er blicken". Mit „Romeo et Juliette" (1839) ist der Komponist aus die sen Ansätzen heraus, die Trennung von Sinfonie, Drama und Literatur innerhalb der Instrumentalmusik gänzlich aufzuheben, tatsächlich noch einen Schritt weitergegan gen. Er komponierte eine „Drama tische Sinfonie", „in der reine Or chestersätze mit Chor- und Sologe sang abwechseln und alles in ei nem opernhaften Schlußtableau bekrönt wird" (Wolfgang Stähr). Die „Symphonie fantastique", ein wahrer Geniestreich des 26jähri- gen Komponisten, gehört heute zum Standardrepertoire eines je den namhaften Dirigenten und Or chesters und ist auch bei der Dresd ner Philharmonie sehr oft erklun gen. 4. Satz (Marche au Supplice/Gang zum Richtplatz; Allegro non troppo, 4/4-Takt) Mit der Gewißheit einer verschmähten Liebe im Herzen, vergiftet sich der Musiker mit Opium und hat dabei die schreckliche Vision, seine Geliebte getötet zu haben und sei zum Tode verdammt. In einem Marsch erscheint ein ungeheurer Aufzug von Henkern, Soldaten und Volk. Sein letzter Gedanke gilt seiner Liebe zu der angebeteten Frau (Melodie in der Klarinette). Doch das Fallbeil fährt krachend nieder (harter Schlag des vollen Orchesters, realistisch malen Pauken und Trommeln die Schrecken der Szene) und zerbricht die „idee fixe“ (und das Leben). 5. Satz (Songe d’une Nuit du Sabbat/Hexensabbat; Larghetto /Allegro; 4/4-Takt) Der Künstler träumt schließlich sein eigenes Begräbnis, glaubt einem Hexentanze beizuwohnen inmitten grausiger Gespenster und vielgestaltiger Ungeheuer. Die geliebte Melodie taucht wieder auf, aber sie hat ihren edlen und schüchternen Charakter verloren, ist zu einer gemeinen, trivialen und grotesken Tanzweise geworden. Glocken ertönen, das „Dies irae“ aus der katholischen Totenmesse erdröhnt, wird parodiert und am Ende mit dem wüsten Rundtanz der Hexen vermengt.