ZUR EINFÜHRUNG Kaum ein Musiker, ein Dirigent, ja ein Komponist unserer Zeit ist mit soviel Enthusiasmus über eine lan ge Zeit gefeiert worden, wie Leonard Bernstein. Seine unendli che Vielfalt wurde bewundert. Ein Musikgenie wurde er genannt, und als Triumphator wurde er gefeiert. Man kann zwar nicht gerade sa gen, daß er durch seine Musik die Grenzen des musikalischen Den kens in unserer Zeit erweitert habe, auch nicht behaupten, er habe große kompositorische Neuerun gen in die Musik des 20. Jhs. ein gebracht. Aber er war eines: ein Amerikaner, der nicht in Europa ausgebildet worden war, dennoch gründlich sein Fach studierte und dieses Können umzusetzen ver stand mit großem Geschick, viel Können und einer umwerfend ein nehmenden Persönlichkeit, die ge radezu magnetisch gewirkt haben mußte. Kein anderer Musiker des 20. Jhs. verfügte über ein derartig breites Spektrum. Bernstein schrieb Bücher, hatte eigene Sendungen im Fernsehen, hat an Universitäten Vorlesungen gehalten (dabei durch aus auch mit baumelnden Beinen auf einem Tisch sitzend flotte Sprü che von sich gegeben), hat natür lich viel dirigiert, komponiert und Klavierkonzerte gespielt. Er war ebenso ernsthaft wie locker, tat Gutes für andere, nahm aber auch für sich, was er bekommen konnte. Er hatte Mut zur Vision und war kühn, liebte es zu unterrichten, ver langte aber von seiner Umgebung äußersten Einsatz. Äußerst brillant beherrschte er seine eigene welt weite Medienvermarktung. Als Mensch hat er aber auch viel Leid erfahren, denn er war ein kompli zierter Geist, dem Streß und Span nungen arg zugesetzt haben. Psychoanalytische Behandlungen waren das Ergebnis. Und in seinen letzten Lebensjahren wurde er trotz seiner Erfolge, seines Ruhms und seines Reichtums von Frustrationen und Verzweiflung heimgesucht. Bernstein begann seine Karriere als ein Komponist der sogenannten E- (ernsten) Musik, erlebte aber sei ne größten Erfolge am Broadway. Als Dirigent wollte er sich aller dings nicht so weit erniedrigen las sen, aus dem Orchestergraben eines Broadway-Theaters heraus zu dirigieren, beschränkte sich al so zunächst nur auf das klassische Repertoire. Mit der „West Side Story" (1957) hatte er sich als Leonard Bernstein (1918-1990) Biographisches: • geb. 25. 8.1918 in Lawrence/Mass. • gest. 14.10.1990 in New York • Studium an der Harvard University (bis 1939), am Curtis Institute in Philadelphia (bis 1941) • 1942 Assistent von Koussewitzky in Tanglewood • 1945-48 Chefdiri gent des New York City Symphony Orchestra • 1958-69 Chefdiri gent der New Yorker Philharmonie • seit 1951 (Profes sur) lehrte er u. a. am Berkshire Music Center, an der Brandeis University, an der Harvard University