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SächsischeStaalszeilung Staatsan-eiger für den Freistaat Sachsen Erscheint Deritag» nachmittag« mit de» Datum de« Erschetnungötageö. Bezugspreis! Monatlich S Mart. Einzelne Nummern 15 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14574. Postscheckkonto Dresden Nr 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. Ankündigungen: Die 32 «am breite Grundzeit, oder deren Raum 30 Pf. di» 66 mw breite «rundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf, unter Ein gesandt 90 Pf Ermäßigung auf GeschästSanzetgen, Familiennachrichten u. Stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Nr. 223 Dresden, Mittwoch, 24. September 1924 Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Brrkauj-list« von Holzpflanzen aus den Staatsforstrevieren. Verantwortlich für die Redaktton: Haupifchriftleiter Bernhard Zolles in Dresden. Vertrauen in Deutschlands Zukunft. Reden SbertS und Stresemanns. Berlin, 23. September. Auf dem heutigen Begrüßungsabend der deutschen AußenhandelSkainmern im Hotel Espla nade gab der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelslager, Fran; v. Mendelssohn, seiner Freude Ausdruck, daß die Vertreter der Handelskammern so zahlreich erschienen seien und betonte das Gefühl der Zusammengehörigkeit des deutschen Volkes mit seinen Brüdern im Aus lande. Hierauf begrüßte Reichspräsident Ebert dir i I i-nenen Vertreter der Bereinigungen, die li die Ausländsdeutschen zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen geschaffen hätten, namens des Deutschen Reiches und des deutschen Volkes. Ci» seien erschienen, um mit der Heimat über die schweren Aufgaben zu beraten, die vom deutschen Volke zu lösen sein würden. Es danke ihnen für alles, waS sie draußen als Pioniere und MittlerdeutscherArt für die Heimat getan undgeleistet hätten. Die durch den Krieg schwerbetroffenen deutschen Kaufleute im AuSlande seien mit un- gebrochener Willenskraft sofort wieder ans Werk gegangen. Zerstörtes aufzubauen und neue Fäden wieder anzuknüpfen. Jeder Deutsche im Auslande möge auch die Verpflich tung gegen sein Volk in sich fühlen, davon Zeugnis abzulegen, daß Deutschland, trotz seiner Not, Anspruch auf Vertrauen erhebe. Diese- sei er orderlich, um die schwere Arbeit zu erleich- lern, die im Londoner Abkommen über nommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Voraus- setzung hierfür sei, daß Deutschland wieder, wie früher, an der Weltwirtschaft teilnehme. Möge die Tagung reich sein an Anregungen und Gewinn zum Besten aller Deutschen drinnen und draußen. Reichsminister vr. Stresemann führte hierauf u. a. aus: Die Aussicht auf einen, wenn auch langsamen,Wiederaufbau unserer Wirtschaft darf uns die Sorge um die, die fast alles verloren haben, nicht vergessen lassen. Es beginnt eine neue Ära deutscher Handelspolitik. Wenn die Reichsregierung den Londoner Abmachungen zu- stimmte, so tat sie es vor allem, um bessere Verhältnisse für die deutsche wirtschaftliche und industrielle Situation zu schaffen. Nichts hat uns mehr geschadet, nichts hat die Initiative unserer Kaufleute mehr zurückgedrängt als die Un- sicherheit der wirtschaftlichen Verhält nisse. Größer, als befürchtet, sind die Lasten, die uns auferlegt sind. Nur der Glaube an Deutschlands Zukunft wird uns diese Lasten tragen helfen und die Hoffnung, daß wir die Arbeitskraft finden werden, die zum Wieder aufbau notwendig ist. Dem AuSlande gegenüber daif es nur ein Deutschland geben. Wir wollen Wieser aufbauen, und im Vertrauen auf die Zukunft wollen wir die Gegenwart ertragen. Der „Fall Lied". HoMose elnschvlvigu-üc». Weimar, 23. September. Der Rücktritt des StaatSbankpräsidenien Loeb erfährt in der Presse eine umfangreille Er örterung. Die amtlichen und nichtamtlichen Mel dungen verschiedener Zeitungen über eine angeb liche Aktenverschiebüng werden widerlegt durch einen viief, den Loeb bereits am Sonntag an den Finanzmintster richtete. Reben einer Reihe geschäftlicher Mitteilungen enthält dieser Brief folgende Äußerungen: „Meine persöuliche» Akte« sowohl patttischer wie prtvOt-eschäftlich« N«t»r al» auch die Akten an» de« AusfichtSratSmaudate«, für deren Amtsführung ich persönlich haftbar bi», habe ich bereit« a«» de« Bureauräume» »er Staatsbank entfernt nnd meiner «ohnnng tn Krank,nrt am Mat« ,«- geleitet.* Damit bringt Loeb zam Ausdruck, daß er durchaus nicht eine Aktenverschiebung beabsichtigt oder vorgenommen hat, sondern daß es sein gute» Recht war, persönliche Akten nach seiner Wohnung in Frankfurt a. M. überführen zu lassen. Der Inhalt diese» Briefes wurde bei dem Erscheinen der Polizei in der Staatsbank sofort bekanntgegeben. Sie mußte unter allen Um- ständen daraus ersehen, daß die ihr gemeldete Altenverschiebung durch Absendung von Soffern eine Denunziation war. Trotzdem wurde Loeb, wie auch die beiden anderen anwesenden Herren Maerker und vr. Kies, eben wegen dieser angeblichen Aktenverschiebung bi» früh- morgens festgehalten. Die gegen Loeb er- hobenen Vorwürfe und Anschuldigungen, mit denen die Regierung eine Entlastung des Staats bankpräsidenten Loeb eventuell rechtfertigen wollte, erweisen sich nicht als stichhaltig. Ihm wurde vorzeworfen, eine absichtliche Bilanz- Verschleierung durch Übertrag von 150 000 M. I aus Devisen auf Provision-konto unter Gewinn-s und Verlustkonto vorgenommen zu haben. Auf diese Anschuldigungen hat Loeb an da» thürin gische StaatSministerium folgendes geantwortet: .Dieser Übertrag, der gar «ich«, »«- gehöriges ift, wurve vom Gesamtbirek- torium beschlösse«, vom Verwaltung», rat «nd vom Herr« Kina«tmt«ister, unter ausdrücklicher Darlegung der Gründe, genehmigt. Wenn der Herr Finanzminister auch sonst behauptet, daß er von diesen Dingen nicht» verstehe, so möchte ich be merke», daß die ganz simple Drrstrlluug meinerfett» keinerlei Mitzdentnng »»- läßt. Ich habe dem Herr« Ainauzmmister mitgeteilt, daß wir diese Umbuchung vor nehme«, weil ich r» im Interesse der Staats bank nach de» gewesenen Angriffen für dien lich halte, zudem die Provisionen für Devisen ¬ geschäfte ans diese« Konto mit verbucht waren. Der Herr Kinanzminister hat dieser Begründung, wie gar nicht ander» zu er warte« «ar, volles Verständnis ent- gegengebracht «nd derhalb zngestimmt* Loeb weist des weiteren die Vorwürfe der mangelnden Kreditkontrolle und die Angriffe, die sich mit der Kreditbeschaffung beschäftig.-», entschieden zurück und weist nach, daß er korrekt gehandelt Hal. Es ist einfach haarsträubend, welche Gerüchle mit dem Rücktritt des ihüringi- schen Slaaisbankpräsidenten in Verbindung ge bracht werden. Flucht- und Selbstmord'ersuche we.den in diese Angelegenheit wisftntlich hinein gespielt, obwohl jedem bekannt ist, daß Loeb und der 2 aatSkommiffar Maerker sich in Weimar frei bewegen und den Dingen, die da noch kommen sollen, frei ins Auge sehen. Deutschland und der Völkerbund. Die gewünschte« Ausklür««gen. Erläuterungen zum amtlichen AommuniquL. Berlin, 24. September. Zu dem Ergebnis des gestrigen MinisterrateS wird dem D. T. von informierter Seite geschrieben: .Da» amtliche Sommnuiqu» über die gestrige Sitzung de» MimstrrratS weist darauf hi«, daß die in Lando» erzielte LöMng der »eparattanS- frage den »eg zu einer aktive» Behandlxg der Krage des denttchen Eintritt» in den Völ kerbund eröss«et habe. Datsächlich sind anch alsbald nach dem Sade de. Londoner Kon ferenz vrjprechungen darüber aufgeuommn» worden, die in der gestrigen Unterhaltung zwischen Lord D'Aberuon und vr. Strese mann uns tu den Besprechungen vr. Ra», seu» mit de« ReichSkanzler gipfelt,». Dies, Besprechungen habe« gewisse Ergebnisse ge habt, da sonst der heutige Entschluß der ReichSregienmg, der De«tsch>«ud ja grund sätzlich sestlegt, nicht zustande gekommen wäre. Die bisherige« vefprechuuge« hab,« ab«r «och nicht di, Einzelheiten geklärt. Die bisherige« Vermittler Ware« anch nicht imstande, ans die denttchen Fragen erschöpfende Antworter, zu gebe», «s si»d als» wettere Feststell»«ge» notwendig, die da» Au», wärttge Amt »«»«ehr, in mehr oder weniger offizieller Form, einholrn wird. Diese Er- knudi-«»-»» werden entweder dnrch die biplo- n attjhrn Vertreter bei den i« völkerbnndSrat verintrnen Mächte« eingezogen werde», »der ab,r durch Besprechungen deS deutsche» Ge sandte« i« der Schweiz, vr. Adolf Müller, tn Genf festgestellt werden. Die Frage«, die «och ,« kläre« sind, liegen anf der Hand E» dürfte sich »«nächst um die Gewähr dafür handel», daß Dentsch- land anf vollständig gleichem Knße mit den andere» «Echten im Rate de» völkerbnnde» behandelt wird. Auch bi« Bestimmungen deS Artikel» 1 der völkerbn»d»satz»«gni, wonach der eintrevnde Staat bestimmt, Erklärung,» über die Er- süllnng seiner i»ter«ati»»ale» ver pflicht» nge» abzngebe» hat, bürste» z» Rückfrage» v,ra»lasjung gebe». Dies« vestim» munge» si»d 1b2s, bei dem Eintritt v »lga- rirn», dazn brn»tzt worbe», v»lgart,n zu z»i»ge«, sich »och etumal feierlich auf de» Arte»e»Svertrag vo» Re»illtz z» ver pflichte». Ei»e »eue v,rpflichtu»g auf de» Vertrag von Versailles dürste »atttr- lich für Deutschland nicht i» Betracht komme». E» ist allerdings sowohl von englischer wi, französischer Seite offiziös er klärt worden, daß daran anch nicht zu deukru sei. «eitere uoch zu klärende Kragen dürfte«» mit de» veftimmnngen üb,r die Z »»»-»- exekutio» dnrch den Völk,rb»»d v»sa«m,n- häng«», «ach den Artikel» 12 »»d 1« u»d anch nach dem Entwurf de» Sicherheits- Pakte» sind dir BölkerbnndSmächte, mit AnSnahm, der Schweiz, unter Amständrn gehakte», für ein, Exekution de» «öl- kertnnde» Drnppen znr Ver fügung ,» stellenundanch ihr« Gr,»»«»»»«, Durchzug d«r Druppc« zu ösfaru. Dies« Verpflichtungen würdr« für DeutschlauL, dessen Heer ja nur eine kleine Polizei- macht darstellt und das geographisch bei alle« mögliche, »onslitte» in einer ganz be sonderen Lage ist, völlig «,tragbar sein. Ma» müßte also von vornherein darüber Klarheit habe», inwieweit solche v,r- pslicht»»ge» für da» »»gerüstete «ab gegen- über seine« t» «affe» starrende« Nachbarn ziemlich wehrlose Deutschland i« Frag, käme«." G Verneinung des Bürgerblocks. Berlin, 24. September. Der Beschluß der Reichsregierung ist, wie der .Soz. Parlamentsdienst" bemerkt, in seiner prak- tischen Bedeutung eine klare Absage an die D eutschnationaken, eine Verneinung des Bürgerblocks. Man mag sich gegen diese Auslegung sträuben, wie man will, mit dem Augenblick, wo sich die Regierung grundsätzlich für den Eintritt in den Völkerbund ent- schieden hat, hat sie eine Entscheidung gegen die Deutschnationalen getroffen, di« eine deutsche Mitgliedschaft in Gens mit den schärfsten Mitteln bekämpft haben. Die Regie- rung hat aber auch insofern — ohne eine auS- drücklichen Beschluß gefaßt zu haben — die Wünsche der Deutschnationalen verneint, als sie am Dienstag in eine Erörterung der Kriegs- schuldfrage überhaupt nicht einge treten ist. Sie hat es vorgezogen, über diese Frage .einstweilen" nicht zu debattieren und für absehbare Zeit überhaupt zu schweigen. ES steht also fest, daß die Reichsregierung zwei deutsckmationale Vorbedingungen für deren Be teiligung an der Regierung klar und ein deutig abgelehut hat. G Der Eindruck i« Genf. «,«f, 2S. September. Di« d,»Ische Regieru»-»,rklärung wirb i» völkerbu»d»kreije« lebhaft k»«m,«tiett. Ma» v,rz«ich»,1 e» al» eine gewiss, Klär»»g d,r Sachlag,, daß z»m ,rst,»mal eine deutsche Re- gi,r»»g sich gr»»dsätzlich für be » bal big,» Eintritt i» den VSlkerbuub rrNärt hat. v,«»standet wirb die unklare Fassung b<» letzte» Satze» t» b,r Regier»ug». erklär»»g, ter i» »lleriiaud D,»t»»gc» t« »»- günstige» St»»e A»laß geben kö»»e. Da Deutsch- laub be« Eintritt bi» hmte hi«a«Sgez»gkr1 habe, statt »or brei «ocheu, gleich «ach ber Erklär««- Ma«b»«albS, ve« Ei«tritt z« vollzirhe«, ist ma» jetzt iu Ge«f brr Meinung, daß et«, be friedigende Lösnng während dieser Dag»«z nicht mehr möglich ist. Die einzige Möglichkeit läge tn ei»e« unmittelbare, Schritt« d«r e»g- lisch«, »nd französisch«» Regieruug, ei» außer orb«»t>ichr» verfahr«» für D«»tschla»bs sofortig« Aufnnhm, »ud bi« glelcht«ttig« Ge- währn»g «1»«» ständig«» RatSsitze» d»rchz»führ«n. E» st»b i» biestr vezi«h»»g ht«r in Ve»f schon verlache u«l,r»omme» worbt«. Slt da«»rn »och a«. Ahr Erge»«tS iE «vn s«hr »»gewiß. Eine andere Version, di« von französisch«« Kreis«« bii kotiert wird, wünicht eine veteili- g«»g Deutschla«d» a« »«« Arb«it«n der stä«dige« Kommission«« be» völk«rb««d»rat«S «och vor Dettfchlaud» Ei»tritt l»d «och vor vegiul drr mteruationale» Abrüftl«gSkonstr«»z. Hier müßte« aber vorher geeignete verhandl«»ge« geführt werde«, da eine »«mittelbare Dril»ah«e s»»ft »»r völkerb»nbS- mitglirder» gestattet wirb. Ma« rechnet jetzt «it ber Datsache der baldigen Ei«bernf«»g einer a»ßerorde«tliche» vollversam ml,«g i« «agesähr zwei Monate«, die die Auf«ah«e Deutschland», «achde« «Ile F»raalttäteu erledigt jt«b, vottjirhe« wird. Im ganzen ist der Eindruck der E»klär»ug nicht uugünstig, obwohl «a, eine klarere Form der Erklärung iu bezug a»f di« deutsche» vedinguage, für d«« Eiutrttt gr«S»scht hält«. Ma« hosft ab«r tabki, ba» De«ljchla»d nicht d«rch übkrtki«br«t «nd ««sachliche Aorbtr««ge» den Gang ber ve»handlange« erschwere« ober gar ««möglich mache« wir». Lord Parmoor äußerte sich optimistisch über de« Gesamteindruck, oh«e Ei»i»lerk>ir«ngt« abz«gebe«. vra«ti«g »ar «icht der Ansicht, baß nunmehr, auf brm Wcge der dirckte« diplomatische« verhandln«-,«, drr endgültige Eintritt Deutschlands z«r Dat fache werde. Weder Privilegien noch Aus nahmen. Paris, 23. September. Die HavaS-Agentur v-röffemlicht fol gendes Kommunique: Nansen hatte am Dienslag früh die französische Delegatton um eine Unter redung ersucht, die dann, in Gegenwart sämtlicher Mitglieder der Delegation, stattsand. Er erklärte, daß er das Sprachrohr einer gewissen Anzahl von Delegationen sei, indem er sich bei der französischen Delegation nach ihrer Haltung informieren solle sür d-n Fall, daß da- Deutsche Reich ei, Gesuch um Zulassung in den Völkerbund eir- reichen würde. Aristidr Briand ernwerte, im Ramen seiner Kollegen von der französischen Delegation, daß diese Frage zuallererst eine Regierungsfrage sei, dereu Beantwortung in Bettin, in London «nd in Paris gesucht we den müsse. Er äußert« eine gewiss- Überraschung darüber, daß die Mei nung Frankreichs in vieler Sache nachgesucht werde unter Ausschluß der anderen. Briand fügte hin;«, daß kein Grund vorliege, den Standpunkt zu än- dein, der am 15. September, von der Tribüne der Genfer Völkerbundsversammlung aus, durch den französischen Ministerpräsidenten Her- riot entwickelt wurde und besagle, daß die Zu lassung Deutschlands den für alle geltende« Regeln unierworftn werden müßte: weder Privilegien noch Ausnahmen. Die französische D.legalion machte geltend, daß ei« ZulassungSg esuch Deutschlands, das zu einer so späten Siunde d-im Völkerbund ein- treffen würde, wenig Aussicht hätte, rechtzeitig «u errem Ergebnis zu gelangen. Ma» versichert, daß Nansen von dieser Unteiredu»q eine»