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Ler mm kntimf eines MrbnMBes. Die Einzelheiten des Vorschlages von Benesch. Genf, 18. September. Der von dem tschechischen Außenminister Benesch inr Auflrage der Zwölferkommishon ausgearbeitete Borschlag eines Paktes zur gegenseitigen Friedenssicherung ist zurzeit noch Gegenstand der internen Beratungen. Der Wortlaut dieses Dokumentes, der im ein zelnen noch Abänderungen erfahren wird, ist je doch jetzt schon bekannt geworden. Im Vorwort des Entwurfes heißt es: „Um einen dauerhastcn Frieden in der Welt zu gewährleisten und die Sicher heit der Bölter, deren Existentfreiheit oder Gedirt bedroht werden tonnte, sowie in dem Wunsche, <in System aufznstrllcn, das die friedliche Lösung aller Konflikte gestattet, die edentnell zwischen den Mitgliedern der inter- natto-aleu Gemeinschaft auftauchcn könnten, und der Unterdrückung eventueller inter- natioualer Berdrechen, sowie ferner in dem Entschluß, die Herabsetzung und Be schränkung der Riistnn gen, wie sie in Artikel 8 des Bölterbundspaktes vorgesehen ist, zu verwirkliche», erllären die Vertreter der unterzeichneten Staaten, folgende Bestim mungen annchmen zu wollen . . ." In den nun folgenden 11 Artikeln ist folgendes nicdergelegt: Der Artikel 1 spricht die Verpflichtung zur obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit des ständigen internationalen Gerichtshofes aus. Tie Unterzeichner verpflichten sich, alle Sons 1 ikte, für die ein Schiedsgerichtshos nicht vorgesehen ist, vor den Rat deS Völker bundes zn bringen und die Artikel 12, 13 und 15 des völkcrbundpaktes durchzuführen. Ter Artikel 12 sagt, daß die Mitglieder ihre Sireitfälle, die zum Bruch führen könnten, dem Schiedsgerichtsverfahren oder einer Untersuchung durch den Rat zu unterbreiten haben und in keinem Falle vor Ablauf e.ner Frist von drei Monaten, nach Fällung des Schiedsspruches oder Erstattung des Berichtes des Rates zum Kriege schreiten. Wo der Rat als SchicdSgcrichiehaf wirkt, rnischeivet er mit einfacher Stimmenmehrheit. Tie interessierten Parteien haben das Recht, in ihrer Angelegenheit im Rat: zu sitzen. Ter Völkerbundsrat kann während der Nnlerfnchung des Streit falles den Parteien ave Maßnahmen vorschreiben, nm einen bewaffneten Konflikt auf,»halten. Im Falle unmittelbar drohcnecr Gefahr kann der Rat die Parteien verpflichten, Maß nahmen dagegen zu ergreifen, daß der Kon flikt sich verschärft oder weiter entwickelt. Artikel IV sagt: „Um die Durchführung der provisorischen Maßnahmen jU sichern, dir zum Zweck haben, einen Konflikt zu verhindern, und um die genaue Fest stellung des Angreifers möglich zu machen, kann der Rat oder der zuständige Gerichtshof aus rigener Initiative oder auf Verlangen einer Paitei sofort bei Beginn des Verfahrens oder! mch in jedem anderen Augenblick internationale Sontrollkommissare entsenden, deren Aufgabe darin besteht, sich zu vergewissern, daß während der ganzen Tauer des Verfahrens keine der Parteien Vorbereitungen einer wirtschaftlichen »der militärischen Mobilisation v»rnimmt. Diese Kommissare werden bereit« von vornherein durch den Völkerbundsrat bestellt, der auch ihre Tagesordnung aufvellt. Sie sollen aus militärischen und bürgerlichen Sachverständigen bestehen, die nach Listen er nannt werden, die von den verschiedenen Re gierungen ausgestellt werden. Eie müssen wenig- stens binnen acht Tagen, nachdem die zuständige Gerichtsbarkeit die Notwendigkeit einer Kontrolle beschlossen hat, an Ort und Stelle sein." Im Artikel V heißt es: „Jeder Staat, der seine Streitfragen nicht dem hier vor- gesehenen friedlichen Verfahren unter wirft, jeder Staat, der sich nicht sofort den in Artikel II vorgesehenen provisorischen Ma'nahmen aupaßt, jeder Staat, d:r die Urteilsiprüche d:r zuständigen Schiedsgerichtsorgane nicht binnen der im Schiedsspruch bestimmten Frist durchführt, wird, wen« dieser Akt des Ungehorsams die Gefahr in sich birgt, den Weltfrieden zn stören, als -lnareifer erklärt und außerhalb des Gesetzes gr stellt. Tiefe Erklärung wird in de« Fällen, wo eine feii er Vorschriften nicht durchgrsührt wird, vom ständigen Anternati-nale« Gerichtshof er lassen, und in den ansrrn Fälle« vom Bölker- buntsrat mit einfacher Liimmk«mehr!>eit." Die Staaten sollen vertragsmäßig entmilitarisierte Honen schaffen, weil diese geeignet sind, Angriffe zu ver hindern. Tic bestehenden oder noch zu schaffenden entmilitarisierten Zone» sollen aus Verlangen eines anderen Staates einer vom Völkerbund organisierten Kontrolle unterworfen werden. Sobald die UngesetzlichkeitSerklärung deS Angreifers verkündet ist, wexden Sanktionen gegen diesen erlassen. An diesen Sanktionen hat jedes Mitglied des Völkerbundes Icilzunehmen. Tic Nntcrzeichncr verpflichten sich einzeln und gemeinsam, dem angegrif fenen und bedrohten Staat zu Hilfe zu kommen und sich gegenseitig durch Aus tausch hiusichtlich der Versorgung mit Roh stoffen und Rahrnngsmittcln aller Ari, drr Eröffnung von Krediten, »nd hinsichtlich drr Transporte und des Transitverkehrs zn unter stützen. Wenn beid: im Streit befindlichen Parteien als Angreifer erklärt worden sind, richten sich die Sanktionen gegen jeden der beiden. Der Bölke rbundsrat hat die Befugnis, durch die ständigen Kommissionen, über die er verfügt — wirtschaftliches und Finanzlomitee, zeit weilige gemischte Adrüstungskommissionen und ständige beratend: Militärkommijsion — fest- stellen zu lassen: 1. Die Aktionspläne zur Durchsatz- rung der Blockade gegen den Angreifer. 2. Die Pläne für die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwi schen dem angegriffenenStaat und den Staaten, die ihm zu Hilfe kommen. Der Rat kann von einzelnen oder von einer Gesamtheit von Staaten (verbündete Staaten) Verpflichtungen entgegennehmen, die von vornherein die militärischen Kräfte bestimmen, die sie für die Durchführung der Sank tionen sofort zur Verfügung stellen müssen. Die einzelne« Staaten können außerdem, sobald der Augrrifer sestgestellt ist, ihre mili tärischen Streitkräfte gemäß de» Verpflich tungen oder in dem von ihnen darüber hinaus für notwendig gehaltcne« Umfang« aufbicten. Die Durchführung der Sanktionen darf nicht die Verletzung der territorialen od«r politischen Unabhängigkeit des Staates deS Angreifers mit sich bringen. Die Unterzeichner verpflichten sich mst ihrer Unterschrift, an einer internationalen -tbrüstungSkouferenz teilzunehmen, die vom Völkerbund in kürzester Frist einberusen werden soll. DaS Programm für die Herabsetzung der Rüstungen wird dieser Konferenz vom Völkerbundsrat vorgelegt weiden. Wenn in einer noch zu bestimmender« Frist nach dem Inkrafttreten dieses Paktes die Ab- rüstnngdkonfrr.nz nicht znsammengetreten ist, oder der Abrüstungspla« nicht angenommen «nd durchgesührt ist, gewinnt jede der ver tragschließenden Parteien ihre volle Hand- Inngsfreiheit wieder. Bricht innerhalb dieser Frist ein Konflikt ans, so sollen die hier vor gesehenen Bestimmungen voll durchgesührt werden. Jeder Streitfall betreffend die Durch führung oder die Auslegung dieser Protokolle wird dem ständigen Internationalen Gerich 1s- hos vorgelegt. » Daü schwere Werk des Friedens. Der Völkerbund mutz sich durchsetzen. Paris, 18. September. Zur Lage schreibt „Jourriör Jrdusturielle": Im Augenblick, in dem in Genf das Protokoll der internationalen Abrüstungskonferenz auSgearbeiiet werde, breche in China der Krieg aus und in Georgien komme es zum Auf stand. Man könne fragen, ob di: Genfer Versammlung ein besseres Schicksal als lie Haager Fri.denskonferenz haben werd.'. W.nn man wirklich wolle, daß das am Ufer des Gcnstr Sees aufgerichtete Gebände ein Hort des Friede«» sei« solle, so müsse noch manche» beseitigt werde«. Wenn man aber alle Fehler vertnschen nnd systematisch alle die beiseite schiede« wolle, die Kritik übten, so liefere min eine frhr schlechte Arbeit und mache eine noch schlechtere Politik. Der Völkerbund könne sich nur in drm Maße entwickeln, in dem es ihm möglich sei, Glauben in se inen Be stand zu erwecken. Cs wäre eine Gefahr, wenn inan ihn auszwingen wollte, salls er sich nicht durchsetzen sollte. Dte AtrLßltnz-kAtroLe t» tze» ßesie-te» Li»dern. Ler Plan de» V-lkerbundes. Genf, 19. September. Da« „Journal de Genöve" macht folgende Angaben über den von der Militärkommission des VSlkerbund»ratcS auSgearbeiteten Plan zur Kontrolle der Abrüstung in Deutschland, Österreich, Ungarn und Bulgarien: Sämtliche RatSmitglleder sowie die Rachbarftaatm de« z« kontrollierender, Landes habe.« Vertreter zu bezeichnen. A«S diese» V»rtreter» wird der Rat in jeb«m rinzel»«» Falle «ine Untersuchung^- kommisjio« «rnenne», dt« ihrerseits rin« lluterkommission i« das zu tontrollicrende Land entsrndet. »rin besiegter Staat kau» Vertreter in diese Kommission entsend«», selbst wenn er als Mitglied des Völker bundes dazu berechtigt wäre. „Journal de Genöve" glaubt, daß infolge- dess.'n auch die Schweiz als Nachbarstaat Teutsch, lands ein Mitglied in den Kommissionen hätte. Da« Blatt will ferner wissen, daß die eng- kischen, italienischen und schwedischen Vertreter in der Militärkommission des Völkerbund,«, dir di se« Projekt aus- arbeite, mit der Beteiligung von Staaten, die dem Rate nicht angehör- ten, nicht einverstanden gewesen seien. Vorlänfig teine Kontrolle durch den Völkerbund. Genf, 17. Septcmt-er. Tie VölkerbundStommissio» für militärische Angelegenheiten hatte einen Pla» iu Ausjtcht ge- nommc«, der die Schaffung eine» mili tärische» Kontrollorgans deS Bölt«r- dnndes sür Bulgarien, Österreich- Ungarn und Deutschland vorsah. E» be stand die Wahrscheinlichkeit, die Kontrolle Tcutsch- landü schon jetzt drm Völkerbund zu über trage», wen« Deutschland im völkcr-uud wäre. Wcgc» der Haltung dcr deutsche« Regierung hat mau de« Plan ausgcgcbcn. Es bleibt deshalb das Ergebnis der »o »trolle abznwarten, chc die Bölterbnadstontrolle kommt. Eine ent- sprcchcndc Entschließung wird dem Rat in dcr nächstk« L tzung vorgclegt werden. * Ter Verlauf der Kontrolle Teutschluuds. London, 1». September. Der diplomatische Berichterstatter des „Taity Telegraph" schreibt: Rach Mitteilung der briti schen diplomatischen und militärischen Vertreter in Drutschland nehmen die von der intcralliirrtcn Kontrollkommission geführten Untersnchungcn er freulicherweise einen sehr glatter Verlauf, wie dics noch nie der Aall grwese« sei. Die Hal- iung dcr dcutschcn M litärbehördc sci bisher üver- rinsiimmend offen und höflich grwcsrn. Es hätte sich lei» unerfreulicher Zwischenfall ereignet. Die Räumungssristeu lausen vom 1. Leptember an. Berlin, 18. September. Anf «rund des Artikel S 8 2 der Anlage 3 z« dem Schlnßprotokoll der Londoner Konferenz stellte die ReparationSlommijsio» i« ihrcr Sitzung am 1. September fest, daß die zur Arbeitödienstpflicht. Von Mar Adler. Tie drohende Mehrbelastung der Massen löst automatisch in den Köpfen die Assoziation „Mehr- arbeit — ArbertSdienstpflrcht" aus. Vokabeln w«e „Ertüchtigung", „Volksgemeinschaft", „Erhöhte Pro duktion", Körperlich-sittliche Erziehung der Jung mannschaft" — alle lieb und vertraut aus der glorreichen Vorbereitungszeit, die diesem verflosse nen herrlichen Dezennium der Erprobung vorauf ging — infizieren die geistige Atmosphäre. Noch ist man so berauscht von dem überkommenen satalen Worterbe, daß sich im Reichstag heute mit Leichtigkeit eine Majorität für die Einführung der Albeitsdicnslpflicht zusammensände. Es ist ja so einfach, anderen das Arbeitsdienstjahr zuzu- muten! Wie es eine einfache Sache war, sie in den Krieg zu schicken. Nur die es angeht, finden die Angelegen- heil nicht so unkompliziert. Die Jugendbünde protestieren. Tas Jugendkaltell der freien Ge werkschaften in Köln, d m rund 10000 Mitglieder angehören, hat beschlossen, gegen die gesetzliche Einführung der ArbeitLdienstpfllcht den passiven Widerstand zu proklamieren. Es geht um ein altes zentralistisches Manöver. Im 17. und 18. Jahrhundert trieb man die Bettler und Arbeitslosen von den Straßen in die neuen Werkhäuser und Industriebetriebe, um die ökonomische Macht der absolutistischen Staats gewalt und des aus fiskalischen Gründen von ihr geförderten Unternehmerkapitaks im Kampf geg»n die konkurrierenden Staaten zu stützen. Richt etwa, um die Interessen der Menschen und volttgenossenschastlichen Verbände wahrzu nehmen: gegen sie richtete sich ja in erster Linie der Arbeitszwang. Krieg nach innen und außen war die ausgesprochen« und heimliche Parole der auf Arbeit«inlensivierung und Arbeitspflicht beruhenden merkantilistisch«« StaatSwirtschaft. Krieg war da« arme Provukt de» Jndustrie- sklaven der Manufaktur und des Arbeitshauses, Krieg die Maschine, die ihn aufs Pflrüer warf. Und all die brennende, durch die Furcht vor Hunger und Zuchthaus geschürte Arbeitswut er hielt nren Antrieb von oben her, von den Antreibern des Absoluiismiis und des Privat- kapital-, die eifrig darauf aus warrn, daß jeder Arme sich in dem grauen Netz der Arbeitspflicht verfing, indes si: selbst wohlweislich, als Zuscharer und Dirigenten, außerhalb blieben. * W ed:r droht Henie die Gefahr einer allge meinen Fesselung an die Arbeitspflicht, ohne daß die naturnotwendige Voraussetzung der Gleich berechtigung aller von dec Arbeitspflicht zu Er fassenden gegeben wäre. Man hört von faustischen Projet en, von der Urbarmachung riesiger Moor- und Hndeflächen, von gemeinnützigen Wshnungs-, Eisenbahn-, Kanal- und Brückenbauten, von Ver billigung dec Warenherstellunz, der Nahrungs mittel und Gebrauchsgegen iände, dec Kraft und des Stromes, vor Verminderung der Einfuhr und der Staatsausgaben un> von der Erhöhung der Staatseinnahmen. Und über der ganzen mdustriaüslifchen Faia Morgana schwebt, als triumphierende Dominante, die Melodie von der körperlich-geistigen Ertüch tigung aller Glieder dec Volksgemeinschaft. Wir kennen di» Weise, wir kennen den Text. Laßt erst die Volksgemeinschaft da sein — dann können wir weiter reden! O Wir haben eS mit Schaudern erlebt, zu welch ungeheuerlichen Konsequenzen die allgemeine Kriezsdienüpflicht führte: die Masse wurde nach den S hlachlfeldern dirigiert, die Anstifter und wohlwollenden Zuschauer des Unheils hingegen ließen sich entweder für den Heimat- und Etappendienst reklamieren oder betätigten sich höchstpersönlich al« Iirisierende. Soweit sie nicht überhaupt unabkömmlich waren. Die Unterschiede aber zn berühren, die sich an« dieser Art von theoretisch«, BolVgemeinschaft fü, dt« Lösung von Fragen der ein-chneid.'ndsten Praxi', wie Löhnung,! Lebensmittelversorgung (der Kriegs- und Nah- kriegszeit) ergaben, dürfte sich vollends erübrigen.! Bei dem gegenwärtigen Slande dessen, was man euphemistisch „Volksgemeinschaft" nenat, würbe durch dre Dekretierunz der Arbeilsdienßpflicht nichts anderes erreicht werben, als daß zu den segrirs- reichen Berufekalegorien des Kriegs- und Friesens- gswinnlerS noch oie Kategorie des Arbeitspflicht-! gewinnlers hinzuträte. Die Einführung der Ar-1 beitedien tpslicht würbe ja ar oen heute gelienbeu Mach'verhäliniss:» nicht das geringste ändern: wer aber die Macht hat, hat auch die Macht, sich von oer Arbeit zu drücken und au; der Arbeit der an dern Vorteil zu riehen. Unausbleiblich: Folge der ArbeitSdienftpflicht wäre dagegen die fortschreitende Korruption der seelischen unv sittlichen Kcäfle des Volkes. Jeder würde ein „Führer" sein wollen, keiner ein „Pflicht- arbeiter". Die Lust am Schaßen, bei dem gegen wärtigen Staube der Arbeit?- und Gesellschafts- organisalion bereits an sich ein unlösbare» Pro blem, würoe unter der Herrschaft des gesetzlichen A.beilszwanzs enrzültig erstickt werden. Noch weniger als bi-her wäre vie individu-lle Neigung deS Men schen ausschlaggebend für Berufswahl und Berufs- tätiakeit. Was einer von Haus aus treibt, nach Maßgabe seiner Gewohnheit, seiner Tradition oder seiner natürlichen Eignung, wäre gleichgültig: die .aufgegebene Arbeit" würde, mindestens i» der Zeit seiner Dienstpflicht, aber a!» psychischer Antrieb auch weit darüber hinaus, sein Leben beherrschen. * Die Erziehung deS Volke« zur Arbeit war jahrhundertelang da» höchste innerstaatliche Ziel aller absolutistisch-zentralistischen Regierungen. Man machte da- Bolt und seine Arbeitskraft zum Gegenstand einer Art beschreibenden Raturgeschichte. Man untersuchte seine spezifisch« Eignung und Retgung zu diesem und jenem Industriezweig, * brachte de» lebendigen Körper der Mafien »»m Zwecke rationellerer Ausbeutung in ein techno logisch kommerzielles System. Man baute Arbeits-, Waisen- und Zuchthäuser für industrielle Erziehung und hämmerte dem Unlertan in Srhristen, Predigten und Gesetzen den neugeblideien Begriff dec individuellen Arbeitspflicht ein (wo vordem ein freudiges Schaffen im Nahmen dec organisch erwahsenen, natur gegebenen Volk-gemeinshast, ohne Geheiß von oben, sich von selbst verstanden hatte). Colbert war Meister dieser routinierten zentralistischen Beein- flussunzsmelhobik, die, aus Zwang und Suggestion wirksam gemischt, das ganze Volksleben und Volksdenken auf Jahrhunderte hinaus uud bis auf diesen Tag induslrialistisch verfälscht hat. Arbeitspflicht bedeutete Zerschlagung der schied- lich.friedlich wirtschaftenden VoUSfvderation, be deutete Konkurrenz und Krieg nah innen und außen. Unvermeidliche Konsequenz der allgemei nen Arbeitspflicht war die allgemeine Wehrpflicht. Anh die ArbeitSdievstpflicht ist nichts anderes als maskierter Militarismus. Man will die Arbritöoressur als Schrittmacherin des militärischen Drills. Die Kaserne soll wieder in irgendeiner Form dominieren. Man spricht vom alten Zucht geist und meint die Wiederbelebung des alten Zuchlhausungeists. Der obligatorische Handgriff wäre nur das Vorspiel des obligatorischen Gewehrgriffs, die Arbeitsdienstpflicht die schönste Vorbereitung aus einen neuen Krieg. , Die weseniliche Gefahr de- Projekts liegt i, seiner psychologischen Auswirkung. Rach etwa zwei Jahren wären alle Möglich keiten, das aufgebotene ArbeUSdirnstheer aus reichend zu beschäftigen, so gut wie erschöpft. Di« Institution.der Arbeitsdienstpflicht würde dann er lösche«, weil lh, die Ratur selbst de» Bode» entzöge. Abe, »na»tlöschlich »nd »»heilbar bliebe di« seelisch« Infektion, dte dem Volkskörper durch die