Volltext Seite (XML)
Die Komponisten und ihre Werke » „Die Fünfte“ von Brahms/Schönberg „Einmal alles hören“ Arnold Schönberg komponierte „streng im Stil von Brahms“ „Ich glaube, mit diesem Stücke ist es wie mit manchem von Dir, das wird einem erst recht lieb, wenn man es genau kennt, erst oft gehört hat,“ schrieb Clara Schumann ihrem Freund Johannes Brahms am 29. Juli 1861 aus Kreuznach. Der junge Komponist hatte ihr die neu esten Erzeugnisse seines Schaffens geschickt, und Clara, hervorragen de Pianistin ihrer Zeit, verriet ihm recht ausführlich, was sie u.a. vom Klavierquartett schätzte, aber auch, was sie als gewöhnungsbedürftig oder wagemutig empfand. Und in ihrem oben zitierten Satz, der auf das Trio des Quartetts gemünzt war, nannte sie bereits so früh ein wich tiges Merkmal im Schaffen des Hamburger Meisters. Als Arnold Schönberg, der spätere Arrangeur dieses Werkes, 1950 in seinem Essayband Style and Idea einen Aufsatz Brahms the Progres sive betitelte, so spielte der Brahmsverehrer auf tieferliegende formale Neuerungen an, zu deren Entdeckung nur eine intensive Beschäftigung mit dem Notentext befähigt. Natürlich war Brahms kein Neuerer und Eroberer im Sinne Wagners, aber Schönberg wollte das Bild des konservativ wirkenden Komponisten Brahms korrigieren, den Hugo Wolf lang weilig fand oder Peter Tschai kowsky für überschätzt hielt. Für die Bearbeitung dieses Kam mermusikwerkes op. 25 nannte 1939 Schönberg die geistigen Ur sprünge seiner Arbeit beim Namen: „Meine Gründe: 1. Ich liebe das Stück 2. Es wird selten gespielt 3. Es wird immer sehr schlecht ge spielt, weil der Pianist desto lauter spielt, je besser er ist, und man nichts von den Streichern hört. Ich wollte einmal alles hören, und das habe ich erreicht. Meine Absichten: 1. Streng im Stil von Brahms zu bleiben und nicht weiter zu gehen, als er selbst gegangen wäre, wenn er heute noch lebte. 2. Alle die Gesetze sorgfältig zu be achten, die Brahms befolgte, und keine von denen zu verletzen, die nur Musiker kennen, welche in sei ner Umgebung aufgewachsen sind.“ {Brief an den amerikanischen Kritiker Alfred Frankenstein) Transkriptionen waren im 19. Jahr hundert unumgänglich. Die Arran geure bemühten sich dabei meist, aufwendige Besetzungen zu redu zieren und für kammermusikali schen Einsatz verwendbare Parti-