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Staatsanzeiger für Erscheint Werktag« nachmittag« mit dem Datum de« Lrscheinung«tage«. Bezug«pret«: Monatlich 3 Mark. Einzelne Nummern 1k Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 212SK — Schriftleitung Nr. 14K74. - Postscheckkonto Dresden Nr. 248k. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140. den Zreiftaat Sachfen Ankündigungen: Di« 32 wm breite Grundzeit« oder deren Rau« 30 Pf, die kk mm breite Grundzeile oder deren Rau« im amtlichen Teil« KO Pf, anter Ein gesandt SO Pf. Ermäßigung ans Geschüftsanzrigen, Familiennachrichten u. Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Dresden, Montag, 4. August 1924 Nr. 179 Zeitweise Nebenblätter: Landtag«-Beilage, verkauf«»-« von Holzpflanze» auf den EtaatSforstrevterar. verantwortlich für die Redaktion: I. v.: Oskar Edel in Dresden. Die Abreise der deutschen Delegation nach London. verli«, 4. Auguft. Die deutsche Delegation zur Londoner Konferenz wird, nach dem die dentsche Kegierimg die am Sonnabend übermittelte Einladung angenommen hat, heute vormittag in der «eunte« Ttunde von Verl in abreisen und danach am Dienstag vormittag in London eintreffe«. Die Einladung an Deutschland. London, 3. August. Der englische Ministerpräsident hat der Deutschen Botschaft in London gestern nach mittag nach Beendigung der Bollkonferenz die Einladung an die Reichsregierung zur Ent- serdung von Delegierten übermittelt. In dem Schreiben wird ausdrücklich darauf verwiesen, daß Deutschland mit den Alliierten über die Durch führung des Sachverständigengutachtens verhan- dein soll. Schließlich bringt der englische Premier im Auftrage der Chefdelegierten den Wunsch zum Ausdruck, daß die deutschen Vertrete, sobald al» möglich nach London entsandt werden. Die An kunft der deutschen Delegation wird für Dienstag in London erwartet. Die Bollkonferenz wurde gegen halb 2 Uhr mittags beendet. Sie verabschiedete die Be- richte der ersten und dritten Kommission, verzichtete jedoch darauf, auch die Sisenbahnfrage in den besetzten Gebieten endgültig zu lösen. Dieses Problem soll in einer für Montag vor mittag halb 11 Uhr einberufenen Besprechung der Chefdelegierten erneut erörtert werden. Man er wartet, daß diese Erörterung zu einer befriedigen- de» Lösung auch für Frankreich führen wird. Berlin, 3 August. Amtlich wird gemeldet: Die Einladung der Reyieruna zur Deilnabme iUl.HU Lon- doner Konferenz ist am Sonnabend eiu» gegangen. Sie ist von dem britischen Premier minister dem deutschen Botschafter in London am Nachmittag übermittelt worden und telegraphisch am Abend in Berlin eingetrossen. Das Schreiben des britischen Premierministers lautet in deutscher Übersetzung wie folgt: „Als Präsident der jetzt in London ver sammelten Jnttrallierte« Konferenz habe ich die «hre, Sure «;,«>!«», zn ersuchen, der dcu scheu Rrgiernng eine Einladung »n über mitteln, Vertreter »n ernennen, «m mit der »onferen» die beste« Methode» für di« Inkraftsetzung deS DaweS-BerichtS vom v. April 1V24 zu erSrtern, de« die alli ierten Regierungen ihrerseits al« Ganzes an genommen haben und der von der drutfche« Regierung in ihrem Schreiben an die Repa- rattonSkommisst» i vo« 1«. April angeao«men worden ist. Ich wäre dankbar, wen« Kure Exzellenz mir sobald wie möglich die Na«en der deutsche« Vertreter ««d de» 8eitp»«kt ihrer Ankunft mittetle» wüiven, die, wie ich hoffe, »icht später al» «»»tag, de« 4. Augnp, erfolge» wird." G Die Einladung der deutschen Regierung nach London kommt so spät, daß sie weder Hoff- »ung«n erwecken, noch Enttäuschungen bereite« kann. In dem Einladungsschreiben Macdonalds wird zwar höflich darauf hingewiesen, daß e» gelte, hie zu, Durchführung de« angenommenen DaweS- Plane« erforderlichen Maßnahme« zu „«rvrter«", aber e« liegt a«f der Hand, daß die Erört«- r«ng«möglichkeiten durch die Festlegung her Alliierten auf ihre Kvmpromißformeln a»f« äußerste eingeschränkt sind. Lon einer völligen Gleichberechtigung der Partner au« Berlin kann unter diesen Umständen nicht di« Rede sein. Was zu Beginn der Kon ferenz als ein glückverheißendes Symptom ge würdigt worden wär«, wird heute überall nur »och als eine Formalität angesehen. E« soll nicht diktiert, sondern verhandelt «erden. Aber „verhandelt" nur über Dinge, die vorher festgelegt sind und an deren Abänderung wahrscheinlich schon um deswillen nicht gedacht wird, weil sie sofort alle die Streitfragen wieder aufrollen würde, die »ran soeben in wochenlangen Diskussionen und Kvmmissionsberatungen mühselig unter einen Kom promißhut gebracht hatte. Wenn man die Dinge so ansieht, wie sie sind, wiich man von der Anwesenheit der deutschen De legation in London keine Wunder erwarten. Ihr wird es kaum erlaubt sein, die für Deutsch, land brennenden Fragen voll aufzurollen, zu denen t» erster Linie di« militärische Räumung de« Ruhrgebiet«« gehört und die vertragsmäßige Räumung auch de« altbesetzten Gebiete«. Nach dem Sachverständigengutachten ist die Durch führung der Dawes-Pläne nicht möglich ohne die Wiederherstellung der vollkommenen wirtschaftlichen Souveränität Deutschlands in den besetzten Ge- bieten. Daß diese wirtschafiliche Souveränität in Geltung wäre, wenn noch immer und, wie er nach den Verhandlungen in London die Absicht zu sein scheint, noch auf Jahre hinaus fremdes Militär im Lande bleibt, das bei jeder unpassenden Gelegen- heit in die Angelegenheiten deutscher Behörden und deutscher Privatpersonen eingreift, werden die Sachverständigen sicher nicht angenommen haben. Freilich waren sie durch ihren Auftrag gebunden, kein Gutachten über militärische Dinge abzugeben. Über ihre Meinung in dieser Frage aber kann nach dem ganzen Inhalt ihres Gutachtens kein Zweifel sein. Ähnlich liegt es mit der französischen For derung, da- DaweS-Gutachten dahin zu erweitern, daß 4000 französische Eisenbahn«! im Be triebe der Reichsbahn im besetzte« Gebiete verbleiben sollen. Diese Forderung ist mit den Grundlagen des Sachverfländigen-Be- richteS unvereinbar. Daß sie auch eme politisch für Deutschland schwer erträgliche Reubelastung be- deutet, liegt auf der Hand. TaS alles sind For derungen, die sich der deutschen Delegation von vornherein entgegenstellen und deren Erfüllung Zu- geständnisse bedeuten würden, die weder im Ver trag von Versailles noch im Sachverständigen-Be- richt vorgesehen sind. Einen Fortschritt allerdings scheinen die Londoner Kompromiße zu bringen. Sie schränken das „Sanktionsrecht" der ein zelnen Mächte — wie e» vo« Frankreich behauptet, von anderen bestritte« wird — durch chiedSgerichtliche Bindungen erheblich sein. Und hier scheint denn auch der einzige Gewinn zu liegen, der bisher von London für die Befriedung Europas ausgehen will. Der deutsche« RegierungSdelegation winkt eine schwer« Aufgabe. Wir hoffen im Interesse unsere« Boltes mrd be- sonder» der schwer leidenden Bevölkerung an der Ruhr, daß e» ihr gelingt, ein erträgliches Resultat ihrer „Verhandlungen" heimzubringen. Freilich, unsere Erwartuugen sind keineswegs hochgespannt. Und man wird sich die Ergebnisse der Konferenz sehr genau ansehen müßen, bevor »an endgültig dazu Stellung nimmt. Daß au« der Delegation jeder Sozialdemokrat ««»geschaltet w«rde, auch der preußische Ministerpräsident, tp eine Dat,ach«, die wir nur nebenher noch einmal feststellen wolle». Die deutsche Telegatis». Berit», 3. August. Bevollmächtigte Delegierte: Reichskanzler Marx, Reichsminister vr. Stresemann, Reichsminister vr. Luther. Generalkommissar« der Delegatio«: Ministerialdirektor v. Schubert, Legationirat Wiel, Sekretär der Delegation. Vertreter der deutschen Behörde»: Siaatssekreiär Bracht, Reichskanzlei, Ministerialrat Kiep, Reichskanzlei, Ministerialdirektor vr. Spiecker, Preßeabtellnng der Reichsregierung Ministerialdirektor Gau?, Auswärtige« Lat, Gesandter Ritter, Au«wäriige« Amt, Vortragender LegationSrat v. Friedberg, An« wärtige« Amt, Siaattsekretär Fischer, Reichsfinan mnrsteriu«, Ministerialdirektor Ruppel, Re chsfinanzministerim», Staatssekretär Bogt, ReichSverkehrSmimsterim«, Siaattsekretär vr. Trendelenburg, ReichSwirtschaft«- mirusteriur», Ministerialrat Graf Adelmann, Reichiministerrrm I für die besetzten Gebiete, Staatssekretär Weismann, Preußisches rtaatS- Ministerium, Staattrat vr. Schmelzle, Bayerisches Ministerium de» Äußern. Hier » kommt noch das unbedingt nötige Büropersonal Die »och zu regeludeu Fragen. London, 4. August. Der diplomatijch« Berichterstatter de» „Daily Telegraph" bezeichnet sollend: Puntte als noch von der Londoner Sonf-renz zu regelnde: 1. Die A»t»ritS1, die de» Laweg- bericht ««»legen soll, 2. die ««»arbeitunq ei«eS Proto kolls d«rch daS juristl'che Komitee, « di« Bestimmung der Frage» d«rch die N«- p»r«tio»sr,»misji»n, üüer welche die Kor»» Missi», direkt mit de» De»tsche» »er handel» soll, «»rüber ei« «cmaraudn» seit Sonnabend beendet sei, 4. die Frage der Eijenbnh«e« im westrheinischen Gebiet. Der Rat der Sieben, der heute bereits zusammentrete, werde diese Fragen, die ihm zu endgültiger Entscheidung übergeben worden seien, eiör ern zusammen mit dn militärischen Räumung des Ruhrgebietes uns der britischen Besetzung der Kölner Zone, desgleichen werde er sich außer mit dem Problem der Amnestie für das besetzte Gebiet besaßen mit dem Verfahren, das von der Kon ferenz und dem Obersten Rat selbst gegenüber der deutschen Delegation befolgt werden solle. Die Reparattonskommlssicn, die deutsche Delegation und die Bankiers müßten gemeinsam über di« Bedingungen der vo,geschlagenen Anlech: von 40 Millionen Pfund Sterling beraten. Zuziehung der Deutsche« zu» Oberste« Rat. Paris, 4. August. Ler Sonderberichterstatter de« „Journal" be zeichnet den Beschluß de« zweit«» und dritten Konfereaza»«schusse« als allei nige Gegenstände der Verhandlungen mit der deutschen Delegation und schrabt weit« über de» einzuschlagenden Verhandlung» mod«S: Die d«»tsch«» vertret«, wär»«» v«n Heide» K»«»tssio»r, a»,e,lte»«rt werde» »»d «nch i» de» oberste» Rot ,«trete», her hamil ,» einem Rat der Zeh» würde. Zur Frag« d«r militärische» Räumung de« Ruhrgebiet««, d«ren Erörterung »uht »»bedingt ohne Zuziehung der D:utsch«n statt- sindca müsse teilt de, Berichteistmter »och mit: -n ein«, gestern »»« Wastzingt», ei»» getroffene» Melvnng »erd« »nzwetvottg der La»dp»»kt vertrete», Voß V«S Rnhr- gebiet sofort anch »tlttärtsch gerün«» Werve» «üsj«, va viese Räum»»« vorvevt»g»»g »er wittfchaftltche» Einheit De»tschla»VS sei. Der Londoner Sonderberichterstatter de« „Oeuvre" schreibt: Zum erstenmal sett sehr langer Zeit haben Dentsche und Franzose» GelegenhcÜ, von Angesicht zu Angesicht mit- einander zu red,«, ohne Mittler, ohne Sprach- rohr und ohne Makler. Sie müßen au« dieser Gelegenheit Gewinn ziehen. Die Deutschen und die Franzose« haben einander viele« zu sagen, «enn e« sich für den Augenblick auch nur um die Räumung de« Ruhrzebietes handelt, wat nicht »nter allen Umstände« unangenehm sei» muß. Die De«tschen solle» sofort mit »er Rep»r»tio»sto«»issio» verhandel«. Pari«, 4. August. Haooö -eruht-t aus London: Die Delega- tionSführer treten heute vorm'ttag 10 Uhr in Downingllrcet zusammen. Macdonald wird seine Kollegen ersuchen, das Berfahren festzusetzen, das während des zweiten Teiler der Konferenz in Anwesenheit der Deutschen befolgt werden soll. Er soll weiter die Absicht haben, vorzuschlagen, daß namentlich dieReparationskommissionmit den Deutschen die Debatte über die in ihre« Zustindigkeitsberesth fallende» Fragen so fort unter dem Vorbehalt aufnehme, daß zwischen England, Frankreich und Deutschland eine Verständigung über die wirischaflllche Räumung des Ruhrikbietcs erzielt werde. Der gleichen Ourlle zufolge wird trotz des heutigen Bankfeler- tageS mit der Möglichkeit gerechnet, daß »och heute nachmittag vor dem Eintreffen d«r Deutschen eine Sitzung der Konferenz stattfindet. O Keine geheime Abmachung zwischen Herriot und Macdonald. Pari«, 4. August. HavaK dementiert I» ei»«r LoutvaerMel- vn«g die Nachricht, »aß eine gchcime A b«a ch»»ß zwische« Herriot »»d «arsonald »»- sta«vr gekommen sei, auf »rund drre« der e«g- lifche Premierminister die Absicht habe, de« Parla«e»t die Streichung der sra«zö- fische» Schulde» »orzusihlage«, während sich Hcrrwt habe »«Pflichten solle», keine So«der- aktiv» mehr zu »»ier»,hme» und die Nä««»»g deS NuhrgebicteS z» dejchlamigr«. G Englische Preffestimme«. London, 4. August. Die „Tim.'s" schreiben: Zum erstenmal seit d«m Kriege seien wirklich vollständig« Vereinbarungen zwischen allen Alli ierten am Sonnabend erzielt worden. England und Frankreich ständen wieder zusammen. — „Westmi»ster Gazette" sagt, man glaube, daß die Deutsche», die morgen in London ei«- treffea würden, dr« Bereitschaf t zeigen würden, zur Erzielung einer Vereinbarung zweck» Inkraftsetzung de« DawrSplane« beizu tragen. — „Daily Expreß" bezeichnet die auf der Konferenz er-ielte Vereinbarung al« Macdonald« TrimpH. — „Daily Herald" schreibt: Der Wunsch nach Beendigung der Konferenz sei allgemein. Trotzdem werde es mellächr notwendig sei», sich auf wettere 10 bi« 14 Tag« »der noch «ehr gefaß « machen. Ein jeder Versuch, ei»e Erörterung mit de» Dentsche» z« verhinder», over über ihr« Ewwäüd« hinwegzustretfen würd«, wen» nicht formell, so doch tatsächlich, für de» Er folg verhängniävoll sei». Avgemei» hoff« «an, daß die Deutschen ihr Beste« ttm würde«, bei voller Wahar»g de« bausche» Iniereße« Vie Geduld der alliierten Staatsmänner nicht z» stark in Ansornch zu «ehmen. G Außerarbeutliche Befriedigung in Paris. Pari«, 3. August. Die m Loudo» nach 18tägige» Verhandlung«» über die Durchführung deS DaweS-PlaneS unter den Alliierten erzielte Verständigung wird vo» da» weitaus größten AL da öffentlichen Meinung Frankreichs mit außerordentlicher Befriedi gung begrüßt. Selbst in den Kreisen der Oppo- i sition ist man »rotz der an manchen Einzelheite« deS zustandegckommene» Kompromißes geübte» ! Kritik herzlich froh, endlich zu einem positiven Er gebnis gelangt zu sein und so den Ersolg der i London« Konferenz gesichert zu sehen. Die ! Linkspresse spricht in ihren Kommentaren, die sie de» London« Vtschlüßen widmet, vo« eine« großen Steg der demokratischen Ide« v«r obligatorisch«» EchiedgerichtSbarkeit,