Zum Programm: „Hoher Norden“ — das sind alle skandinavischen Heimatländer der heute zu hörenden Komponisten: Finnland, Esdand, Norwegen und Schweden. „Weiße Nächte“ stehen entsprechend geographisch der Mitternachtssonne im Monat Juni nahe, die während der gegenwärtigen Novembertage — hier und jetzt — eine wohltuende musikalische Helligkeit und Wärme vermitteln. Die Schöpfer der Beiträge des vorliegenden Konzertprogrammes beweisen diese wohltemperierte Stimmung natürlich nicht nur mit der heutigen Auswahl ihrer Kompositionen. Dass Finnland mit einem Frühwerk seines „Nationalheros“ Jean Sibelius das Konzert eröffnet, unterstreicht vor allem seine Bedeutung für die Musikgeschichte seines Heimadandes. Neben dem Klavierbeitrag aus dem Schatz der viel zu wenig beachteten Frühwerke Opus 5 von Sibelius in einer eigenen Bearbeitung des Komponisten für Streichorchester, steht die nahezu gleichzeitig entstandene, berühmte Holberg-Suite seines älteren Kollegen Edvard Grieg aus Norwegen: eine Art Festmusik zum 200. Geburtstag des dänischen Dichters und Historikers Ludvig Holberg. Beide Meister, Grieg und Sibelius, nehmen eine Zentralstellung als längst zu Kosmopoliten avancierte Repräsentanten ihrer nordeuropäischen Länder ein. Charakteristisch für die national patriotischen Stilentwicklungen im 19. Jahrhundert überall in der Welt ist die jeweils traditionelle heimatliche Folklore als ideelle Basis. Sie beeinflusst spürbar alle gehobenen Kunstformen und Werkgattungen, ohne sie im Einzelnen zu paraphrasieren oder gar wörtlich zu zitieren. Erste Impulse gingen von Haydn, Gluck, Mozart und Beethoven als die führenden Köpfe der „Wiener Klassik“ des 18. Jahrhunderts aus. Mit ihrem „Zurück zur Natur!“ huldigten sie nicht nur dem neuen Zeitgeist einer bürgerlichen Musikkultur, sondern überwanden mit ihm die bis dahin alles beherrschende südeuropäische Barockdominanz Italiens. „Schwedisches“ Beispiel dafür ist der sinfonische Beitrag des kurmainzerischen Joseph Martin Kraus als Zuwanderer aus Deutschland. Die überraschende Qualität seiner Werke und das Schicksal einer dramatisch kurzen Lebensfrist bei vergleichbar reicher Schaffensfülle mit dem großen Salzburg-Wiener Meister haben ihm posthum den Ruf eines „badischen Mozart“ eingebracht. Da er in Göttingen als musikalisch hochbegabter Jurastudent mit dem Hainbund sympathisierte und sich durch ein aufmüpfig formuliertes Musikpamphlet „Etwas von und über