DRESDNER PHILHARMONIE em aufbrechen. Die Reprise marschiert unter dem Bewegungsimpuls des dritten Themas un ausweichlich dem Ende zu, der Satz wird jedoch in der Orchestrierung spiegelsymmetrisch abge schlossen: das erste Thema erscheint erst ganz am Schluss wieder in der originalen reinen Strei cherinstrumentierung, der versöhnliche Ton der Klarinette ist jetzt aber durch das eher scharfe Pfeifen der Piccoloflöten ersetzt. Als der DDR-Musikwissenschaftler Alfred Brockhaus 1962 zum zweiten Satz schrieb: »Die ser Satz der Zehnten Sinfonie wird meist als Ver körperung des Bösen, Feindlichen interpretiert«, wusste er noch nicht, dass Schostakowitsch in seinen Memoiren dieses Böse beim Namen nen nen würde: Stalin. Der gehetzte Scherzo-Satz entwickelt aus der quasi ziellosen Weiterführung eines unisono vorgetragenen Themas der Holz bläser einen Bewegungsdrang, der scheinbar außer Kontrolle gerät. In die kurzen Atempau sen hinein klingt das Hämmern der Militärtrom mel. Das pendelnde Thema, das in immer neue Höhen geführt wird, ist eine verzerrte Variante aus Mussorgskis Oper »Boris Godunow«, ein Werk, das Schostakowitsch sehr schätzte. Dort hatte dieses Thema das Volk versinnbildlicht - eine Bedeutung, die sich (mit dem Gedanken an Stalin) leicht auf diesen Sinfoniesatz übertragen lässt. Das »Volksthema« wird nämlich mit einem auftrumpfenden Motiv konfrontiert, das bei Schostakowitsch generell für »Gewalt« steht. In einem furiosen Mittelteil, in dem die Streicher dominieren, wird eine Variante des Volksthemas vom Holzbläserapparat in immer neue schrille Höhen gequält - eine Bewegung, die kein Ziel hat und in der Rückkehr zum martialischen ers ten Teil endet. Immer schneller, schriller, atem loser hetzt die Musik nach vorne, schließlich wird gewaltsam ein Schluss gesetzt. Der dritte Satz (Allegretto) setzt gegen ein distanziert-tänzelndes Streicherthema einen