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Franz Liszt (1811 -1886) :: Der 13. Psalm Aus dem Virtuosen der Wanderjahre wurde in Weimar der Komponist: Neben Berlioz und Wagner war Liszt der größte Instrumentierungskünstler seiner Zeit, der unermüdliche Forscher, der in der Musik Antwort auch auf die grundlegenden Fragen von Leben und Tod suchte. Weimar erschloss in der schöpferischen Kunst Liszts eine neue Epoche. Waren die Kompositionen der vorangegangenen Jahre in der Hauptsache dem Klavier Vorbehalten, begann nun die Reihe der sinfonischen Dichtungen, der Sinfonien und der großen Chorwerke. Das 19. Jahrhundert hatte kaum noch einen Musiker, der das »Einerlei« und das »Vielerlei«, das »Gleiche« und »Verschiedene« in eine so fantastische Einheit zusammenfassen konnte wie er. »Was Liszt anrührt - sei es ein ungarisches Kunstlied oder ein Volkslied, eine ita lienische Arie oder anderes - dem drückt er den Stempel seiner Persönlichkeit auf, dass es zu seinem Eigentum wird« (Bela Bartök). Den 13. Psalm komponierte Liszt in seiner Weimarer Zeit 1855 und noch im selben Jahr wurde das Werk in Berlin aufgeführt. Die dem König David zugeschriebenen alttestamentarischen Lobge sänge sind Gebete von dichterischer Schönheit. Die Reihe der Psalmenverto nungen vom Mittelalter bis in unsere Tage ist bedeutend. Auch der Gefühls- und Gedankenwelt Liszts standen die Gesänge Davids nahe, aus denen er Inspiration und schöpferische Lebenskraft gewann. »Aus der Tiefe seines Herzens heraus« habe er den 13. Psalm vertont. Giuseppe Verdi (1813-1901) :: Pater noster Fast zwanzig Jahre nach dem Requiem, bewegt durch den Tod des italienischen Dichters und Patrioten Alessandro Manzoni, entstand Verdis letzte Oper: Falstaff (1893). Er war achtzig Jahre alt. Keiner seiner Vorläufer ist je so alt geworden, hat so lange komponiert. Am Abend der Uraufführung (9.2.1893) glich die Mailänder Scala einem Volksfest, an dem alle Gesellschaftsklassen begeisterten Anteil nah men. Danach wurde Verdis Leben ruhiger - die Sommer in Sant'Agata, die Winter in Genua. Doch ganz ohne Musik ging es nicht: Verdi verabschiedete sich mit einem geistlichen Werk, den »Quattro pezzi sacri« (Vier geistliche Stücke) für Chor mit und ohne Orchester (1898). Das »Pater noster« gehört nicht dazu, ist musikalisch aber ganz im Geist und Charakter dieser Stücke geschrieben, mit erhabener Erfindungs kraft und echter Frömmigkeit. Gemäß seinem Wahlspruch, dem er ein langes Leben lang nachgestrebt hatte: »In der Kunst wie in der Liebe muss man vor allem auf richtig sein.« Cesar Franck (1822 - 1890) :: Der 150. Psalm Die »Musikanten Gottes« wurden Sie genannt: Franck und Bruckner. Nicht nur dies verbindet beide Meister, ihre Weltgewandtheit, ihr Schaffen im Stillen, die späte Erkenntnis ihrer Werke stellen auffallende Parallelen dar. Beide waren unübertreff liche Organisten und ideenreiche Improvisatoren. Nietzsches Wort trifft beider Charakter und Schicksal: »Abseits vom Markte begibt sich alles Große.« Bei der Auszeichnung mit dem Kreuz der Ehrenlegion war von der »Anerkennung vorbildli cher Pflichterfüllung« des Lehrers Franck die Rede, nicht aber von seinen Komposi tionen. Nach Aussagen von Zeitzeugen stand ihm nur die Zeit von fünf bis sieben Uhr morgens für die schöpferische Tätigkeit zur Verfügung. An seinem Grabe dank te ein ihn Verehrender mit ergreifenden Worten als den »bewundernswertesten Künstler« und »geliebtesten Lehrer«. Und Liszt, der ihm einmal lange beim Orgel spiel zugehört hatte, sagte ergriffen: »Ich glaubte, Johann Sebastian Bach zu ver nehmen«. Zu seinen bekanntesten Werken zählen große, aber selten gespielte Oratorien, Sinfonien, sinfonische Gedichte - unter ihnen »Psyche« (mit Chor, 1888). Die Opern haben sich nicht behaupten können, dafür aber seine geistlichen Kompositionen, eine Messe und der kurze 150. Psalm. Anton Bruckner (1824- 1896) Te Deum Anton Bruckner teilte vielerlei in Charakter und Schicksal mit Franck: die un scheinbare Existenz, das späte Erkanntwerden, das Außenseiterleben in einer Weltstadt, der feste Rückhalt im christlichen Glauben. Dieser scheinbar ruhige Lebensverlauf wurde durch ein nachhaltiges Erlebnis erschüttert: Bruckner hörte im Sommer 1865 in München Wagners »Tristan und Isolde«. Zu seinem göttlichen Leitbild kam ein menschliches dazu, dem er ein Leben lang die Treue bewahrte. Wagners chromatische Sinnlichkeit wurde bei Bruckner zur religiösen Mystik. Gustav Mahler war einer der wenigen, die hinter dem oft hilflos dem Alltag Ausgelieferten das Genie ahnte. Vor seinem Tod empfahl Bruckner nach seiner (unvollendeten) 9. Sinfonie das Te Deum als Finale zu verwenden. Bei Beethoven/Schiller steht im Schlusssatz der »Neunten« der Mensch im Mittel punkt (»Ihr stürzt nieder, Millionen ...«), Bruckner richtete seine Hymne an Gott selbst: Dich loben wir, Gott! Als »Stolz meines Lebens« bezeichnete Bruckner das Te Deum, »mein bestes Werk«. Es entstand in einer Phase, die fast ausschließlich mit der Arbeit an den Sinfonien ausgefüllt war. Der Beginn der Beschäftigung mit dem Werk lässt sich auf das Frühjahr 1881 datieren. Es blieb vorerst bei diesem Entwurf. Erst nach der Vollendung der 7. Sinfonie 1883 nahm er die Arbeit am Te Deum wieder auf. Am 7. März 1884 war die Arbeit an der Partitur endgültig been det. Die Uraufführung in Wien stieß zunächst auf Schwierigkeiten. So kam unter Bruckners Leitung eine Aufführung mit einem für zwei Klaviere bearbeiteten Orchesterpart am 2. Mai 1885 zustande. An Hermann Levi schrieb Bruckner: »Das Te Deum ... welches ich Gott widmete, wird mit unbeschreiblichem Jubel aufge nommen.« Am 10. Januar 1886 folgte die Uraufführung mit Orchester unter der Leitung von Hans Richter. Selbst die Bruckner meist ablehnend gegenüberstehen de Wiener Presse konnte die Größe des Werkes nicht leugnen. Schnell fand das Te Deum weltweite Verbreitung, es zählt zu den Werken, die Bruckners dauerhaften Ruhm begründeten. Philharmonischer Chor Dresden im Gewandhaus Leipzig