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Indessen ist, obwohl Beethovens „Neunte“ in der Tat den Anstoß zu Brahms’ Beschäftigung mit der Sinfonik gab, die in von Bülows Bonmont assoziierte Verwandtschaft mit ihr genau genommen zu kurz gefasst; der überwältigende Eindruck von der Neunten, die Brahms 1854 unter Hiller in Köln kennenlernte, hatte nicht zu einer Sinfonie, sondern zunächst zur Komposition der sinfonisch inspirierten d-Moll-Sonate geführt, aus der später über das Zwischenstadium einer sinfonischen Fassung des ersten Satzes das Klavierkonzert op. 15 hervor ging- Nach der Veröffentlichung seiner c-Moll-Sinfonie, angesprochen auf die „merk würdige Ähnlichkeit“ des hymnischen Themas ihres Finalsatzes mit dem Freudenthema Beethovens, hat Brahms denn auch, der banalen Enthüllungen aufs höchste überdrüssig, mit galligem Unmut pariert:,Jawohl, und noch merk würdiger ist, dass das jeder Esel gleich hört!“ Denn natürlich hatte er die Analogie absichtsvoll herbeigeführt: das Finalthema seiner 1. Sinfonie erscheint wie sein Urbild als Hymnus in drei Strophen, und auch für die vielen rezitati- visch-dramatischen Elemente der langsamen Einleitung finden sich in der Neunten Parallelen. Kaum weniger wichtige Beziehungen lassen sich aber von Brahms erster zu Beethovens fünfter Sinfonie finden. Beide verbindet neben der Tonart die gespannte Haltung im Kopfsatz und in der langsamen Introduktion des Final satzes, und beide folgen derselben dramaturgischen Konzeption, für die die Musikgeschichtsschreibung das Motto Beethovens „Per aspera ad astra“ über liefert hat. Doch wenn der durchführungsartige Teil desselben Satzes bei Brahms wie der Höhepunkt der zweiten Leonoren-Ouvertüre in einem vermin derten Septakkord - Eskalation der dramatischen Entwicklung und Klangsymbol der Ausweglosigkeit - mündet, stellt sich eine weitere Deutungsebene ein: Bei Beethoven schließt sich daran das Trompetensignal auf der Bühne, bei Brahms der Abschnitt mit der (Alp)Hornmelodie an. Beide sind Vorzeichen für Hoff nung, Ausweg, Rettung. Brahms entwickelt sie nicht aus thematischem Material des Satzes, sondern er führt sie in Gestalt jenes musikgeschichtlich beladenen Themas herbei, das die Hypothese von einem ungebrochenen Verhältnis zu Beethoven nachdrücklich zu untermauern schien.