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Sächsische Staatszeitung : 16.04.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-192404164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19240416
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19240416
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-04
- Tag 1924-04-16
-
Monat
1924-04
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 16.04.1924
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keile 2 zu Nr. VO — «Ächftsche MUUvoq, 1t». April 1921 Aaslasfimg z»»kommt. Lie viellimstrittene Frage der angeblichen Warnung Österreichs durch Serbien erfährt durch Leopold Mandl eine überraschende Aufhellung. Vr. Boghitschewitsch ina^t auf den Salon iti- Prozeß von 1917 aufincrlsam, der nach einer jüngst erfolgten Erklärung der damals Verulteitten eine erhebliche Bedeutung für die .Kriegsschuld- frage Halen must. Mathias Morhardt, der Gencratsekrelär der „Umte «leckutv« ckocamen- lnin« et eiitigue« L»r la guorro" hat der Redak tion der „Kcicgsschuldsrage" die Einleitung zu seinem in einigen Wochen erscheinenden abschlie ßenden Werk über den Kriegsausbruch zum Vorabdruck zur Verfügung gestellt, die in ihrem glänzenden stilistischen Ausbau und in der Fülle der vorgebrachten zwingenden Argumente die denkbar schärfste Verurteilung der russischen allgemeinen Mobilmachung darstellt. — Tie Mvnatsschrnt „Lie Kriegvschnlv- srage" kann zum Einzelpreis von O,>O M. und zum VcreljahrspreiS vo» 2 M. durch alle Buch handlungen und Poüaustalten, sowie durch den Verlag, Berlin 6, Luijeuslr. 31a, bezogen werden. Ratifizierung des deutsch-tiirkischen Areundschastödertrages. Konstantinopel, IS. April. Tic Rationalversammlung in An gora hat den deutsch -1 it rkifchen Frcund- schastsvertrag endgültig ratifi ziert. Tie jugoslnwische Parlnmentökrisc. Belgrad, 15. April. Tie Regierungskrise hat das Land in eine erhebliche Verwirrung gestürzt. Tie parla mentarische Lage ist durch den Rücktritt des Kabinetts Paasch so verfahren, daß wahrscheinlich die Krone selbst vorübergehend die eigentlich parlamentarischen An gelegenheiten führen wird. Ter größte Teil der Abgeordnete» ist in die Wahlkreise abgercist, um die Wtahlvrrsammlungvlampagne durchzufuhren. Tie Radikalen glauben, daß sie vom König das Mandat zur Turchführuug der Wahlen werden erlangen können. Indessen behauptet der oppo- sitionelle Block, seine Position sei derart fest und geschlossen, daß er der Krone auch in Zukunst eine starke parlamentarische Aktivität sichern kann. Ter oppositionelle Block bietet sich zur Kabinetts bildung und zur Turchsühruug der Wahlen an. Es ist noch nicht ganz ausgeschlossen, das; der König der Opposition die Regierungsbildung an- bietet, um eine Reihe sehr dringlicher StaatZ- angclegenhkitcn legal erledigen zu können. LeerÄpunlze» Amerikas. Washington, 15. April. Ter Flottenausjchuß des Repräsentantenhauses hat ten Bau von acht schnellen Kreu zern zu je 10 0(0 Tonnen bewilligt. Tie Bauten sind nach dem Washingtoner Abkommen zulässig. Außerdem soll eine Reihe von Kanonenbooten gebaut weiden. Kleine AnslandSngchrichten. Berlin, 15. April. Ter deutsche Gesandte in Kowno, Ols hausen, ist, wie das Lammert-Bureau von zu- ständiger Stelle erfährt, zum Gesandteil in Belgrad ernannt worden. Tie Besetzung des Gesandtenpostcns in Brüssel ist noch n cbt erfolgt. Dit Annahme -es SachveiMn-igen- gntachtens durch die Reichsregierung. Verli«, 10. April. Zn U berc i« st i mm un g mit der L1 e 11 un g u a hme der L1 aa 1 ö, undMinisterprnsidcntcn derLänder hat gestern das ReichSkabiuctt beschlossen, die -tu frage der Mepa ration Klo m Mission über die Tachverständigengutachten bejahend zu beantworten. Heute Uebcrreichung der Ant wort in Paris. Die Haltmtg der Parteien. Berlin, 1». April. Tie Antwort der Rerchsregicrung au die Rkparat onslommisjio» ist gestern nachmittag nach Paris abgefandt wvldrn. und wird heute vormittag vom Boifi-raden der drutschcu ttrieg-kasteitommisjioi der Re pa r a 1 i o n s t o m m i s s i o u ii d e r g r b e n wrrde«. Die Antwort stellt i» Anlehnung an die von der Rrparatiorslommijjion gcstrllteu Fragen knrz fest, daß di, deutsche Regierung be reit sei, au der Lösung de« Repara- tiousprodlems ans der Grundlage des Planks der Sachverständigen mit- z u a r b e i t e »r. Bei den ge st rigeu Besprechungen des Reichskanzlers mit den Führern der Reichstagsfraktio« wurde von de-« Brr- trctern der Trutschen Bolts Part ei tie Anssasjung der Partei dahin aiisg, sprachen, daß die Sachvcrständigcngnt chic» als Berhand. lnngsgrnndlagc uuter gewissen Bor de halten anges.he» werten tönuten, die sich im lresentlichen aus die Freilassung der Gefangenen und die Rückgabe des widerrechtlich an geeigneten deut schen Besitzes im Ruhrgebiet erstreckte. Tic Sozialdemokraten sowohl wie die Führer der bürgerlichen Parteien billigt n durchaus den Ltandpunkt der Retchsregierunl', nur die Vertreter der T cu tschn atio n a len erklärten, laß dir Regierung keine d ndrndc Vcr- pflichtung eingehen dürre. Ter Reichskanzler ver trat demgegenüber die AussaHung, daß es Pflicht der Reichsrrgierung sei, die aus der außenpolitische» Situation sich ergebenden unaufschiebbaren Entschei dungen zu tresfen. * Tas Reichskabinett hat die von der Rc paralionskommission ihm gestelIte Frage, ob Tentfchlaud bereit sei, „an der Au?^ sühnmg des Sachverständigengutachtens mitzn- arbeiten", mit einein klaren „Ja" beant- wo riet. Tamit ist jetzt auch von deutscher Seite, und zwar ohne irgendwelchen ver meidbaren Zeitverlust, erfolgt, was auf der Leite der Verbaud-mächle bei dem gegen- wartigen Stand der Tinge als „Annahme" des von den Sachverständigen ausgearbeiteteu Planes bezeichnet wird. Wie man weiß, hat die Repa- rationskommissivn vor einigen Tagen den in ihr vertretenen Regierungen in gleicher Weise die Annahme emp fohlen, und zwar unter der Voraus- jetznng, daß Deutschland in der von ihr gekennzeichneten Form seine Zu ¬ stimmung gäbe. Diese politische Vor bedingung, ohne die keine gegenständliche Verhandlung erst hätte beginnen können, ist nunmehr erfüllt. Betrachtet man die be dingte Annahmeemvfehlung durch die Reparalions- kommijfion mit dein deutschen Ja als gleichsam rechtskräftig geworden, so ist damit nach der einen Seite eine gültige Entscheidung ge- troffen, nach dcr anderen eine Verhandlung?- grundlagc gelegt. Eine gültige Entscheidung insofern, als Deutschland ja nicht gefragt worden war, ob cs deir Sachverständigenplan als solchen gutheiße, sondern ob es bei der Ausführung mitzuarbeilen gedenke. Eine Ver- handlungsgrundlagr insofern, als cs mit der An nahme deS Planes natürlich noch längst nicht gesagt ist, wie er ausgesührt werden soll, noch nickt einmal, ob er, so wie er ist, tatsächlich aus- gesührt werden kann. Denn die Ausführbar- leit hängt von Dingen ab, für die, wie für die Richtigkeit gewisser Schätzungen, die Sachverständigen nicht bürgen können, oder sür die sie, wie für das Eintreten besimniter politischer Vor aussetzungen, nicht zuständig sind. Mit seiner bejahenden Antwort verzichtet Temsclland daraus, die Voraussetzungen ebenso wie den wirt- sctastlicl ei« Ungewißheitrsaktor zu einer ausdrück lichen Forderung zu machen, bez. entsprechend in Rcchnuna zu stellen: Es erklärt sich damit einver standen, daß d c Anvsührnng des Laäverstüu- digenplaneS als ein großariiaer Versuch, der größie der Wirtschaftsgeschichte, einstweilen unter- nemmcn wird. Sind damit etwa die Vorbedingungen, die auch Deutschland sür unerläßlich hält, hiujällig I geworden, oder ist wenigstens ihre Benennung i überflüssig'? Gewiß keines von beiden. Dcr deutsche ReichSbankprästdeut Iw. Schacht hat im Gespräch mit einem Ausländer erklärt, die Zah- lungssähigkcil des Reiches werde verninl- lich überschätzt, das Fehlen eines wirk- lichen Moratoriums sei der Anlaß schwerer Bedenken, und keine deutsche Re gierung werde dc Folgerungen der Lachve» stävdiHcn aiuwhmcn kennen, wenn nicht D e n > i ch,l and i n w i zchj.lKlr.Ut.i >h t r Frei- htilcknd G ke'ichberechtignug werde ar beiten können. An der Gültigkeit dieser Be- dingungcn kann auch das deutsche Ja zu dem Sachverständigenplane nichts ändern. Teun dc Voraussetzungen, ohne deren Eintressen Temsch- land eben nicht erfüllen könnte, sind von den Sachverständigen selbst als solche gekennzeichnet. Die „Annahme" durch De uljchland kann also nur formal ein Verzicht ans Be dingungen sein: tatsächlich ist gerade sic die Betätigung dessen, daß Deutschland von den in dem angenommene» Plan ja mitenthaltenen Voraussetzungen nichts preisgibt. London, 1». April. Le» diplomatische Berichterstatter de» „Daily Leleßraph- teilt mit, daß der geplagte Be siech de» r,m« Nischen König», paarest» Madrid auf direkte und dringende Forderung Mussolinis »ufaegeben worden sei. Mnssoltnt sei so. gar soweit gegangen, dem spanischen Direk torium mtlzutrlle«, daß, sollte da» rumänische Königspaar empfangen wrrden, der Er wide rn ngs besuch des italienischen Königopaare» in Madrid, drr sür den ü. Juni vereinbart worden ist, ans gejagt werden würde. London, 15. April. Die auf den Schifssbanwerflen von Sout- hanrptvn streikenden Werftarbeiter haben heute beschlossen, die Arbeit wieder aus- zunchmc n. Als Voraltssetzung betrachten sie so- fertige Verhandlungen über die Angleichung ihrer Löhne a» d e Londoner Lohnsätze. Teheran, 15. Aprik. Im n.ue» Kabinett ist Sardar-Scpah Ministerpräsident und dcr ehemalige -Uiegsmimster Sukaln Mulk Außenminister. Die (vinreise in das besetzte Gebiet. Berlin, 16. April. Ter Minister sür Vvlkswohl fahrt gibt einen Vermerk über die Einreise in das besetzte Gebiet heraus, dem der Amtliche Preußische Pressedienst folgendes cnlmmml: Personen über 16 Jahre, die im mrbejctzlen Gebiet ihre» Wohnsitz haben, können nur dann in das besetzte Gebiet eiurcise», wenn sic im Besitz eines von dcr deutschen Polizei ausgestellten Personalausweises sind und von den Bc- jatzunasbehörden einen besonderen Einreise- schein erhalten haben. Die Einreiscgcsnche sind zu richten: sür das Ruhrgebiet au den srauzvsischeu Divisionskommandeur in Essen, Dorimund oder Tüsscldorf oder an den belgischen Tivisronskvm- mandcur in Duisburg (die dortigen HoudclSkam- morn geben ihnen überreichte Gesuche weiter); sür die belgische Zone des allbesetzte« Gebietes an den belgischen Bezirksdclegierten in Aachen (sür den Regierungsbezirk Aachen) oder in Krcscld lfür den linksrheinischen Teil des Regie- rungsbezirks Tüsscldorf); für die britische Zone an das städilsch« VcrkchrSaml in Köln, Tomhof 2t^, und sür dic französische Zone an die französischen Be- ztrtsdeleqiertcn in Bonn, Koblenz, Trier, Wies baden, Mainz oder Speyer. Es empfiehlt sicti, dic Anträge durch eine im besetzten Gebiet woh nende Mittelsperson (Verwandten oder Ge- jchästssrcnnd) erledigen zu lasten. Ter Antrag muß enthalten: Reisezweck, An- sangs- und Enddatum des Aufenthalts im be- setzten Gebiet, (migesähr), Ort der Ein- und Aus- reife sowie die vorgesehene Strecke, Ramen und Adresse dcr Personen, bei deireu der Antragsteller zu wvhuen beabsichtig», oder die über ihu Aus kunst erteilen könne». Beizusügcu sind ein po lizeilicher Personalausweis, zwei Lichtbilder uud Briefmarken sür das Antwortschreiben, bei den französischen und belgischen Dienststellen eine Gebühr von 5 Goldmark (zahlbar in Devisen) beim Städtischen Verkehrsamt in Köln eine Ge bühr von ! M. Tie Erledigung der Gesuche dauert zwei bis vier Tage. Wer durch das be setzte Gebiet nach dc/n Auslande Weiterreisen will, braucht nur beim Eintritt in das besetzte Ge biet seinen Paß dem Koulrollposten vorzuzeigen und sich dort einen 21 Stunden geltenden Tatums- stempcl geben zu lasse». Gearg Heym. Von cuo H. Brandt. Emer ven jenen, die heute kaum geuannt > werden, einer von jenen, die halsen, den Weg bahnen für eine nene Tichtuug. Zugleich auch einer von jenen, deren Leben früh vollendet war. ' Ähnlich Grorg Trakl, vo» dessen Leben-werk wir kürzlich sprachen. Wie bei jenem können wir erst! heute ermesjen, was wir an ihnen verloren haben, seitdem beider Lcbenswerk gesammelt vorliegt. Wir halten es in den Zeiten des Imprejsiouis- ums schier vergessen, daß der Tichter dem Seher verwandt war, daß in ihm etwas von jenem lebte, was di« Anuke mit dem Worte vutes bezeichnete. Lie Kunst dcr Ticktuug bestand seit dem Beginn des neuen Jahrhunderts mehr denn je darin, die Sinne zu verseiner», die Vielfältigkeit der Er scheinungen in all ihrer bunten Fülle wieder- zvgeben. Wie in der Malerei die Bewältigung des Licht Problem; die Haupisrage war, so in der modernen Dichtung de neue Rortkunst, die dem Lebeusgesühl sich aupaßte. Tas will nichts anderes besagen, als daß man Gefahr lief, über Form- frogen, Fragen der Technik die des Gehaltes, des Wesentlichen zu übersahen, ja vielleicht sogar zu ver-' lieren. Nur wenige hatten sich von diesen Strömungen der Zeit fcrngehallen: Stefan George lebte sein' hohenpriesterlichcS Amt in einem engen begrenzten Kreis, Rainer Maria Rilke suchte chaotische Gefühle zu bändigen; und da ihm dies nur bedingt ge lang, flüchtete er mehr und mehr in das Gebiet des Religiösen als der einzigen Möglichkeit, diesen tiefen dunklen Trmrg seines Innern wenn nicht zu beherrschen, so doch wenigstens zu zügeln. Was bei Rilke lauge als Absonderlichkeit galt, war im Grund« geboren aus d«m Drang, in die un- «ntdeckten Bezirk« des Seins hinabzusteigen, den rätselhaften Vorgängen seelischen Werdens nach- zugrhen. Erst die gewaltige Erschütterung durch den Krieg bracht« den Menschen zum Bewußtsein feiner selbst, und mit einem Schlage war da» Bild gewandelt. Zu denen, die am scüheflen jene Gesühlskuust, die mau fast eine Rauschkuujt neunen mochte, jene Fülle des Erlebens gesungen haben, gehört Georg Heym, der schon 1912 durch einen Unglücksfall in Berlin umS Leben kam, kaum sünsuudzwanzigjährig. Ein Büchlein Ge dichte: „Vwdr» vit»«" Halle er gerade zum Truck vorbereitet, ein anderes „Ter Ewige Tag" war kurz zuvor von ihm erschienen. Heute ist das alles mit den nachgelajienen Gedichten, Skizzen und Novellen zu bequemer Schau zujammen- gesaß,.*) In Georg Heym repräseutiert sich der typische Vorgang unserer Zeit, hinwegzukommen von der romantischen Sehnsucht und hineinzustcigen, gleich- sam einem dämonischen Zwange folgend, in das ungeheure Erlebnis dcr eignen Zeit und des eignen Menschen, einer neuen, im höheren Sinne gesteigerter« Wirklichkeit: Was ist das Lebe»? Eine kurze Fackel, umkreist von Fratzen ans den« schwarzen Tunkel, »nd manche komme» scho» und strecken die magern Hände «rach der Flamme. Was ist das Leben ? Kleines Schiff in Schluchten vergessener Meere. Starrer Himmel Grauen. Oder wie nachts auf kahlen Feldern verlornes Mondlicht wandert und verschwindet. In diesen wenigen Zeilen spricht sich die Eigen- art Georg Heyms auS: das ungeheure Erlebnis seiner Zeit, die seelische Kraft der Versenkung und die visionäre Gabe, die chaotische Vielzahl der Gesichte in einem Lebensgefühl zur Einheit zu verschmelzen. In Georg Heym vollzieht sich das, worunter wir alle leiden, der Kampf zwischen zwei Wirklichkeiten: einer, die die nackte rohe Außen welt als reine Erscheinungsform unserer Sinne ausfaß», «nd einer anderen, die diese als Spie gelung innerer Gewalten, innerer Gesicht« gibt. Alles Zufällige fällt ab; das Typisch«, man könnte ebenso sagen, das Symbolische, als da» das allein Wesentliche wird hervorgeh oben. Da» ist eine *) Georg Heym: Dichtungen, Knrt Wolff Ver- lag in München. neue Form des Lehens und mehr noch del Empfindens, und man kau» vcrgleicksweisc an das Schaffe» von Vineent van Gogh erinnern. Ta war es dic moderne Großstadt, die Georg Heym zu gleicher Zeit anzog und abstieß. Zu immer riesigeren Gebilde» sich zusauuneuschiießend, hatte sie das Ungewöhnliche wieder hervor- gebracht: Berauschung, Muße und Gesahr: kurz das Abenteuer. Heyms Zyklus Berliu singt von ragenden Etadtbahnzügeu, Automobilen, Dampfern, vom Nauck, Ruß und Gestank dcr Fa- briken und Schuppen. In der „Bersluchuug der Städte" hallt alles Elend der Hvilisalion nach. Bo» ihr sieht er das Unheil kommen, von ihr auch den Krieg, dc» er in einer grandiosen Ver sion schildert, zweifellos das mächtigste und ein- drucksvollste seiner Gedichte. Aber auch hier zeigt sich Heyms Eigeutümlichkeit: allen Tingru haucht er daS Leid feiner Seele an und so schweben sie mehr nur im Raum. Selten ge lingt es, aus diesem Ehavs von Gefühlen, Stim mungen, Trieben und dunklen Gewalten ein greifbares Bild zu formen. Hier ruht Starke wie Schwäch« des Dichters. Tie Vision taucht blitzesschnell vor ihm aus; aber ehe er sie packen kann, entwindet sie sich seinen Händen mid so ergibt sich leicht der Eindruck rhetorischer Breite, wo höchstens von mangelnder Gestaltung geredet werden kann. Tiese rilkesche Kraft des Sich-Einbohrens, der Versenkung lähmt den Dichter. Wer z» den Müttern hinabgestiegen ist, der weiß, wie schwach und ohnmächtig der menschliche Wille im dauern den Werden bleibt. Wo alles fließt, bleibt dem Menschen nur Resignation übrig, und der allem bchht Ruhe und Friedens, dcr dieses irdisch« Jammertal überwunden hat. So erklärt sich der angstvolle Atem jeder Kreatur, jene lautlose Welt, in der der Mensch schattenglcich lebt. Ein ewig bedeckter Himmel, den kaum je di« Sonne zu durchbrechen vermag, umhüllt dieses Juserno der Mevschen. Bon den Tageszeiten eischeiut fast nur Abend und Nacht, vo« dc» Jahreszeiten Herbst und Winter. Tie Welt dieses Dichters ist seltsam niüde, verhalten nnd melancholisch, in Krankheit und Dunkel getaucht. Todesgcdankcn erfüllen ihn, Moder und Verwesung fast überall. Blinde, Irre, Verbrecher, pathologische Helden stehen im Vordergrund; uud mit ungcahnler Kraft weiß er ein solches Leben in dec grandiosen Novelle „Ter Irre" zu entschleiern, in der man alle entscheidenden Züge der modernen Kunst rusammeu findet. Es geht dem Dichter selbst wie in der Novelle „Ein Nachmittag" dem enttäuschten Knaben, „der au einen« Tage den Becher dcr Seligkeit und den der Luol trank, dcr verurteilt war, vo«« den Ertreiuei« der tiefste» Qualen und des wildesten Glückes erschüttert zn werden, wie ein kostbares Gefäß, das durch viele glühende Flammen gewandert sein muß, ohne zu zersprirlgell". Mit solchen seherischen Auge» sah Heym die Welt; doch was er nur geschaut hat, das habe» wir erlebt, wir, die »vir durch die Jahre des Krieges hindurch- gegangen sind. Er selbst aber versauk, gleich als ob das Schicksal ihm seine seherischen Gabe» neidet«, früh aus dem Leuchten des TageS in das Dunkel der Nacht, dem so ost seine Worte gegolten hatten, als ob frühe Ahnung darin sich offenbare. Ze««ne Franck-, u»d Theo Bi»rr boien im Palmengartensaale einen Sonate»-Abend; da zwischen spielten sie auch Robert Sckumauuschc Phantasiestücke. Aber die Hauptnummern waren doch Sonaten, und zwar von Mozart (erfreu- licherweise einmal nicht dic jetzt bevorzugte in 8-ckur), sondern die in O-clur, von Eorelli in v-clnr und von Beethoven in 0-wvN. Also eine Steigerung der Eindrücke ergab sich von selbst. Besonders bemerkenswert erschien mir nun die stilistische Einfühlung und Einstellung der beiden Kon-ertgeber. Ma» gewann den Sin- druck künstlerischer Reise des Empfinden-. Jeanne Francken, der Schule Stavenhagen« ent- flammend, verfügt über technisch«» KSnn«n gleicherweise wie über nicht zu übersehende An-
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