Werkeinführung ♦ Beethovens „Fünfte“ ter 1808 eine Geduldsprobe für Hörer und Musiker bedeutete, einiges daneben, wie uns der Musikschriftsteller und Komponist Johann Friedrich Reichardt von seinem Konzertbesuch mit dem Fürsten von Lobkowicz oben berichtete. Und die Einnahmen blieben mager, künstlerische und pekuniäre Hoffnungen Beethovens an diese Akademie blieben unerfüllt. Auch die Reaktionen der Kenner blieben gegenüber der Fünften (die damals noch als Sechste aufgeführt wurde) sehr reser viert: Das Werk hatte - für den heutigen Konzerthörer eher unverständlich - er schütternde Wirkungen erzielt. Als Men delssohn 1830 dem alten Goethe die Sin fonie auf dem Klavier vorspielte, war dieser tief bewegt: „Das ist sehr groß, ganz toll, man möchte sich furchten, das Haus fiele ein; und wenn das nun alle Menschen zusammenspielen!“ Und Goethe wußte nicht um die Besetzung, von der Beethoven selbst schrieb: „Das letzte Stück der Sinfonie ist mit drei Po saunen und flautino - zwar nicht drei Pauken, wird aber mehr Lärm als 6 Pau ken und zwar besseren Lärm machen.“ Eindrucksvoll und richtungsweisend für die späteren Interpretationen dieses Wer kes gelang die ausführliche Besprechung durch E.T. A.Hoffmann, der das Dämoni sche, Wilde, die unergründliche Tiefe und die in instrumentaler Musik noch nie dagewesene Kraft des Werkes erkennt: „Sie öffnet das Reich des Ungeheuren und Unermesslichen;...sie bewegt Hebel des Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes und erweckt jene unaus sprechliche Sehnsucht, die das Wesen der Romantik ist.“ Beethovens letzter Sekretär und erster Biograph Anton Schindler will die be rühmten Worte aus dem Munde des Meisters gehört haben: „So pocht das Schicksal an die Pforte!“ Gemeint ist selbstverständlich das Anfangsmotiv. Über diesen interpretationslenkenden Satz machte sich erstmals im 20. Jahr hundert der sachliche Analytiker Hein rich Schenker lustig: „Gesetzt auch den Fall, in des Meisters Phantasie hätte 10 J Kontrapunkt-Konzerte