Alt-neue Besetzungsfragen Aus einem Brief von Prof. Hartmut Haenchen an den Intendanten der Dresdner Philharmonie Lieber Herr Rose! Mit Freude kann ich feststellen, dass wir einen - künstlerisch durchaus schwierigen - Kompromiss für die Eröffnung der DMF 2007 gefunden haben. (...) Sie wissen, dass ich mei ne Aufführungen immer auf dem Stand der neuesten Erkennt nisse halten und auch dadurch in Aufführungen von sonst gängigen Stücken den besonderen Sinn von Musikfestspie len unterstreichen möchte. Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der Quellen lage zu den »Jahreszeiten«. Dazu habe ich mich auch mit Herrn Dr. Raab von der neuen Haydn-Gesamtausgabe in Verbindung gesetzt und heute seine Antwort erhalten, die ei nige meiner früher schon gewonnen Erkenntnisse unterstützt. Ich schicke hier einen Ausschnitt seiner Antwort, die vor al lem auf Besetzungsfragen eingeht: »Aus der editorischen Arbeit resultieren auch Erkennt nisse zur Aufführungspraxis, die für Sie bestimmt von Inter esse sind. Aus dem von Haydn selbst verwendeten hand schriftlichen Stimmenmaterial, das heute in der Stadt- und Landesbibliothek in Wien liegt, geht z. B. hervor, dass Haydn das Werk in sehr großer Besetzung aufführte. So waren al le Holzbläserstimmen dreifach besetzt (also zusammen dann 6 Flöten, 6 Oboen, 6 Klarinetten, 6 Fagotte), hinzu kommt ein Contrafagott, das stets mit dem Fg. II mitspielte. Die Hör ner waren sogar vierfach besetzt, die Posaunen (mit Aus nahme der Bassposaune) je zweifach. Haydn hat über seine »Schöpfung« gesagt, sie sei ein großbesetztes Werk, das nur in großer Besetzung seine Wirkung entfalten würde. Das gilt genauso für die »Jahreszeiten«! Die Secco-Rezitative dürften durchgehend mit Violoncello + Kontrabass + Cemba lo ausgeführt worden sein (also niemals ohne Kontrabass). Bei den Arien und vermutlich auch bei den Chören spielte der Cembalist (der zugleich die Aufgabe des Chordirigenten hatte) entgegen dem, was heute meist praktiziert wird, nicht mit. In den Quellen steht übrigens immer »Cembalo«. (Seit einigen Jahren ist es Mode geworden, ein Hammerklavier einzusetzen, dafür gibt es keinen zwingenden Grund.) In den letzten Jahren hat es mehrere Aufführungen und Auf-