sodass alle nachfolgenden Partiturdrucke von einem gewöhnlich besetzten Orchester ausgingen. Somit hatte sich bei den Auf führungen die normale Orchesterbesetzung eingebürgert. Im Zu ge einer in Vorbereitung befindlichen wissenschaftlichen Neuaus gabe hat das Haydn-Institut Köln u.a. die Uraufführungsstimmen geprüft und den richtigen Sachverhalt ermittelt. So kann bei unse rer Aufführung erstmals nach mehr als 200 Jahren Haydns ein zigartige Klangvorstellung durch eine riesige Chorbesetzung und ein großes Orchester umgesetzt werden. Die vier Teile der »Jahreszeiten« - in sich geschlossene Kan taten - haben keine eigentliche Handlung, vielmehr wird aus der Sicht einfacher Bauersleute, Hanne, Simon und Lukas, der immer gleich bleibende Ablauf eines Jahres geschildert, das Werden und Wachsen der Natur und das arbeitsame, fröhliche, aber auch be schwerliche Leben auf dem Lande. Saat und Ernte, Jagd und Wein lese sind die Themen. Die winterliche Spinnstube macht den Be schluss. Solche ländlichen Szenen oder Stimmungsbilder im Wechsel der Jahreszeiten finden in lyrischer Betrachtung und Er zählweise ihre Entsprechung, vom Chor immer wieder unterstützt. Haydn komponierte eine Musik, die - dem Erfolgsrezept der »Schöpfung« entsprechend - sich ganz an den Erfordernissen des Textes orientiert und sich nicht in das starre Formschema alter barocker Arbeiten zwängen lässt. Die Arien sind meist in liedhaf tem Ton gehalten, also in vertraut erscheinenden Melodien für die damalige Zuhörerschaft. Die Chöre haben jene Erhabenheit, wie sie Händel zur Vollendung gebracht hat, und sind doch wiederum neu in Klang und Farbe. Haydns Musik kommt aus einer neuen Zeit, einer veränderten Klang- und Formensprache. In diesem Werk dokumentiert der Komponist die Summe seiner lebenslangen Erfahrung in schöpferischer Arbeit und bildet geradezu eine Syn these aus der barocken Kontrapunkt-Tradition, dem vokalen Erbe der Italiener und dem instrumentalen Satz der Wiener Klassik. Der Grundcharakter des Werkes zeigt sich in der großen Volksnähe, in einer expliziten Volkstümlichkeit einzelner Sätze. Hinzu kommen Haydns Kunstfertigkeit und seine genialen Einfäl le. So »eilet froh der Ackersmann zur Arbeit auf das Feld« und »schreitet« zum berühmten Andante aus der Paukenschlag-Sinfo nie »dem Pfluge flötend nach« (Nr. 4) - ein spaßhaftes Selbstzi tat als selbstbewusster Hinweis auf die Popularität seiner »Londo ner Sinfonien«, die sogar vom Bauern bei der Arbeit gepfiffen werden. Erinnert sei an die Vision des Sonnenaufganges (Nr. 11), welche die berühmte Parallelstelle in der »Schöpfung« fast noch überragt. »Im Winter-Bild wird das Thema Arbeit ... in Form ei nes Spinnerliedes (Text nach G. A. Bürger) aufgegriffen (Nr. 38),