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SächMeSlaalZzeilung den Zreistaat Sachfen Staalsan^eiger für Erscheint WerktagD nachmittag« mit dem Datum de« Erscheinung»tage». VejugSprei«: Monatlich S Mark. Einzelne Nummern 1k Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 2129k — Schriftleitung Nr. 11K74. Postscheckkonto Dresden Nr. 2186. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 110. Ankündigungen' Die 32 mm breite Grundzeile oder deren Raum 30 Pf , die 66 mm breite Grundzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 60 Pf., unter Ein gesandt SO Pf. Ermäßigung auf Geschäftsanzeigen, Familiennachrichten u. stellen- gesuche. — Schluß der Annahme vormittags 10 Uhr. Ätitweis« Nebenblätter: LandtagS-Beilage, Ziehungslisten der Verwaltung der Staatsschulden und der Landeskulturrentenbank, Jahresbericht und Rechnungsabschluß der Landes.BrandversicherungSanstalt, Berkaufsliste von Holzpflanzen aus den StaalSforstreviere». Verantwortlich für die Redaktion: Hauptschnftleiter Bernhard Zolles in Dresden. Dresden, Mittwoch, 9. April Nr. 85 sl924 Kein Streik der Eisenbahner. Lie Lohnvereinbarung angenommen. Berlin, ü. April. Die Netchsregierung Hal sich gestern bereit gesunden, den Msknbahnarbritern eine Er- HDHnng de» Lohne» zn bewilligen, die vorläufig erträglich ist nnd deshalb den drohenden Streik verhindert. Bevor da» geschah, unterbreiteten die Vrganijatiouen der Eisenbahnarbeiter dem Relchsverkehrsminifter erneut ihre Forderungen. Später stimmte das Kabinett zu, daß in allen Lohutlasje« and allen Wirtschaftsgebieten eine Stunden- lohnzulnge von « Pf. gegeben wird. Für die Bahnunterhaltungsarbrtter, die, infolge der Ltchtverhältnisse, nicht zu jeder Zeit neun Stunden täglich arbeiten können, wurde die Arbeitszeit folgendermaßen geregelt: Vier Monate <im Winters acht Stunden täglich, vier Monate neun Ständen und vier Monate zehn Stunden. Für die zehnte Stunde wird eine Sonderznlage von L Pf. gezahlt. Di, weitere Forderung der Gewerkschaften, daß Maß- r,gelungen unterbleiben, hat da» Reich-Verkehrs- ministertum ebenfalls z«gestanden. Alle aus ständigen Sisenbahnarbeiter werden restlos wieder eingestellt. Die übrigen unerledigte« Frage« nnd Streitpunkte bleibe« Gegenstand späte rer Verhandln «gen bei den Darif- beratnngen. Tas bayerische Wahlergebnis. Lie Verteilung der Litze. München, 8. April. Vom Ministerium des Innern wird uunmchr halbamtlich folgende Ausstellung über das Wahlergebnis gegeben: „Tie be reits beka««tgegebenen Zahle» über das Eigebni» ber Landtag-Wahlen geben noch kein genaue- Bild über die künftige Zusammensetzung des Landtage». Sine Berechnung auf Grund des dorlSnftge» Ergebnisses führt zu sollendem Bild: Bayerische BolkSpartei 3S Sitze, «Alkischer Block 17, Sozialdemokratefn 14, Bayerischer Bauernbund 6, Natio nale Rechte 4, Kommunisten S, zusammen also 7» Litze. Alle übrige« Parteien kommcn bei dieser Aufzählung noch zu keinem Litz Es bleiben, von vem rechtsrheinischen Bayern abge sehen, von de« LandtagSabgeordnrten und durch Wahl zu besetzende« 1VV Sitze« noch 21 Rest- sitze. Diese werden, mit de« 1» Litze« der Landtagsabirord«eten, erst bei der Auszählung derErgebnisse bei« Landes-Wahlausschutz erhoben. Sine vorläufige Berechnung hierüber läßt sich noch nicht anstrUrn. Zunächst ist dir Frage noch t« der Schwebe, in welcher Weife die Ergebnisse ber Landtagswahl in der Pfalz am 4. Mai in da» Ergebnis aus dem rechtsrheinischen Bayer« ringegliedert werden sollen. Hierüber wird sich am 1V. April der Ständige Ausschuß des Land tags schlüssig werden." Eiu Vorstoß dcr Völkische». München, 8. April. Ein« Abordnung des VSlkische« Block» ist bereit» am Montag beim Minist,rpräsidente« »orstelitg geworden, um eine« Beschluß de» Minist,rrat» herbeizuführen, der de« Verurteilte« Hitler, Weder, Pöhner nnd Erie del safortigenStrafanffchnd gewähren und die Begnadigung in Anssicht stelle« soll. An Stelle des Mintsterprästdente«, der sich zur zeit auf einer Dienstreise befindet, empfing sein Verirrter, Kultusminifter Matt, die Abordnung und erklärte, daß der Ministerrat keine ver anlass««» hatte, sich mit dieser Angelegen- heit z» befasse», da bisher ei« entsprechenber Antrag von keiner Seite Vorgelegen habe. Der Minister erklärte sich aber bereit, die Forderung ber Adord«u»g an de« Fustizminister weiterzuletten. Ei«, Emscheidnng sil aber erst möglich «ach der Rückkehr des Minister- Präsiden te«. Demgegenüber sei sestgestellt, daß dem Minister- rate lediglich die Befugnis zusteht, einen einzelnen Berurteilten zu begnadigen. Die Begnadigung einer Gruppe von Berurteilten ist verfassungs mäßig ausschließlich Sache des Landtag». Ne UkbemilhW ks ZchmWWtiMes. Pari», v. April. Ler Bericht der Sachverständigen, der heute vormittag l 0 llhr der Nepa- rationskommission unterbreitet wurde, besteht aus tinem Begleitschreiben des Generals Dawes, einen« Inhaltsverzeichnis, dem eigentlichen Bericht sowie ncun Anhängen. Der eigentliche Bericht ist i« zwei leile geschieden und umfaßt S7 Lriten. Die Anhänge be schäftige« sich mit folgenden Fragen: Organisation der neuen Emissionsbank, Wohlftands- inde;, Bericht der Eifenbahnsachberständige«, die neue Sisenbahngesellschaft, die Juduftrieo bligatione«, die Überführung von R e p a ra t io nsz a h l nng en deut scher Währung in fremde Devisen, die in Deutschland zirkulierenden Geld- sorten, da» provisorische Budget sür l»24 und eine vergleichende Ausstellung der verschiedenen Einnahme« aus Dividende». Die wichtigsten Kapitel de» Gutachtens sind diejenigen über dir Notwendigkeit der Wiederherstellung der wirtschaftlichen Einheit des deutsche« Gebietes und über die Schaffung einer neue« Emissionsbank, dir auf drr brstehrndrn Reichsbank ausgrbaut odrr «ru geschafft« werde» könne Bo« btjonderrr Bedruiung sind da» Kapitel über die Lchassung einer private» Eisendahngesellschast und die Festftelluugea über die Höh» der jährliche» velastu»g Deutschland» aus Grund der Repa- rationsverpslichtungen. Fn de« Beträgt«, die sür dir einzelnen Jahre vorgrsthen werbt«, find alle Leistungen i«btgriffen, di« Demschia«» aus Ginnd dt» versailltr vertragt» auszusühre» hat. In die Lumme sind also ewzurtchue« außer den Befatzuugskoftr« nnd de« verschiedene» Brrgütunge« an die interalliierte» Kommissionen zweifelsohne auch dir Koftrn au» drm Lchieb»- grrichts- und Ausglrichsverfahrr». Bkmrrtenswrrt ist, daß das Gutachten drr Lachorrständigen einen Unterschieb macht zwischen der Möglichkeit, bestimmte Beträgr von Reparationen in dentscher Währung zu leiste» u«b der Möglichkeit, diese Beträge in frrmde Devise» übcrzusiihren. Auch ist vorgesehen, daß alle zu triftend«« Zahlungen einer besonderen Sasse bei der neuen Bant überwiese» werde« und daß rin besonderes komitte darüber zu entscheide» hat, i»wit»eit es möglich ist, dir ri»gtga«gr«rn Brträgr zu invrftirrr«. Für de» Fall, daß ei»r Übrrführung drr deutfchen Grlddrträgr i» ausländische Drvisrn nicht möglich erchrint, ist vorforgr grtrosfe«, daß di, in d,r Kasse ang,sammelten Beträge eine bestimm Höhe nicht übersteige» dürfen Dem Hochverräter Frick, der, als Ober- omlmann der Polizeidirektion, im Polizeigebäude eine Dienstwohnung innehaite, wurde diese gekündigt, nachdem die Regierung von Ober bayern gegen ihn bekanntlich ein Disziplinar- verfahren eingeleilet hat. Landesverratsversahren gegen den „Vorwärts". Der neue Hure der repnblilanischen Justiz. Berlin, 9. April. Gegen den verantwortlichen Redakteur des „Vorwärts", Ernst Reuter, ist infolge 8er' fügung des Oberreichsanwalts vom 3. Apri^ d. Z. die Voruntersuchung wegen Landesver rats (Verstoß gegen Z 43 und 92l StGB.) er öffnet worden. Das Landesverratsverfahren grün det sich diesmal auf die in der Nummer vom 3. Februar erfolgte Veröffentlichung des aufsehenerregenden Briefes eines Hitler-Offi ziers namens Götz, der, in der Manier der Hilter - Leute, eine geradezu klassische Schil derung seiner Beteiligung an den Umsturz versuchen vom 8. und 9. November v. I. gab. Weiter bezieht sich der Oberreichsanwalt in dem neuen Landesverralsverfahren auf Pole miken, die dcr ..Vorwärts" gegen die bayeri sche Regierung nnd gegen das Wehrkreis kommando Stuttgart richtete. Der „Vorwärts" selbst schreibt hierzu: „Wir bekennen uns schuldig, mit der Ver öffentlichung dieser vorstehenden Meldung aber mals den Berdackt des Landesverrat» zu erwecken. Denn, nach dem Landesverratspara, qraphen 92 de- Strafgesetzbuchs, wird mit Zucht- hausstrafe nicht unter zwei Fahren (oder Festungshaft nicht i nter sechs Monaten) bedroht, wer „vorsätzlich Nachrichten, von denen er weiß, daß ihre Geheimhaltung einer anderen Re gierung gegenüber für das Wohl de< Demschen Reiches . . . erforderlich ist,. . . . öffentlich be- kannlmacht. Zeder gesunde Mensch in Deutschland wird mit uns darin vbereinstimmen, daß die Nach richt von gegen republikanische Blätter angestrengten Landesverrat-Prozessen für da« Reich so blamabel ist, daß sie, mr Znterefs, des Ansehens der Republik, ganz geheim ge halten werden müßte. Aber wir sind unseren deutschen Lesern schuldig, ihnen mi zuteilen, wohin der Kurs der republikanischen Zustiz in der Gegenwarr steuert. Ta wir aber nicht verhindern können, daß die Nachrich:, außer deut- scheu Lesern, auch Ausländern zu Gesicht komm?, bitten wir alle ausländ schen Leser des „Vorwärts", von der Meldung keine Notiz zu nehmen. Ls ist genug, wenn wir in Deutschland selbst Scham über solche Vorgänge empfinden !" V Epilog zum Nathenaumord. Anwendung des 8 10» gegen fünf Mitglieder des Reichstags. Berlin, 9. April. Der „Vorwärts" ichreibl: „Am 23. J«li IV22 hielt Helfferich im Reichstag seine berüchtigte, mit wilder Dema gogie und tückischen Bertächtigimgr« arbeitende Rede gkgr» den Rcichsaußenmmister ltr Ra thenau. Am Morgen des folgend n Dages fiel Rathenau unter de» mörderischen Schüsse» von Dechow und Genosse», als ei» Opfer der Hetze, die di. Deutsch- »a »io aale» gegen ihn rntsacht hatte«. Kei» Wunder, daß die Erditnruug des größte« Drill drr Neichstagsabg,ordneten sich stürmisch grgru Helfferich wandte. Dir drutfchaationalr Reichstagssraktron srlvft war im Zweifel darüber, od Helfferich «utrr solchr« Umstände» a« der Rrichstag-jitzuug am 24. Ju»i triluehme« dürfte, schließlich beschloß sle, daß „kriur Schwäche gezeigt" »erden dürfr, und daß Helfferich er scheinen müsse Selbstverständlich war bei den anderen Ab geordneten die Spannung groß. Viele waren der Meinung, daß Helfferich es gar nickt wagen würde zu erscheinen, ihre llberraswung m d Er- regung war ungeheuer, a'.S er dennoch kam. Von der Linken her erschollen stürmische Rufe: „Mörder hinaus!" SckUrßUck aber legte sick, unter dem Linfluß de» Präsidenten Löbe, der Tumult, und Helfferich blieb Seitdem sind fast zwei Fahre vergangen, der Reichstag ist ausgelöst, die Immunität der Abgeordneten erloschen. Und auf einmal werden die Abgg. Z ubeil, Or.Mose»,Höll ein, Nemmele und Fröhlich vor den llnter- suchung»richter geladen, weil sie sich gegen den t 10' de» Strafgefebbuche- vergangen baden sollen Der s >03 sani: „Wer es unternimmt, den Senat oder die Bürgerschaft einer der freien Hanseslädle, eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaates auseinanderzusprengen, zur Fassung odsr Unterlassung von Beschlüssen zu nötigen oder Mitglieder aus ihnen ge waltsam zu entfernen, wird mit Zucht haus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind m ldernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter einem Jahre ein." Man muß zugeben, baß dem Staatsanwalt der Humor in ernster Zeit nicht fehlt, und vaß er es versteht, Satiren zu schreiben — und wären es auch Latin« auf vie deutsche Zustiz. Tie Wahrung der inneren Ordnung des Reichstags ist Lache des Hauses selbst, vor allem Sache des Präsidenten. Und der Reichstag hat damals auch aus eigenem diese un geheuer schwierige Aufgabe gelöst und, trotz der ungeheuerlicken Provokation, die in dem Erscheine« Helfien: s unter den gegebenen Umständen lag, seine Sitzung ordnungsgemäß zu Ende ge führt. Helfsench wurde an der Ausübung seine» Mandats tatsächlich nicht gehindert. Eine Verurteilung der in Untersuck ung ge zogenen Abgeordneten ist unmeglick, solange Ver fassung und Eesep uoch gelten. Aber d e Ein leitung des Verfahrens allein ist schon ein un geheuerlicher Skandal. Was die Pham asie des boshaftesten Witzboldes nicht erfinde« würde, die deutsche Justiz bringt eS schließlich fertig!" Ter Schutz der nationalen Minderheiten. Von 1>r. Ha»S Wehverg. Sen der vielgesckmähte Völkerbund sich oer Besck werden der deutschen Minderheiten gegen über Polen angenommen und der ständige inter nationale Gerichtshof in zwei bedeutsamen Fällen ein Gutachten Zugunsten der deutschen Minder heiten erstattet hat, ist die Erkenntnis von der Wichtigkeit des Minderheitenschutzes durch den Völkerbund in weitere Kreise gedrungen. Hier handelt es sich nickt um irgendwelche in nebel hafter Ferne zu verwirklichende Forderungen, sondern um realpolitiscke Aufgaben der Gegenwart. Ter erste Verirag, durch den das Recht der Minderheiten unter die Garantie des Völkerbundes gestellt wurde, war der,enige der alliierten und assoziierten Hauptmächte vom 2^. Juni 1919 mit Polen Später enthielten die Friedensoerlrage mit Österreich, Ungarn, Bulgarien und der Türlei, ferner die Spe-ialoerträge der Hauptmächte m: der Tschecko-Slowake', Rumänien, Serbien- Kroatien-Slavomen, Griechenland und Almemen, sowie der deuisck - polnisch« Vertrag de.reffend Oberfchtesien d.eselbe Bestimmung. Zn Befolgung c ner Resolution ber erste« Bundesversammlung vom 1k. Tezember 1920 haben ferner Albanien, Estland, Lettland und Litauen durch besondere Erklärungen vor dem Volkerbundsrate Verpflichtungen betreffend den Sckup der nationalen Minderheiten übernommen und diese Bestimmungen unter den Schutz des Völkerbundes gestellt. Dagegen ist ein Gleiches bezüglich der Minderheiten in Finnland nicht geschehen, da der Rat dies, angesichts der den Minderheiten in Finnland durch Verfassung und Gesetzgebung be reits gewährleisteten Rechte, nicht sür erforderlich hielt. Ein« Ausnahme gilt nur bezüglich der Minderheiten Finnlands auf dcn Alands,nseln. Nur diejenigen Minderheiten, denen durch d»e genannten Verträge oder durch die einseitigen Verpflichtungen ein besonderer Schutz zuteil ge worden, haben da» Recht, sich an den Völkerbund zu wenden. Was die Einleitung des Verfahrens betrifft, so hat der Rat am 22. und 25. Oktober 1920, am 27. Zuni 1921 und am 5. September 1923 eine Reihe von Srundiätzen ausgestellt, die, durch e nen Beschluß der vierten Bundesversammlung vom 26. September 1923, ergänzt werden. Ve- so' der- bedeutsam ist zunächst der in dem Berich, Tit oni» an den Rat vom 22 Oktober 1920 be- ionle Gesit tSpunkt, baß nur d>e im Rate ver tretenen Mächte das Rech', ober auch d,e Pflicht baden, die Ammerksamk.i» des Rates auf irgend