Zum Programm Manchmal genügt schon das weltweite Gedenken an das Geburtstagsjubiläum einer unvergleichlich schöpferischen Persönlichkeit, um auch die eine oder andere zu Unrecht vergessene Begabung zu würdigen. Alle Welt spricht im "Mozartjahr 2006" natürlich von Mozart anlässlich der 250. Wiederkehr seines Geburtstages. Aber außer nur wenigen Musikhistorikern und Spezialisten weiß kaum jemand etwas von dem gleichaltrigen "Mozart"-Kollegen Joseph Martin Kraus, geboren am 20. Juni 1756 in Mannheim, gestorben am 15. Oktober 1792 in Stockholm. Nicht nur die gleiche Berufung als Komponist, sondern das gleiche Geburtsjahr und die gleiche kurze Lebensdauer fordern zum Vergleich heraus. Denn schon gibt es Presse-Ankündigungen zu eilig eingespielten CD-Kraus-Werken, die von einem "zweiten Mozart" schwärmen. Auch Haydns Lob über Kraus wird gern zitiert. Tatsächlich ist die literarisch musikalische Begabung nach einem abgebrochenen Jura-Studium nicht zu überhören, und auch die Ernennung zum Hofkapellmeister im Gefolge des schwedischen Königs Gustav III. in Stockholm spricht für den jungen Komponisten. Aber Schweden lag damals weit entfernt von den klassischen Musikzentren in München, Wien oder Paris, und so musste der Hofkapellmeister Kraus seine jugendlichen Erfahrungen aus dem fernen Mannheimer Umkreis der Frühklassik übernehmen und die von Reisen und Besuchen importierten Kenntnisse weiter entwickeln. Das geschah mit "schwedischem" Erfolg, wie der umfangreiche Katalog seiner Werke aller Gattungen von der Oper bis zur Liedkunst beweist. Eine überzeugende Probe, unter anderem geschult am Schaffen Haydns, Carl-Philipp Emanuel Bachs und Christoph Willibald Glucks, bietet seine D-Dur-Sinfonie. Als Geburtstagsgruß aus Dresden zum 250. Geburtstag des Stockholmer Meisters Joseph Martin Kraus erklingt folgerichtig eine Folge von Melodiezitaten aus schwedischen Volksliedern, die Max Bruch in seiner bewährten Tonsprache spätromantischer Klangseligkeit serenadenhaft bearbeitet hat. Krönung und Abschluss des Konzertes ist Mozarts große g- Moll-Sinfonie, die ohne jeden weiteren Kommentar erneut die Einzigartigkeit und das zeitlos überragende Genie ihres zu Recht mit einem eigenen "Jahr" gefeierten Großmeisters der Tonkunst beweist. Gerhard Pätzig