Johann Sebastian Bach, Konzert für zwei Violinen und Orchester d-moll BWV 1043 Das Solokonzert, in Norditalien kurz vor 1700 entstanden, verbreitete sich in den Jahrzehnten nach der Jahrhundertwende durch die ge feierten italienischen Violinvirtuosen in ganz Europa. Viele deutsche Komponisten dieser Zeit gingen extra nach Italien, um von den dortigen Meistern zu lernen. Johann Sebastian Bach reiste zwar selbst nie in den Süden, aber er ließ sich von Freunden und Kollegen Abschriften der italienischen Konzerte mitbringen. Johann Nikolaus Forkel, der erste Bach-Biograph (1802), der sein Wissen vor allem aus den mündlichen Berichten der Bach-Söhne bezog, schrieb über den Einfluss des italienischen Kon zerts: „Als ... Anleitung dienten ihm die da- mahls neu herausgekommenen Violinconcerte von Vivaldi. Er hörte sie so häufig als vortreff liche Musikstücke rühmen, daß er dadurch auf den glücklichen Einfall kam, sie sämmtlich für sein Clavier einzurichten. Er studirte die Führung der Gedanken, das Verhältnis der selben unter einander, die Abwechselungen der Modulation und mancherley andere Dinge mehr. Die Umänderung der für die Violine ein gerichteten, dem Clavier aber nicht angemesse nen Gedanken und Passagen, lehrte ihn auch musikalisch denken, so daß er nach vollbrach ter Arbeit seine Gedanken nicht mehr von seinen Fingern zu erwarten brauchte, sondern sie schon aus eigener Fantasie nehmen konnte." Aus Italien kam auch die Ritornellform als Mo dell für den Aufbau des Violinkonzerts. In den Ritornellen spielt das Orchester, dazwischen sind Solo-Passagen gestreut. In den schnellen Sätzen seines Konzerts für zwei Violinen und Orchester d-moll BWV 1043 verband Bach die Ritornellform mit der Fugentechnik, indem er die Themen nacheinander einsetzen ließ und die Stimmenverläufe kunstvoll miteinander