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hinter ihrem Besteck gezittert; denn sie konnte eben so wenig erwarten, zu sehen, was da würde er scheinen. Zunächst zog der Vater eine schöne, goldig flim mernde Börse hervor, die er hastig öffnete und .untersuchte. ES waren Goldstücke darin, viel; denn der Vater zählte Hundert, und noch lagen deren mehr zur Seite. „DaS Beste wahrscheinlich von Allem!" — sprach der Vater halblaut; und sich im Anschauen dieser herrlichen Münzen vergessend, setzte er hinzu: „Schon genug, um die That vergessen zu machen und etwaige Gewissensbisse zu bewältigen." Börse und Geld wurden sofort in einem Kästchen seines Pultes verwahrt; doch Elisabeth zitterte nun wirk lich recht heftig und wäre gern in'S warme Bett- chen zurückgeschlichen, wenn nicht der Mantelsack die Füße gleichsam festgehalten am Boden. Sse konnte nicht von der Stelle. Der Börse folgte ein ziemlich umfängliches, höchst zierlich gearbeitetes Kästchen, aus dem der Vater eine lange, goldene Kette mit einem Medaillon langte. Ferner entnahm er demselben eine Anzahl glänzender Ringe. Alles dies wurden genau besich tigt und geprüft. „Mehr als 30V Thaler an Werth! Muß ein Juwelenhändler oder Goldschmied gewesen sein!" vernahm die Lauschende wieder. „Sojl einst Elisa beth erhalten, wenn sie sich vermählen wird; denn solche Kelte und solche Ringe besitzt hier Niemand." Wie ein Stachel drangen diese Worte in das 'Herz deS Kindes. Daß diese Dinge unrechtmäßig erworben waren, erlitt keinen Zweifel mehr; denn auch die GesichtSzüge ves Vaters verriethen dies. Wie ein Sünder, der die gemachte Beute, oder daS Ergebniß eines ausgeführten Betrugs besichtigt, schauete der alte Mann auf die vor sich liegenden Gegenstände, und aus den Mienen sprach Hab sucht und teuflische Freude. Elisabeth fürchtete sich vor diesem Bilde der Bosheit und sie kannte ihren Vater nicht mehr. Auch daS Kästchen mit seinem Inhalte verschloß er in sein Pult. — Noch war aber der Mantel sack nicht geleert und der darin verborgene Schatz nicht erschöpft; fein Umfang ließ noch auf Diel schließen. Nach einiger Mühe und Anstrengung zog der Vater ein größeres Packet heraus, daS ein wohlzusammengelegtes, schwerseidenes und überaus reichbesetztes Frauenkleid, nebst goldgesticktem Ba rett mit Agraffe und hoher Straußfeder an der Seite, enthielt. Zuletzt folgten Frauenschuhe, Strümpfe, ein prachtvoller Gürtel und andere geringere, zum vollständigen Anzuge einer Dame, und zwar von hohem Stande, erforderlichen Gegenstände. Ein größeres Erstaunen mochte den Alten bei Betrach tung der letztem Dinge wohl noch nicht erfaßt ha ben; denn er stand längere Zeit ganz unbeweglich da und verzog das Gesicht auf eine Entsetzen er regende Wesse. „Wer soll da klug werden?" — brummte end lich Bock, ärgerlich das Kleid wieder zusammenle gend und es mit den übrigen gering erscheinenden Dingen in den Mantelsack schiebend. „Ein Weib kann eS doch nicht gewesen sein? Doch solche Sachen führt kein Mann auf Reisen mit sich, und unmöglich ist's durchaus nicht, daß der Reiter dem Frauengeschkechte angehören könnte. Hätte mich doch näher überzeugen sollen. Nun, morgen, wenn man die Leiche gefunden haben wird, werde ich deutlichere Kenntniß erhalten!" (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. Siebenlehn, 23. Decbr. Ein Act kobenS- werther Ehrlichkeit kam vorige Woche in hiesiger Nähe vor. Ein ärmer Schuhmacher von hier fand eine Brieftasche auf der Straße mit 3000 Thalern in Leipziger Banknoten. Er lieferte sie sofort an das Gerichtsamt Nossen aus. Der sich bald meldende Eigenthümer, ein Bauunternehmer, gab dem Finder 50 Thlr. und ein reichliches Frühstück. Chemnitz, 17. Decbr. In der vorgestrigen . geheimen Sitzung hattedas hiesige König!. Be zirksgericht einen traurigen Fall menschlicher Ver irrung zu verhandeln. Es wurde nämlich der 61jährige Schullehrer C- G. F. Andreas auS Bürnichen wegen Unzucht mit Kindern, deren er sich geständigermaßen seit mindestens acht Jahren mit seinen Schulmädchen fortgesetzt schuldig ge macht hat, zu kjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt. Aus Warschau schreibt man, daß aus Peters burg die Nachricht eingegangen sei, daß zum Früh jahre bedeutende Truppenkörper im Königreich und an den Grenzen ausgestellt werden sollen, indem Rußland bei den sich vorbereitenden kriegerischen Bewegungen kein müßiger Zuschauer bleiben könne. Ein Schreibe »des Herzogs von Ko- burg-Gothaan den Wiener Männerge- sa ngverein. In seiner Liedertafel vom 3. Novbr^ hatte der Männergesangverein" eine Hymne vom Herzog von. Koburg-Gotha zur Aufführung ge bracht, welche mit großem Beifall ausgenommen wurde. Nun besteht bei diesem Verein das Sta tut, dem Componisten eines jeden mehrstimmigen GesangstückeS, daS der Verein zum ersten Male zur Aufführung bringt, einen Dukaten. Ehren«