Volltext Seite (XML)
540 dar, die Trappen und dir Nationalgardt, die das Spalier gebildet hatten, begaben sich nach Haufe Zurück unter Lrommelschlag und Hörnerklang; eine unzählige Menge strömte nach allen Seiten hin, und die französische Hauptstadt hatte »in so beleb tes Aussehen wie noch nie. Aus dem Vaterlande. Zwickau, 17. August. Augenzeugen berichten, daß erst gestern in Falkenstein »S möglich gewor den, für sämmtliche obdachlose Bewohner bei dem Drohen des bewölkten Himmels rin gegen die Witterung einigermaßen schützendes Unterkommen Zu finden, nachdem sie theilweise bis dahin unter freiem Himmel zugebracht hatten. Umgcstürzte Schränke, Tische u. dergl. ins hohe Erdäpfelkraut gestellt, waren für die kleinen Kinder bisher die Zufluchtsstätten, besonders die Nacht über gewesen. Jetzt liegen sie in Ställen, Schuppen, auf Böden und wo nur ein Winkelchen in den erhaltenen Häusern frei geblieben ist. Meißen, 18. August. In der gestrigen Sitzung unserS Bezirksgerichts wurde der seit ungefähr Jahren erst hier etablirle Kaufmann I. G. Lorenz wegen leichtsinnigen und böswilligen Bankrotts zu 1 Jahr 10 Monaten Zuchthaus verurtheilt. Er hatte, nachdem er in Folge der Inventur über seine Insolvenz-Gewißheit erlangt und Anstalt zu einem Arrangement getroffen hatte, doch immer noch Waaren auf Credit ausgenommen und, nach dem vom Gericht formeller Concurs eröffnet wor den war, eine Post von ca. lO Thlrn. als veraus gabt eingetragen, den Betrag aber für sich behal ten, eine Baarsumme von 600 Thlr. verschwiegen und einen Gläubiger mit 30 Thlr. voll befriedigt. Ern den Gläubigern gemachtes Gebot war 30 Procent gewesen, während nun aus dem Concurse gegen LOProcent ausfallen werden. Lorenz hatte daS vom frühem Inhaber Herrn Franz Emil Webel so schön emporgebrachte Materialwaaren- geschäft übernommen und mag nur durch Mangel an Geschästskenntniß, sowie durch Unvorsichtigkeit in die jetzige bedauernswirthe Lage gekommen sein. Die Sängerin Bürde-Ney ist beim Dresdener Hoftheater wieder auf fünf Jahre mit einer Jah. reSgage von 10,000 Thlr. und sechs Monaten Urlpub «ngagirt worden. Wien. Eine der traurigsten Katastrophen, von welchen einzelne Familien durch die blutigen Opfer heimgesucht wurden,- welche der jüngst beendete ver- hängnißvoll« Krieg gefordert hat, ist wohl folgende: Kranz K., Hauptmann in einem tapfern Regi. mente, dessen Reihen in den Schlachten von Ma genta und Sölferino furchtbar gelichtet wurden, war in der erstem Schlacht am Kopfe-verwundet und kriegsgefangen nach Mailand gebracht worden. Er war, da die Verwundung eine schwere, beinahe ununterbrochen im Delirium. Nach der Schlacht bei Solferino wurde daS neben dem seinigen ste hende Bett belegt — es war sein Bruder Marlin F., gleichfalls Hauptmann in demselben Regiment«, den man verwundet vom Schlachtfelde dahin ge bracht. So lagen ungefähr vierzehn Tage lang die beiden Brüder neben einander auf dem Schmer zenslager. Da trat eines Tages die gräßliche Ka tastrophe ein, daß Hauptmann Franz F. mitten im heftigsten Delirium sich, wie es in einem Pri- vatbriefe heißt, „zuletzt selbst daS Gehirn auszog" und so feinen Tod nach 36lägigem Krankenlager herbeisührte. Und der nebenan liegende Bruder mußte Zeuge dieses Vorfalls sein Braunschweig feierte am 1. August den fünf zigsten Jahrestag der Schlacht bei Oelper, nach der bekanntlich der Rückzug des Herzogs auf Els fleth und von da der Uebertritt nach England er folgte. Es war ein Fest so großartig, wie eS Braunschweig seit langer Zeit nicht gesehen hatte. Die Stadt war mit Blumen, Guirlandrn und Fahnen auf's Reichste geschmückt und auch die schwarz-roth. goldene Flagg» durfte sich hier frei entfalten. Auf dem circa eine halbe Stunde von der Stadt entfernten Schlachtfelde Oelper fvurde Feldgottcsdienfl^gehalten, dem eine unübersehbare Menschenmenge beiwohnte. Der Herzog nahm auS derselben Taffe den Kaffee ein, aus der fein Vater 1809, aus Stroh liegend, ihn aus der Hand eines Bäckermädchens empfangen halte, das jetzt alS altes Mütterchen ihn dem Sohne präsentirte. Merk- würdig besteht die Zahl der noch lebenden Vetera. nen, die diesen denkwürdigen Zug mitgemacht ha ben, noch auS 10 Offizieren, 10 Unteroffizieren und 10 Soldaten. Jüngst ist der harmlosen Liedertafel von Trep tow a. Toll (Pommern), welche alljährlich mit ih rer weißblauen Vcrcinsfahne eine Sängerfahrt nach einem im Mecklenburgischen liegenden Walde zu machen pflegt, von dem Besitzer deS Waldes, ei- nem weiland österreichischen Rittmeister, der Ein tritt über die Grenze angeblich „auf gemessensten Befehl der großherzoglichen Regierung" untersagt worden, weil die pommerschen Farben atlf mecklen burgischem Gebiete mit solcher Ostentation zur Gel- tung zu bringen nicht gestattet werden könne. Ohne Fahne durften dann die Sänger einziehen, mußten sich aber doch auf dem Wege zum Walde vorschrifts mäßig „von der Chaussee recht weit entfernt hatten."