Sinfonia N. 9 - „eine Summa summarum meines Schaffens" Alles andere als spurlos sind Nazi herrschaft und Krieg an Hans Werner Henze - es war dessen Kindheit und Jugend - vorbeige gangen. Seit den Opern der 60er Jahre hat er in seinen Schriften, Interviews und nicht zuletzt in seinen Werken immer wieder die Frage nach dem „politischen Musiker" und nach „politisch engagierter Musik" gestellt. So lange wie kein anderes Werk hat ihn die Sinfonia N. 9 beschäftigt. Die Symbolik der Nummer 9 ist sein Beethoven erdrückend, das gewählte Thema kaum zu bewäl tigen - Henze sieht in der gefun denen Lösung „eine Summa summarum“ seiner komposito rischen Arbeit. Letztlich ist es ein Auftragswerk der Berliner Philharmoniker und der Berli ner Festwochen geworden. Die Uraufführung fand am 11. Sep tember 1997 in der Philharmo nie statt - mit dem Rundfunk chor Berlin und unter Leitung von Ingo Metzmacher. Schon vor Weihnachten 1982 notiert Henze - so ist in seiner Autobiographie „Reiselieder mit böhmischen Quinten" zu lesen - eines der nächsten Vorhaben: „9. symph: 7. Kreuz". Andere Aufgaben, Neigungen und Ver pflichtungen sollen ihn zunächst abhalten, die Idee weiter zu ver Meine neunte Sinfonie befasst sich mit der deut schen Heimat - so, wie sie sich mir dargestellt hat, als ich ein junger Mensch war, während des Krieges und schon zuvor. Sie entstand in den /ähren intensiven Umgangs mit dem Thema und war auch bezüglich der künstlerischen Anstren gung das Extremste, was ich je erlebt habe. Was in dieser Sinfonie geschieht, ist eine Apothe ose des Schrecklichen und Schmerzlichen. Sie ist eine Summa summarum meines Schaffens, der Versuch einer Abrechnung mit einer willkürlichen, unberechen baren, uns überfallenden Welt. Statt der Freude, den schönen Götterfunken zu besingen, sind in meiner Neunten den ganzen Abend Menschen damit beschäftigt, die immer noch nicht vergangene Welt des Grauens und der Verfolgung zu evozieren, die weiterhin ihre Schatten wirft. Eine deutsche Wirk lichkeit, ist diese Sinfonie aber vor allem Ausdruck der allergrößten Verehrung für die Leute, die Wider stand geleistet haben in der Zeit des nazifaschisti schen Terrors und die für die Freiheit der Gedanken ihr Leben gegeben haben. (Hans Werner Henze, Partitur-Vorwort) folgen - bis Oktober 1995, wo er sagt: „Meine frühen und trüben Erfahrungen mit dem eigenen Land wollen und müssen