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vierzig Stufen sind zuviel für mich, dies Dach ist zu hoch für mich, und da draußen, die Kirchtürme, Hügel, in der Ferne das Flusstal machen mich zittern, wie das Bellen der Hunde, wie das Geheul der Sirenen mich, Belloni, Zittern macht. Den Himmel habe ich ausgemessen, nun hocke ich hinter dem Schornstein, jetzt höre ich einen Schuss und spüre ein nasses Klatschen im Bein, und ich, Belloni, der fliegen konnte, rolle über das Dach und hänge an der Rinne, ein blutiger Vogel, ein bleiches Gespenst, unter mir die schwarzen Stiefel, unter mir die deutschen Gesichter, und ich, Belloni, der verwundete Adler, öffne die Schwingen und fliege noch einmal über mein einziges Land. VI. Die Nacht im Dom Die Toten (flüsternd): Der Tod ist taub, der Tod ist blind: kein Traum, den du träumst, kein Schrei, den du schreist, kein Schatten, der dich streift. Der Tod ist schwarz, eisig und stumm. Sei ohne Hoffnung, deine Augen sind leer, dein Mund ist verwest, deine Zunge ist Erde. Sei ohne Hoffnung, sei still. Der Flüchtende: Ich krieche unter den Bänken entlang, ich berühre die Steine, drücke meine Stirn an den Boden, ich will nicht sterben, ich verfluche die Toten, sie liegen in ihren Gräbern, sie liegen unter Granit begraben, in eisigen Sarkophagen, sie liegen mit Kronen geschmückt und gewickelt in Purpur, die Herren der Welt, ihr Reich ist aus Staub, ich verfluche die Toten, sie sagen: Sei ohne Hoffnung, sie sagen: Der Tod ist ein einziger Schmerz, ich will nicht sterben, ich blicke nach oben, der Himmel ist auf Säulen gebaut, der Himmel ist ein großer grauer Fels. Die Heiligen (flüsternd): O. Das Blut ist warm, das Blut ist süß, und süß ist der Schmerz, die brennende Haut, der zerrissene Leib, das Feuer unter den Füßen, die Nägel im Leib, das Blei auf der Zunge, wir singen mit blutigen Lippen, wir singen mit löchrigen