„Es scheint, die Neunte ist eine Grenze. Wer darüber hinaus will, muss fort. Es sieht so aus, als ob uns in der Zehnten etwas gesagt werden soll te, was wir noch nicht wissen sollten, wofür wir noch nicht reif sind. Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits nahe. Vielleicht wären die Rätsel dieser Welt gelöst, wenn einer von denen, die es wissen, die Zehnte schrieb. Und das soll wohl nicht so sein.“ (Arnold Schönberg) Tradition und Fortschritt - in diesem Spannungsfeld arbeiten Komponis ten Zeit ihres Lebens. Gerade das Ausweiten oder Neuerfinden von musika lischen Gattungen hatte enorme Sprengkraft, und das Publikum bestrafte den Komponisten häufig bestenfalls mit Unverständnis, schlimmsten falls mit Hohn, Spott und Entsetzen. Auch eine der wichtigsten Gattungen der klassischen Musik war seit ihrer „Erfindung“ durch Joseph Haydn permanenter Ausweitung und Veränderung ausgesetzt: die Sinfonie. Und - Zufall oder Schicksal - waren es häufig die „9.“ und meist gleichzeitig letzten Sinfonien, mit denen die Komponisten die Gattung zu überwinden suchten. Was hat es mit dem Mythos „9. Sinfonie“ auf sich? Welche Bedeutung hat die Zahl 9 dabei? Wie entwickelte sich die Sinfonie im Laufe der Jahrhunderte? Um diesem Komplex auf die Spur zu kommen, laden wir Sie ein zu „9 Mal 9“ - zu neun 9. Sinfonien in der Saison 2009. Chronologisch beginnt die sinfonische Reise durch die Musikgeschich te bei Wolfgang Amadeus Mozart, dessen sinfonisches Schaffen den Ruhm der Gattung begründet, die Beethoven 1824 mit seiner Neun ten zu einem vermeintlichen Höhe- und Endpunkt führte. Aber es ging weiter: In der Tradition Beethovens schufen Antonin Dvorak, Anton Bruckner, Gustav Mahler und Ralph Vaughan-Williams (30.08. Ulrichs- husen) höchst individuelle sinfonische Welten, die ebenfalls jeweils in letzte 9. Sinfonien mündeten. Franz Schuberts nach heutiger Zählung als 9. Sinfonie verzeichnetes Fragment D 936a blieb unvollendet, wur de aber äußerst gelungen rekonstruiert. Nicht fehlen darf der vielleicht bedeutenste Sinfoniker des 20. Jahrhunderts, Dmitri Schostakowitsch, dessen eher kurz gehaltene 9. Sinfonie als Manifest den politischen Widerstand musikalisch auf die Spitze treibt. Schließlich setzt sich der Berliner Komponist Christian Jost im Auftragswerk der Festspie le Mecklenburg-Vorpommern mit dem Titel „Code Nine“ aus heutiger Sicht mit dem Phänomen und dem Mythos der 9. Sinfonie auseinander.