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317 DaS Milde, daS Ruhige in Mariens Schmerz übte zuletzt auch auf Brandt'- von Schmerz und Ver». zweiflung zerrissenes Herz einen mildernden Einfluß auS, und et begriff jetzt nicht, wieeS möglich gewesen sei, daß der Gedanke an seine Geliebte nicht sofort seine Leidenschaft zum Schweigen gebracht und zu- rückgevrängt. Die ernstesten, festesten Entschlüsse faßte er in diesem Augenblicke, und die Verzeihung, die ihm aus der Geliebten Augen entgegrnleuchtete, schien Hinein Leben und Herzen eine neue Weihe ge geben zu haben. „Den Verlust meines Vermögens," flgrack er, „würde ich ertragen, denn durch meine Liebe hoffe ich Dir daS zu ersetzen, was ich Dir durch meinen Leicht sinn geraubt habe. Aber womit soll ich die Summe bezahlen, welche mein Freund, welche meine Be kannte mir geborgt. Werde ich in ihren Augen nicht alS rin Betrüger erscheinen, wenn ich ihnen das Geld nicht zurückzuerstatten vermag " Schweigend stand Marie auf-und verließ daS Zimmer. Sie kehrte indeß bald zurück und trug ein Kästchen in ihrer Hand. „Dies ist mein Er. sparniß seit manchem Jahre," sprach sie lächelnd; „es wird ausreichen, Deine Schulden zu bezahlen. Ich gebe eS Dir gern, von Herzen gern, Richard, und würde mit Freuden all mein Eigenthum für die Gewißheit geben, daß Du nie wieder spielen werdest" " , Vergebens sträubte sich Brandt, das Geld von Marie anzunehmen; sie bat so flehend, sie drang so liebevoll in ihn, das Geld von ihr anzunehmen, daß er endlich nachgab. „Du bist mein Engel, mein guter Engel," rief Richard ergriffen, indem er die Geliebte an sein Herz drückte. „Und doch," erwiederte Marie lächelnd, „und dennoch vermag ich dich nicht immer zu schützen und zu bewahren." Als Brandt von seiner Geliebten schied, als er in sein Zimmer zurückkehrte, war sein Herz ruhiger geworden. Sein wilder- verzweiflungsvoller Schmerz war einer ernsten und ruhigen Reue gewichen. Di« Milde und Sanftmuth seiner Geliebten hatte ihm unendlich wohlgethan. Wir ertragen ja «in Unglück, sogar ein selbstverschuldetes viel leichter, wenn wir UNS an «in Herz klammern können, das unS wahre Theilnahme zeigt. Di« tiefsten Schnitt« und unheil-- barsttn Wundrn unsrrS Herzens werden uns nicht durch «in äußeres Geschick, sondern durch menschlich« auch wird« die schönste» und einzigen Balsam» tropfen für solch, Wunden. , . „Schwöre nicht, Richard," unterbrach ihn Marie». Herzen zugefügh uus geliebten Herzen kommeu aber „Ein Schwur lastet doppelt schwer auf dem Herzen, " ' - - . — " Und wenn Deine Leidenschaft Dich wieder Hinriffe, hättest Du zugleich einen gebrochenen Eid zu be reuen." Vermischtes. - . AlS Warnung für manche Kinder, welche heg Wagen nachlaufen und sich daran hängvi, wi< dieS nicht selten auch in unserer Stadt vvrkowmt, wollen wir folgenden traurigen Borsast SUS Eobleaz mitthtilen. Ein tHährigrr Knabe hrng sich näm lich jüngst an eine Equipage hinten an; beim Gleich am fotzenden Tag, eilt« Brandt zu feinE Freunde und den Bekannten, von denen er Geld «e» dorgt, allein keinen derselben traf er zu HauS. ES war ihm sehr unlieb, denn nicht ohne Vorwurk blickte «r daS Geld an, datz er von seiner Mari« empfang««. Wie lange Zeil hatte sie gespart, ehe sie dies« Summe zusammengebracht, wie manche Freude hatte sie sich deshalb versagt, wie manchmal mochte si« dasselbe gezählt und sich darüber gefreut haben, und nun, 7-7 nun gab sie es hin für eine leichtsinnige Stunde, ik ' res Geliebten, für eine Stunde seiner Leidenschaft I Dieser Gedanke quälte sein Herz. Wenn er ihr-ach dieses Geld zurückzugeden vermöchte!' Der G<-, - danke, daß er mit ihm an der Spielbank sein Geld zurückgewinnen könnte, stieg in ihm aus. Er drängte ihn zurück, aber immer wirder und immer lebhaft«» kehrte er wieder. Schon flüsterte er sich selbst Ent» schuldigungsgründ« für diesen Gedanken ein. Nicht für Dich willst Du spielen, nicht zum Vergnüge», ' nicht aus Trieb Deiner Leidenschaft, sondern um Deiner Geliebten das Geld zurückerstatt«» zu kön nen. Das Unglück hat Dich lange genug im Spiele verfolgt, flüsterte ihm eine andere Stimm« zu, «S kann unmöglich noch länger an jener Kart« heften, Du mußt heute gewinnen. Du kannst ja sofort aufhören", sobald daS Glück anfängt Dich zu »tt* l lassen; Du brauchst ja nur den Versuch zu machen ' - — und wen» er glückte! Wenn Du Deine» Marie das Geld zurückerstalten könntest, wenn Du Dein Vermögen wieder gewönnest,--'feine Trugschlüsse, -1e Hoffnung des Spielers hatten über ihn gestegtl Er steckte das Geld zu sich, er nahm sich fest vor, standhaft zu sein und feine Leidenschaft zu bekäm pfen, nur die Hand wollte ru dern Glücke darin et«L Die stimme seiner Liebe, dieStimmeseinerLer» nunft waren taub für sein Oh»; wie ein« Schlange wand sich die entfesselte Leidenschaft, Anfangs leise ' und schmeichelnd, dann fester und fester um feinen Geist. Rasch eilte er fort und trat in daS HauS sei nes Unglücks und. an den Spieltisch. — . ! (Fortsetzung felgt.)