Bahn brechen muss. Varöse definiert das Raum-Zeit-Gefüge von Musik neu; kontinuierlich werden die horizontalen und vertikalen Achsen der Musik gedreht und gekippt, bis ein neuer Hör-Raum entsteht. Was in „Integrales" an thematischem Material erscheint, läßt sich mit dem Begriff „Fanfare" gerade noch deskriptiv umschreiben: die eingangs zu hörende Klarinettenrepetition wird von einem „Raum" aus verschiedenen Kommentaren umgeben - die ersten 25 Takte verbleiben dabei statisch. Es ist ein Zustand, den Vardse später als „frozen music" beschrieb. Solche „eingefrorenen" Flächen sowie im Gegensatz dazu bewegte Flächen mit zahlreichen Binnenereignissen bestimmen „Integrales" Auch das später erscheinende Hornmotiv fungiert als „Schalter" zu einer Klangwelt, die uns insgesamt in ihrer fast körperlich spürbaren Gewalt zurück zur Natur trägt und deren visionäre Kraft uns auch 80 Jahre nach Entstehung des Werkes faszinieren mag. Lukas Foss Lukas Foss wurde 1922 in Berlin geboren; er erhielt seine musikalische Ausbildung zunächst in Paris und nach der Emigration der Familie in den USA am renommierten Curtis Institute und in Tanglewood, u. a. bei Sergej Koussevitzky und Paul Hindemith. Foss trat früh nicht nur als Komponist, sondern auch als Pianist und Dirigent hervor. Foss behielt diese Universalität zeitlebens bei, war Leiter der Orchester in Buffalo und Milwaukee und lehrte in Los Angeles (dort ab 1953 in der Nachfolge von Arnold Schönberg), Boston und Tanglewood. Foss schrieb drei Opern, sinfonische Werke und Kammermusik. Während seine frühen Werke neoklassizistisch geprägt sind, öffnete sich Foss zur Mitte des 20. Jahrhunderts immer mehr experimentellen Formen und gründete in Los Angeles ein eigenes Improvisationsensemble. „Time Cyde" entstand in dieser prägenden Übergangszeit, „Echoi" (1961-63) ist ein weiterer Beleg dieser Schaffensphase, die Foss mit dem Begriff „System and Chance Music" beschrieb. Foss setzte sich dirigierend und lehrend kontinuierlich und kompromisslos für die Musik seiner Zeit ein. In einem Interview äußerte Foss: „To take refuge in the past is to play safe. Safety lurks wherever we turn. Show me dangerous music." („Sich in die Vergangenheit zu flüchten ist sich auf der sicheren Seite zu wähnen. Diese Sicherheit lauert überall. Zeigt mir gefährliche Musik.") - Foss starb am 1. Februar dieses Jahres in New York. Time Cyde für Sopran-Solo, Klarinette, Cello, Klavier / Celesta und Schlagzeug (1959/60) Lukas Foss' „Time Cyde" wurde innerhalb eines Auftrages des „Ford Foundation's Humanities and Arts Program" für die Sopranistin Adele Addison geschrieben, das Original sieht eine Orchesterbegleitung vor. Ein Jahr später erstellte Foss die in diesem Konzert zu hörende Kammermusikfassung. Das Werk erhielt den „New York Critics Circle Award" und wurde bei der Uraufführung der New Yorker Philharmoniker unter Leonard Bernstein am 20. Oktober 1960 spontan wiederholt. Zur Zeit der Komposition suchte Foss nach neuen Wegen in der Komposition, wandte sich von der Tonalität ab und versuchte zunächst, eine eigene seriell konzipierte Musiksprache zu entwickeln. Während spätere Partituren auch von Aleatorik und Einbindung grafischer Elemente geprägt sind, weist „Time Cyde" zumindest