gel« oder die Klaviersammlung »Makrokosmos«. Doch selbst ein so frühes Stück wie die Sonate für Violoncello solo weist schon voraus auf den Stil seiner reifen Werke. Die Sonate begann Crumb 1955 in Berlin, wo er ein Jahr lang bei Boris Blacher studierte; vollendet wurde sie nach seiner Rückkehr in die USA. Ihr Er öffnungssatz wirkt in seiner freien Tempogestaltung wie improvisiert, und bereits der Beginn dieser »Fantasia« zeigt das Interesse des jungen Komponisten am Klang: Dissonante Pizzicato-Akkorde in tiefer Lage werden mit einer eindringlichen Me lodie im mittleren Register konfrontiert. Es folgt ein »Tema pastorale con varia- zioni« - eine chromatische Melodie im Siciliano-Rhythmus mit drei Variationen und einer Coda. Den Abschluss bildet eine »Toccata« voller dynamischer und klang farblicher Kontraste. Sie basiert auf einem Dreiklangsthema, greift aber im Mit telteil noch einmal das Hauptthema des ersten Satzes auf. 1903 geboren, gehörte der Armenier Aram Chatschaturjan der gleichen Ge neration an wie Prokofjew und Schostakowitsch. Und wie sie hatte auch er sich während des größten Teils seiner Komponistenlaufbahn an der sowjetischen Kul turdoktrin des »sozialistischen Realismus« zu orientieren: Musik sollte nach dieser Auffassung melodisch, optimistisch und allgemeinverständlich sein. Anders als sei ne Kollegen empfand Chatschaturjan diese Forderungen jedoch nicht als beson ders einschränkend. Obwohl auch er vom Regime mehrfach gemaßregelt wurde, kam der offiziell gewünschte Stil im Großen und Ganzen seiner persönlichen Be gabung entgegen. Seine Orchesterwerke und Ballette zeichnen sich durch großen Melodienreichtum, vehemente Rhythmik und eine äußerst farbige Instrumentie rung aus. »Die besonders attraktiven Züge von Chatschaturjans Musik«, so formu lierte es sein Komponistenkollege Dmitri Kabalewski, »liegen in ihren folkloristi- schen Wurzeln. Die rhythmische Vielfalt der transkaukasischen Volkstänze, das inspirierte Improvisieren der Volksmusiker - das sind die Quellen, aus denen seine Kreativität entsprungen ist.« Chatschaturjans Vorliebe für üppige Klangwirkungen erklärt, dass er im Be reich der Kammermusik nur sehr wenig hinterlassen hat. Einige Werke für kleine re Besetzungen entstanden während seiner Ausbildung in Moskau, wo Chatscha turjan übrigens zuerst Cello studierte, bevor er in die Komponistenklasse eintrat. Erst in seinen letzten Lebensjahren schrieb er dann noch drei Solosonaten für Vio loncello (op. 104), Violine (op. 106) und Viola (op. 107). Auch in der 1974 kom ponierten Sonate-Fantasie für Cello verleugnet Chatschaturjan seine ethnischen Wurzeln nicht. Insgesamt ist die Tonsprache der Sonate zwar etwas moderner als die vieler früherer Werke. Doch in die rhapsodische einsätzige Struktur fügen sich immer wieder folkloristische Elemente: ornamentierende Umspielungen, orienta lisch anmutende Tonskalen, tänzerische Melodiefragmente, ostinate rhythmische Figuren, wie sie vielleicht in der instrumentalen Begleitung eines Volksliedes ein gesetzt werden. Manche dieser folkloristischen Einsprengsel wirken wie Zitate aus einer anderen Klangwelt, andere entwickeln sich organisch aus dem quasi-impro visatorischen »Fantasieren«.