Hart an den Katastrophen vorbei Harmlos ist dieser »Sommernachtstraum« mitnichten - schließlich schrammen die Einzelschick sale immer hart an den Katastrophen vorbei: die sich selber fremd werdenden Liebenden, die in ihrem schlichten Realismus verhafteten Handwerker-Schauspieler, deren ehrliche Anstren gungen bei ihrem Publikum auf Unverständnis stoßen, so wohlwollend auch der Beifall ist, die Entzweiung von Mensch, Natur und Kosmos durch das Gift der Eifersucht, also die ständige Bedrohung geglückter Liebesbeziehungen von innen her, ja das zerstörerische Potential jugend licher Liebesleidenschaft selbst. Die politische Dimension des Stückes - wie in der Shakespeare’schen Komödie überhaupt - liegt in der Überwindung dessen, was im Tagesgeschäft als Politik gilt, indem Publikum und Bühne gemeinsam den Traum des Dichters zumindest für den kurzen, glücklichen Augenblick trans zendieren in ein antizipiertes Reich der Freiheit. Aus dem Traum erwachend dürfen wir uns daran erinnern, daß die Schauspieler uns jetzt zurück geführt haben auf den Boden der Wirklichkeit eines historischen Ortes, wo das Politische als Selbstbestimmung und verwirklichte Freiheit in den Grenzen immer wieder neu zu erfindender gesellschaftlicher Ordnung entdeckt worden war und von uns diese Entdeckung unter dem Na men »Demokratie« überliefert wurde: Athen lebt. EKKEHART KRIPPENDORFF