Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten, nur seinem Ehrgeiz frönen", empörte sich Beethoven und ließ die Sinfonie ohne Erwähnung Napoleons am 7. April 1805 in Wien ur aufführen. Vielleicht ist vor diesem Hintergrund die Widmung der Druckausgabe 1806 „Dem Andenken eines großen Mannes“ ein Hinweis auf einen anderen möglichen Helden, den Beethoven im Sinn gehabt haben könnte: den Prinzen Louis Ferdi nand von Preußen, den er 1796 in Berlin kennen und außerordentlich schätzen gelernt hatte? Der Prinz war 1806 bei Jena und Auerstedt gegen die Franzosen gefallen und zum Symbol des Wider stands gegen die Besatzer geworden. Die Helden der „Sinfonia eroica“ sind austauschbar. Deswegen, weil die in der Sinfonie besungene Idee des Heldischen von konkreten Personen angeregt sein mag, mit ihnen aber nicht untergegan gen ist. Prometheus IV , Der Trauermarsch an zweiter Stelle in der Sinfonie ist eine Allegorie auf die Tatsache, dass Veränderungen zum Wohle der Menschen Opfer kosten, und dass diese Opfer nicht vergessen, son- 1902 präsentierte Max Klinger seine lebensgroße Beethoven-Skulptur in einem eigenen Raum des Wiener Sezessionsgebäudes, den Custav Klimt mit einem umgebenden Figurenfries ausgemalt hatte. Beethoven ist als olympische Gottheit dargestellt. Er sitzt auf einem reich dekorierten Thron, zu seinen Füßen hockt ein Adler, Sinnbild des Jupiter. Zunächst verspottet, galt die Plastik bald als Inbegriff des heroischen Beethoven, das den Komponisten als Verkörperung des schöpferischen menschlichen Geistes zeigt, der sich durch seine Leistung bis zu den Göttern emporheben kann. dem wahrgenommen und gewürdigt werden sollen. Im Trauermarsch paart sich Revolutionsharmonik mit blühen der Kantabilität, wie sie Beethoven schon längst für seine Klaviersonaten erfunden hatte. Ein Menuett findet in dieser Sinfonie keinen Platz mehr. Zum ersten Mal tritt das Scherzo an seine Stelle; scherzhaft muss es deswegen nicht zugehen: Die burschikose Naturhaftigkeit, die aggres sive Lust des Scherzos fällt aus dem pro- metheischen Cesamtkonzept der Sinfo nie nicht heraus. Wie zäumt man das Finale einer derart geballten Idee auf? Es ist nicht Rondo, nicht Fuge, nicht Sonaten- und nicht Variationensatz. Aber es vereint mit vir tuoser Geste alle diese musikalischen Gestaltungsprinzipien zu einer grund sätzlich neuen Qualität. Beethoven stei gert noch den Energiezuwachs. Musik wird zu einem ungeheuren Willensakt, hat etwas zu „be-deuten“ weit über jede herkömmliche Ästhetik hinaus. In diesem Moment wendet sich Beet hoven dem „Prometheus"-Thema ein viertes Mal in seiner Musik zu. Die erprobte Melodie des Glücks dominiert das Finale. Aber Beethoven hält sie noch zurück. Zunächst entfaltet sich ein tro ckener Kontrapunkt, vorgetragen von den Bässen. Erst spät, dann um so erlö sender, greift die beglückende Melodie ein. Beide Themen werden einzeln fort geführt, schließlich zusammen. Unver einbares hat sich gefunden. Welch eine Botschaft! Steffen Georgi