Häusliche Idylle und grosse Sinfonlk Nach zwei Jugendsinfonien (1880 und 1885) widmete sich Richard Strauss vor allem der Tondichtung, in der er zu seinem eigenen un verwechselbaren Stil fand. Mit Don Juan (1888), Till Eulenspiegels lustige Streiche (1895), Zarathustra (1896), Don Quixote (1897) und Ein Heldenleben (1899) erlangte er Weltruhm. Danach wandte er sich mehr und mehr der Oper zu. In den Jahren 1903 bis 1915 entstan den nur noch zwei einsätzige Tondichtungen, denen Strauss den Zu satz «Sinfonia», bzw. «Sinfonie» gab: die Sinfonia Domestica op. 53 und die Alpensinfonie op. 64. Ein Foto aus den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts zeigt Richard Strauss mit seiner Frau Pauline und Sohn Franz beim Tee in deren eleganten und repräsentativen Wohnung in Berlins Nobel viertel Charlottenburg. Es ist offensichtlich, dass der junge, bereits weltberühmte Komponist sich einer sicheren Existenz erfreut - ge rade in dieser häuslichen Idylle - und er scheint in Harmonie mit sich und der Welt zu sein. Diese bürgerliche Idylle wird in der Sin fonia Domestica dargestellt. Trotzdem ist sie ein ambivalentes Werk: Einerseits verweist der Titel «Sinfonia» auf die grosse sinfonische Anlage, andererseits ist diese Komposition vor allem die heitere, iro nische Schilderung häuslichen Lebens in der Familie Strauss - in klusive Milchmann, Schornsteinfeger, Kindergeschrei und Verwand tenbesuch. Richard Specht z.B. nennt sie ein «Werk, in dem er (Strauss) uns wie in kaum einer anderen seiner Tondichtungen nahe kommt. In seinen anderen sinfonischen Schöpfungen mag er glänzender, betörender, erregender, vielleicht sogar «interessanter’ sein; in die ser hat man ihn lieb. Hier ist das Beste seines Wesens ausgespro chen: seine Heiterkeit, seine einfache Geradheit, mannhaftes Liebes gefühl, das sich gern hinter vergnügter Neckerei verbirgt ...» Die ersten Programmskizzen von 1902 verraten bereits, welcher Art die ser Humor sein wird: 57 / Lucerne Concerts