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Aus dem Vaterlande. Der bekanntlich wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder in Untersuchung genommene ehemalige Bür germeister von Reichenbach, Klengel, ist am 7. v. M., zu Verbüßung seiner Strafe, fünf Jahre Zuchthaus ersten Grades, nach Waldheim abgeführt msrden. Freiberg, 10. Novdr. Heute früh halb 3 Uhr ertönten in unserer Stadt abermals Feuer signale: cs brannte das Haus eines Tischlers in einem höchst feuergefährlichen Stadtthcile. Glück liche äußere Umstände und die Thätigkeit der Lösch mannschaften bewahrten unsere Stadt vor grüßerm Unglück, sodaß das Feuer nur noch ein benach- dartes Haus ergriff, ohne jedoch dasselbe zu zer stören. Hätte der Brand hier nicht sein Ziel ge funden, so wäre auch das Gebäude der Bergaka demie in Gefahr gekommen, ^und um dieser zu begegnen waren bereits im Gebäude selbst die er forderlichen Maßregeln getroffen. Eine öffentliche besondere Anerkennung verdienen die Leistungen der hiesigen Garnison durch die Spritze, die ihr zur selbständigen Verfügung steht. Der Tischler, in dessen Hause das Feuer ausbrach, gehört zu den intelligentesten und strebsamsten Gewerbetreivcndcn Freibergs; man bedauert ihn deshalb allgemein, weil er sich in seiner rühmlichen Thätigkeit auf längere Zeit gelähmt sieht. Uebrigens sind die Verluste an Mobiliar, da es an rettenden Hän den nicht fehlte, glücklicherweise nicht so bedeutend, um die betroffenen Familien hül,flos dastehen zu sehen. Auch die vom Feuer bedrohte Bibliothek deS hiesigen Reiterregiments konnte vollständig ge rettet werden. U e b e r s i ch t l i ch e s. Der gegenwärtige Stand der Dinge läßt sich mit wenigen Federstrichen bezeichnen. Er ist ungefähr folgender: Die Verhältnisse Deutschlands bieten in po litischer Hinsicht noch ziemlich dasselbe Bild wie vor sechs Monaten dar. Die Unentschiedenheit auf dem Kriegsschauplätze hat auch in den diplomati schen Salons die Unentschiedenheit zur Tagesord nung gemacht. DaS kriegslustige Oesterreich hat zwar noch keinen Schritt zurückgethan, aber es hält ein längeres Zuschn unter den obwalten den Umständen auch keineswegs für unangemessen, — und Preußens Verhalten ist trotz mannig facher Andeutungen von staitsindenden Wendungen dasselbe geblieben, indem es, seine Sympathien für Rußland nicht verleugnet, unaufhörlich eine Vermittelung anzubahnen sucht, und sich in die sem Unternehmen weder durch die Kühle der West mächte noch durch die barscher- klingenden als ge weinten Antworten des Wiener Kabinets irre ma chen läßt. Von einem Bündnisse der skandinavischen Staaten mit den Westenächtcn ist, seitdem dir englisch-französische Flotte in der Ostsee so glän zend durchgefallen, nicht mehr die Lede. Die Nach richten über in Schweden stattfindende Rüst, ungen sind mit dem Zurückziehen der Flotten und dem Herannahen des Winters plötzlich verstummt, und der dänische Hof hat auf die Zumuthung, sich gegen Rußland zu erklären, durch eine im rus sischen Sinne erlassene Gesammtverfassung und die Auflösung des Reichstages geantwortet. Holland bleibt verdrossen und mürrisch im Hintergründe, während Belgien und die übri gen europäischen Mitlelstaaten, wie Sardinien, Neapel u. s. w. mit ängstlicher Spannung har ren, für welche Seite sich der Ausspruch des Kriegs- gottes entscheiden wirb. Sie haben, trotz aller Vorsicht, doch schon zu lange gewartet, um der nächsten Zukunft mit jener Ruhe entgegensetzen zu können, die einer unabhängigen Stellung zu den streitenden Parteien zukomml. In Spanien ist cs zwar für den Augenblick gelungen, die revolutionäre Bewegung zu hemmen; aber selbst die gegenwärtige Richtung der Regie rung bietet dem kaiserlichen Frankreich noch kein« Garantien dar, so daß sich Louis Napoleon un ablässig genöthigr sieht, einen Theil seiner Aufmerk« samkeit den Vorgängen auf der pyrcnälschen Halb- insel zu widmen. Ist es nun schon schlimm genug, daß sich zwei so mächtige Staaten, wie Frankreich und sein westlicher Bundesgenosse, während des ganzen Feldzuges auch nicht einen Bundesgenossen er werben konnten, so nimmt ihre Lage einen um so bedenklicheren Charakter an, als bis jetzt die Er folge auf dem Kriegsschauplätze nur sehr beschei denen Ansprüchen genügen, und die Zustände im Innern eben kein tröstliches Bild der Zufriedenheit darbieten. Napoleons Herrschaft bedarf anerkann termaßen glänzender Siege zu ihrem weiteren Be stehen. Das Land ist nach wie vor von unver söhnten Parteien zerrissen, steht faktisch noch unter der Militär-Gewalt und wird von Ausnahmsge setzen regiert. England dagegen geht mit raschen Schritten einer Geldkrisis entgegen, welche einen desto un heilvolleren Ausgang nehmen dürfte, alS sich dies mal die Bank nicht in der Lage befindet, den großen Geschäftshäusern in Manchester, Birming ham, Liverpool u. s. w. zu Hülfe zu kommen. Dies Alles zusammengenommen macht es erklär lich, weshalb man in Paris und London den