Volltext Seite (XML)
461 reicht werden solle. General ESpinasse, welcher unlängst einen zwecklosen Marsch nach der Dobrud- scka ausfükrte und dort gegen 800 Mann seiner Truppen verschmachten ließ, ist nach Frankreich zurückgerufcn und man glaubt, daß er vor ein Kriegsgericht gestellt werden wird. — Said Pa scha, der neue Vicekönig von Aegypten, ist in Konstantinopel angekommen, um sich vom Sultan in seiner Würde bestätigen zu lassen. Die hannöverschen Ernte-Berichte lauten gün stig. Die Kartoffeln haben ihre Krankheit mei stens glücklich überwunden und versprechen eine gure Mittclernte. Die Seuche glaubt man der anhaltend hohen Temperatur während der letzten Hälfte des Monats Juli zu verdanken zu haben. Roggen, Weizen, Gerste, Erbsen, Hafer, Buch weizen und Bohnen sind eingescheuert und liefern sämmtliche Fruchtarlen einen guten Ertrag. Flachs ist ziemlich geratyen und zeigt reichen Bast. Der zweite Grasschnitt ist gut, Wicken sind nicht er giebig und liefern nickt hinreichendes Hülfsfutter. Ler Milckertrag im Allgemeinen war gering. Das Vieh auf den Feltweiden verspricht nicht viel, was darin seinen Grund hat, daß das Grünfutter nicht nahrhaft gewesen, weil es ungewöhnlich „Befal len," daher auch der Gesundheitszustand des Vie hes kein ganz günstiger ist. Die Bienenstöcke (Sckwärme) sind nur schwach an „Volk." Viele Bienen sollen in Folge des starken „Befallen" gestorben sein. Die gegenwärtige Auswanderung aus Eu ropa ist ein wahrer Exodus geworden; namentlich aus Deutschland gehen immer größere Züge abend wärts, und inmitten des Kriegsgetümmels' geht diese Bewegung, eine neue Völkerwanderung, still weiter, so stille, wie die Spinne ihr Gewebe wirkt. Die Zahl der Personen, welche von Deutschland hinüber wandern, geht jetzt schon Jahr für Jahr in die Hunderttausend. Im Jahre 1852 kamen in Neuyork allein, ungerechnet die andern Häfen der Vereinigten Staaten (Baltimore, Philadelphia, Neuorleans rc.), 118,674 Deutsche an; 1853 119,498. Im gegenwärtigen Jahre wird die Zahl unzweifelhaft noch größer werden; dafü» sprechen die laufenden Schiffsnachrichtcn von Hamburg und Bremen. In Hamburg betrug Milte August die Gesammtsumme der von dort beförderten Auswan derer etwa 17,000 Personen, gegenwärtig sind be reits mehr als 38,000 Personen von dort expedirt worden. In Bremen betrug die Zunahme gegen voriges Jahr nahe an 20,000 Personen. Auch in Havre und in Antwerpen ist der Zudrang von Auswanderern im Steigen. Es ist sehr anzuer kennen, daß die deutschen Regierungen sich ange legen sein lassen, die armen Auswanderer noch soviel wie möglich vor den Gaunern, die ihnen überall auflauern, zu behüten, denn leider gehen die Bauern, und der größere Theil der Auswan derer besteht jetzt aus Landleuten, nur zu leicht in die Schlinge. Es klingt fast unglaublich, aber es ist dennoch wahr, daß mindestens 10 Prozent von den deutschen Auswanderern auf eine bejam- mernswerlhe Weise umkommen, meist als ein Opfer der Täuschungen profcssionirter Gauner. In Neu york z. B. besteht seit Jahren eine zahllose Ge sellschaft von Gaunern, die als Gastwirthe, Agen ten, Runer rc. die Auswanderer plündern. Die Bevölkerung hat dort zu viel mit sich zu lhun und kümmert sich deshalb um das Schicksal der armen Auswanderer nicht. Diese selbst haben nickt die Zeit und die Mittel, sich lange in Neuyork auf zuhalten und Klage zu führen, auch findet ein solcher „llamnell vutcbmrm" selten einmal Recht, wenn er es auch wirklich auf einen Proceß an kommen lassen will. Der Globe erzählt folgende Geschichte, die sich im Staate Mississippi zugetragen haben soll: „Ein Pflanzer war von einer widerlichen Krank heit befallen. Die Geschwüre, an denen er litt, waren so ekelhast, daß ihn alle seine Freunde im Sticke ließen. In seiner Verlassenheit und in seinen Schmerzen pflegte ihn ein Mädchen, eine seiner Sklavinnen, mit Liebe und Ausdauer, ver band seins Wunden und verrichtete alle Dienste als Krankenwärtcrin bei ihm, bis er endlich ge nas. Von Dankbarkeit und Zuneigung gegen seine Wohlthäterin beseelt, nahm er sie mit sich nach Cincinnati m Ohio, ließ daselbst eine FreilassungS- urkunde ausferngen, kehrte darauf nach Mississippi zurück und herralhete das Mädchen unter Beob achtung aller gesetzlichen Formen. Die Beiden lebten viele Jahre hindurch glücklich zusammen und sahen eine Sckaar von Kindern an ihrer Seite aufwachsen. Als der Mann auf dem Todtcnbette lag, vertheilte er sein Vermögen testamentarisch zwischen seiner Frau und seinen Kindern. Seine Brüder jedoch traten auf die Kunde von seinem Tode hin auf und beanspruchten das Vermögen. Die Wittwe und die Kinder waren empört über dieses Ansinnen. Sie wurden verhaftet und die Gültigkeit der oben erwähnten Heirath kam vor dem Richter Sharkley (ein schöner Name; denn Shark heißt auf deutsch Haifisch) zur Sprache. Derselbe entschied, die ganze Sacke sei alS ein an dem Sklavengesetze verübter Betrug anzusehen, und das Vermögen komme den Seitenerben zu. Die Wittwe ward von den Brüdern ihres ver storbenen Mannes verkauft. Die Kinder wurden